Hurra, ich lebe noch! Eindrücke von der Bosch eMTB Challenge in Verbier
Hintergrund

Hurra, ich lebe noch! Eindrücke von der Bosch eMTB Challenge in Verbier

Die Rennserie für E-Mountainbikes findet seit 2017 statt. Dieses Jahr hat sie in Riva del Garda, Willingen und Verbier Halt gemacht. Im Wallis habe auch ich mich der Herausforderung der Bosch eMTB Challenge gestellt.

Am Ende des Rennens zeigt meine Sportuhr knapp 1500 Höhenmeter auf rund 31 zurückgelegten Kilometern an. Und meine Oberschenkel sind der Meinung, dass es für heute gut ist mit Biken. Nach etwa vier Stunden im Sattel gebe ich ihnen recht und mache mich auf den Weg zurück ins Hotel. Es ist Samstagmittag und ich habe soeben die Bosch eMTB Challenge in Verbier geschafft.

Auf der Karte sieht das alles recht harmlos aus.
Auf der Karte sieht das alles recht harmlos aus.
Quelle: Patrick Bardelli

Rückblende: Bei der Ankunft am Freitagnachmittag scheint die Sonne. Logisch, denke ich mir. Schliesslich sind wir im Wallis, hier scheint die Sonne doch fast immer. Entsprechend gut ist meine Laune, als ich Ilona Jeckelmann von Bosch treffe. Sie hat mich zur Challenge eingeladen und kümmert sich heute um mich. Startnummer abholen, Bike einstellen und noch einiges mehr.

Die 32-Jährige arbeitet bei Bosch in der Marketingabteilung und wird die Challenge des nächsten Tages mit mir bestreiten. Mir wird unterdessen ein erstes Mal mulmig. Denn die Fribourgeoise ist ein Sportmultitalent. Sie fährt Ski und Snowboard, war in Zermatt auch schon als Skilehrerin tätig. Daneben fährt sie Rennvelo, Mountainbike, E-Mountainbike, surft und spielt Volleyball. Ich dagegen bin ein alter Mann, der eben erst mit dem E-Biken begonnen hat. Das kann ja heiter werden.

Während Ilona gut lachen hat, ist mir das mulmige Gefühl in der Magengrube anzusehen. Man beachte die Anspannung in den Händen.
Während Ilona gut lachen hat, ist mir das mulmige Gefühl in der Magengrube anzusehen. Man beachte die Anspannung in den Händen.
Quelle: Christoph Bayer

Wann sie neben ihrem Vollzeitjob bei Bosch Zeit für all diese sportlichen Aktivitäten findet, will ich von ihr wissen. «Am Abend und am Wochenende», meint Ilona dazu und lacht. «Wenn ich keinen Sport treiben kann, fehlt etwas in meinem Leben.»

Die Sache mit dem Wetter

Am nächsten Morgen kriecht der Nebel aus dem Tal den Berg hinauf. Es ist 7 Uhr, als ich die Nase zum ersten Mal in die Wolken halte. Um 9 Uhr wollen wir losfahren. Meine Wetter-App sagt für dann Regen voraus. Logisch, denke ich mir. Es regnet schliesslich immer, wenn ich mir etwas Spezielles wie heute vornehme. Meine Laune ist in etwa so trüb wie die Aussicht.

Das Morgenessen vertreibt das neblig-mulmige Gefühl, das sich nach dem Aufstehen breit gemacht hat, fürs Erste. Was soll's, denke ich mir. Es ist, wie es ist. Ausserdem geht es hier um eine Challenge und das miese Wetter macht die Herausforderung nun noch ein wenig grösser.

Der Blick aus der Gondel hinauf nach Verbier: Sonnenschein am Freitagnachmittag ...
Der Blick aus der Gondel hinauf nach Verbier: Sonnenschein am Freitagnachmittag ...
Quelle: Patrick Bardelli
 ... Nebel und Regen am Samstagmorgen.
... Nebel und Regen am Samstagmorgen.
Quelle: Patrick Bardelli

Bosch eMTB Challenge: Wettkampf und Spass

Die Challenge findet im Rahmen des Verbier E-Bike Festivals statt. Nach Stationen am Gardasee und im Hochsauerland macht die nach eigenen Angaben bislang erfolgreichste eBike-Rennserie, ausgerichtet von Bosch eBike Systems, Halt im Wallis. Dabei gibt es Professionals, die bei allen drei Destinationen dabei sind. Oder Profis, wie die Schweizer E-Bike-Weltmeisterin Nathalie Schneitter, die «nur» heute in Verbier am Start steht.

Hier teilt sich das Feld dann nochmals in Fortgeschrittene und Amateure auf. Die Advanced-Kategorie richtet sich vor allem an erfahrene Mountainbikerinnen und -biker, denen in einer zusätzlichen Stage einiges abverlangt wird. Zudem muss ein grösserer Loop gefahren werden. Auf dem Resultatblatt finden sich schliesslich 80 Fahrerinnen und Fahrer in den Kategorien Pro, Advanced und Amateur wieder. Das schlechte Wetter hat wohl einige von der Teilnahme abgehalten. Angemeldet waren ursprünglich rund 160 Bikerinnen und Biker.

Eine Kategorie für Anfänger wie mich gibt es nicht. Hier ist es wieder, das mulmige Gefühl in der Magengrube.

Wer nicht da ist, ist selber schuld. Wir sind hier ...
Wer nicht da ist, ist selber schuld. Wir sind hier ...
Quelle: Patrick Bardelli
 ... und müssen unter anderem hier hin.
... und müssen unter anderem hier hin.
Quelle: Patrick Bardelli

Während des Rennens gilt es, insgesamt fünf sogenannte Stages – eine Mischung aus verschiedenen Uphill- und Downhill-Strecken – ohne vorheriges Training auf Zeit zu fahren. Auf den Transferstrecken dazwischen geht es nicht um Geschwindigkeit, da ist eher eine gute Orientierung von Vorteil. Insgesamt kommt es ebenso auf die Fahrtechnik wie auf Kondition und ein cleveres Akku-Management an.

Auf den gemessenen Abschnitten gibt es auch sogenannte «No Feet Zones», wo die Füsse auf den Pedalen bleiben müssen. Wer trotzdem absteigt, erhält eine 10-Sekunden-Zeitstrafe. Hier die gesamte zweite Stage aus Fahrerperspektive, aufgenommen mit meiner Helmkamera:

Letzter Platz und trotzdem zufrieden

Am Morgen hatten in der Kategorie «Amateur Men» 27 Fahrer inklusive mir das Rennen in Angriff genommen. Drei schafften es nicht bis ins Ziel. Als 24. und Letzter konnte ich die Challenge beenden. Mit einer Zeit von 42:13.73 war ich auf den fünf Stages rund 27 Minuten länger unterwegs als der beste Amateur.

Zum Vergleich: Ilona fuhr bei den «Amateur Women» mit einer Zeit von 19:44.44 als Dritte aufs Podest. Während sie auf den ersten beiden Stages Mühe bekundete, gewann sie den 4. und 5. Abschnitt. Den Sieg beim Start verschenkt, war sie dank grosser Aufholjagd trotzdem bei den Besten. So lässt sich ihr Rennen wohl zusammenfassen.

Ilona bei der Siegerehrung auf Rang 3.
Ilona bei der Siegerehrung auf Rang 3.
Quelle: Christoph Bayer

Und ich? Bin trotz meines letzten Platzes zufrieden. Im Vorfeld hatte ich mir drei Ziele gesetzt:

  1. Ins Ziel kommen
  2. Unverletzt bleiben
  3. Nicht Letzter werden

Nach den ersten paar Metern der ersten gezeiteten Stage war mir jedoch bereits klar, dass es wohl nichts würde mit «Nicht Letzter werden». Dazu waren die Trails für mein bescheidenes Niveau zu anspruchsvoll und die anderen Teilnehmer alle mindestens eine Klasse besser als ich.

Was mich dennoch freut, ist die Tatsache, dass mir das mulmige Gefühl in der Magengrube nicht den Schneid abgekauft hat. Die Schwierigkeiten der Strecke in Verbindung mit dem Wetter haben die Bosch eMTB Challenge 2024 in Verbier für mich zu einer Herausforderung gemacht, die mir alles abverlangt hat und mich dennoch, oder gerade deshalb, glücklich zurücklässt. Oder wie hat mir Ilona auf einem der Trails zwischen den Stages mit einem Lächeln zugerufen: «Wer sein Bike liebt, schiebt!»

Bei der nächsten Ausgabe zwischen dem 14. und 17. August 2025 dann vielleicht ein bisschen weniger.

Titelbild: Christoph Bayer

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Vom Radiojournalisten zum Produkttester und Geschichtenerzähler. Vom Jogger zum Gravelbike-Novizen und Fitness-Enthusiasten mit Lang- und Kurzhantel. Bin gespannt, wohin die Reise noch führt.


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