Vom Scribble zur Aktiengesellschaft oder wie aus ein paar Bike-Skizzen ein erfolgreiches Start-up auf der Überholspur wurde
Hintergrund

Vom Scribble zur Aktiengesellschaft oder wie aus ein paar Bike-Skizzen ein erfolgreiches Start-up auf der Überholspur wurde

Am Anfang steht der Ärger über mediokres Bike-Werkzeug, am Ende eine AG. Dazwischen liegt eine Kickstarter-Kampagne, die nach drei Tagen das Finanzierungsziel erreicht. Ein Besuch bei Daniel und Peter von Daysaver.

Drei Freunde, drei Fahrrad-Enthusiasten – egal, ob Rennrad oder Mountainbike, Hauptsache zwei Räder. Aber es gibt ein Problem, das Daniel, Peter und Elam lösen wollen: schlechte Ausrüstung, genauer gesagt Fahrradwerkzeug, das nicht ihren Vorstellungen entspricht.

Statt sich einfach darüber zu ärgern, wollen die drei es besser machen. Also gründen sie im Herbst 2020 eine GmbH und lancieren auf Kickstarter eine Finanzierungskampagne. Nach drei Tagen ist das gesetzte Ziel erreicht. Nach einem Monat haben 1220 Unterstützer 121 261 Franken in ihr Start-up investiert. Mit Unterstützung des Schweizer Werkzeugherstellers PB Swiss Tools entwickeln sie ihr erstes Tool vom Prototypen zur Serienreife weiter.

Es hat uns immer gestört, dass wir Biker uns entscheiden müssen, ob wir ein nützliches, aber schweres und sperriges Werkzeug haben oder ein kleines und leichtes – wie wir es wollen – das aber unpraktisch in der Benutzung ist.
Daysaver
Daniel Landolt und Peter Eisenegger von Daysaver.
Daniel Landolt und Peter Eisenegger von Daysaver.
Quelle: Patrick Bardelli

Biketools statt UX-Agentur

Seither sind fast vier Jahre vergangen. Elam ist inzwischen aus dem Projekt ausgestiegen, Daniel Landolt und Peter Eisenegger entwickeln und vermarkten unter dem Brand Daysaver ihre Biketools erfolgreich weiter. Das Business läuft gut, so gut, dass die beiden 2023 ihre jeweiligen Jobs aufgeben und sich rund um die Uhr um ihr Start-up kümmern.

Aus der GmbH ist unterdessen eine Aktiengesellschaft geworden und Daniel und Peter planen die Zukunft von Daysaver. Ich treffe die beiden auf dem Uetliberg, wo Daniel in seiner kleinen Werkstatt die Produkte plant und entwirft. Der 50-Jährige hat ursprünglich eine Lehre als Elektroniker absolviert und anschliessend ein Studium in visueller Kommunikation abgeschlossen. Der 52-jährige Peter hat nach der KV-Lehre über diverse Weiterbildungen im Marketingbereich viele Jahre in der Werbung gearbeitet. Er ist der kommunikative Vermarkter im Team, während Daniel eher dem Typ «Tüftler im Hintergrund» entspricht.

Daniel in seiner kleinen Werkstatt in Birmensdorf.
Daniel in seiner kleinen Werkstatt in Birmensdorf.
Quelle: Patrick Bardelli

«Essential» und «Incredible»

Der modulare Aufbau der Werkzeuge von Daysaver ist laut Peter das A und O. «Mit unseren Produkten kannst du deine Tools dem anpassen, was du mit deinem Bike vorhast.» Angefangen hat alles mit der sogenannten «Essential Line». Dieses kleine und leichte Fahrrad-Multitool aus korrosionsbeständigem Edelstahl beinhaltet acht verschachtelte Bits. Diese sind bei Bedarf einfach umdrehbar und werden durch Magnete zusammengehalten. «Mit 33 Gramm und der Form eines Inbusschlüssels ist dieses Werkzeug immer dabei. Sei es in der Hosen-, der Trikottasche oder dank den unterschiedlichen, zusätzlichen Mounts auch am Fahrrad», sagt Peter dazu.

Die «Essential Line» von Daysaver.
Die «Essential Line» von Daysaver.
Quelle: Patrick Bardelli
Und ihre einzelnen Komponenten.
Und ihre einzelnen Komponenten.
Quelle: Daysaver

Danach entwickelte Daniel die «Incredible Line». Der IncredibleX bietet gemäss Peter den gleichen Inbusschlüssel-Formfaktor wie der Essential8. Dieses Werkzeug kann nicht nur am Fahrrad befestigt, in der Tasche oder im Rucksack getragen werden, sondern passt dank des speziellen Konzepts mit dem versenkbaren Hebel in die verschiedenen Hohlräume der Fahrräder. Der clevere Federmechanismus erleichtert das Ein- und Ausklappen des Arms und sorgt dafür, dass er während des Gebrauchs fest verriegelt bleibt. Der IncredibleX aus rostfreiem, gehärtetem Stahl wiegt 57 Gramm.

Die «Incredible Line» von Daysaver.
Die «Incredible Line» von Daysaver.
Quelle: Patrick Bardelli

Von Birmensdorf nach Asien und wieder zurück

Daniel konzipiert die Produkte in seiner kleinen Werkstatt von der Skizze über das Computermodell und den 3D-Druck bis zum Prototypen. Und testet die Tools dann in der Praxis auf ihre Tauglichkeit. Produziert werden sie schliesslich in China. «Es ist nicht so, dass man als Unternehmer stets die freie Wahl hat, wo man etwas produzieren lässt», sagt Peter dazu. Und ergänzt: «Wir haben versucht, in Deutschland einen Hersteller für unsere Produkte zu finden. Der hat sich jedoch erst nach mehrmaligem Nachfragen bei uns gemeldet und mitgeteilt, dass er unsere Anfrage dann irgendwann einmal prüfen werde. In der gleichen Zeit bekommst du aus China bereits erste Muster. Das ist jetzt vielleicht ein bisschen überspitzt formuliert, bringt es aber auf den Punkt.»

Der Preis stehe dabei noch nicht einmal im Vordergrund, so Peter weiter. Und Daniel ergänzt: «Wer skalieren und bei Top-Qualität trotzdem noch eine attraktive Margenstruktur für Multichannel anbieten will, der kommt um Asien als Produktionsstandort eigentlich nicht herum.»

Die Zukunft ist da draussen

Was als nächstes kommt, will ich von ihm und Peter wissen. «Im Bikebreich ist eine Fahrradpumpe in der Pipeline. Der Prototyp der Pumpe muss nun zur Serienreife gebracht werden.» Das soll laut Peter noch in diesem Jahr geschehen. Wiederum mit Finanzierung durch eine Kickstarter-Kampagne im Herbst.

Der Anfang jedes Tools: die Skizzen von Daniel.
Der Anfang jedes Tools: die Skizzen von Daniel.
Quelle: Parick Bardelli

Darüber hinaus arbeiten die beiden in der nahen Zukunft an Produkten, die das Outdoor-Leben einfacher machen sollen. Peter präzisiert: «Wir entwickeln jetzt nicht einfach ein neues Sackmesser oder ein weiteres Multifunktionstool. Wir gehen nicht von den Werkzeugen aus, sondern von den Anwendungsfällen. Wir verstehen uns in dem Sinn als Problemlösungsbrand.» Konkret geht es beispielsweise um Produkte, die man sowohl beim Biken als auch bei anderen Aktivitäten wie Wandern, Skitourengehen oder auf dem Stand-up-Paddle nutzen kann.

Und dann stellt sich mittelfristig die Frage, ob sich das alles als Zweierteam bewältigen lässt. Peter schmunzelt, als er dazu sagt: «Wenn das Business so weiterläuft, benötigen wir in Zukunft sicherlich im Bereich Sales und Produktdesign Verstärkung.» Der Rekrutierungsprozess dazu soll nächstes Jahr anlaufen. Schöne Aussichten auf dem Uetliberg.

Titelbild: Patrick Bardelli

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Vom Radiojournalisten zum Produkttester und Geschichtenerzähler. Vom Jogger zum Gravelbike-Novizen und Fitness-Enthusiasten mit Lang- und Kurzhantel. Bin gespannt, wohin die Reise noch führt.


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