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Speedrunner überwindet berüchtigten Killscreen in «Donkey Kong» aus 1981
44 Jahre lang galt ein Game-Over auf Level 22 in «Donkey Kong» als unüberwindbares Ende des Spiels. Doch mithilfe eines Glitches und eines Emulators gelang es dem Spieler Kosmic, einen Blick hinter den legendären Killscreen zu werfen. Der Run auf neue Highscores ist jetzt eröffnet.
In die Jahre gekommene Videospiele mit vergleichsweise simplem Gameplay kommen nicht automatisch irgendwann zum alten Eisen. Im Gegenteil: Hinter Retro-Klassikern wie Tetris oder Super Mario 64 steht oft eine aktive Community, die noch immer neue Rekorde aufstellt oder bisher ungelöste Rätsel entschlüsselt. Nun gibt es auch Neues zu «Donkey Kong», dem ersten Spiel der Reihe, das 1981 erschien. Der Retro-Game-Speedrunner «Kosmic» hat 44 Jahre nach Release des Games einen legendären Killscreen überwunden.
Bevor du aus unbändiger Euphorie in die Luft springst, dämpfe ich aber deine Erwartungen: Kosmic hat ein von der Community anerkanntes Hilfsmittel genutzt, ohne das der Erfolg nicht möglich wäre. Und die Erklärung hinter dem Killscreen lässt tief in die limitierten Möglichkeiten der damaligen Hardware-Leistung blicken. Seine Erkenntnisse siehst du in Kosmics englischsprachigem Video, das mehr als 1,5 Millionen Mal aufgerufen wurde:
Klettern unter Zeitdruck
«Donkey Kong» ist ein Arcade-Game, das von Nintendo entwickelt wurde und auf Automaten in Spielhallen spielbar war. Hauptziel des Spiels ist es, mit dem Charakter Jumpman die von Donkey Kong entführte Pauline zu retten. Jumpman wurde wenig später als Super Mario bekannt.
Das Spiel besteht aus insgesamt vier verschiedenen Leiter-Stages, die zu absolvieren sind. Sie sind grundsätzlich immer gleich aufgebaut: Jumpman startet am unteren Rand des Bildschirms und muss über Leitern und verschiedene Ebenen nach oben gelangen. Dort befinden sich der Affe Donkey Kong und Pauline. Donkey Kong wirft Fässer, Feuerbälle und andere Geschosse, denen Jumpman ausweichen muss.
Erreicht Jumpman Pauline innerhalb der angegebenen Bonuszeit, gilt das als abgeschlossene Runde und eines der anderen drei Stages erscheint. Mehrere Runden ergeben ein Level. Das aktuelle Level wird oben rechts im Bildschirm angezeigt. Der Schwierigkeitsgrad der ersten fünf Level wird immer höher, doch danach laufen die Level immer genau gleich ab, inklusive der verfügbaren Bonuszeit. Nintendo hatte also nicht damit gerechnet, dass findige Spielerinnen und Spieler weiter kommen als bis Level fünf.
Warum gibt es einen Killscreen?
Theoretisch würde sich das Gameplay immer so fortsetzen, doch die 117. Runde (Stage 1 in Level 22) konnte bislang nicht überwunden werden: Der Spieler hat plötzlich viel weniger Zeit, um Pauline zu erreichen. Jumpman kann sein Ziel nicht erreichen und stirbt – Game Over für den fleißigen Kletterer. Um den Killscreen zu erreichen, benötigt der Spieler rund zweieinhalb Stunden Zeit sowie viel Übung und Geschicklichkeit mit Jumpman. Hier kannst du dir das Gameplay bis zum Erreichen des Killscreens anschauen.
Der Grund für den Killscreen liegt in den technischen Einschränkungen der frühen 8-Bit-Systeme. Dadurch konnten die Spiele nur Zahlenwerte bis zu 256 nutzen, was zum Beispiel auch die Menge der verwendeten Farben und die Auflösung der Spiele begrenzte. Obwohl die angezeigte Bonuszeit in «Donkey Kong» ab Level fünf immer 8000 beträgt, erhöht sich ein interner Zähler pro Level. Und dieser Zähler übersteigt in Runde 117 die magische Zahl 256. Dadurch kommt es zur fehlerhaften Berechnung der restlichen Bonuszeit.
Wie hat Kosmic den Killscreen überwunden?
Zwar wird «Donkey Kong» tatsächlich als Wettbewerb in manchen Gamer-Kreisen genutzt, aber gespielt wird nicht die Originalversion auf dem Spielautomaten. Stattdessen emulieren die Gamer eine bestimmte US-amerikanische Version des Spiels. Das wird auch so anerkannt.
Darin lassen sich kleine Glitches ausnutzen. Drückst du zum Beispiel das Steuerkreuz in der richtigen Kombination in der richtigen Dauer in die richtigen Richtungen, kann Jumpman unsichtbare Leitern nutzen und so schneller zu Pauline gelangen. Diese Idee ist erst kürzlich aufgekommen und Kosmic war der erste, der sie ausprobierte, um den Killscreen zu überwinden. Um den Steuerkreuz-Trick richtig nutzen zu können, ließ er das Spiel viel langsamer – Frame für Frame – laufen als üblich. Ohne Hilfsmittel ist das also nicht möglich.
Unmöglich ohne Hilfsmittel und viel Glück
Trotzdem gilt Kosmic in der Community nicht als Cheater: Durch den Trick gibt es jetzt Einblicke in das Verhalten des Spiels, die zuvor nicht möglich waren. Kosmic kam bis in Runde 122, bevor der Timer ihm ein weiteres Ende setzte. Doch diesen Punkt nochmal zu erreichen und möglicherweise zu überwinden, stellte sich als beinahe unmöglich heraus: Kosmic blieb trotz seines Tricks immer wieder in der unseligen Runde 117 hängen, also beim ursprünglichen Killscreen.
Zusammen mit anderen Usern analysierte er daraufhin den Spielcode, um dem unerklärlichen Verhalten des Spiels auf den Grund zu gehen. Sie fanden heraus, dass Spieler mit einer Wahrscheinlichkeit von nur 1:32 in Runde 117 eine halbe Sekunde Bonuszeit erhalten. Die reicht aber aus, um die Runde abzuschließen. Kosmic gibt an, dass es also nicht nur notwendig ist, trotz genutzter Hilfsmittel ein fehlerfreies Spiel hinzulegen, sondern auch noch ordentlich Glück zu haben, um weiterzukommen. Er selbst konnte später den Killscreen aber weitere Male überwinden und einige Level weiterspielen.
Am Ende steht für Kosmic fest, dass das Rennen für neue Highscores jetzt eröffnet ist – und sicherlich finden sich genügend Hardcore-Retro-Gamer, die sich dieser Challenge anschließen.
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Fühlt sich vor dem Gaming-PC genauso zu Hause wie in der Hängematte im Garten. Mag unter anderem das römische Kaiserreich, Containerschiffe und Science-Fiction-Bücher. Spürt vor allem News aus dem IT-Bereich und Smart Things auf.