Produkttest

Endlich ist auch Blutdruckmessung am Handgelenk genau genug

Lorenz Keller
28.5.2023

Wer regelmässig seinen Blutdruck kontrolliert, musste lange Zeit den Oberarm freimachen. Nun gibts endlich gute Geräte fürs Handgelenk.

Der Arzt sagt: «Regelmässig Blutdruck messen!» Doch wie soll das gehen, wenn du viel unterwegs bist oder den ganzen Tag im Büro sitzt? Musst du nun immer so ein Messgerät mitschleppen?

Tatsächlich wiegen die gängigen Modelle 400 bis 500 Gramm und bestehen aus einer Basisstation sowie einer Manschette. Das alles muss immer herumgetragen werden. Etwa bei den Testsiegern von Stiftung Warentest, die wir ebenfalls im Sortiment haben.

Gerade bei kräftigen Oberarmen besteht zusätzlich das Problem, dass sich die nicht ganz perfekt platzierte Manschette beim Aufpumpen zusammenzieht – und so die Messung ungültig ist. Zudem sind viele Geräte recht laut, wenn sie den Druck aufbauen. Schnell, diskret und unkompliziert den Blutdruck messen – das ist damit gar nicht so einfach.

Die Alternative ist die Messung am Handgelenk. Allerdings gilt dieses Verfahren als weniger genau. Manche Ärzte raten gar davon ab. Tatsächlich schafft auch im Test der Stiftung Warentest nur ein Handgelenk-Blutdruckmessgerät die Gesamtnote «gut», alle anderen erhalten nur ein «befriedigend» und «ausreichend». Das gute Omron RS7 Intelli IT erreicht die Note 2,4 – und liegt damit im Bereich der drei empfohlenen Geräte für den Oberarm, die mit 2,3 bis 2,5 abschneiden.

Der grosse Vorteil ist schon nach dem Auspacken sichtbar. Das Omron RS7 Intelli IT wiegt nur etwas über 100 Gramm, das Messgerät ist direkt auf der Manschette angebracht. Diese Kombi passt in eine kleine Transportbox, die ich problemlos unterwegs mitnehmen kann. Übrigens bestehen die Handgelenk-Modelle auch problemlos den Falltest der Stiftung Warentest, viele Geräte für den Oberarm nicht.

Das Omron RS7 Intelli IT im Grössenvergleich zu einem älteren Modell für den Oberarm.
Das Omron RS7 Intelli IT im Grössenvergleich zu einem älteren Modell für den Oberarm.
Quelle: Lorenz Keller

Schritt für Schritt zur Handgelenk-Messung

Und so funktioniert das Omron: Es wird wie eine Uhr umgeschnallt – direkt hinter dem Handgelenksknochen. Das Display liegt auf der Innenseite, die Manschette wird etwas angezogen. Und schon kann ich auf den Startknopf drücken.

Es gibt eine potenzielle Fehlerquelle: Die Messung muss auf der Höhe des Herzens erfolgen. Am Oberarm passiert das quasi automatisch, weil die Manschette immer richtig liegt. Bei der Messung am Handgelenk muss ich selber dafür sorgen, aber das RS7 Intelli IT hilft mir dabei. Ich stütze mich mit dem Ellbogen ab, idealerweise auf einem Tisch, und kann so den Arm nach unten und oben bewegen. Sobald ich «Start» drücke, sehe ich rechts auf einer Skala, ob ich zu hoch oder zu tief bin. Das blaue Herz zeigt an, wenn die Höhe passt.

Leuchtet das Herz blau, halte ich das Handgelenk auf der richtigen Höhe.
Leuchtet das Herz blau, halte ich das Handgelenk auf der richtigen Höhe.
Quelle: Lorenz Keller

Die Messung startet dann automatisch. Die Luftpolster füllen sich, dadurch zieht sich die Manschette zusammen, der Blutfluss wird kurz gestoppt, das Gerät misst, der Druck verringert sich wieder. Nach rund 35 Sekunden wird das Resultat auf dem Bildschirm angezeigt.

Kein Stress bei der Messung

Der erste, höhere Wert ist der systolische (obere) Blutdruckwert, der in den Arterien herrscht, während sich das Herz zusammenzieht und Blut pumpt. Der diastolische (untere) Blutdruckwert misst dasselbe bei entspanntem Herzmuskel. Werte von 100/60 bis 140/90 mmHg gelten als normal. Optimal sind Werte unter 120/80.

Egal wie du den Blutdruck misst, wichtig ist, dass du dabei ruhig und entspannt sitzt. Am besten stellst du beide Füsse auf den Boden. Atme ruhig auch zuerst fünf Minuten durch, bevor die Manschette angezogen wird.

Mit dem Blutdruck 114/75 kann ich momentan zufrieden sein.
Mit dem Blutdruck 114/75 kann ich momentan zufrieden sein.
Quelle: Lorenz Keller

Im kurzen Vergleich mit einem konventionellen Messgerät zeigt sich, dass die Werte sehr ähnlich sind. 128/74 und 124/80 zeigen die beiden Modelle an – einmal ist der Puls 65, einmal 63. Eine absolute Präzision gibt es sowieso nicht, auch wenn du dasselbe Gerät mehrmals hintereinander nutzt, wirst du jedes Mal etwas andere Werte erhalten.

Das Omron RS7 Intelli IT kann also mit guten Oberarm-Messgeräten problemlos mithalten, ist aber doppelt so teuer. Was gewinnt man dafür? Die kompakte Bauweise habe ich ja schon erwähnt. Zusätzlich ist die Luftpumpe kaum hörbar. Und die Manschette lässt sich schneller am Handgelenk montieren als am Oberarm.

Umstritten ist übrigens, ob am Oberarm über ein Kleidungsstück gemessen werden soll oder nicht. Bei dünnem Stoff ist das grundsätzlich kein Problem, generell ist die Präzision direkt auf der Haut aber sicher höher. Am Handgelenk ist es halt einfacher als am Oberarm, die Ärmel kurz zurückzuziehen, ohne dass irgendwo der Blutfluss abgedrückt wird.

Daten nur auf Wunsch in der Cloud

Ein Grund für den hohen Preis des Omron RS7 Intelli IT ist sicher auch, dass es dazu eine App für iPhone und Android gibt. Das Smartphone wird per Bluetooth verbunden und lädt jedes Mal die Daten herunter.

Das Messgerät selbst hat einen internen Speicher für zwei Mal hundert Messungen. Zwei Personen können zur selben Zeit den Blutdruck überwachen, mit einem Schalter wechseln sie zwischen den Profilen. Andere Modelle sichern nur 30 Daten von einer Person. Musst du mehrmals pro Tag messen, wirst du fast gezwungen, von Hand eine Liste zu führen.

In der App werden der Blutdruck analysiert und die Werte gespeichert.
In der App werden der Blutdruck analysiert und die Werte gespeichert.
Quelle: Lorenz Keller

Beim Omron hingegen sind die Daten gesammelt. Du entscheidest selber, ob sie nur in der passwortgeschützen App lokal auf dem Handy abgespeichert oder in der Cloud beim Hersteller gesichert werden. Es lassen sich beliebige Verlaufskurven und Durchschnittswerte abrufen. Und mit einem Klick kann ich die Daten per Mail an meinen Arzt schicken, wenn ich das möchte.

Wer über längere Zeit oder vielleicht gar das restliche Leben lang seinen Blutdruck im Blick haben muss, der wird den Aufpreis gerne zahlen. Die Messung am Handgelenk ist schneller und einfacher. Und mit der App-Anbindung behalte ich auch die langfristige Entwicklung im Blick. Gäbe es als Alternative dieselbe Messqualität am Handgelenk zu einem etwas tieferen Preis, wäre das ideal.

Titelfoto: Lorenz Keller

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