Hintergrund
Projekt Halbmarathon: Von 0 auf 21 Kilometer in 6 Monaten
von Oliver Fischer
Dass ich es am Anfang langsam angehen sollte beim Lauftraining für den Halbmarathon, war mir klar. Aber WIE langsam ich bei meinem optimalen Fettverbrennungspuls bin, hat mich dann doch umgehauen.
Gut fünf Wochen sind vergangen, seit Claudio und ich unser Projekt «Greifenseelauf-Halbmarathon» offiziell in Angriff genommen haben. Der Startschuss war jener Leistungstest, der mich erstmal mit einem unmenschlichen Wadenkrampf eine Woche ausser Gefecht gesetzt hatte, you remember?
Eine Woche lang humpelte ich, anfangs sogar mit Krücken, durch die Welt und versuchte, meine Muskulatur mit Blackroll und Massage-Pistole wieder belastungsfähig zu bekommen. Am Osterwochenende klappte es dann mit einem ausgedehnten Spaziergang und am Ostermontag, dem 1. April (no joke), war ich zuversichtlich genug, um mein erstes Greifenseelauf-Vorbereitungstraining zu absolvieren.
Wobei Training ein grosszügiger Begriff sein muss. Ich will ja erst mal meine Grundlagenausdauer aufbauen und dabei gleich ein paar Kilo überflüssiges Fett verbrennen. Mein Puls sollte dafür bei 142 Schlägen pro Minute liegen – ich interpretiere das grosszügig als Range von 140 bis 145. Solange meine Laufroute schön flach bleibt, komme ich da auf eine Kilometerzeit von knapp 7:45 bis 8:00 Minuten. Das ist jetzt per se nicht überraschend, denn dass ich es langsam angehen muss, war mir rational ja bewusst.
Wie UNFASSBAR langsam sich das aber beim Laufen tatsächlich anfühlt, hatte ich nicht erwartet.
Und das wäre noch der absolute Idealfall in Form einer topfebenen Strecke – der natürlich ausser auf einer Rundbahn nicht existiert. Erst Recht nicht in respektive um Winterthur herum, wo praktisch alles hügelig ist. Da ist es dann aber sowas von vorbei mit joggen. Ja, selbst mit zügig bergauf gehen treibt es mir den Puls locker auf über 155 Schläge hoch – und im Schnitt brauche ich für den Kilometer 8:30 Minuten. Emotional war das ernüchternd bis frustrierend.
Heute, mit gut vier Wochen Training in den Beinen, fühlt sich das immer noch sehr langsame Laufen allerdings deutlich besser an. Im Schnitt habe ich es alle drei Tage geschafft, eine längere Runde zu drehen. Jeweils mit Laufzeiten von 75 bis 90 Minuten. Also immer lang genug, um bei tiefer, konstanter Belastung möglichst lang im Fettverbrennungsbereich zu laufen. Und so lange, dass ich die Grundlagenausdauer trainiere, und dass meine Glycogenspeicher (eine Form von Kohlenhydraten) ziemlich leer waren.
Bloss auf der Waage ist das immer noch eine Berg-und-Tal-Fahrt. Schuld daran war eine Retraite in der letzten Woche, die meinen Ernährungsvorsätzen ein bisschen abträglich war. Ein Cheat-Day rund alle zwei Wochen liegt ja schon drin. Und ich zähle jetzt auch nicht peinlich genau jede Kalorie, die ich esse. Aber zwei Tage am Stück mit ordentlich Frühstück, Mittag- und Abendessen schlugen dann doch sehr viel deutlicher auf die Waage, als mir lieb war. Gestartet bin ich Anfang April mit 84 Kilo (abgerundet). In zwei Wochen knapp 1.5 Kilo runter, in zwei Tagen wieder 1 Kilo hoch und seither in anderthalb Wochen wieder eines runter.
Aber mal Kilos beiseite: Das Gefühl beim Laufen ist heute definitiv ein anderes als bei meinem ersten Lauf. Ich finde meinen Rhythmus viel schneller, kann viel stabiler im geplanten Pulsbereich laufen, ohne ständig zu überschiessen oder drunter zu fallen und auf flachem Terrain liegt die Kilometer-Zeit bei stabilem Puls von zirka 142 bei 7:15 Minuten. Steigerung also. Immer noch langsam, aber immerhin: Babysteps.
Zurück zu den Kilos und vor allem der Ernährung: Ich verbrenne ja in erster Linie Kohlenhydrate und wenig Fett und wenig Protein. Das hat die Stoffwechsel-Analyse bei Medathletik ergeben. Mit dem Thema Ernährungsumstellung tue ich mich noch eher schwer. Ich koche und esse gern. Beides ist wichtig für meine Psychohygiene. Einerseits finde ich es durchaus interessant, neue Dinge auszuprobieren. Dabei kann ich ohne Probleme einfach auf die Zutaten achten und primär mit den Lebensmitteln hantieren, die mir aktuell gut tun würden.
Andererseits: Welche sind das eigentlich? Darin besteht die nächste Herausforderung. Ich habe mal angefangen, mich mit den Inhaltsstoffen zahlreicher Lebensmittel zu befassen. Was strotzt vor Kohlenhydraten, woher bekomme ich gesunde Fette und wie fülle ich meine Proteinspeicher? Die Suche nach einigermassen vertrauenswürdigen Quellen gestaltet sich angesichts der gigantischen Menge an offenkundigem Schrott, den Google auskotzt, relativ anspruchsvoll. Irgendwelche super-durchtrainierten Fitness-Influencer, in deren Zielgruppe ich auf Instagram anscheinend falle, sind mit dem, was sie «Tipps» nennen, in etwa so hilfreich wie ein Wadenkrampf nach einem Fitnesstest.
Mit dem Thema «Wie sollte ich meine Ernährung in den nächsten Monaten anpassen, damit ich das dann auch langfristig durchziehen kann, ohne ständig das Gefühl zu haben, auf all den geilen Scheiss verzichten zu müssen?» muss ich mich definitiv noch eingehend befassen.
Aber erst mal fahre ich jetzt eine Woche in die Ferien ins Tessin. Entspannen und gut essen.
Das «Projekt Halbmarathon» in seiner ganzen Pracht gibts hier:
Weltenbummler, Wandersportler, Wok-Weltmeister (nicht im Eiskanal), Wortjongleur und Foto-Enthusiast.