Studie zeigt: Einige Menschen nehmen die Welt in einer höheren «Framerate» wahr
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Studie zeigt: Einige Menschen nehmen die Welt in einer höheren «Framerate» wahr

Es gibt Menschen, die ihre Umgebung mit mehr Bildern pro Sekunde wahrnehmen. Dies kann einen Einfluss auf die Leistung in schnellen Sportarten und auf die Wahrnehmung von Games haben.

Eine neue Studie des Trinity College in Dublin besagt, dass einige Menschen ihre Umgebung in höheren Frequenzen wahrnehmen als andere. Oder, anders formuliert: Manche Menschen haben eine höhere «zeitliche Auflösung» und können dadurch mehr Informationen pro Sekunde abrufen und verarbeiten.

Die Resultate der Studie deuten darauf hin, dass Menschen mit einer höheren zeitlichen Auflösung einen angeborenen Vorteil in Situationen haben, in denen schnelle Reaktionszeiten entscheidend sind. So zum Beispiel in schnellen Sportarten oder im kompetitiven Gaming.

Der wissenschaftliche Hintergrund der Studie

Jedes sehende Lebewesen hat eine andere zeitliche Auflösung. Vor allem kleinere Tiere sehen im Vergleich zu Menschen in einer extrem hohen Auflösung. Je mehr Bilder pro Sekunde ein Lebewesen verarbeitet, desto langsamer nimmt es seine Umgebung wahr. Kolibris, andere kleine Vögel und Insekten sehen die Welt in einer «The Matrix»-artigen Bullet Time. So können sie in Höchstgeschwindigkeit um Hindernisse fliegen, schnell bewegende Beute fangen und Fliegenklatschen ausweichen.

Vergangene Studien haben gezeigt, dass die zeitliche Auflösung von Menschen von diversen physiologischen Faktoren abhängig ist. So können sich eingeschränkte Hirnfunktionen, Krankheiten wie Alzheimer oder ein geringer Sauerstoffgehalt des Blutes negativ auf die zeitliche Auflösung auswirken. Eine Vergleichbarkeit der Studienergebnisse war aufgrund unterschiedlicher Forschungsfragen und experimenteller Setups nicht möglich. Die Studie des Trinity College Dublin hat sich zum Ziel gesetzt, individuelle Unterschiede in der zeitlichen Auflösung zu testen, die nicht auf spezielle physiologische Differenzen oder Krankheiten zurückzuführen sind.

So wurde getestet

Zum Experiment eingeladen wurden 88 Studierende vom Trinity College Dublin. Die Probanden waren alle gesund und ähnlich alt. Ihre zeitliche Auflösung wurde mithilfe der «Critical Flicker Fusion»-Schwelle, kurz CFF, getestet. Die CFF-Schwelle ist der Punkt, an dem ein Individuum ein flackerndes Licht nicht mehr als Flackern, sondern als konstante Lichtquelle wahrnimmt.

Für das Experiment wurde ein Apparat entwickelt, der an VR-Geräte erinnert. Die Probanden schauten durch eine Brille mit abgedunkelter Sichtröhre auf eine weiss leuchtende LED. Die Flackerfrequenz konnte mit einem Regler in 1-Hertz-Schritten nach oben oder unten reguliert werden.

Das Testgerät mit LED-Licht.
Das Testgerät mit LED-Licht.
Quelle: Plos One / Trinity College Dublin

Das Experiment wurde in zwei Schritten durchgeführt. Zunächst wurden die Probanden gebeten, ein konstant leuchtendes Licht mit dem Hertz-Regler so weit nach unten zu drehen, bis sie ein Flackern wahrnehmen konnten. Zudem mussten die Teilnehmenden den Regler bei einem flackernden Licht so weit nach oben drehen, bis sie die LED als konstante Lichtquelle erkannten.

Um die Ergebnisse zu bestätigen, bekamen die Teilnehmenden in einem zweiten Schritt eine Reihe an Stimuli präsentiert, die entweder über oder unter der zuvor gemessenen individuellen CFF-Schwelle liegen. Beide Schritte wurden bei 49 Teilnehmenden jeweils dreimal wiederholt, um intrapersonelle Varianzen in den Testergebnissen berücksichtigen zu können.

Extrem grosse Unterschiede zwischen den Probanden

Die gemessenen Unterschiede sind sehr hoch, statistisch signifikant und zeitlich stabil. Einige Probanden berichteten, dass sie die LED als konstante Lichtquelle wahrnahmen, obwohl die Lampe 35 Mal pro Sekunde geblinkt hat. Andere Probanden konnten das Flackern hingegen bei einer Geschwindigkeit von über 60 Mal pro Sekunde immer noch wahrnehmen.

«Wir wissen noch nicht, wie sich diese Unterschiede in der visuellen zeitlichen Auflösung auf unser tägliches Leben auswirken», sagt Studienleiter Clinton Haarlem in einem Interview. «Wir glauben aber, dass die individuellen Unterschiede in Hochgeschwindigkeitssituationen deutlich werden könnten, in denen man schnell bewegende Objekte verfolgen muss. Wie zum Beispiel bei Ballsportarten, oder bei kompetitiven Games mit hohem Spieltempo». Welchen konkreten Einfluss die zeitliche Auflösung auf die Performance in Sportarten und beim Gamen hat, wollen die Forschenden in Folgestudien herausfinden.

Nebst kompetitiven Gaming-Vorteile könnten die Studienergebnisse auch Unterschiede in der Wahrnehmung von Framerates in Games erklären. Einige Spielerinnen und Spieler können problemlos Games mit 30 Frames pro Sekunde (FPS) zocken und schwören darauf, dass sie keinen Unterschied zu 60 FPS erkennen. Auch Framerate-Schwankungen und Ruckler nehmen viele Gamer kaum wahr. Andere wiederum reagieren sehr sensibel auf niedrige Framerates sowie Framerate-Schwankungen.

Titelbild: Shutterstock

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Meine Liebe zu Videospielen wurde im zarten Alter von fünf Jahren mit dem ersten Gameboy geweckt und ist im Laufe der Jahre sprunghaft gewachsen.


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