Samsung Odyssey OLED G6 im Test: Gaming ohne Bewegungsunschärfe
Du willst bei schnellen Shootern auch in Bewegung ein klares Bild? Dann solltest du dir Samsungs 27-Zöller anschauen. Der Fokus auf die Bildfrequenz bedeutet allerdings, dass du Abstriche bei anderen Dingen machst.
360 Bilder pro Sekunde: Samsungs neuer Monitor kommt als einer der ersten OLEDs mit einer extrem hohen Bildfrequenz. Sie soll für besonders klare Bilder in Bewegung sorgen. Wichtig ist das vor allem in kompetitiven Shootern.
Der Odyssey OLED G6 ist der kleine Bruder des Odyssey OLED G8, den ich kürzlich getestet habe. Er ist im Vergleich kleiner, dafür günstiger. Und er hat eine tiefere Auflösung, dafür mehr Hertz. Das QD-OLED-Panel stammt aus Samsungs eigener Display-Division.
Die Spezifikationen im Überblick:
- Format: 27 Zoll, 16:9, matte Beschichtung
- Auflösung: 2560 × 1440 Pixel, 108 ppi Pixeldichte
- Helligkeit: 250 Nits (SDR), 1000 Nits Spitze (HDR)
- Bildfrequenz: 360 Hertz
- Reaktionszeit: 0,03 ms Grau zu Grau
- Farbraumabdeckung: 100 % sRGB, 99 % DCI-P3
- Signalübertragung: HDMI 2.1, DisplayPort 1.4 (DSC)
- Adaptive Sync: AMD FreeSync Premium Pro
- Aktueller Preis: 859 Franken / Euro
Hinweis: Ich habe von Samsung für diesen Test ein Vorserienmodell erhalten. Das finale Produkt könnte noch Dinge verbessern – insbesondere bei der Firmware. Ich weise an den entsprechenden Stellen darauf hin.
Design: schlank und schlicht
Samsungs Design ist bei allen OLED-Modellen gleich: Eine Metallplatte als Standfuss, viel silberner Kunststoff überall sonst. In der Preisklasse unter 1000 Franken finde ich das in Ordnung. Optisch wirkt der Monitor schlank und schlicht. Der RGB-Leuchtring auf der Rückseite ist der einzige Hinweis darauf, dass es sich um ein Gaming-Produkt handelt. Er lässt sich auch ausschalten.
Die Stabilität der Standsäule dürfte besser sein. Beim 27-Zöller fällt das zum Glück nicht so stark ins Gewicht wie beim grossen Bruder. Die Anschlüsse sind Standardkost: Zweimal HDMI 2.1 und einmal DisplayPort 1.4. Daneben gibt es den obligaten Hub mit zwei USB-A-Buchsen. Immerhin verbaut Samsung im Gegensatz zum Odyssey OLED G8 hier auch einen Klinkenstecker. So kann ich den Ton per HDMI über den Monitor auf meine Boxen schlaufen. Eigene Lautsprecher hat der Bildschirm nicht.
Nur zwei Dinge nerven mich: Erstens das externe Netzteil – ich würde einen leicht dickeren Bildschirm dem Ziegelstein auf oder unter dem Tisch vorziehen. Zweitens leidet mein Exemplar des Odyssey OLED G6 an ausgeprägtem Coil Whine. Je nach Bildinhalt fiept das Ding mal mehr, mal weniger. Das Geräusch ist in einer ruhigen Umgebung eine Plage.
Bildqualität: hält mit den Grossen mit
Was jetzt folgt, geht tief in die Materie. Die Messungen mit professionellem Werkzeug von Portrait Display erlauben eine objektive Einordnung der Bildqualität. Falls dich Details und Diagramme nicht interessieren, kannst du die Kurzversion lesen und danach zum Kapitel «Gaming» scrollen.
Die wichtigsten Erkenntnisse in Kürze:
- Helligkeit: Maximal 250 Nits im SDR-Modus sind typisch für QD-OLED und reichen in den meisten Situationen. Die Helligkeit bleibt immer gleich, egal ob Vollbild oder in einem kleinen Testfenster.
- Kontrast: Der Kontrast ist hervorragend, der Schwarzwert bei wenig Umgebungslicht OLED-typisch perfekt.
- Farben: Sowohl SDR- als auch HDR-Farbräume deckt der Odyssey OLED G8 extrem gut ab. Die Farbgenauigkeit könnte besser sein.
- HDR: Die Spitzenhelligkeit bei HDR-Inhalten ist gut, sinkt allerdings bei grösseren Highlights schnell ab. Die durchschnittliche Farbgenauigkeit geht in Ordnung, bei einzelnen Farben gibt es Ausreisser nach oben.
- Reflexionen: Der Odyssey OLED G8 hat eine matte Beschichtung. Sie reduziert punktuelle Reflexionen gut, lässt das Bild jedoch weniger knackig erscheinen.
Helligkeit und Kontrast: Matte Beschichtung ist Geschmacksache
Der Odyssey OLED G6 kommt im SDR-Modus auf eine Helligkeit von 255 Nits. Wenn mir die Sonne direkt ins Zimmer scheint, wünsche ich mir mehr, in allen anderen Situationen reicht es. Eine Option auf eine dynamische SDR-Helligkeit fehlt wie beim grossen Bruder. Das heisst: Weiss ist immer gleich hell, egal wie gross sein Anteil am Gesamtbild ist.
Das finde ich während der Arbeit oder beim Surfen im Netz gut. Hier will ich keine ständig schwankende Helligkeit. Beim Zocken ist ein dynamisches Maximum tagsüber von Vorteil. Denn die relativ geringe Helligkeit ist nach wie vor der grösste Nachteil von OLED-Bildschirmen.
Das Panel meines Testexemplars ist gleichmässig ausgeleuchtet. Ich messe ein maximales DeltaE von 0,7 zwischen Bildmitte und Bildränder.
Die maximale HDR-Helligkeit liegt ein wenig höher als beim Odyssey OLED G8: Ich messe 999 Nits, wenn ich die «Peak Brightness» auf «High» stelle. Wird das Testfenster grösser, sinkt die Helligkeit rapide ab – wie bei allen QD-OLED-Panels. In dieser Hinsicht haben LGs WOLED-Panels die Nase vorn. In der folgenden Grafik werden diese durch den Asus PG34WCDM repräsentiert.
In heller Umgebung sind WOLED-Monitore auch beim Schwarzwert überlegen: Schwarz wirkt wegen des fehlenden Polarisationsfilters bei heller Umgebung etwas ausgewaschen und lilafarben. Die matte Oberfläche des Odyssey OLED G6 verstärkt diese Problematik. Sie versteckt zwar punktuelle Lichtquellen. Doch die Reflexionen werden deshalb nicht eliminiert, sondern nur zerstreut. Ein glänzendes Display wirkt unter dem Strich knackiger und auch schärfer.
Farben und Grautöne: für grosse Farbräume gut kalibriert
Die Messungen zu Farben und Grautönen sollen drei Fragen beantworten:
- Gamma und Weissabgleich: Wie akkurat stellt der Monitor neutrale Grautöne dar?
- Farbraumabdeckung: Wie viele Farben kann der Monitor darstellen?
- Farbgenauigkeit: Wie genau trifft der Monitor die Farben?
Mein Testmodell des Odyssey OLED G6 kommt ab Werk in der Bildeinstellung «Grafik» – gut so! Sie ist mit Abstand am besten kalibriert. Gamma und Weissabgleich verlaufen sehr nahe an den Sollwerten. Helle Graustufen haben einen leichten Grünstich. Das maximale DeltaE von 3,6 geht aber immer noch völlig in Ordnung.
Die gängigen SDR-Farbräume deckt der Odyssey OLED G8 sehr gut ab:
- sRGB: 139 % (relativ) / 100 % (absolut) (gut = 100 %) – der Standardfarbraum für digitale Inhalte. Die meisten SDR-Bilder und Videos sind auf sRGB abgestimmt.
- AdobeRGB: 98 % (gu t= >90 %) – ein wichtiger Farbraum für die Bearbeitung von Bildern, die für den Druck bestimmt sind.
Seit der neuesten OLED-Generation habe ich mich an die hohe AdobeRGB-Abdeckung gewöhnt. Auch die Farbgenauigkeit ist sehr gut (durchschnittliches DeltaE von 2,3). Bis vor kurzem waren für eine so farbtreue Darstellung spezialisierte Monitore nötig.
Das einzige Problem von Wide-Gamut-Panels wie dem Odyssey OLED G6 bleibt die zu satte Darstellung von sRGB-Inhalten (durchschnittliches DeltaE von 4,2). Das liegt jedoch am schlechten Farbmanagement von Windows. MacOS stellt verschiedene Farbräume systemweit korrekt dar.
Samsung bietet beim Odyssey OLED G6 auch keinen extra Bildmodus für sRGB-Inhalte. Ich kann zwar zwischen den Farbräumen «Nativ» und «Normal» wechseln. Doch das scheint nichts zu bewirken. Vielleicht liegt das an der nicht-finalen Firmware. Wie auch immer: Es spielt für einen Gaming-Monitor wohl kaum eine Rolle.
HDR: in kleinen Fenstern sehr hell
Der Odyssey OLED G6 setzt seine gute Leistung bei HDR-Inhalten fort. Auch hier bietet er eine gute Genauigkeit. Schatten werden leicht angehoben. WOLED-Monitore bieten bei den meisten Szenen das eindrücklichere Erlebnis. Denn ihre Helligkeit fällt nicht so schnell ab, wenn das Bild einen grösseren Weissanteil hat (genauer gesagt ein höheres Average Picture Level, APL).
Bei der Abdeckung der HDR-Farbräume messe ich:
- DCI-P3: 99,4 % (gut = >90 %) – der Standard-Farbraum für HDR-Inhalte, zum Beispiel in HDR10 oder Dolby Vision.
- BT.2020: 81,2 % (gut = >90 %) – noch grösserer Farbraum, der als Zukunft gehandelt wird. Aktuelle Inhalte nutzen ihn selten.
Die Abdeckung des grossen BT.2020-Farbraums liegt sogar ein wenig über derjenigen des Odyssey OLED G8. In der Praxis spielt das kaum eine Rolle. Die meisten Inhalte sind heute auf DCI-P3 abgestimmt. Diesen Farbraum deckt der Odyssey OLED G6 praktisch vollständig ab. Auch die Farbgenauigkeit ist mit einem durchschnittlichen DeltaE von 1,8 hervorragend.
Der Odyssey OLED G6 unterstützt den HDR-Standard HDR10. Auf DolbyVision verzichtet Samsung genau wie bei seinen TVs zugunsten des eigenen Standards HDR10+.
Gaming: Ich treffe auch mit 360 Hertz nicht besser
Die Schlagzeile des Samsung Odyssey OLED G6 ist seine hohe Bildfrequenz: 360 Hertz. Was bringt das überhaupt? Theoretisch drei Dinge:
- Tieferer Input-Lag: die Zeit, die zwischen dem Empfang des Bildsignals und der Darstellung auf dem Monitor vergeht.
- Flüssigeres Bild: Je mehr FPS ein Monitor darstellt, desto flüssiger wirken Bewegungen.
- Weniger Bewegungsunschärfe: Wenn die Pixel ihren Zustand schneller ändern können, ziehen Objekte in Bewegung weniger Schlieren und wirken schärfer.
Theoretisch. In der Praxis spüre und sehe ich bei den ersten zwei Punkten keinen Unterschied zwischen 240 und 360 Hertz. Dazu muss ich allerdings sagen: Meine Shooter-Skills sind grottenschlecht. Ich bin sicher, dass Profis etwas vom extrem kurzen Input-Lag haben. Und auch bei der Wahrnehmung von hohen Framerates sind gemäss einer neuen Studie nicht alle Menschen gleich sensibel.
Nur die bessere Klarheit von bewegten Objekten sehe auch ich – wenn ich mich explizit darauf achte. So wirkt das Test-Ufo zum Beispiel schärfer als mit 240 Hertz, wenn ich ihm mit den Augen folge.
Lohnt es sich, deshalb einen 360-Hertz-OLED zu kaufen? Ich finde: nur in Ausnahmefällen. Spielst du nicht ausschliesslich schnelle First Person Shooter, wird dir der Vorteil der hohen Framerate kaum auffallen. Dann bist du mit einem der neuen 4K-OLEDs besser bedient. Diese kosten zwar etwas mehr. Doch die grössere Bildfläche und die höhere Auflösung sind den Aufpreis allemal wert. Sie machen einen grösseren Unterschied als die 120 zusätzlichen Hertz des Odyssey OLED G6.
Genau wie der grossen Bruder braucht auch der neue 27-Zöller viel Leistung: 360 FPS in 1440p muss dein PC erstmal berechnen können. In Spielen wie Overwatch oder Halo Infinite schafft mein System mit AMD Radeon 7900 XTX das problemlos. In grafikintensiven Spielen sind für solche Framerates aber Upscaling-Technologien nötig.
Office: Durchschnitt
Zum Arbeiten gibt es bessere Monitore als den Odyssey OLED G6. Kein Wunder, dafür ist er schliesslich nicht primär gedacht. Die Pixeldichte von 108 Pixel pro Zoll (ppi) ist nur Mittelmass. Immerhin reduziert das Subpixel-Muster der neuen QD-OLED-Generation die gefürchteten Farbsäume. So wirkt Text ausreichend scharf.
Nach ein paar Minuten Inaktivität dimmt der Bildschirm runter, um sich vor Burn-in zu schützen. Das passiert aber nur bei komplett statischem Bildinhalt. Schon eine Mausbewegung reicht, damit er wieder in normaler Helligkeit leuchtet.
Nerviger finde ich die zweite Präventionsmassnahme gegen ungleichmässige Abnutzung: Pixel Shift. Der Monitor verschiebt das Bild im Minutentakt leicht. Es passiert gefühlt viel öfter und stärker als bei anderen Geräten . Deaktivieren lässt sich die Funktion nicht. Nachdem sie mir einmal aufgefallen ist, nehme ich sie ständig wahr.
Das Burn-in-Risiko bleibt wie bei allen OLED-Monitoren ein unberechenbarer Faktor. Je heisser das Panel wird, desto eher nutzen sich die einzelnen Pixel ungleichmässig ab. Der grössere Odyssey OLED G8 führte im Test die Wärme zum Glück effektiv ab. Ohne Vergleichsgerät kann ich das beim kleineren Bruder nicht verifizieren. Ich gehe wegen dem identischen Design aber davon aus, dass er ein ähnliches Kühlsystem hat.
Samsung gewährt drei Jahre Burn-in-Garantie auf seine QD-OLED-Monitore. Ärgerlicherweise findet sich diese Angabe nicht auf einer offiziellen Seite. Doch Samsung Schweiz hat mir mehrfach bestätigt: Hast du Burn-In-Probleme, wird das Panel ersetzt.
Bedienung: Gott sei Dank ohne Tizen
Während Samsung bei grösseren Modellen Tizen OS einsetzt, verzichten die Südkoreaner beim Odyssey OLED G6 auf das Smart-TV-Betriebssystem. Zum Glück. Zu keinem Zeitpunkt vermisse ich die zusätzlichen Funktionen.
Das reduzierte Menü des 27-Zöllers ist viel übersichtlicher. Ich gelange rasch zu den Einstellungen, die ich wirklich brauche: Helligkeit, Wahl des Eingangssignals, Lautstärke der angeschlossenen Lautsprecher. Die Bedienung funktioniert über einen kleinen Joystick unten auf der Rückseite.
Fazit
Gut für E-Sport, Durchschnitt für den Rest
Der Samsung Odyssey OLED G6 ist ein guter Gaming-Monitor in seiner Grössenklasse. Er bietet die gleiche Bildqualität wie andere aktuelle OLEDs. Das heisst: toller Schwarzwert, grossartige Farben, befriedigende Helligkeit. Die Werkskalibrierung ist sowohl im SDR- als auch im HDR-Modus sehr gut.
Der Partytrick des Odyssey OLED G6 ist seine hohe Bildfrequenz in Kombination mit der kurzen Reaktionszeit der OLED-Pixel. Zusammen reduzieren sie die Unschärfe von bewegten Objekten auf ein Minimum. Das macht sich vor allem bei Shootern bemerkbar: Selbst während schnellen Kameraschwenks bleiben Gegner glasklar sichtbar. Ich als Gelegenheitsspieler schlage daraus kaum Profit. Für Profis kann dieser Vorteil vielleicht entscheidend sein.
Allen anderen würde ich den Odyssey OLED G6 eher nicht empfehlen. Spielst du eine breite Palette an Games, bist du mit einem der 32 Zoll grossen 4K-OLEDs mit 240 Hertz besser bedient. Etwa der Alienware AW3225QF oder Samsungs eigener Odyssey OLED G8. Die Detailtiefe und die grössere Bildfläche finde ich wertvoller als eine noch höhere Framrate.
Gehörst du tatsächlich zur Zielgruppe der Profi-E-Sportler, könnte sich ausserdem etwas Geduld lohnen: In der zweiten Jahreshälfte 2024 erscheint der Asus PG27AQDP. Sein WOLED-Panel von LG hat die gleiche Auflösung, aber sogar 480 Hertz. Damit hättest du allerdings noch weniger Ausreden, wenn der Headshot mal nicht sitzt.
Pro
- OLED-Schwarzwert, gute Helligkeit
- Extrem klare bewegte Bilder
- Sehr gute Farbraumabdeckung
- Gute Farbgenauigkeit
- Matte Beschichtung je nach Situation ein Vorteil
Contra
- Teuer für 27 Zoll und 1440p
- Burn-in-Gefahr bei statischen Inhalten
- In hellen Räumen weniger tiefes Schwarz als WOLED
- Matte Beschichtung reduziert den subjektiven Kontrast
- Deutlich hörbares Coil Whine
Mein Fingerabdruck verändert sich regelmässig so stark, dass mein MacBook ihn nicht mehr erkennt. Der Grund: Wenn ich nicht gerade vor einem Bildschirm oder hinter einer Kamera hänge, dann an meinen Fingerspitzen in einer Felswand.