Der LEGO Millennium Falcon: Auch für Nicht-Star-Wars-Fans ein Muss
Der Millennium Falcon ist mit 7 541 Teilen das derzeit grösste erhältliche LEGO-Set. Ich habe mir über die Festtage Zeit genommen, das Star-Wars-Raumschiff zusammenzubauen. Eine Reise zurück in meine Kindheit in 17 Akten.
84 Zentimeter lang, 56 Zentimeter breit und 21 Zentimeter hoch – so die Masse des fertig aufgebauten LEGO Millennium Falcon, nachdem ich über 7 500 Teile zusammengesteckt, -geklappt und -geschraubt habe. Alleine um die über 13 Kilogramm schwere Schachtel nach Hause zu bringen, musste ich sie auf einem Transportwagen hinter mir herziehen; neidische Blicke im ÖV inklusive. Was nach viel Arbeit klingt, ist es auch. Weshalb sich all der Aufwand dennoch lohnt, merkst du spätestens beim Anbringen des allerletzten LEGO-Steins. Doch bis dahin ist es ein weiter Weg. Möge die Macht mit mir sein.
Wo soll ich denn nur anfangen?
Mein Feiertagsprojekt beginnt mit einer LEGO-Matrjoschka: Im grossen kartonfarbenen Paket mit LEGO-Logo-Aufdruck steckt eine weitere Box. In dieser edlen schwarzen Verpackung sind nebst der Anleitung weitere vier weisse Schachteln. Diese sind nicht angeschrieben. Sie weisen zwar schöne graue Skizzen des Millennium Falcon auf, was mir bei der Teilesuche respektive Vorsortierung aber nicht hilft. Ich muss alle Kartons öffnen, um zu sehen, dass sich die über 7 500 Teile auf von 1 bis 17 durchnummerierte kleine und grosse Säcke verteilen.
Über 1 300 Schritte sollen mich zum Falken führen. Mein Herz rast und ich freue mich riesig, nach gefühlten 25 Jahren endlich wieder einmal mit LEGO arbeiten zu dürfen. Ich stelle die Säcke mit derselben Nummer zusammen und lege ein kleines sowie ein grosses Gefäss bereit, um die Teile zwischenzulagern, die ich gerade zusammenbaue. Dass mir dazu zwei Kuchenformen dienen, möchte ich nur ungern an die grosse Glocke hängen.
Ich sitze am Esstisch – die grösste freie Fläche in meiner Wohnung, die ich finden konnte – und starre auf einen Berg von Plastiksäckchen, gefüllt mit unzähligen LEGO-Teilen. Unter meine grosse Vorfreude mischen sich Unsicherheit und Zweifel: Schaffe ich das wirklich? Halte ich bis zum Schluss durch? Ich habe viele, aber nicht alle Star-Wars-Filme gesehen, kenne mich etwas, aber nicht perfekt damit aus. Ich habe dieses Set gewählt, weil es cool aussieht, nicht ganz so repetitiv wirkt wie beispielsweise der Taj Mahal und das grösste ist, das es derzeit zu kaufen gibt.
Die ersten Schritte: physisch und psychisch belastend
Es ist eine Ewigkeit her, seit ich das letzte Mal LEGO zusammengebaut habe. Doch bereits die ersten paar Schritte in der Anleitung wecken Erinnerungen an meine Kindheit. Sofort denke ich an meine schönsten LEGO-Stunden zurück und fühle mich wieder als Kind. Obschon ich damals eher ein Freigeist war und meine eigenen Bauten kreiert habe, erinnere ich mich noch gut an die Anweisungen in den Anleitungen. Daran hat sich nicht viel geändert: Die einzelnen Bausteine, wie viele davon gebraucht werden und wo diese hingehören – alles ist extrem detailliert beschrieben. Fehler sind fast unmöglich. Dass hie und da ein Teil vergessen geht, kann bei einem so grossen Set hingegen passieren.
Zu Beginn kriege ich die Steine kaum zu fassen, weil ich derart nervös bin. Es ist ein altbekanntes Gefühl, das ich beim Anfassen der Plastikklötzchen empfinde. Die Flashbacks zurück in eine bessere Zeit lassen mich erschaudern – im positiven Sinne. Ich brauche dementsprechend lange, bevor die erste LEGO-Struktur steht, die zugleich das Grundgerüst des Millennium Falcon darstellt. Dementsprechend farbenfroh und nichtssagend schaut das Ganze aus. Da kommt sicher noch mehr, denke ich und mache fleissig weiter.
Nach zwei Stunden Bauzeit ist der erste Schritt erledigt… es folgen 16 weitere bis zur Vollendung des Star-Wars-Flitzers. Das soeben gebaute Konstrukt könnte aber auch das Fundament des Taj Mahals, das Chassis eines Rennwagens oder ein LEGO-Wurfstern sein. Viel Star-Wars- oder Millennium-Falcon-Magie kommt noch nicht auf. Das Ganze trübt meine Freude, denn es liegt noch viel Arbeit vor mir und meine Finger schmerzen jetzt schon vom Zusammenstecken der kantigen Steine.
Krieg der LEGO-Steine: kein Ende in Sicht
Mit jedem verbauten Klötzchen werde ich effizienter. Ich brauche nur noch beim dritten Schritt länger als eineinviertel Stunden – danach stellt sich ein Schnitt um 50 Minuten pro Bauschritt ein. Zwischendurch hilft mir meine Freundin beim Teile heraussuchen und Steine zusammensetzen. Obwohl sie selbst das Gefühl hat, mich auszubremsen, ist sie eine willkommene Unterstützung und Abwechslung im teilweise anstrengenden LEGO-Teile-Chaos. Zu zweit macht das Ganze nicht nur mehr Spass, sondern treibt das Millennium-Falcon-Projekt auch viel speditiver voran.
Ab und zu schleichen sich ein, zwei LEGO-Figuren aus dem Star-Wars-Universum ins Set. Beispielsweise Han Solo oder Chewbacca. Auch Prinzessin Leia, C-3PO, zwei Porgs oder ein Mynock tauchen auf. Auch diese Figuren muss ich zuerst im Teilchen-Salat suchen und zusammensetzen. Sie bringen einen willkommenen Tapetenwechsel ins zeitweise graue Raumschiff-Gebaue. Es klingt fast so, als wäre mir langweilig und als nerve mich der Zusammenbau. Dem ist nicht so. Wenn ich aber sieben identische Standfüsse nacheinander bauen muss, ist etwas Missmut verständlich.
Klar zweifle ich ab und zu daran, dass ich es schaffe, bis zum Schluss motiviert und mit voller Freude dabei zu sein. Dennoch gebe ich nie auf oder verschiebe den Zusammenbau auf später. Im Gegenteil: Ich komme schneller voran als geplant. Oft erwische ich mich dabei, wie ich mir selbst sage: «Nur noch einen Schritt und dann ab ins Bett.» Schliesslich werden es dann doch zwei oder gar drei Schritte, bis ich mich vom Schmugglerschiff losreissen kann.
No pain, no gain – der Millennium Falcon kommt in Form
Am dritten Tag spüre ich meine Fingerspitzen, da ich bereits über 3 000 LEGO-Teile zusammengesteckt, -geschraubt und -geklickt habe. Auch mein Rücken sagt mir, dass ich die letzten Tage nicht wirklich auf meine Haltung geachtet oder für eine bequeme Unterlage gesorgt habe. Zu sehr fokussiere ich mich auf die kleinen Plastikteile mit den runden Knöpfen.
Das Projekt macht mir je länger je mehr Spass. Der Millennium Falcon und seine Ausmasse werden immer klarer. Im Innern des Raumschiffes entstehen erste Räume, an der Aussenseite erkenne ich feine Details der Verkleidung sowie einige Waffensysteme. Das Ganze kommt dem, was ich aus dem Star-Wars-Universum kenne, in grossen Schritten näher.
Der Teufel liegt im Detail
Bei vielen Teilen frage ich mich: Was soll das? Nein, wirklich, was zum Geier soll das sein? Oder: Wo kann sowas beim Millennium Falcon hinpassen? Doch jedes Mal werde ich eines Besseren belehrt und muss eingestehen, dass es tatsächlich dazu gehört. Und in den wenigen Fällen, in denen es tatsächlich nicht passt, handelt es sich um Strukturen für die Stabilität im Inneren, welche später von aussen nicht zu sehen sind. Hier hat LEGO ganze Arbeit geleistet.
Ich staune, wie perfekt sich scheinbar zufällig entstandene Fantasiekonstrukte nahtlos ins Erscheinungsbild des Raumschiffs einfügen. Etwas, was mir schon als Kind und LEGO-Fan der ersten Stunde wichtig war, ist die Stabilität. Die LEGO-Dinger sollen auch dann halten, wenn ich sie aufhebe oder bewege. Klar, mit dem Millennium Falcon spielst du nicht – nicht, weil du es nicht willst, sondern, weil du es nicht kannst. Das Teil wiegt über fünf Kilo. Übrigens: Auch die Anleitung ist mehr als drei Kilogramm schwer.
Ich kriege eine Gänsehaut, als ich Seite 466 umblättere und auf Seite 467 lande. Es ist die vorletzte Seite, der vorletzte Schritt. Ich stehe kurz vor dem Ende – nicht mit meinen Nerven, aber mit meinem Fingerspitzengefühl. Ja, meine Hände schmerzen nach all der Arbeit. Doch das Endprodukt lässt mich alles schnell wieder vergessen. Es ist so weit... nach 7 Tagen, 17 Schritten, 18 Stunden Bauzeit, 468 Seiten, 1 379 Bauabschnitten und 7 541 Teilen habe ich es geschafft: Der Millennium Falcon ist fertig.
Fazit: Ein LEGO-Set von einem anderen Planeten
Ich bin begeistert. Der Millennium Falcon bietet alles, was mein LEGO-Herz begehrt. Ich habe mir ein riesiges Set mit Tausenden von Teilen gewünscht. Ich habe mir viele Stunden Bastelspass, Zeitvertreib und Unterhaltung gewünscht. Ich habe mir verschiedene Farben, Formen und Teile gewünscht. Ich habe mir Schmerzen, Schweiss und Krisen gewünscht. Ich habe mir Stolz, Spass und Kindheitserinnerungen gewünscht. Ich habe mir das Beste von LEGO und Star Wars gewünscht. All das habe ich gekriegt, in einem einzigen Set.
Der Millennium Falcon braucht nicht nur Zeit, sondern kostet auch viel Geld: Über 700 Franken oder Euro teuer ist er (Stand: 08.01.20). Das macht etwas mehr als neun Rappen, beziehungsweise Cent pro LEGO-Stein – günstig ist das nicht. Aber es ist es wert. Ich werde diesen Zusammenbau noch lange in Erinnerung behalten. Der Backflash an meine Kindheit, als alles noch viel einfacher und das Leben sorglos war, ist unbezahlbar. Danke, LEGO, danke für dieses einmalige Erlebnis. LEGO hat meine Kindheit nicht nur geprägt, sondern auch seinen Teil dazu beigetragen, dass ich bin, wer ich bin. Kreativität, logisches Denken, vorausschauendes Handeln und Geduld sind nur einige Soft Skills, die dir Sets aus farbigen Steinen mit auf den Weg geben.
Ich kann den Millennium Falcon jedem LEGO-Fan wärmstens empfehlen. Auch wenn du nichts mit Star Wars am Hut hast, wirst du deine helle Freude an diesem Set haben. Dass das Ding in der «Ultimate Collector Series» erschienen ist, versteht sich von selbst. Als Sammler wirst du Tränen in den Augen haben, als Star-Wars-Aficionados vor Glück an die Decke springen und als LEGO-Anhänger unheimlich viel Spass beim Zusammenbau haben.
Der Millennium Falcon von LEGO: Ein unvergessliches Erlebnis es ist.
Wenn ich nicht gerade haufenweise Süsses futtere, triffst du mich in irgendeiner Turnhalle an: Ich spiele und coache leidenschaftlich gerne Unihockey. An Regentagen schraube ich an meinen selbst zusammengestellten PCs, Robotern oder sonstigem Elektro-Spielzeug, wobei die Musik mein stetiger Begleiter ist. Ohne hüglige Cyclocross-Touren und intensive Langlauf-Sessions könnte ich nur schwer leben.