Spätfolge der Windpocken: Alles über die Gürtelrose
Sie schmerzt, juckt und zieht im schlimmsten Fall jahrelange Folgeerkrankungen nach sich: Die Gürtelrose ist eine unterschätzte Krankheit. Doch du kannst ihr vorbeugen.
Nur ein vorübergehend geschwächtes Immunsystem trennt dich von einem Ausbruch der Gürtelrose. Denn in der Schweiz trägt quasi die ganze Bevölkerung (98 Prozent) das Variazella-Zoster-Virus in sich. Bei manchen schlummert der Erreger nach einer durchgemachten Windpocken-Infektion für immer. Bei vielen aber nur auf Zeit und das Virus wird wieder aktiv.
Rund ein Drittel aller Menschen erkranken nach einer Windpocken-Infektion an der Gürtelrose. Je älter man wird, desto größer ist das Risiko. Was die Gürtelrose akut auslöst, wie du dich bei Krankheits-Symptomen am besten verhältst und was es zu der kürzlich zugelassen Impfung zu wissen gibt, weiß Dr. Julian Maier vom Zentrum für Reisemedizin der Universität Zürich.
Wieso kommt es zum plötzlichen Ausbruch?
Die Gürtelrose (Herpes Zoster) ist eine Spätfolge einer Windpocken-Infektion. Und Windpocken kennt jeder – die hoch ansteckende Krankheit verläuft im Kindesalter meist unproblematisch mit Fieber und juckenden Pusteln. Trifft einen die Krankheit erst später im Leben, sind Windpocken nicht ungefährlich: In der Schweiz erkranken jährlich schätzungsweise 3000 Menschen über 16 Jahren daran – bei 60 bis 70 von ihnen kommt es zur Hospitalisierung aufgrund von Komplikationen. Besonders schwangere Frauen sollten vorsichtig sein: Eine Windpocken-Infektion während der Schwangerschaft erhöht das Risiko für Fehlbildungen des Ungeborenen.
Hast du dich einmal mit dem Windpocken-Virus (Variazella-Zoster-Virus) infiziert, bleibt der Erreger dauerhaft in deinem Nervensystem, setzt sich in deinem Rückenmark ab und schlummert dort. Warum die Variazellen reaktiviert werden und die Gürtelrose dann ausbricht? Das ist meist auf eine vorübergehende Immunschwäche zurückzuführen, sagt Dr. Maier.
«Stress oder Infektionserkrankungen wie eine Erkältung oder Magen-Darm-Grippe reichen oft schon aus. Auch Medikamente, die immunsuppressiv wirken, können den Ausbruch begünstigen. Die Gürtelrose kann zudem ein erstes Anzeichen einer Krebserkrankung sein.»
Doch der wichtigste begünstigende Faktor ist das Alter: «Mit dem Alter wird das Immunsystem schwächer und die Fähigkeit nimmt ab, andere Erkrankungen abzuwehren. Das beginnt ungefähr mit 65 Jahren» sagt der Experte. So treffen in der Schweiz 50 Prozent der Gürtelrosen-Erkrankung Menschen im Alter ab 65.
Wie macht sich die Gürtelrose bemerkbar?
Wichtigstes Symptom der Gürtelrose ist der markante Hautausschlag. Die Variazella-Zoster-Viren, die sich nach den Windpocken im Rückenmark eingenistet haben, wandern entlang der Nervenstränge bis zur Haut und bilden dort einen entzündlichen, schmerzenden Ausschlag mit kleinen Bläschen. Dieser Ausschlag entsteht am Ende der Nervenbahnen, an denen die Variazellen zur Hautoberfläche gelangt sind. Dort erinnert er (zumindest im Rumpfbereich) an einen Gürtel – daher kommt auch der Name «Gürtelrose». Grundsätzlich kann der Ausschlag auch am Brustkorb, den Armen oder im Gesicht auftreten.
«Im Gesichtsbereich ist die Gürtelrose besonders gefährlich» warnt Dr. Maier. Denn hier kann nicht nur die Haut, sondern auch der Seh- und Hörnerv angegriffen werden. «Wenn man nicht direkt mit der Therapie beginnt, kann man erblinden oder das Gehör verlieren.» Bei 10 bis 20 Prozent der Gürtelrose-Fälle ist ein Auge mitbetroffen.
Schon Tage vor dem Hautausschlag zeigt sich oft ein weiterer Vorbote der Gürtelrose: «Dort, wo später der Hautausschlag auftritt, kann es ein bis fünf Tage vorher zu Schmerzen kommen» sagt der Experte. Die können leichter und nur bei Berührung spürbar sein aber auch ein Kribbeln oder stärkere Schmerzen sind möglich. Zudem kann es auch zu Fieber kommen, sagt der Experte.
Therapie und Behandlung
Spürt man erste Symptome, sollte man am besten direkt den Hausarzt oder die Hausärztin aufsuchen. Denn bei der Gürtelrose hängt der Therapieerfolg davon ab, wie schnell mit der Behandlung begonnen wird. Dr. Maier rät: «Es ist wichtig, den Arzt über den Verdacht auf Gürtelrose zu informieren.» Auch solltest du deinen Hautausschlag in der Arztpraxis abdecken: Denn in der Bläschenflüssigkeit sind die Windpockenviren enthalten, was den Ausschlag hochansteckend macht.
In der Therapie gibt es zwei Behandlungswege: die symptomatische und die antivirale Behandlung. «Mit der antiviralen Behandlung sollte man möglichst schnell beginnen, denn so kann sich die Dauer der Krankheit verkürzen» sagt der Experte. Das erfolgt in Tablettenform und hemmt den Vermehrungszyklus der Variazellen: «Das Virus kann sich so weniger gut ausbreiten. Der Körper bildet zudem Antikörper und reduziert das Risiko einer weiteren Gürtelrose.»
Zugleich muss der schmerzende Hautausschlag behandelt werden: «Die symptomatische Behandlung besteht aus Schmerzmedikamenten und einer weißen Schüttelmixtur, die auf den Hautausschlag aufgetragen wird. Das Mittel lindert den Juckreiz und trocknet die Bläschen aus». Zwei bis vier Wochen später ist die Gürtelrose häufig abgeheilt.
Folgeerkrankung der Gürtelrose
Doch 10 bis 15 Prozent der Gürtelrose-Patienten und -Patientinnen, so das Ergebnis einer Studie der Universität Zürich, leiden nach der Erkrankung an einer Post-Zoster-Neuralgie. Sie ist eine Folgeerkrankung die mit schweren, oft monate-, wenn nicht sogar jahrelangen Nervenschmerzen einhergeht. Von einer Post-Zoster-Neuralgie ist dann die Rede, wenn die Schmerzen noch 90 bis 120 Tage nach Krankheitsbeginn spürbar sind.
«Die Variazellen wandern über die Nervenbahnen zur Haut. Wenn die Entzündung an der Haut nicht richtig abheilt, kann der Schmerz bestehen bleiben», sagt Dr. Maier. Zu den Risikofaktoren sagt er: «Je älter man ist, desto häufiger ist auch die Post-Zoster-Neuralgie. Und je stärker der Schmerz während der Gürtelrose, desto wahrscheinlicher ist eine Folgeerkrankung.»
Gürtelrose vorbeugen: Für wen wird die Impfung empfohlen?
Die Gürtelrose ist ein unterschätztes Risiko, das beinahe jeder Mensch in sich trägt. Handelt man schnell, lässt sie sich gut in den Griff kriegen. Wartet man zu lange, riskiert man schwere Folgeerkrankungen.
Die gute Nachricht: Seit 2022 kannst du dich sogar vorbeugend vor der Gürtelrose schützen. Der Impfstoff «Shingrix» ist seit letztem Jahr in der Schweiz zugelassen und wird für alle Menschen ab 65 Jahren oder mit gewissen Immunschwächen empfohlen: «Wir empfehlen die Impfung allen, die stark immunsupprimiert sind. Wenn zum Beispiel eine Organtransplantation geplant ist, sollte vorher geimpft werden, weil man danach ein Leben lang immunsuppressiv therapiert ist», sagt der Experte.
In einem Abstand von zwei Monaten werden zwei Impfdosen injiziert, die dich danach zu 90 bis 97 Prozent vor einer Gürtelrose schützen. Nach einem Ausbruch der Gürtelrose solltest du zwei Monate nach dem Abheilen des Ausschlags mit der Impfung warten.
Für Kinder im Alter von neun bis zwölf Monaten gibt es seit Anfang 2023 eine Impfempfehlung gegen die Windpocken, schreibt das Bundesamt für Gesundheit. Zu der Impfung wird in Kombination mit Masern, Mumps und Röteln von Experten und Expertinnen geraten. So kann man frühzeitig das Risiko der Windpocken und somit auch der Gürtelrose reduzieren.
Titelfoto: shutterstockIch liebe blumige Formulierungen und sinnbildliche Sprache. Kluge Metaphern sind mein Kryptonit, auch wenn es manchmal besser ist, einfach auf den Punkt zu kommen. Alle meine Texte werden von meinen Katzen redigiert: Das ist keine Metapher, sondern ich glaube «Vermenschlichung des Haustiers». Abseits des Schreibtisches gehe ich gerne wandern, musiziere am Lagerfeuer oder schleppe meinen müden Körper zum Sport oder manchmal auch auf eine Party.