Einst Kerzen, heute Exzesse: Warum wir in der Weihnachtszeit so gern beleuchten
Unsere Vorfahren haben die dunkle Jahreszeit mit dem Anzünden von Kerzen überbrückt. Aus einer flackernden Flamme sind inzwischen vielerorts Licht-Inszenierungen geworden, die so gar nicht mehr gemütlich sind.
Bei Weihnachtsbeleuchtung denke ich zuerst an die Familie Griswold. In der Kultkomödie «National Lampoon’s Christmas Vacation» aus dem Jahr 1989 ist die übertriebene Weihnachtsbeleuchtung eine Szene, die du sicher auch kennst: Clark Griswold, Familienvater, verbringt Tage damit, jede einzelne Lampe anzubringen – und als es dann endlich funktioniert, ist es so hell, dass die Nachbarn geblendet sind und das lokale Kraftwerk wegen der Griswold’schen Beleuchtung auf Notversorgung umschalten muss.
Das sollte heute weniger passieren, weil die Weihnachtsbeleuchtung mittlerweile – LED sei Dank – deutlich weniger stromhungrig ist. Aber bescheidener sind die beleuchteten Dekorationen deshalb auch nicht geworden. In den USA und Kanada gibt es Wettbewerbe, welches Haus am schönsten, kreativsten oder aufwändigsten beleuchtet ist. In vielen Orten wird sogar ein «Griswold Award» vergeben, wie zum Beispiel in Richmond Hill, Ontario, Kanada.
Frühe Anfänge
Ursprünglich war die Menschheit genügsamer. Schon in vorchristlicher Zeit war es üblich, Kerzen anzuzünden. Besonders zur Wintersonnenwende, nach heutigem Kalender am 21. Dezember, also zur längsten Nacht des Jahres, gab es erhellendes Kerzenlicht. Forscher datieren die ältesten Nachweise für das rituelle Feuer auf ein Alter von 4000 bis 6000 Jahre. Archäologische Funde aus der Jungsteinzeit zeigen Feuerstellen bei Steinkreisen und andere astronomisch ausgerichtete Bauwerke.
Die Römer veranstalteten die «Saturnalien» zu Ehren des Gottes Saturn. Die Feierlichkeiten fanden Ende Dezember statt, oft mit Lichtern verbunden. In der nordischen Mythologie gab es Bräuche zur Wintersonnenwende, wie das Julfest.
Siegeszug des Weihnachtsbaums
Der Weihnachtsbaum dagegen ist eine recht neue Erfindung. Zum ersten Mal wird ein geschmückter Tannenbaum zu Weihnachten im Jahr 1510 schriftlich erwähnt. Die Chronik der Stadt Riga berichtet von einem Baum, der von der «Bruderschaft der Schwarzhäupter» auf dem Rastplatz aufgestellt wurde – schon damals mit Beleuchtung.
Ein paar Jahrzehnte später, genauer im Jahr 1539, hat es der Baum nach Deutschland geschafft. Die Quellen berichten von einem Exemplar in der Zunftstube des Freiburger Heiliggeist-Spitals. 1605 wurde aus Strassburg im heutigen Elsass berichtet, dass Bäume in den Häusern aufgestellt und mit «Äpfeln, Oblaten, Zischgold und Zucker» geschmückt wurden. Falls du dich das gerade fragst – «Zischgold» ist eine frühe Form von Lametta.
Richtig populär wurde der geschmückte Weihnachtsbaum erst im 19. Jahrhundert. Vorher war das ein Ding in Städten und bei protestantischen Familien. Die katholische Kirche stand dem Brauch zunächst skeptisch gegenüber. Irgendwann gab es aber kein Halten mehr. Preussen-König Friedrich Wilhelm IV. machte den geschmückten Weihnachtsbaum am Hof populär. Etwa zur gleichen Zeit wurde der Brauch ab 1840 in England eingeführt – auch hier durch den Adel, konkret durch Queen Victoria und Prinz Albert. Am Ende des 19. Jahrhunderts war der Weihnachtsbaum in fast allen christlichen Haushalten zu finden. Sogar nach Nordamerika hat er es dank deutscher Auswanderer geschafft.
Und die Katholiken hatten in der Zwischenzeit auch ihren Frieden mit dem populären Zimmerschmuck gefunden. Der Christbaum, so hiess er nun, wurde zum Symbol für das «Licht der Welt», das Jesus durch seine Geburt bringt.
Von der Kerze zur LED
Die ersten Bäume waren, wenn überhaupt, durch echte Kerzen beleuchtet. Das war gefährlich und löste oft Brände aus. Ein Eimer Sand oder Wasser stand deshalb für Notfälle oft neben dem Baum parat. Kerzenhalter aus Metall zum Befestigen an den Zweigen gab es erst ab etwa 1820. 1867 wurde in Deutschland der Klemmkerzenhalter patentiert. Vorher wurden die Kerzen noch direkt am Zweig montiert.
Ab Ende des 19. Jahrhunderts kamen elektrische Beleuchtungen auf. Es war Edward Johnson, ein Mitarbeiter des Glühbirnen-Erfinders Thomas Alva Edison, der 1882 erstmals einen Weihnachtsbaum mit elektrischen Lichtern geschmückt haben soll. Für einen Baum in New York hatte er von Hand eine Kette aus 80 roten, weissen und blauen Glühbirnen gefertigt.
Lange waren elektrische Lichterketten nur in wohlhabenden Haushalten zu finden. Erst ab den 1930er-Jahren gab es Lichterketten, die günstiger waren. Typisch waren die «Bubble Lights», Glühbirnen mit einer sich erwärmenden Flüssigkeit, die Blasen warf. Heute gibt es Retro-Modelle davon.
In den 1960ern und 1970ern wurden die Lampen kleiner und teils echten Kerzen nachempfunden. Die einzelnen «Kerzen» konnten bei Defekt nachgekauft und ersetzt werden.
Dieses Retro-Design erlebt ein Comeback: Moderne Varianten im Stil der klassischen elektrischen Christbaumkerzen gibt es mittlerweile mit LEDs, Fernbedienung und einer grossen Auswahl an RGB-Farben.
Und in den 1990ern kamen die ersten LED-Lichterketten auf. Heute gibt es sie in quasi unendlich vielen Varianten. LED-Elemente pulsieren, wechseln die Farben, leuchten kalt oder warm. Es lassen sich Effekte damit erzeugen, von denen Edward Johnson und seine Kollegen wohl nicht einmal geträumt haben dürften.
Und das hier ist nur eine kleine Auswahl. Hier findest du noch viel, viel, viel mehr andere Lichterketten.Journalist seit 1997. Stationen in Franken, am Bodensee, in Obwalden und Nidwalden sowie in Zürich. Familienvater seit 2014. Experte für redaktionelle Organisation und Motivation. Thematische Schwerpunkte bei Nachhaltigkeit, Werkzeugen fürs Homeoffice, schönen Sachen im Haushalt, kreativen Spielzeugen und Sportartikeln.