Narbenbehandlung: Wie du eine Wunde am besten pflegst
Hintergrund

Narbenbehandlung: Wie du eine Wunde am besten pflegst

Mareike Steger
30.11.2023

Ob eine Wunde schön verheilt oder eine störende Narbe entsteht, lässt sich weder vorhersagen noch zu 100 Prozent beeinflussen. Doch ein wenig hast du es schon selbst in der Hand.

Narben gehören zum Leben dazu. Zwar gibt es aus der Schweiz keine offiziellen Zahlen, wie viele Menschen eine Narbe tragen. Aber lass ein Blick zu den Nachbarn in Deutschland zeigt: Dort hat laut einer älteren Umfrage für eine Pharma-Firma jede vierte Frau und jeder zehnter Mann eine vernarbte Stelle auf der Haut.

Als Kind holt man sich ständig Narben – zu schnell gelaufen, gestolpert, hingefallen, schon ist das Knie blutig aufgeschürft. Doch in der Regel entstehen aus solchen oberflächlichen Schrammen keine bleibenden Hautschäden. Sondern, so sagt Firat Aslanel, operativer Dermatologe der Praxis Hautwerk in Zürich: «Narben entstehen im Bindegewebe, wenn die tieferen dermalen Schichten der Haut beschädigt werden – durch Unfälle, Operationen, Entzündungen oder Krankheiten wie Akne. Eine Narbe ist das Ergebnis des biologischen Heilungsprozesses einer Wunde.»

Vor der Narbe ist nach der Verletzung: Wie die Wunde schlecht verheilt

Ist deine Haut tiefer verletzt, entwickelt sich neues Kollagenfaser-Gewebe. Doch anders als bei gesundem Gewebe, wo die Kollagenfasern im geordneten Zustand auftreten, erscheint das Gewebe nach einer Wunde unregelmäßig geordnet – es bildet sich eine Narbe. Wenn dich interessiert, was pathophysiologisch im Detail passiert, lies im Beitrag von Narbenspezialist Aslanel für das Fachmagazin «Leading Opinions – Dermatologie und Plastische Chirurgie» nach. Darin hat er detailliert die «Kette von Reaktionen auf lokaler und systemischer Ebene, die einem bestimmten Zeitplan folgen», beschrieben.

Für Laien lässt sich kurz zusammenfassen: Da bei der Kollagenbildung während der Wundheilung auch gefäßbildende Mediatoren mit im Spiel sind, kann es zu Störungen des Heilungsprozesses der Wunde kommen. Und somit zu Narben.

«Narben können ihre Textur verändern, sich hart anfühlen, jucken, oder eine Pigmentstörung entwickeln, sich also dunkelrot verfärben», beschreibt Aslanel mögliche Wundheilungsstörungen. «Außerdem kann das umliegende Gewebe anders aussehen als die Narbe selbst und auf der Narbe können sich Gefäße bilden.»

Die medizinische Fachwelt unterscheidet dabei vier Formen von Narben:

  • Reife Narben, die gewissermaßen die erwünschte, also nicht pathologische Form darstellen. Die Narbe ist blass und weich, nicht pigmentiert, sie juckt nicht und schmerzt nicht. Dennoch können sie belastend für Betroffene sein. Ein Beispiel: Selbstverletzungsnarben an den Unterarmen, die als Stigma empfunden werden können.

  • Zu den pathologischen Narben gehören die hypertrophen Narben. Diese sehr häufige Narbenform entwickelt sich als Wulst und ist zumeist gerötet. Sie kann auch jucken und spannen.

  • «Im Gegensatz dazu zeigen sich bei den sogenannten Keloiden über das Narbenareal hinausschießende Reaktionen», sagt der Mediziner. Diese Narben werden oft mit hypertrophen Narben verwechselt, allerdings wachsen die kleinen, halbkugeligen und geröteten Läsionen der Haut nicht an der ursprünglichen Wunde, sondern im umliegenden Gewebe.

  • Als Dellen in der Haut zeigen sich hypotrophe Narben, die in der Regel durch Entzündungen wie Akne oder Varizelleninfektionen entstehen.

Warum entstehen pathologische Narben?

Grundsätzlich weiß die Wissenschaft noch nicht hundertprozentig, warum manche Menschen zu stärkerer Narbenbildung neigen als andere. Interessant ist: Die Narbenbildung ist nicht nur von Mensch zu Mensch unterschiedlich, sondern sogar bei ein- und demselben Betroffenen kann es einmal glatt gehen und beim nächsten Mal nicht. So berichtet Aslanel von einem seiner Patienten: «Dreimal habe ich ihn operiert und nichts ist passiert. Beim vierten Mal mit derselben Schnitttechnik und demselben Nahtmaterial ist die Narbe sensationell schlecht geworden. Ich vermute eine multifaktorielle Genese – es müssen mehrere pathologische Ursachen dazu kommen.»

Prophetisch vorhersagen, ob sich pathologische Narben zum Beispiel nach einer chirurgischen Intervention entwickeln, können Ärzte und Ärztinnen nicht. «Jede chirurgische Intervention kann eine Narbe bilden. Aber wir wissen einfach nie, wie eine Narbenheilung verläuft.»

Dennoch gibt es seitens der Medizin Voraussetzungen, wie sich die Wahrscheinlichkeit verringern lässt: «Das A und O ist eine gute Schnittführung des Operateurs. Doch das passiert in der Regel ohnehin.» Werden jedoch Schnitte in die falsche Richtung gesetzt und Hautspannungslinien missachtet, ist eine Narbenbildung sehr wahrscheinlich. Gleiches gilt bei mechanischen Belastungen, also Spannung und Bewegung. Auch können Verschmutzungen, Chemotherapie und aggressive Medikamente (zum Beispiel bei schwerer Akne) die Wundheilung negativ beeinflussen.

Wie Narben gut verheilen: Was du selbst tun kannst

Braucht jede Wunde eine Narbenpflege? «Theoretisch nicht, aber praktisch ja», sagt der Dermatologe. «Eine Narbe kann heute gut aussehen, in vier oder sechs Wochen aber nicht mehr. Deshalb gilt: Die Wunde sauber halten und mit einer desinfizierenden Creme plus Verband vor Infektionen schützen und auch vor Sonne. Mit einer frischen OP-Wunde sollte man nicht ins Schwimmbad gehen.»

Ist die Wundheilung abgeschlossen, können – nach Rücksprache mit Arzt oder Ärztin – spezielle Narbengele oder -cremes verwendet werden, um das Gewebe geschmeidiger zu machen. «Trotzdem weiß man nie, ob die Narbe gut wird oder nicht.»

Von mechanischen Produkten wie Narbenrollern hält der Dermatologe wenig: «Wie kann ein Massenprodukt für jeden gleich gut sein? Und auch für jeden Bereich der Haut? Narbenpflege muss immer spezifisch ausgewählt werden und angepasst an das individuelle Bedürfnis.»

Heißt also: Frag deinen Arzt oder deine Ärztin, welche Creme er oder sie empfiehlt.

Wie behandelt man störende Narben? 

Hat sich trotz allem eine pathologische, störende Narbe entwickelt, kann die Dermatologie ihr zu Leibe rücken – und zwar hinsichtlich Farbe, Textur und auch Schmerzen. Bei hypertrophen Narben appliziert man zum Beispiel Silikonpflaster oder spritzt Cortison, um das Narbengewebe flacher zu bekommen.

Außerdem kommen bei dermatologischen Fach-Kliniken wie Hautwerk Spezialgeräte aus der Lasermedizin zum Einsatz.

Hat sich eine hypotrophe, also dellige (Akne-)Narbe entwickelt, müssen die Fachleute in die Tiefe arbeiten, um Gewebe aufzubauen – mit thermomechanischen oder Radiofrequenz-Geräten und Microneedling plus einer speziellen Blut-Plasma-Behandlung. Falls du es medizinisch genauer wissen willst: Im oben verlinken Referat beschreibt Dermatochirurg Aslanel die verschiedenen Behandlungsmethoden für Fachpersonal.

Übrigens: Nicht jede störende Narbe muss gelasert werden. Ob Speziallaser, Radiofrequenz, Microneedling oder die Injektion von Füllmaterial für die Narbenbehandlung passt, entscheiden Arzt oder Ärztin nie pauschal, sondern von Fall zu Fall. Zudem darf man jegliche Technologie nicht zu aggressiv einsetzen, da sie schlimmstenfalls die Narbe verschlechtert statt verbessert.

Im Idealfall aber ist das Ergebnis, ob aus medizinischen, ästhetischen oder kosmetischen Gründen angewandt, beinahe spurenlos, sagt Firat Aslanel: «Komplett verstecken lassen sich Narben zwar nie, doch durch den Einsatz moderner Behandlungsmethoden sind viele von ihnen kaum mehr wahrnehmbar.»

Titelfoto: shutterstock

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Mareike Steger
Autorin von customize mediahouse
oliver.fischer@digitecgalaxus.ch

Ich hätte auch Lehrerin werden können, doch weil ich lieber lerne als lehre, bringe ich mir mit jedem neuem Artikel eben selbst etwas bei. Besonders gern aus den Themengebieten Gesundheit und Psychologie.


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