Chipolo One Point: Windeln, Tracker – und eine Rettungsaktion im Shoppi Tivoli
Ein gewöhnlicher Test des Chipolo One Point entwickelte sich zu einem chaotischen Nachmittag im Einkaufszentrum. Vom schnellen Ping bis zum unerwarteten Müllsack – meine Suche nach dem Tracker führte mich auf eine abenteuerliche Reise.
Da sass ich also. Am Boden. Mitten im Einkaufszentrum Shoppi Tivoli in Spreitenbach. Um mich herum: Müll, von schimmelnden Obstresten bis hin zu – pardon – vollgekackten Babywindeln, sorgfältig ausgebreitet wie ein gespreizter Prunkfächer am Hofe eines französischen Königs. Die Leute schauten schon ganz komisch. In meinem Kopf nur ein Gedanke:
«Wie zur Hölle bin ich in diese buchstäbliche Scheisse geraten?»
Der Plan: Ein Bluetooth-Tracker im Praxistest
Fünf Stunden vorher.
Es ist mitten im August – und viel zu heiss bei mir zu Hause, um produktiv zu texten. «Perfekt», denke ich mir. «Dann teste ich eben den Chipolo One Point Bluetooth-Tracker.» Das Testgerät wurde mir erst vor Kurzem von Chipolo zur Verfügung gestellt. Klein, unscheinbar, gerade mal 3,8 Zentimeter im Durchmesser und nur 6,4 Millimeter dünn. Sinn und Zweck des knopfähnlichen Gadgets ist es, verlorene Gegenstände wiederzufinden. Dafür wird es einfach an den Gegenstand befestigt, den man nicht verlieren will: Hausschlüssel. Sporttasche. Hundehalsbänder – oder man steckt es ins Portemonnaie.
Neu sind solche Bluetooth-Tracker nicht. Ich habe schon vor ein paar Jahren eine ganze Palette davon getestet. Die eigentliche Neuheit ist, dass der Chipolo One Point einer der ersten Tracker ist, der sich auch ins Google «Find My Device»-Netzwerk integrieren lässt. Ein Gamechanger im Bluetooth-Tracker-Game. Zumindest für Menschen mit einem Android-Handy:
Verlierst du den am Chipolo One Point befestigten Gegenstand innerhalb der Bluetooth-Reichweite – bei Chipolo sind das 60 Meter –, hilft dir Googles «Find My Device»-App aus dem Playstore, den Gegenstand mit einer Art «warm, wärmer, heiss»-Modus wiederzufinden. Zusätzlich kann auch noch ein lautes Klingeln aktiviert werden. Das sieht dann in etwa so aus:
Der wahre Clou ist aber ein anderer. Wenn du nämlich den Gegenstand ausserhalb deiner Bluetooth-Reichweite verlierst, schaltet sich das gesamte Android-Ökosystem ein. Sprich: Der One Point versucht, mit jedem Android-Smartphone da draussen, das Bluetooth und «Find My Device» aktiviert hat, in Verbindung zu treten – ein sogenanntes Bluetooth-Beacon. Kommt eine solche Verbindung zustande, wirst du via Ping über den Standort deines One Points informiert. Du. Nicht die Person, mit deren Smartphone der Bluetooth-Tracker eine Verbindung hergestellt hat. Alles andere wäre auch Quatsch.
Mit Google Maps kannst du dich dann zum verlorenen Gegenstand führen lassen. Oder zumindest nahe genug, um eine eigene Bluetooth-Verbindung herzustellen und den Rest über den oben demonstrierten «warm, wärmer, heiss»-Modus zu erledigen.
Tatort: Shoppingcenter Shoppi Tivoli. Da gibt es viele Menschen. Und viele davon haben ein Android-Smartphone. Der Testplan geht so:
Schritt 1: Ich will den Tracker irgendwo «verlieren».
Schritt 2: Ich mache mich aus dem Staub und kehre nach Hause zurück.
Schritt 3: Zu Hause markiere ich den Tracker in der Google-App als «verloren». Ich will ihn nicht nur wiederfinden, sondern auch sehen, wie oft er während mehrerer Stunden von anderen Handys «angepingt» wird.
Schritt 4: Nach ein paar Stunden schaue ich, wie zuverlässig mich die App wieder zurück zu meinem «verlorenen» Tracker führt.
So einfach, so gut.
Nur: Ich hatte ja keine Ahnung.
Ping-Pausen und steigende Unruhe – der Test nimmt Fahrt auf
Mittagszeit. Im Migros-Restaurant gegenüber der Migros-Filiale gönne ich mir einen leichten Salat. Dann stehe ich auf. In einem Blumenkasten nebenan lasse ich nicht nur Chipolos One Point fallen, sondern auch einen Bluetooth-Tracker von Apple – den Apple AirTag. Dieser tut dasselbe wie Chipolos Tracker. Einfach mit Apples Ökosystem. So bekomme ich einen direkten Vergleich mit der Konkurrenz.
Es ist 13:13 Uhr.
Ich bin wieder zu Hause. Es ist 13:23 Uhr. Die «Find My Device»-App zeigt sofort an, dass der Chipolo One Point zuletzt im Shoppi Tivoli gesehen worden ist – vor drei Minuten. Sehr gut. Das heisst, dass ein erstes Android-Gerät den One Point bereits lokalisiert hat, noch bevor ich den Tracker in der App überhaupt als «verloren» markieren konnte. Beeindruckend.
Zumindest im etwas abgelegenen oberen Stockwerk des Einkaufszentrums hat das «Find My Device»-Netzwerk keinen blinden Fleck.
Im Verlauf des Nachmittags erhalte ich etwa alle zehn Minuten einen Ping – also immer dann, wenn jemand in der Nähe des Trackers ist und sich der One Point kurz verbunden hat. Ich lächle zufrieden. Apples AirTag pingt übrigens auch fleissig, und zwar viel fleissiger sogar: etwa alle zwei bis drei Minuten.
Möglicherweise liegt es daran, dass das im April 2024 gestartete «Find My Device»-Netzwerk auf vielen Android-Geräten noch nicht standardmässig aktiviert ist. Zudem versetzen viele Smartphones nicht genutzte Apps in den Energiesparmodus, um Ressourcen zu sparen. Das betrifft bei Samsung auch das Find My Device-Netzwerk. Das brauchen Samsung-User ja nicht, weil sie Smart Tags benutzen. Und: Anders als Apple und Samsung nutzt Google nur den «ungefähren Standort» von Beacons. Das ist zwar gut für die Privatsphäre, aber weniger gut, wenn ich versuche, meinen One Point zu tracken.
16 Uhr. Ich schaue wieder in die App.
«Merkwürdig», denke ich mir. Die Ping-Frequenz sinkt. Oder besser gesagt: Sie sinkt von alle zehn Minuten auf ... Funkstille. 20 Minuten vergehen ohne Ping. 30 Minuten. 40 Minuten. 50 Minuten. Mein Herzschlag steigt im Takt mit meiner Besorgnis. Was ist da los? Immerhin: Apples AirTag hat vor 20 Minuten gepingt. Er scheint sich nicht gross bewegt zu haben.
Zeit, ins Einkaufszentrum zu gehen.
Ein Katz-und-Maus-Spiel im Einkaufszentrum
Auto. Parken. Lift. Treppe. Da, das Migros-Restaurant. Dann der Blick in die Kiste, in der ich die Tracker liegen liess:
Sie ist leer.
Ich öffne die «Find My Device»-App in einer Hand. In der anderen Apples «Find My»-App auf einem meiner alten Test-iPhones. Na also, beide Apps haben wieder einen Ping. Allerdings an unterschiedlichen Orten innerhalb des Einkaufszentrums. Zuerst folge ich dem angeblichen Standort des One Point zur C&A-Filiale. Der liegt – natürlich – mitten in der Unterwäsche-Abteilung für Frauen. Na toll. Ich, ein Mann mit zwei Handys in der Hand, wirke dort bestimmt nicht verdächtig.
«Keine Panik», sage ich mir beruhigend, «du musst ja nicht ganz rein. Die Bluetooth-Reichweite von 60 Metern sollte ausreichen, um dich auch von ausserhalb des Ladens mit dem Gerät verbinden zu können.»
Eine Verbindung kommt aber nicht zustande. Wo auch immer der One Point ist – er ist nicht hier. Ich schaue also wieder auf die App: noch kein neuer Ping von Google. Dafür aber von Apples AirTag, und der hat plötzlich einen ganz neuen Standort. Jetzt dämmert’s mir: Mein Ziel bewegt sich! Aber wie? Und wohin?
Ein Katz-und-Maus-Spiel beginnt.
Die Verfolgungsjagd: Zwischen Hoffnung und Müllsäcken
Ich eile durch die Gänge des Shoppi Tivoli, den Blick ständig auf meine zwei Handys gerichtet, die mir zeigen, dass sich die Tracker tatsächlich noch immer bewegen. Mal sollen sie in der Nähe des H&M sein, dann beim Swisscom-Shop.
Zwischendurch bekomme ich sogar ein direktes Signal auf meinem Handy. Ohne zu zögern aktiviere ich den «warm, wärmer, heiss»-Modus und das Klingeln. Im Lärm des Einkaufszentrums höre ich aber nichts. Und der «warm, wärmer, heiss»-Modus zeigt zwar an, dass sich der Tracker weiter von mir weg bewegt, bis das Signal wieder futsch ist – jedoch nicht in welche Richtung.
Offenbar ist mein Ziel ziemlich gut darin, sich zu verstecken.
Eine Stunde irre ich wie bekloppt veralteten Standorten folgend durchs Einkaufszentrum. Meine Verzweiflung steigt. Was, wenn die Tracker irgendwo in einer Ecke landen, wo gar kein Bluetooth-Signal mehr durchkommt? Dann, plötzlich: erneut eine stabile Verbindung. Ich aktiviere das Klingeln – ein leises Piepen dringt zu mir durch. Mein Herz macht einen Sprung. «Endlich», denke ich, und folge dem Geräusch in Richtung LIPO-Möbelmarkt.
Eine Reinigungskraft. Ihr Wagen. Das Bimmeln des One-Point-Trackers. Heureka! Aber … Moment mal. Warum gräbt sie in ihrem Müllsack herum? «Was soll das Gepiepse?», murmelt sie sichtlich genervt, «für sowas habe ich jetzt echt keine Zeit.»
Ich nähere mich und erkläre ihr, dass das Piepsen von einem kleinen Tracker kommt, den ich verloren habe, und biete ihr an, beim Suchen zu helfen. Erfreut wirkt sie nicht. Das sagt mir ihr verurteilender Blick. Die Schachtel mit den Hygienehandschuhen schiebt sie mir dennoch zu. Als sie den Müllsack wieder öffnet, schlägt mir ein unangenehmer Geruch entgegen. «Wirklich?», denke ich. Doch jetzt kann ich nicht mehr zurück.
Windeln, Tracker – und eine ungewöhnliche Rettungsaktion
Mit vereinten Kräften und Gummihandschuhen durchwühlen wir den Müllsack, während wir die «Schätze» am Boden um uns herum ausbreiten – Windeln zum Beispiel. Benutzte. Widerlich. Die Blicke der Passanten sind uns sicher. Eine Frau hält sich sogar angewidert die Nase zu, während ein kleiner Junge neugierig auf die verstreuten Abfälle zeigt. Den Wagen selbst übernahm die Reinigungskraft vor etwa einer Stunde von einer Kollegin, die zuvor die Technik-Gänge des Einkaufszentrums gereinigt hatte – also etwa zu dem Zeitpunkt, als ich nach einem längeren Unterbruch wieder ein Signal bekam.
«Das ständige Gepiepse hat mich fast in den Wahnsinn getrieben», schimpft sie mit mir, «ich dachte sogar schon an eine Bombe!»
Zu Recht. Reuig und verlegen, die unschuldige Mitarbeiterin in so eine Situation gebracht zu haben, erkläre ich ihr, was es mit dem Tracker auf sich hat. Das scheint zu helfen. «Ach, so was gibt’s?», fragt sie nicht mehr ganz so genervt, «das ist ja schon mega praktisch.» Das nächste Mal, wenn ich so einen Tracker teste, solle ich ihn aber nicht mehr irgendwo liegen lassen, wo ihn das Reinigungspersonal aufnehmen und in den Abfall schmeissen könnte, ermahnt sie mich. Ich nicke demütig.
Und dann, ganz unten im Abfallsack, finden wir sie endlich – den Chipolo One Point und den Apple AirTag.
«Na also!», jubeln wir beide erleichtert. Eine Weile begleite ich die Frau noch auf ihrer Tour, nachdem wir den Müll wieder zurück in den Abfallsack gesteckt und den Boden aufgewischt haben. Dann verabschieden wir uns über die absurde Situation lachend, in die uns mein Bluetooth-Tracker-Test gebracht hat.
Fazit
Gute Ansätze, aber nicht ganz auf AirTag-Niveau
Der Test des Chipolo One Point Bluetooth-Trackers zeigt, dass er im Vergleich zu konkurrierenden Produkten wie dem Apple AirTag durchaus seine Stärken hat. Besonders die Integration in Googles «Find My Device»-Netzwerk ist ein grosses Plus für jene, die kein Apple- oder Samsung-Smartphone besitzen. Dies, weil Googles Netzwerk die Reichweite und Lokalisierungsgenauigkeit des One Point stark erhöht.
Allerdings gibt es noch Optimierungspotential, insbesondere in Bezug auf die Ping-Frequenz und die Genauigkeit bei der Verfolgung über grössere Distanzen. Offenbar scheint das «Find My Device»-Netzwerk noch nicht standardmässig auf allen Android-Smartphones aktiviert zu sein. Dazu verwendet Google – im Gegensatz zu Apple und Samsung – beim Aktivieren des Netzwerks standardmässig nur den «ungefähren Standort». Das ist zwar gut für die Privatsphäre, aber weniger gut, um verlorene Gegenstände wiederzufinden.
Pro
- Integration in Googles «Find My Device»-Netzwerk
- gute Reichweite innerhalb der Bluetooth-Verbindung
- stabile Verbindung bei Anwesenheit von Android-Geräten
- lautes Klingeln zur Auffindung des Trackers
- schnelle Reaktion der App bei Nähe des Trackers
Contra
- unregelmässige Ping-Frequenz
- geringere Genauigkeit bei der Standortbestimmung ausserhalb der Reichweite
- mögliche Inkompatibilität mit einigen Samsung-Geräten
- abhängig von der Aktivierung der «Find My Device»-App auf fremden Android-Geräten
- Bluetooth-Signal kann in stark frequentierten Bereichen beeinträchtigt werden
Abenteuer in der Natur zu erleben und mit Sport an meine Grenzen zu gehen, bis der eigene Puls zum Beat wird — das ist meine Komfortzone. Zum Ausgleich geniesse ich auch die ruhigen Momente mit einem guten Buch über gefährliche Intrigen und finstere Königsmörder. Manchmal schwärme ich für Filmmusik, minutenlang. Hängt wohl mit meiner ausgeprägten Leidenschaft fürs Kino zusammen. Was ich immer schon sagen wollte: «Ich bin Groot.»