Diese 5 Wildkräuter kannst du im Februar sammeln
Hintergrund

Diese 5 Wildkräuter kannst du im Februar sammeln

Annalina Jegg
16.2.2023

Wildkräuter Sammeln im Februar lohnt sich. Diese 5 Pflanzen sind schon vor der Blüte im Frühjahr verzehrbar – und schmecken hervorragend.

Sie sind gewissermaßen die tapferen Gallier unter den Heilpflanzen: Jene Wildkräuter, die im Februar dem Noch-Winter trotzen und ihre grünen Halme gen Himmel recken, während der Rest der Natur noch schläft. Tatsächlich lassen sich Heilpflanzen sogar das ganze Jahr über sammeln: Je nach Pflanze und Pflanzenteil im Frühjahr, Sommer, Herbst oder eben im Winter. Und das interessiert offenbar immer mehr Menschen, weiß Prof. Dr. Matthias Melzig vom Institut für Pharmazie an der Freien Universität Berlin: «Der Trend geht nicht nur bei der Energieerzeugung immer mehr in Richtung Grün. Gerade jüngere Leute fragen sich: Muss es immer ein Antibiotikum sein? Oder gibt es bei leichten Beschwerden wie einer Erkältung auch etwas anderes?» Gerade in einer Zeit, in der immer mehr Krankheitserreger gegen unsere synthetischen Antibiotika resistent werden, Stichwort Antibiotikaresistenz , rücken Heilpflanzen also in den Mittelpunkt des Interesses. Auch im Winter.

Wann du im Februar beginnen kannst, essbare Wildkräuter mit Heilwirkung zu sammeln? Das hängt von der Region ab, in der du wohnst. Experte Melzig jedenfalls rät: «Gerade am Anfang des Pflanzenwachstums sind häufig noch nicht viele Inhaltsstoffe in der Pflanze, darum sollte man nicht zu früh damit starten.» Aber: Wenn kein Schnee liegt und die ersten Pflanzen anfangen zu wachsen, spricht (fast) nichts dagegen auf Arzneipflanzenjagd zu gehen. Lediglich den Schutz der Pflanzen solltest du im Hinterkopf behalten und nie alle jungen Triebe auf einmal abernten, sonst kann die Art nicht weiter gedeihen.

5 essbare Wildkräuter mit Heilwirkung

Vogelmiere: Gut für die Verdauung und das Mikrobiom

Inhaltsstoffe und Wirkung: Die Vogelmiere enthält unter anderem Vitamin C, Flavonoide, Saponine (Seifenstoffe), Cumarine und Mineralien. Die enthaltenen Zinksalze in den Blättern des Krauts unterstützen das Immunsystem. Flavonoide wirken radikalfangend und entzündungshemmend.

Enthaltene Phenolsäuren wirken antimikrobiell und sind laut Melzig daher für die Verdauung bedeutend: «Viele nicht zum Mikrobiom gehörende Mikroorganismen, werden durch phenolische Inhaltsstoffe in der Vermehrungsfähigkeit eingeschränkt.» Die enthaltenen Phenole haben also eine verdauungs- und mikrobiomschützende Wirkung.

Traditionell wurde die Pflanze äußerlich bei Hämorrhoiden, Hautinfektionen und Wunden eingesetzt; innerlich bei Bronchitis und Rheuma. «Hier spielt die entzündungshemmende Wirkung der Inhaltsstoffe eine Rolle und die positive Beeinflussung des Immunsystems», sagt Melzig.

Wo wächst das Kraut? Die Vogelmiere ist beliebt bei einigen Vogelarten – verrät ja auch der Name. Die Vögel fressen die Samen und verteilen sie, wodurch sich das Wildkraut gut verbreitet. Die Pflanze ist nicht besonders groß, auch die Blätter sind klein und leider: Viele Menschen empfinden sie mehr als Unkraut denn als Wildkraut, denn sie bedeckt ganze Bodenareale. Finden können wir sie vor allem in Gärten, auf Äckern und auf Weinbergen – generell auf stickstoffreichem, lehmigem Boden.

Bitte beim Sammeln beachten: Melzig rät: «Wenn viele Blätter dran sind und die Pflanze beginnt zu blühen, dann enthält sie genügend Inhaltsstoffe, um sie zu sammeln. Solange keine Blüten angesetzt sind, ist Vogelmiere – wie auch Brennnessel, Giersch und Gundermann – besonders bekömmlich.»

Wie zubereiten? Der würzig-milde, subtile Geschmack der Vogelmiere soll an junge Maiskolben erinnern. Der Experte empfiehlt sie als Zutat für Salat oder auch als Gemüse.

Gundermann: Bitteres Mittel für allerhand Leiden

Inhaltsstoffe und Wirkung: Der Gundermann ist eine lange verwendete und geschätzte Heilpflanze, die vor allem von den Germanen in die Heilkunde eingebracht wurde. Er enthält Bitterstoffe, viele phenolische Verbindungen, Flavonoide und Triterpene. Triterpene setzte man seit dem Altertum bei Magen-Darm-Beschwerden ein.

Flavonoide können wie gesagt Entzündungen im Zaum halten. Gundermann kann bei Husten und Bronchialleiden eingesetzt werden, denn die Triterpene verbessern die Ausscheidungsfunktion der Bronchien. Konkret heißt das: «Triterpene – und auch Bitterstoffe – regen über den Parasympathikus die Sekretproduktion der Drüsen an, auch die im Bronchialtrakt. Dadurch wird mehr dünnflüssiges Bronchialskeret gebildet. Ein starker, verschleimter Husten mit dickflüssigem Schleim kann so besser abgehustet werden.» Auch als Diuretikum wird der Gundermann eingesetzt, also als harntreibendes Mittel.

Wo wächst das Kraut? Der Gundermann liebt lehmige und feuchte Böden. Er wächst häufig an Wiesenrändern, auf Weiden, in Auwäldern, als Ufergebüsch und auch im Gebirge bis zu 1.500 Höhenmetern. Grundsätzlich gilt übrigens: «Wo man Gundermann findet, ist der Boden einigermaßen in Ordnung, also wenig belastet durch Schadstoffe.»

Bitte beim Sammeln beachten: Wenn der Gundermann noch sehr jung ist, sind viele gesunde Bitterstoffe enthalten. Aber je mehr Blüten der Gundermann ansetzt, umso bitterer schmeckt er. Das ist kein Problem, denn Bitterstoffe sind nicht per se schlecht für uns. Ganz im Gegenteil. Sie können zwar in großen Mengen magenreizend wirken. Wohl ein Grund, warum aus vielen Kultur- und Gemüsepflanzen in den vergangenen Jahrhunderten die Bitterstoffe extra rausgezüchtet wurden. Doch erstens sind Bitterstoffe wichtig für unsere Verdauung. Zweitens produziert die Pflanze ja nicht zum Spaß Bitterstoffe, sondern um Fressfeinde abzuhalten. Sind nämlich weniger Bitterstoffe in der Pflanze, muss mehr mit Pestiziden gearbeitet werden, weil Fressfeinde, wie Vögel und Insekten sich sonst viel (zu) gefrässig bedienen.

Wie zubereiten? Wegen der vielen Bitterstoffe kombinierst du Gundermann zum Beispiel im Salat, in der Suppe oder im salzigen Gebäck, am besten mit anderen Kräutern, die keine Bitterstoffe enthalten. Dadurch wird der Bittergeschmack etwas gedämpft.

Giersch: Was gegen Gicht gewachsen ist

Inhaltsstoffe und Wirkung: Giersch enthält ätherische Öle, Phenolcarbonsäuren, Flavonoide, Vitamin C und Mineralien. Der Giersch hat aufgrund seiner Inhaltsstoffe eine ausscheidungsfördernde Wirkung. Früher wurde er als Gichtkraut bezeichnet und bei Gicht eingesetzt. Melzig weiß: «Ziel bei Gicht ist es, durch eine hohe Trinkmenge viel von der gichtauslösenden Harnsäure auszuscheiden. Harnsäure ist schwer wasserlöslich, darum muss die Niere permanent angeregt werden.» Der Giersch kann dabei helfen.

Wo wächst das Kraut? Ein feuchter, eher nährstoffarmer Boden, wie in Gräben oder Bächen, lässt das Wildkraut besonders gut gedeihen. Giersch kommt im Tiefland eher seltener vor, er bevorzugt das Alpenvorland bis höhere Mittelgebirgslagen um die 700 Höhenmeter. Man findet ihn nicht mehr so oft, denn es wurde häufig versucht ihn auszurotten, weil er sehr invasiv ist. Melzig sagt: «Ich habe selber Giersch im Garten, den ich seit 20 Jahren versuche auszurotten, aber es gelingt mir nur, ihn im Zaum zu halten.» Wie der Experte das schafft? Er isst ihn mitsamt dem Rhizom (unterirdisch, horizontal wachsende Stängel, nicht zu verwechseln mit Wurzeln) auf. Denn auf den Kompost werfen bringe nicht viel, sagt Melzig, das überlebt das Kraut. Na dann: Guten Appetit!

Bitte beim Sammeln beachten: Giersch schmeckt am besten vor der Blüte, darum möglichst früh sammeln. Und wie Melzig empfiehlt: «Die Rhizome vom Giersch schmecken hervorragend. Man kann sie sehr früh im Jahr schon ernten.»

Wie zubereiten? Die Rhizome kannst du waschen und als Salat verzehren oder auch kochen. Aus den jungen Blättern und Stängeln lässt sich sehr gut Pesto zubereiten. Sie haben einen schwachen Möhrengeruch und schmecken auch frisch im Salat oder du bereitest sie wie Spinat zu.

Scharbockskraut: Nur vor der Blüte sammeln

«Bei Scharbockskraut kann man viel falsch machen, es gibt nämlich zwei Scharbockskräuter: das Frühlings-Scharbockskraut und das Echte Löffelkraut – beide sind unter der Bezeichnung Scharbockskraut bekannt.» Während das Echte Löffelkraut völlig ungefährlich für den Menschen ist, ist das Frühlings-Scharbockskraut (Ranunculus ficaria/Ficaria verna), auch Feigwurz genannt, nur VOR der Blüte ungefährlich. Ab der Blüte bilden sich Stoffe, die die Schleimhäute stark reizen, Überempfindlichkeiten und Allergien auslösen können.

Unterscheiden lassen sich beide Pflanzen an den Blüten: Das Echte Löffelkraut trägt weiße Blüten, das Frühlings-Scharbockskraut gelbe. Vor der Blüte sind beide Pflanzen für einen Laien kaum zu unterscheiden – muss aber auch nicht, denn beide wirken ähnlich. Sobald jedoch das Frühlings-Scharbockskraut Blüten trägt: Finger weg!

Inhaltsstoffe und Wirkung: In beiden Kräutern ist sehr viel Vitamin C enthalten. Das Echte Löffelkraut wurde früher bei Skorbut, einer Vitamin-C-Mangelerkrankung, eingesetzt, besonders bei Seefahrern. Es wird daher auch Skorbutkraut genannt. Volkstümlich verwendete man beide Arten als harntreibendes Mittel bei Gicht und Rheuma.

Wo wächst das Kraut? Ficaria verna wächst auf feuchten und humushaltigen Lehmböden, in Au- und Laubwäldern. InParks bedeckt es mit seinen leuchtend gelben Blüten häufig große Areale. Auch in den Alpen bis auf 1.400 Höhenmeter kannst du es teils in großen Beständen finden.

Bitte beim Sammeln beachten: Ficaria verna ist eines der ersten Wildkräuter, die im Frühjahr blühen. Sammeln darum: Sobald wie möglich, wenn die Blätter voll ausgeprägt sind. Der Experte rät: «Bitte nur sammeln, solange keine Blütenstände angesetzt, sondern nur die grundständigen Blätter (also die Blätter, die ganz nah an der Bodenoberfläche entspringen) da sind.» Denn wenn das Wildkraut zu blühen beginnt, ist es nicht mehr genießbar.

Wie zubereiten? Scharbockskraut (beide Arten) kannst du in Salaten als Vitamin-C-Quelle zusetzen.

Brennnessel: Gut für die Frühjahrskur?

Inhaltsstoffe und Wirkung: Die Blätter und generell das gesamte Kraut, also die oberirdischen Teile, enthalten phenolische Inhaltsstoffe, wie Flavonoide, außerdem Spurenelemente, Vitamin C und Mineralien. In großer Menge ist besonders Kalium enthalten, das die Ausscheidungsfunktion der Niere unterstützt – der Grund warum Brennnesselblätter gerne für Frühjahreskuren verwendet werden. Wir erinnern uns aber: Schlacken im Körper existieren nicht. Melzig sagt: «Das ist eine völlig überholte, alte Vorstellung, die auf der Säftelehre basiert. Die Säftelehre wiederum ist längst als unwissenschaftliche Erklärung für Erkrankungen ad acta gelegt worden.»

Allerdings können Brennnesselblätter bzw. ihre Inhaltsstoffe die Nierentätigkeit und durch Bitterstoffe die Sekretionstätigkeit der Leber anregen, was die Verdauung verbessert. Mit leichter Kost kombiniert, kann das den Stoffwechsel anregen.

Wo wächst das Kraut? Wie die Brennnessel aussieht und wo sie wächst, wissen wir alle. Jeder von uns wird schon einmal mit ihren Brennhaaren in Berührung gekommen sein.

Bitte beim Sammeln beachten: Die Blätter bzw. oberirdischen Teile zeitig sammeln, bevor sich die Blüten bilden. Dann sind mehr Flavonoide enthalten, die harntreibend wirken. Zudem stecken vor der Blüte mehr Mineralien, Vitamin C und Spurenelemente im Kraut.

Wie zubereiten? Brennnesselblätter schmecken nicht nur getrocknet als Tee, sondern frisch auch als Gemüse oder in der Suppe. Auch im Salat oder im Smoothie machen sich Brennnesselblätter hervorragend.

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Annalina Jegg
Autorin von customize mediahouse
oliver.fischer@digitecgalaxus.ch

Mich buchstabiert man so: Aufgeschlossen, Nachdenklich, Neugierig, Agnostisch, Liebt das Alleinsein, Ironisch und Natürlich Atemberaubend.
Schreiben ist meine Berufung: Mit 8 habe ich Märchen geschrieben, mit 15 «supercoole» Songtexte (die nie jemand
zu lesen bekam), mit Mitte 20 einen Reiseblog, jetzt Gedichte und die besten Beiträge aller Zeiten! 


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