Ungefährlich, aber lästig: So werden Kinder Madenwürmer wieder los
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Ungefährlich, aber lästig: So werden Kinder Madenwürmer wieder los

Darm mit Charme? Nein, mit Wurm: Der Befall mit Madenwürmern gilt in Nord- und Mitteleuropa als die letzte Wurmerkrankung – die sich allerdings hartnäckig hält. Denn die Gefahr, sich wieder und wieder anzustecken, ist hoch. Aber es gibt Wege, wie du den Wurmkreislauf beenden kannst.

Kennst du sie, deine – möglicherweise – unerkannten Mitbewohner in deinem Darm? Winzige, weiße fadenförmige Madenwürmer, nur 3 bis 13 mm groß, die es sich im Enddarm bequem machen. Der Madenwurm, medizinisch Enterobius vermicularis genannt, ist sehr häufig anzutreffen. Landläufig gilt er als Kinderproblem, doch in den USA beispielsweise ist der Befall eine der häufigsten Parasiteninfektionen: 12 Prozent der gesamten Bevölkerung sollen Madenwürmer in sich tragen. Für Westeuropa gehen Schätzungen bei den Kindergarten- und Primarschulkindern von 20 Prozent Betroffenen aus. Genaue Zahlen gibt es nicht.

Ähnlich wie bei Kopfläusen ist auch bei Madenwürmern der Igitt-Faktor ziemlich hoch. Erst recht, weil sich der Parasit das mit seiner Verbreitung anders überlegt als andere seiner Art: Er verbreitet sich nicht über den Kot. Sondern – und diese Vorstellung ist wirklich ihhhh: Meist in der Nacht kriechen die weiblichen Würmer aus dem Darm raus zum Po, um dann im Bereich des Anus (Perianalregion) rund 10  000 Eier abzulegen. «Die klebrige, gelatinöse Substanz, in die die Eier abgelegt werden, und die Bewegungen des weiblichen Wurmes verursachen den perianalen Juckreiz. Die Eier können auf Oberflächen bis zu drei Wochen bei normaler Raumtemperatur überleben», definiert MSD Manuals den Krankheitsverlauf der Madeninfektion (lateinisch: Enterobiasis).

Wie Madenwürmer übertragen werden

Meist sind die Eier zwar schon nach mehreren Tagen nicht mehr infektiös Doch da die Überträger in der Regel Klein- und Schulkinder sind, halten diese den Wurmkreislauf brav aufrecht: Beim Kratzen an der juckenden Analregion gelangen die Wurmeier an die Hände, von dort durch den Hand-Mund-Kontakt wieder in den Körper, wo sie letztlich erneut im Darm landen. Dort schlüpfen die Larven, wachsen bis zur Geschlechtsreife heran, krabbeln wieder aus dem Anus … Ein Teufelskreis. Doch es kommt nicht nur zur ständigen Reinfektion: Die Wurmeier können zum Beispiel auch durch gemeinsam genutztes Spielzeug, über verschmutzte Lebensmittel (beispielsweise Salat oder Obst), Türklinken oder über den Sandkasten auf dem Spielplatz auf andere Wirte treffen und dort einen neuen Kreislauf eröffnen. Über verunreinigte Erde und Staub können die Madenwurmeier auch eingeatmet werden.

Welche Symptome erzeugt ein Madenwurmbefall?

Bei vielen Betroffenen: gar keine. Andere wiederum verspüren Juckreiz am After, besonders abends oder in der Nacht, wenn die Wurmweibchen aktiv am Eierlegen sind. Der Juckreiz wiederum kann zu unruhigem Schlaf führen. Andere Symptome sind Bauchschmerzen, Durchfall und Übelkeit. Bei Mädchen kann der Wurm zudem in die Vagina wandern und dort Entzündungen auslösen. Schmerzen, Rötungen und Juckreiz an Vulva und Vagina, besonders nachts, können auf Madenwürmer hindeuten. In seltenen Fällen und nur bei starkem Befall sind bei beiden Geschlechtern auch Entzündungen der Darmwand möglich.

Mit bloßem Auge sind die Wurmeier am After (oder an den Händen) nicht sichtbar. Was man – manchmal – im Kot sehen kann, sind die winzigen weißen Würmchen, die sich bewegen. So lässt sich eine Enterobiasis recht eindeutig diagnostizieren – sehr viel häufiger und letztlich eindeutig geschieht das durch den sogenannte Abklatschtest: Morgens wird auf den Anus des oder der Betroffen ein Streifen Tesa geklebt, angedrückt und vorsichtig wieder abgezogen. Aufgebracht auf ein Glas-Objektträger, können Kinderarzt oder -ärztin die Wurmeier unter dem Mikroskop erkennen und die Therapie einleiten.

Wieso stecken sich Kinder so häufig an?

Laut Deutschem Ärzteblatt haben sich in mehreren Studien zum Madenwurmbefall diese Risikofaktoren bei Kindern im Alter zwischen vier und elf Jahren herauskristallisiert: «Enge soziale Kontakte, das In-den-Mund-nehmen von Spielsachen oder Schreibutensilien sowie insbesondere das Fingernägelkauen (…) tragen in dieser Lebensphase wesentlich zur Exposition gegenüber Enterobius vermicularis bei. Kratzen im Analbereich, unkontrollierte Anus-Finger-Mund-Kontakte, selbstständige unbeaufsichtigte Körperpflege sowie eine niedrige Compliance beim Händewaschen vor dem Essen sind mit signifikant höheren Infektionsraten assoziiert.»

Da die Madenwurmeier so klebrig sind, haften sie besonders gut an den Händen und unter den Fingernägeln – und die Infektionskette bleibt ständig aufrecht. Auch Erwachsene bleiben davon nicht unberührt: Ist ein Kind infiziert, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sich auch der Rest der Familie bald über die unerwünschten Mitbewohner im Darm freuen kann.

Es sei denn: Du unternimmst etwas dagegen.

Therapie des Madenwurmbefalls: Was hilft?

Bei nachgewiesenem Madenwurmbefall wird dir der Kinderarzt oder die Kinderärztin ein Mittel verschreiben, das in der Regel alle Familienmitglieder einnehmen. Zu den seit den 1950er-Jahren zugelassenen Antihelminthika gehören die Wirkstoffe Mebendazol, Pyrantelembonat und Pyrviniumembonat. Dabei wirkt lediglich Mebendazol sowohl auf die Wurmeier als auch auf die adulten Würmer und braucht nur einmal genommen zu werden. Die anderen Antihelminthika gibst du zweimal mit einem zweiwöchigen Abstand dazwischen. Die Medikamente gelten als gut verträglich, mögliche Nebenwirkungen wie Magen-Darm-Beschwerden und Kopfschmerzen können aber auftreten. Für Schwangere sind die Mittel nicht zugelassen.

Das Gute ist: Die Therapieerfolgsraten bei Enterobiasis sind mit mehr als 90 Prozent hoch. Herausfordernd sei eher, Re- beziehungsweise Autoinfektionen zu vermeiden, schreibt das Deutsche Ärzteblatt.

Und deshalb gehören außer der medikamentösen Behandlung auch Vorsorgemaßnahmen beim Madenwurmbefall immer dazu: Die Fingernägel sind kurz zu schneiden und regelmäßig abzubürsten, besonders bei Kindern, die sich noch oft die Finger in den Mund stecken. Was ebenso hilft, den Wurmkreislauf zu unterbrechen: Sorgsames Händewaschen nach dem Toilettengang und vor jedem Essen, Handtücher und Waschlappen nur personenbezogen nutzen (also von ein- und derselben Person), regelmäßiges Wechseln von Pyjamas und Unterwäsche, vermeiden vom Kratzen am Anus und die Intimzone sollte täglich gesäubert werden.

Im Internet geistern einige Tipps zu Hausmitteln herum, mit denen sich Madenwürmer – angeblich – ausrotten lassen: Knoblauch, rohe Karotten, Zwiebeln, Sauerkraut, Heidelbeeren, Kamillentee, Grapefruitkernextrakt … Nun kann man es mit der These: «Nützt’s nüt, so schadt’s nüt» halten – oder es gleich lassen. Denn wissenschaftlich gibt keine stichhaltigen Belege, dass allein der Verzehr dieser Lebensmittel die Würmer ausrottet. Das Ärzteblatt schreibt in diesem Zusammenhang lapidar: «Obsolet sind Darmlavagen, «Knoblauchkuren», Karlsbader Salz oder Appendektomien (bei nicht bestehender Appendizitis).» Besser, du folgst den Hygienemaßnahmen und nimmst die beschriebenen Mittel, die den Kreislauf (hoffentlich) unterbrechen.

Warum das WG-Arrangement von Mensch und Tier auch Vorteile hat

Und wer jetzt immer noch «Igitt» denkt, dem sei gesagt: Wurm und Mensch haben schon immer eine Wohngemeinschaft gebildet und sich Jahrtausende lang miteinander arrangiert – beileibe nicht nur Madenwürmer. Diverse Wurmparasiten konnten und können sogar das menschliche Immunsystem trainieren, sprich: Wirt und Parasit haben beide etwas von der Infektion, wie diese Studie beispielhaft belegt. Heute glauben viele Wissenschaftler sogar: Dass es immer mehr Allergien und Autoimmunerkrankungen wie Asthma oder Neurodermitis gibt, liegt nicht nur an immer hygienischeren Lebensbedingungen. Sondern auch daran, dass in Nord- und Mitteleuropa die meisten Wurmerkrankungen ausgerottet sind.

Dem Madenwurm kann man solch Gutes zwar nicht zusprechen: Er ist kein Sparringspartner für dein Immunsystem, da er nur im Darm verweilt und – anders als andere Wurmarten –nicht durchs Gewebe wandert. Doch zum Glück schadet er auch nicht deiner Gesundheit. Er ist nur lästig.

Titelfoto: shutterstock

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Mareike Steger
Autorin von customize mediahouse
oliver.fischer@digitecgalaxus.ch

Ich hätte auch Lehrerin werden können, doch weil ich lieber lerne als lehre, bringe ich mir mit jedem neuem Artikel eben selbst etwas bei. Besonders gern aus den Themengebieten Gesundheit und Psychologie.


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