Alles klar beim Haar?
Deutsch, Lucia Schmidt, Alice Martin, 2023
Über die Haarwäsche machst du dir wohl nicht so sehr Gedanken, sondern seifst deinen Schopf einfach ein. Doch eigentlich lohnt es sich meistens, genauer hinzuschauen, was dein Haar braucht.
Spliss, Schuppen, Bad-Hair-Day: Haarprobleme gibt es so einige. Woher die kommen, lässt sich im Ratgeber «Alles klar beim Haar?» von Dr. Alice Martin nachlesen. Die Ärztin ist Mitgründerin der Hautarzt-App «Dermanostic», einem telemedizinischen Beratungsservice rund um Hautprobleme. Die App kann man im gesamten DACH-Raum für dermatologische Diagnosen nutzen.
In ihrem Buch beschreibt die Ärztin alle wichtigen Fakten, die es über Wachstum, Gesundheit und Pflege deiner Hautanhängsel aka Schopfhaare zu wissen gibt.
Deshalb ist Martin auch die richtige Ansprechpartnerin, wenn es um die haarige Frage geht: Wie oft soll ich mir die Haare waschen? Wie oft sich Menschen im DACH-Raum tatsächlich die Haare waschen, hat Galaxus kürzlich in einer Körperhygiene-Studie herausgefunden. Demnach reinigt sich in der Schweiz und in Deutschland ein Drittel der Befragten täglich mit Shampoo die Haare.
Spoiler: Das ist für manche zu häufig.
Vielleicht hast du dir aus diesem Interview von Kollegin Natalie gemerkt, dass Haar totes Material ist, sobald es sich aus der Kopfhaut geschoben hat. Es besteht aus Horn, genauer aus Keratin. «Trotzdem«, betont Martin im Gespräch, «muss ich die Haare pflegen. Man kauft sich ja auch keinen hochwertigen Teppich und lässt ihn einfach nur liegen. Der sieht dann schnell ungepflegt aus.»
Kopfhaare bestehen aus drei Schichten. Außen die Schuppenschicht, es folgt die Faserschicht und innen liegt das Haarmark. Während die Schuppenschicht aus farblosen Haut- beziehungsweise Hornzellen besteht und für den Glanz deines Schopfes sorgt, ist die Faserschicht für die Haarfarbe zuständig.
Jedes Haar ist mittels Haarfollikel in der Kopfhaut verankert und besitzt jeweils eine Drüse, die eine ölige, fetthaltige Substanz produziert: Talg. Kein Grund, sich davor zu ekeln, denn Talg hat eine wichtige Funktion. Er schützt die Kopfhaut und die Haare vor äußeren Faktoren und spendet den Haaren Feuchtigkeit. Idealerweise verteilt er sich von der Kopfhaut aus bis in die Spitzen. So pflegt Talg die Haare vor dem Austrocknen und lässt sie schön geschmeidig bleiben.
Fertig Theorie, jetzt geht’s ab unter die Dusche:
Bei der Haarwäsche öffnet sich die Schuppenschicht deiner Haare, also die äußerste Schicht. Jetzt sind Haare besonders aufnahmefähig für Pflegeprodukte wie Conditioner, aber zugleich besonders empfindlich. Kräftiges Bürsten oder Schlafengehen mit feuchten, offenen (langen) Haaren unterlässt du daher besser.
Zur Häufigkeit der Haarwäsche sagt Dr. Martin: «Es gibt keine One-fits-all-Lösung. Man sollte die Kopfhaut waschen, sobald sie fettig ist. Wenn man spürt: Die Haare heften sich so leicht an oder glänzen minimal.» Meist ist es nach zwei bis drei Tagen soweit – aber je nach Haarstruktur auch später oder früher. Krauses Haar ist tendenziell eher trocken und fettet langsam. «Dann reicht es aus, ein bis zwei Mal die Woche die Haare zu waschen.» Wenn du sehr viel Sport machst und viel schwitzt, kannst du schon täglich waschen.
Bei Kindern muss man sich um saubere Haare nicht so viele Gedanken machen. «Die haben noch keine aktiven Talgdrüsen und deshalb auch selten fettige Haare», erklärt mir Martin. Erst in der Pubertät ändert sich das, weil der Körper bei Jungen und Mädchen vermehrt Testosteron produziert. Die Folge: «Pubertierende neigen zu vermehrter Talgproduktion und fettigen Haaren. Sie sollten sich ihre Haare also häufiger waschen als noch als Kind. Tun sie dies nicht, können sie sich einen Kopfhautpilz einfangen», sagt die Ärztin.
Apropos Pilz: Jeder trägt von Natur aus auf seiner Kopfhaut einen Hefepilz. Doch er fühlt sich in fettigen Regionen wohler, wo er anfängt zu wachsen und einen Juckreiz sowie fettige Schuppen erzeugen kann. Dennoch gilt auch für Pubertierende: «Nicht einfach so zu oft die Haare waschen, sondern nur, wenn sie fettig glänzen.»
Denn tägliches Waschen ist nicht gut für Haut und Haare. Shampoos – das ist ihr Job – entfetten die Kopfhaut. Wäschst du dir den Talg ab, der die Kopfhaut vor dem Austrocknen schützen soll, hat das Folgen. «Die Kopfhaut juckt. Und beim Kratzen entstehen kleine Krusten mit Schuppen.» Außerdem kann häufiges Kopfwaschen die Talgdrüsen zu mehr Produktion anregen – und das will man ja bei fettigem Haar gerade nicht.
«Wenn die Kopfhaut von Natur aus gesund ist, hat man mit der richtigen Pflege auch keine Schuppen», sagt Martin. Sollte es dennoch von deinem Schopf herunterrieseln, schau dir als erstes die Konsistenz der lästigen Hautpartikel an und zerreibe sie dafür zwischen deinen Fingern.
Fettige Schuppen lassen sich schmierig zerdrücken und hinterlassen einen Glanz auf deiner Fingerkuppe. In diesem Fall ist häufigeres Waschen angesagt. Am besten mit einem Shampoo, das Anti-Pilz-Wirkstoffe enthält, damit du dem Hefepilz auf deiner Kopfhaut die Grundlage entziehst. Andernfalls vermehrt er sich, erzeugt Ekzeme und noch mehr Schuppen. Im schlimmsten Fall kommt es sogar zum Haarausfall.
Trockene Schuppen hingegen weisen auf eine trockene Kopfhaut hin. Durch tägliches Waschen mit Shampoo würdest du ihr noch mehr Feuchtigkeit entziehen – und darauf reagiert sie mit verstärkter Schuppenbildung. Ein Teufelskreis. Ein mildes Babyshampoo ist bei trockenen Schuppen völlig ausreichend. Mehr Feuchtigkeit spendet eine Kopfhautmaske, die du regelmäßig auftragen kannst.
«Was viele nicht wissen, ist, dass das Shampoo wegen seiner entfettenden Funktion eigentlich nur für die Kopfhaut gedackt ist», sagt die Expertin. «Viele machen es falsch und schäumen die kompletten Haare bis in die Spitzen damit ein. Das trocknet die Haare aus.» Am besten gibst du deshalb nach dem Nassmachen deines Schopfs als erstes Conditioner in die Haarlängen, schäumst dann nur deine Kopfhaut mit Shampoo ein und wäschst anschließend alles aus.
Für die Längen, wo Herausforderungen warten wie Spliss, Haarbruch oder trockene Haarspitzen, kannst du Pflegeprodukte verwenden wie Haaröl, Haarmasken oder Conditioner. Allerdings kommt es auch hier wieder auf den individuellen Haartyp und die Kopfhaut an. «Bei sehr fettigen Haaren kann der Talg von der Kopfhaut das Haar schützen – da reicht es, einfach mehr zu bürsten, um den Talg bis in die Haarlängen zu verteilen. Besser wäre bei fettigen Haaren eine Haarmaske alle ein oder zwei Wochen.»
Hast du stumpfe Haare, sind sie durch chemische Einflüsse (Färben) oder mechanische (straffe Zöpfe) geschwächt. Auch dann ist häufiges Waschen kontraproduktiv, da dem Haar mehr Talg entzogen wird, der es ja geschmeidig und widerstandsfähig machen soll. So wird es dann noch schwerer fürs Haar, sich gegen äußere Reize zu behaupten.
Ebenfalls mehr Pflege brauchen lockige Haare, weil sie sich mehr aneinander reiben und tendenziell zu trocken sind. «Bei Locken am besten Haar-Öl und einen sogenannten Leave-In-Conditioner verwenden», sagt Martin. «Bei dünnen, leichten Haaren wiederum braucht es nichts Schweres. Eine normale Haarspülung alle paar Haarwäschen reicht aus.»
Bei Spliss brauchst du übrigens nicht auf die Versprechen der Kosmetik-Industrie hereinzufallen. «Wenn Spliss einmal da ist, dann ist er da. Gespaltene Haare bekommt man nicht mehr zusammengepflegt.» Anti-Spliss-Präparate können maximal vorbeugend wirken, indem sie eine schützende Wirkstoffhülle und einen leichten Fettfilm ums Haar legen. Im schlimmsten Fall hilft also nur ein Spliss-Haarschnitt im Friseursalon.
Ich hätte auch Lehrerin werden können, doch weil ich lieber lerne als lehre, bringe ich mir mit jedem neuem Artikel eben selbst etwas bei. Besonders gern aus den Themengebieten Gesundheit und Psychologie.