Die neuen Apple AirPods Pro überzeugen im Review
Apple hat einige Dinge an den AirPods Pro geändert. Äusserlich sieht die zweite Version ihrer Vorgängerin aber zum Verwechseln ähnlich. Die neue Steuerung, die Ohrfotografie-Funktion und das Case mit Lautsprecher sind die spannendsten Neuerungen. Ich habe die Kopfhörer getestet.
Case auf, mit dem iPhone die Verbindung bestätigen und zack, schon sind die AirPods Pro der zweiten Generation startklar. Ich muss keine App herunterladen, kein Login erstellen oder sonst irgendwas machen. Dieses unkomplizierte und schnelle Pairing macht Apple momentan niemand nach.
Meine Begeisterung für die neuen AirPods Pro schwächt sich etwas ab, als ich die alten und neuen Ohrhörer äusserlich miteinander vergleiche. Ich komme mir vor wie bei einem dieser Suchspiele, wo du zwei Bilder vergleichen musst und irgendwelche minimalen Unterschiede finden sollst. Bei den AirPods habe ich bei meiner Suche Folgendes gefunden: die Neuen haben in der Mitte des Buds nur einen kleinen Sensor, bei den Alten war dort auch ein Mikrofon daneben. Der Sensor, welcher bei der alten Version unterhalb des Buds war, ist neu an der oberen Kante. Das war’s.
Dafür hat Apple im Inneren einiges geändert. Das sind die wichtigsten Neuerungen:
- die Lautstärke kann an den Hörern angepasst werden
- das Active Noise Cancelling soll noch effizienter sein
- der Transparency Mode ist adaptiv
- 3D-Audio ist personalisierbar
- die Audioqualität soll besser sein
- die Akkulaufzeit ist länger (neu 6 Stunden statt 4,5)
- die Ohr-Erkennung wurde überarbeitet
- die Verbindung läuft über Bluetooth 5.3
- das Case ist neu mit einem Lautsprecher ausgestattet, kann an einem Lanyard befestigt und mit dem Apple Watch-Ladegerät aufgeladen werden.
Wie sich diese neuen Funktionen im Alltag machen, habe ich eine Woche lang getestet. Fangen wir mit der Steuerung an.
Die Steuerung: schnell, praktisch und funktional
Eine der auffälligsten Änderungen an den AirPods ist die zusätzliche Funktion an der Touch-Steuerung. Neu kannst du an beiden Ohrhörern die Lautstärke verstellen. Mit einem feinen Streichen nach unten oder oben passt sie sich stufenweise an.
Zuvor ging das nur am iPhone oder mit Hilfe von Siri. Auch viele True-Wireless-Ohrhörer der Konkurrenz haben keine Lautstärkeregelung an den Ohrhörern selbst. Bei Sennheisers Momentum True Wireless 3 oder Samsung kann die Lautstärke nur am rechten Ohrhörer lauter gestellt werden und am linken leiser – da ist Apples Lösung an beiden Ohrhörern intuitiver und praktischer.
Bei vielen True-Wireless-Kopfhörern ist die Steuerung zudem langsam oder wegen Verzögerungen unpraktisch. Das ist bei Apple nicht der Fall, alles funktioniert akkurat, schnell und fehlerfrei. Wer schon mal Kopfhörer mit einer fehlerhaften Steuerung hatte, weiss, wie viele Nerven da draufgehen.
Den Rest der Steuerung hat Apple von der Vorgängerversion übernommen: Für Pause, vorheriger oder nächster Song drückst du die Stiele leicht zusammen und drückst unterschiedlich oft. Um den Umgebungsgeräusch-Modus zu ändern, musst du lange drücken. Das alles funktioniert bestens – wenn man von Buds-Ohrhörern kommt, ist es jedoch ungewohnt, dass man zum Drücken an den Stielen Zeigefinger und Daumen braucht – bei Buds ist nur ein Finger nötig.
Im Vergleich zu Buds ist die Bauweise der AirPods jedoch praktischer, wenn du die Ohrhörer mal im Ohr justieren oder mehr reindrücken musst. Bei Buds kommst du dabei immer an die Steuerung und drückst alles Mögliche – dabei rufst du versehentlich dreimal deinen Chef und deine Oma an. Da die Steuerung bei den AirPods im Stil ist, kann das nicht passieren.
Active Noise Cancelling: gut, aber wie gut?
Das Active Noise Cancelling (ANC) hat Apple vollmundig angekündigt: «Mit einer bis zu doppelt so effektiven Geräuschunterdrückung im Vergleich zur vorherigen Generation [...]». Und schon die Lärmunterdrückung der vorherigen Generation der AirPods Pro konnte sich sehen lassen.
Das Active Noise Cancelling objektiv zu beurteilen, ist gar nicht so einfach. Sitze ich mit aktiviertem Cancelling im Büro und nehme erst die alte Generation und dann die neue, habe ich das Gefühl, dass die neue die Stimmen meiner Redaktionskollegen etwas mehr mindert. Auch draussen habe ich das Gefühl, dass ich etwas weniger Verkehrslärm höre und als ich in der Migros an der Self-Scan-Kasse meinen Einkauf einscanne, bin ich zuerst nicht sicher, ob ich meine Rüebli korrekt übers Band gezogen habe, weil ich den Bestätigungston nur sehr leise höre.
Um die Aussage aus dem Hause Apple objektiv zu überprüfen, werde ich die AirPods Pro gleich nach Verkaufsstart den Audio-Experten der Firma Rocket Science bringen, damit sie das ANC vermessen und mit jenem der alten Generation vergleichen. Die Resulate sind im untenstehenden Beitrag verlinkt.
Anpassungsfähiger Transparency Mode
Das Gegenteil des Active Noise Cancellings ist der Transparency Mode: In diesem Modus lassen die AirPods Pro alle Umgebungsgeräusche durch. Neu hat Apple diesen adaptiv gestaltet. Das heisst, für uns unangenehme Geräusche wie Sirenen oder Baustellenlärm sollen leiser an dein Ohr kommen, dafür werden Stimmen zum besseren Verständnis angehoben. Zuvor waren gewisse Geräusche – vor allem hohes Klicken – sehr laut im Transparency Mode.
Auch diese Funktion habe ich zuerst im Büro ausprobiert. Mit den AirPods Pro höre ich ein Gespräch über das neueste Stars-Wars Spin-Off besser, als ich eigentlich möchte. Auf dem Heimweg gehe ich an einer Baustelle vorbei und merke, wie die AirPods Pro den Presslufthammer etwas herunterschrauben. Hören tue ich das Gebohre jedoch noch immer sehr deutlich – trotzdem beeindruckend, dass die AirPods erkennen, dass die Frequenz unangenehm ist und dann darauf reagieren.
Auch Velofahren funktioniert im Transparency Mode der AirPods sehr gut. Windgeräusche filtern die Ohrhörer sehr gut raus und ich höre den Strassenverkehr fast unverfälscht.
3D-Sound und die personalisierte Ohrfotografie-Funktion
3D-Audio gab’s schon vor den neuen AirPods Pro. Stellst du die Funktion ein und hörst mit Apple Music einen Song oder schaust Apple TV, hast du das Gefühl, der Klang komme aus allen Richtungen. Die Funktion wird in der Apple-App teilweise Spatial Audio genannt, manchmal steht auch Dolby Atmos. Drei Namen und grob gesagt dieselbe Funktion: Rundumklang und einstellbare Kopferkennung für besseren Klang.
Neu dazugekommen ist das personalisierte 3D- oder eben Spatial-Audio – das funktioniert aber auch mit den alten AirPods-Generationen. Mit der Kamera deines iPhones fotografierst du deine Ohren seitlich und deinen Kopf von vorne ab. Das funktioniert aber nicht mit allen iPhones, Apple listet die kompatiblen Geräte hier auf. Auch Sony bietet für seinen 360-Grad-Sound eine Ohrfotografie-Funktion an. 360-Grad-Audio bei Sony ist ähnlich wie Apples 3D-Audio.
Das ganze Ohrabfotografieren geht schnell und einfach vonstatten. Ich habe die Funktion ausprobiert und konnte keinen hörbaren Unterschied zum unpersonalisierten Audio feststellen. Spass macht 3D-Audio aber trotzdem. Ich habe die optimierte 3D-Audio-Liste aus Apple Music gehört. Darauf sind mit Lo und Leduc sowie Dabu Fantastic sogar zwei Schweizer Interpreten zu finden. 3D-Audio funktioniert mit den normalen Titeln von Apple Music nicht. Dafür gibt’s die 3D-Audio-Kopferfassung, die du automatisch einstellen kannst – bei Musik fällt der Effekt aber in meinen Ohren gering aus. Zudem ist der Klang auch von der Position des iPhones abhängig. Das funktioniert, wenn du das iPhone vor dir hast. Sobald du es aber in der Hosentasche trägst, klingt’s komisch.
Aber wieder zurück zur 3D-Audio-Liste: Ich höre mir Shallow von Lady Gaga und Bradley Cooper an und fühle mich fast wie bei einem Konzert. Denn die einzelnen Instrumente klingen durch die AirPods ausgesprochen detailreich und lebendig. Das Apple-3D-Audio schafft es irgendwie, die Musik virtuell so erklingen zu lassen, als käme sie von vorne, wie bei einer Bühne und nicht wie sonst von links und rechts. Abgesehen davon ertönt der Bass mit den AirPods Pro eher kräftig, übertönt aber nicht die Mitten – also den Gesang und die Gitarre. Die Mitten sind griffig und die Höhen nehme ich sauber wahr. Der Sound aus den AirPods gefällt, vor allem mit 3D-Audio.
Weil ich gerne meinen eigenen Sound höre, wechsle ich auf Spotify. Dort gibt’s das ganze 3D-Gedöns leider nicht. Den Umstieg auf «normales» Stereo merke ich, die Klangqualität der neuen AirPods Pro gefällt mir aber immer noch. Im Gegensatz zur Vorgänger-Generation fühlt sich der Sound voller an – und irgendwie wärmer. Die Musik erklingt auch hier detailreich und doch luftig – hier scheint Apple deutlich nachgebessert zu haben. Von der Vorgängerversion der AirPods Pro war ich nicht wirklich ein Fan.
Sitz in den Ohren: wie immer bequem und mit einem neuen Sensor
Die Stiele an den AirPods kann man mögen oder nicht. Fakt ist: durch ihre Bauweise balancieren die Stiele die AirPods im Ohr. Damit stecken die AirPods aller Generationen weniger fest im Ohr und sind dadurch bequemer – und halten bei mir beim Joggen trotzdem bombenfest. Es gibt aber Leute, bei denen AirPods partout nicht in den Ohren bleiben wollen. Für kleine Ohren legt Apple mit der neuen Generation noch einen neuen Ohreinsatz in Grösse XS bei. Damit hat man die Auswahl zwischen vier Aufsatz-Grössen.
Auch wenn ich die AirPods sehr lange in den Ohren habe, bemerke ich sie kaum und sie drücken mich nirgends. Das hat sicherlich auch mit ihrem Gewicht zu tun, sie wiegen nur 5,3 Gramm – wobei eben nicht das ganze Gewicht im Ohr liegt.
Bei der Vorgängerversion funktioniert manchmal die Ohrerkennung nicht zuverlässig: Wenn du die AirPods aus den Ohren nimmst, spielt die Musik trotzdem weiter. Das ist nun anders. Apple scheint deutlich an den Ohrerkennungs-Sensoren gearbeitet zu haben, diese sind nun sehr akkurat. Auch wenn ich die AirPods Pro in der Hand halte, beginnen sie nicht plötzlich von selbst loszududeln. Doch kaum zurück im Ohr, spielt die Musik weiter, so wie es sein soll.
Das überarbeitete Case: Hängt und sollte auf sich aufmerksam machen
Das Ladecase ist laut Apple «komplett neu». Doch auch hier erinnert die Suche nach Unterschieden wieder an ein Suchbild. An der rechten Seite ist eine kleine Änderung ersichtlich: Hier hat Apple eine Aussparung eingearbeitet, mit der du das Case an einem Lanyard befestigen kannst. Die zugehörige iTrageschlaufe von Apple kostet 13 Franken. Du kannst aber auch einen beliebigen anderen Lanyard befestigen, solange das Bändchen genug dünn ist, um durch die kleine Aussparung zu kommen.
Unterhalb des Case gibt’s auch eine kleine optische Änderung. Dort hat Apple vier kleine Lautsprecherli eingearbeitet. Diese können einen Ton abspielen. Gedacht sind die Töne, um das Case mit der Find-My-Suchfunktion anzusteuern und es dank dem Piepen leichter wiederzufinden, wenn du es mal verlegst.
Ich konnte das Case jedoch nicht lokalisieren, wenn die Ohrhörer nicht in ihm waren. In diesem Fall hat die Find-My-Funktion die beiden Ohrhörer angesteuert und auch brav piepen lassen. Das leere Case aber wurde gar nicht erst angezeigt. Du darfst also das Case nur verlieren, wenn die AirPods auch drin sind – separat kannst du das Case nicht lokalisieren.
Die einzelnen Ohrhörer kann ich wie zuvor in der App orten und anpingen, damit sie einen Ton abspielen. Falls das Case nicht verloren geht, aber dafür in ein Unwetter gerät, ist das nicht so schlimm. Es ist wie die Ohrhörer IPX4-zertifiziert, das heisst: gegen Spritzwasser von allen Seiten geschützt. Geladen wird es mit Apples Lightning-Standard oder mit einem Apple-Watch-Ladegerät.
Akku und Verbindungen
Die verbesserte Akkukapazität ist eine unsichtbare, aber wichtige Änderung: Neu hast du mit eingeschaltetem Active Noise Cancelling eine Laufzeit von sechs Stunden statt wie zuvor 4,5. Im Vergleich zur Konkurrenz ist der Wert im guten Mittelfeld.
Mit dem Case können die neuen AirPods Pro fünfmal aufgeladen werden, so dass die Nutzungsdauer im ANC-Modus insgesamt 30 Stunden mit einer Ladung beträgt. Zuvor lag dieser Wert bei 24 Stunden.
Neu senden die AirPods Pro mit Bluetooth 5.3 – das ist der momentan aktuellste Bluetooth-Standard. Verbindungsprobleme hatte ich im Testzeitraum von einer Woche keine. Auch der Wechsel zu einem iPhone SE und einem älteren Macbook funktionierte mit nur minimalen Verzögerungen. Wirkliches Multipoint – also dass mehrere aktive Verbindungen gleichzeitig aufrecht erhalten werden – haben die AirPods Pro jedoch nicht. Der Wechsel geht aber so schnell, dass es sich ähnlich gut anfühlt.
Sprachqualität beim Telefonieren
Die Sprachqualität bei True-Wireless-Kopfhörern gibt immer wieder zu reden, da sie vielfach nicht gut ist. Weil die Qualität beim Telefonieren aber auch von anderen Faktoren wie dem Empfang und dem Gegenüber abhängig ist, habe ich die Sprachqualität lokal getestet.
Vom Resultat kannst du dich gleich selbst überzeugen.
Die Sprachqualität ist gut, meine Stimme tönt klar und nicht blechern. Zu Beginn des Videos komme ich jedoch mit der Hand an meinem Stuhl an, das ist gut zu hören – hohe und plötzliche Umgebungsgeräusche können die AirPods Pro nicht komplett herausfiltern.
Fazit: Für Apple-User die Kür
Die neuen AirPods Pro sehen aus wie die alten. Und doch sind sie anders. Apple hat ein paar offensichtliche Funktionen wie die Steuerung ausgebaut und einige wichtige technische Finessen verbessert: Vor allem die verbesserte Soundqualität fällt auf. Hinzu kommen das effektivere Active Noise Cancelling, der adaptive Transparency-Mode und die längere Akkulaufzeit.
Schon das Vorgängermodell war gut, nun sind AirPods Pro noch besser geworden und sind die Kür der True-Wireless-Kopfhörer aus Cupertino. Darum kann ich guten Gewissens sagen: Für alle Apple-User, die noch keine In-Ears haben, wird sich der Kauf lohnen.
Im Vergleich zu den True-Wireless-Kopfhörern der Konkurrenz sind die neuen AirPods Pro mit einem Preis von 259 Franken ausnahmsweise auch nicht exorbitant teurer: Zwar sind die Sony WF-1000XM4, die Sennheiser Momentum True Wireless 3 und die Samsung Galaxy Buds 2 Pro auch alles tolle Kopfhörer, die ein paar Franken günstiger sind. Jedoch fehlt dann die geschmeidige Eingliederung ins Apple-System – genau diese macht die AirPods Pro aber zu beinahe perfekten Kopfhörer.
Experimentieren und Neues entdecken gehört zu meinen Leidenschaften. Manchmal läuft dabei etwas nicht wie es soll und im schlimmsten Fall geht etwas kaputt. Ansonsten bin ich seriensüchtig und kann deshalb nicht mehr auf Netflix verzichten. Im Sommer findet man mich aber draussen an der Sonne – am See oder an einem Musikfestival.