iPad Pro 2024 im Test: überpowertes Kreativwunder
Im neuen iPad Pro 2024 steht eine Frage im Vordergrund: Wozu? Zocken und Bilder bearbeiten reicht bei weitem nicht, um den M4-Chip auszureizen.
Apples neues iPad Pro ist mit dem M4-Chip ausgestattet und soll damit extrem leistungsfähig sein. Design und OLED-Display frischen das Gerät zudem optisch auf. Dafür ist das Tablet extrem teuer: Zum gleichen Preis bekomme ich ein Notebook mit mehr Leistung. Die Frage ist nun: Gibt es Situationen, in denen sich das iPad Pro trotzdem lohnt?
Design: dünn, dünner, iPad Pro
Das iPad Pro 2024 ist extrem dünn, das Kameramodul hinten hat nun Farbe und Material des Gehäuses – und die Frontkamera sitzt endlich in der Horizontale: Hallo Videocall mit Frontalansicht!
Du bekommst das iPad Pro wahlweise in 11 oder 13 Zoll im 4:3-Format, wobei die 13 Zoll nahe bei DIN-A4 liegen.
- iPad Pro 2024, 11 Zoll: 444 g, 25 × 18 × 0,5 cm
- iPad Pro 2024, 13 Zoll: 580 g, 28 × 22 × 0,5 cm
Beide gibt es in den Farben Silber und Spaceschwarz. Mein Gerät, das ich von Apple zur Verfügung gestellt bekommen habe, ist das 13-Zoll-Modell in Schwarz. Die Farbe gefällt mir sehr gut, sie ist jedoch anfällig für Fingerabdrücke.
Hardware: der M4 ist seinen Vorgängern weit voraus
Das Herzstück des neuen iPad Pro ist Apples M4-Chip. Kollege Samuel hat ihn bereits unter die Lupe genommen. Der M4 zieht in seinen Benchmarks dem M3 und M2 klar davon. Die wichtigsten technischen Daten des iPad Pro im Überblick:
Die Akkulaufzeit beträgt laut Apple zehn Stunden. Das kommt je nach Nutzung in etwa hin. Zeichne und bearbeite ich über längere Zeit Bilder oder schneide Videos, komme ich auf rund sechs Stunden. Bei grafiklastigem Zocken reicht es auch mal nur für drei Stunden.
Das Tandem-OLED-Display des iPad Pro 2024 ist eine Wucht. Das liegt an den zwei übereinander verbauten OLED-Panels. Die SDR-Helligkeit (Standard Dynamic Range) beträgt bis zu 1000 Nits. Das Vorgängermodell kommt zwar ebenfalls auf 1000 Nits, durch das Mini-LED ist der Kontrast aber beispielsweise geringer. Das MacBook Pro 2023 kommt sogar nur auf 600 Nits. Selbst bei strahlendem Sonnenlicht ist das iPad Pro 2024 problemlos nutzbar. Samuel hat das Display gründlich vermessen und kann sich vor Begeisterung kaum noch halten. Insbesondere die Farbgenauigkeit ist überragend.
Die 12-MP-Kamera vollbringt keine Wunder, bietet aber ganz ordentliche Ergebnisse.Die 12-MP-Frontkamera funktioniert wunderbar für Videocalls. Mit dem LiDAR-Sensor sollen sich Dokumente einfach scannen lassen. Der Sensor erkenne dabei Reflexionen und Schatten. Beim Dokument würden diese via Software herausgerechnet. Das klappt in der Praxis nur teilweise. Die Schrift ist jeweils etwas unscharf, Schatten werden gut herausgerechnet, Reflexionen eher nicht. Das ist nicht viel besser als ein Foto. Dafür kann ich gleich mehrere Seiten in Serie abfotografieren, ohne auf den Auslöseknopf zu klicken. Das Gerät stellt mir daraus anschliessend ein PDF zusammen.
Zubehör: Das Magic Keyboard ist nicht nur magisch
Damit ich das iPad Pro als Notebook-Ersatz nutzen kann, gibt es ein neues Magic Keyboard, dasjenige des Vorgängers ist nicht kompatibel. Die neue Tastatur kostet aber ebenso viel. Sie ist in den gleichen Farben erhältlich wie die Tablets: Silber und Spaceschwarz, jeweils mit Aluminiumrahmen.
Das Touchpad ist grösser geworden, aus Glas und ich kann jetzt überall drauf klicken. Zudem ist eine Funktions-Tastenreihe hinzugekommen. Neu kann ich direkt auf der Tastatur Lautstärke, Helligkeit und dergleichen einstellen. Auch praktisch: die Hintergrundbeleuchtung der Tastatur schaltet sich bei Dunkelheit automatisch ein.
Die neue Magic-Keyboard-Ausgabe ist elegant, die Tasten fühlen sich angenehm an und der zusätzliche USB-C-Anschluss ist praktisch. Etwas witzlos: Die Tastatur macht das iPad Pro 2024 doppelt so dick und schwer. Es wiegt damit insgesamt 1248 Gramm. Mein M1 MacBook Air bringt mit 1290 Gramm nur 40 Gramm mehr auf die Waage.
Das Konstrukt aus Tastatur und Tablet kippt bei unebener Fläche, wie meinem Teppich, nach hinten. Zudem ist das Material der Tastatur anfällig für Flecken. Und mir fehlt die Möglichkeit, die Tastatur wegzunehmen oder ganz hinter dem Tablet zu verstecken, wie bei anderen flexiblen Hüllen. Dann wäre die Tastatur beim Zeichnen nicht im Weg. So muss ich das Tablet aus der Magnethalterung nehmen, womit das Gerät nicht mehr geschützt ist.
Der neue Apple Pencil Pro unterscheidet sich optisch kaum vom Vorgänger, dem Apple Pencil (2. Gen). Er ist lediglich mit einem neuen Namen beschriftet und hat ein matteres Finish. Dafür hat er drei neue Funktionen:
- Gyrosensor: Der Pencil erkennt, wenn du ihn drehst. So kannst du beim Zeichnen eine breite Pinselspitze drehen oder in einem Animationsprogramm eine 3D-Animation rotieren.
- Drücken-Geste: Drückst du den Pencil zusammen, lässt du eine Werkzeugpalette erscheinen oder aktivierst Shortcuts. Du erhältst zudem haptisches Feedback beim Quetschen.
- «Wo-Ist?»-Funktion: Über die «Wo-Ist?»-App findest du deinen Apple Pencil Pro, solltest du ihn verlegt haben.
Aufgepasst: Auf dem iPad Pro 2024 funktionieren nur der Apple Pencil Pro sowie der Apple Pencil mit USB-C-Stecker.
Software: ein Kraftpaket für Kreativ-Apps
Auf dem iPad Pro 2024 läuft iPadOS 17. Damit bekomme ich zahlreiche Apple-Apps serviert. Etwa Facetime, Karten, AppleTV, Garageband und mehr als ein Dutzend weitere.
Kreative Apps wie Photoshop, Final Cut Pro und dergleichen sind ebenfalls verfügbar, allerdings in anderer Form als auf dem PC oder Mac. Persönlich finde ich das ein Vorteil: die Apps sind benutzerfreundlich, die Reduktion macht sie übersichtlich. Dafür brauche ich aber weder einen M4-Chip noch 16 GB RAM.
Wozu also das Ganze? Für die App-Entwicklung eröffnen sich mit dieser Hardware neue Möglichkeiten. Weil das aber noch in ungewisser Zukunft liegt, zeige ich hier, was für ein Potenzial das iPad Pro 2024 hat.
Kunst und Notizen: neue Möglichkeiten mit dem Apple Pencil Pro
Die Drehfunktion und das Zusammendrücken des Apple Pencil Pro für Shortcuts sind neu. Dementsprechend gibt es noch nicht viele Apps, welche diese Features unterstützen. Folgende Apps habe ich entdeckt, bei denen der Apple Pencil Pro bereits vollumfänglich funktioniert:
- Goodnotes
- Freeform
- Zinnia
- SketchUp
Hier eine kurze Demo, wie ich in Goodnotes durch Drücken und Drehen des Stifts verschiedene Linien kreiere und die Werkzeugleiste aufrufe:
Meine Lieblingsapp lässt noch auf sich warten: Procreate, eine Apple-exklusive Kunstapp. Die Entwickler versprechen, baldmöglichst ein Update für die Funktionen nachzureichen. Spannend dürfte es auch für Procreate Dreams werden. Mit dieser App erstelle ich eigene Animationen inklusive Ton. Mit dem Apple Pencil Pro und dem M4-Chip soll es möglich werden, Bokeh per Klick zu erstellen und Effekte in kürzester Zeit auf ein Video zu legen.
Was du bisher mit Procreate auf dem iPad anstellen kannst, zeige ich dir in meinem Kreativ-Kurs. Hier findest du den Einstiegs-Artikel:
Fotos und Videos: flüssig und schnell bearbeiten
Möchte ich unterwegs ein Video oder Fotos bearbeiten, hat das iPad Pro 2024 dafür genug Power. Mit dem Apple Pencil Pro kann ich in den Programmen direkt in meine Projekte reinzeichnen. Programme wie Adobe Photoshop und Final Cut sind übersichtlich, funktionieren aber teilweise etwas anders als am PC. Welche Punkte das bei Final Cut Pro betrifft, findest du in einer Übersicht von Video Producer und Editor Mark Spencer. Dort liest du auch, was bereits jetzt alles möglich ist.
Auch für die Fotobearbeitung gibt es Neuerungen: ein Update von Adobe Photoshop mit generativen KI-Funktionen. Generative Werkzeuge benötigen viel Rechenleistung. Entferne ich ein Objekt oder lasse von der Software einen Bereich ausfüllen, geht das mit dem iPad Pro 2024 ziemlich schnell. Möchte ich mein Bild statt im Hochformat im Querformat, brauche ich mit der generativen Füllung nur knapp 15 Sekunden. Mit meinem iPad Pro 2018 dauert die gleiche Aufgabe genau doppelt so lange. Bei grösseren Dateien, wie Videos, summiert sich das mit der Zeit.
Reicht der Speicherplatz auf dem iPad Pro 2024 nicht, kann ich Dateien über eine externe SSD per USB-C am iPad Pro anschliessen.
Video-Stream und Gaming: das Potenzial ist da
Videos schaue ich auf dem iPad Pro 2024 nicht gern. Das liegt einzig am Format. Das 4:3-Seitenverhältnis bedeutet bei 16:9-Videos grosse schwarze Balken. Mich stört das. Auch wenn die Bildqualität dank des neuen OLED-Displays hervorragend ist.
Um die Gaming-Leistung zu testen, lasse ich einen Benchmark laufen. Dafür steht mir mit 3DMark neuerdings eine plattformübergreifende Software zur Verfügung. «Steel Nomad Light» testet in 3DMark die Leistung bei hoher Belastung. Das iPad Pro 2024 kommt mit durchschnittlich 27 FPS auf 3683 Punkte. Im Vergleich dazu erreicht das iPad Pro mit M2-Chip 2766 Punkte und kommt nur auf 20 FPS. Auch beim 20-minütigen Steel Nomad Stresstest bleibt das iPad Pro auf ähnlichem Niveau. Dafür saugt der Test durch die Raytracing-lastige Spielszene ziemlich am Akku: Mehr als drei Stunden Zocken liegen so nicht drin. Dennoch bin ich zufrieden mit dem Ergebnis.
Dass ein Spiel wie GRID Autosports auf einem Tablet flüssig laufen kann und mit Controller bedienbar ist, hat schon das iPad Pro 2022 bewiesen. Aktuell erhältliche Grafik- und rechenlastige Games sind auch für das neue Tablet kein Problem: Genshin Impact läuft mit ansehnlicher Grafik, raschen Ladezeiten und ebenfalls mit Controller. Auch SimCity ist übersichtlich auf dem Display, läuft flüssig und macht Spass. An die Grenzen komme ich mit keinem der Spiele.
Der Markt ist bisher auf schwächere Geräte ausgelegt, um ein möglichst grosses Publikum zu erreichen. Spielentwicklerinnen und -entwickler haben also durchaus noch zu tun, wenn sie das iPad Pro 2024 auslasten möchten.
Fazit
Fragwürdiger Overkill – auch preislich
Das iPad Pro 2024 ist ein Tablet für die Zukunft: Es hat enorm viel Power und Potenzial, fürs Zeichnen und zum Bearbeiten von Videos und Fotos. Kurz gefasst: für Kunstschaffende. Mit dem Apple Pencil Pro und dem Magic Keyboard zusammen nutzt du das Gerät bei Bedarf wie ein Notebook. Allerdings bist du durch die Software eingeschränkt. iPadOS bietet nicht die gleichen Möglichkeiten wie MacOS auf einem Notebook. Generell rollt Software, die das Potenzial des iPad Pros ausschöpfen kann, erst langsam an. Die Tastatur finde ich zudem nicht empfehlenswert. Sie ist schwer, aus schmutzanfälligem Material und kippt leicht um.
Und du musst extrem tief in die Tasche greifen. Meine getestete WLAN-Version in Spaceschwarz mit 1 TB Speicher (16 GB RAM) plus Magic Keyboard kostet aktuell 2300 Franken oder 2600 Euro. Ein M3-MacBook Air (1 TB/16 GB) erhalte ich für 1760 Franken oder 1989 Euro. Ebenfalls günstiger: ein M3 MacBook Pro (1 TB/16 GB) bekommst du für 2146 Franken oder 2459 Euro.
Bist du tagtäglich kreativ unterwegs, möchtest Videos, Fotos und Zeichnungen mit dem Apple Pencil Pro bearbeiten und für die Zukunft gewappnet sein, ist das iPad Pro 2024 eine Überlegung wert. Die Investition lohnt sich, wenn du die ganzen Funktionen wirklich benötigst.
Kritzelst du eher gelegentlich, machst Notizen und nutzt dein iPad vor allem zur Unterhaltung (Netflix und eBooks), empfehle ich dir das weitaus günstigere iPad Air 2024. Es bringt mit dem M2-Chip eine sehr gute Leistung und ist nun ebenfalls in 13 Zoll erhältlich. Auf Zubehör musst du nicht verzichten: Es ist mit dem neuen Apple Pencil Pro kompatibel sowie mit dem alten Magic Keyboard.
Pro
- Dünn und leicht
- Grandioses OLED-Display
- Leistungsstarker M4-Chip
- Kreativer Allrounder
Contra
- Extrem teuer
- Noch wenige Apps schöpfen das Potenzial aus
- 3-10 Stunden Akku sind wenig
Seit ich einen Stift halten kann, kritzel ich die Welt bunt. Dank iPad kommt auch die digitale Kunst nicht zu kurz. Daher teste ich am liebsten Tablets – für die Grafik und normale. Will ich meine Kreativität mit leichtem Gepäck ausleben, schnappe ich mir die neuesten Smartphones und knippse drauf los.