Allergien erkennen und behandeln: Rat von der Expertin
Hintergrund

Allergien erkennen und behandeln: Rat von der Expertin

Drei Millionen Schweizer und Schweizerinnen sind von Allergien betroffen. Eine Expertin beantwortet acht wichtige Fragen.

Die Sonne scheint, die Blumen blühen, die Nase läuft. Wer auf Pollen und Co. allergisch reagiert, blickt dem Frühlingserwachen oft zwiegespalten und mit geröteten Augen entgegen. Und das sind hierzulande gar nicht so wenige Menschen. Drei Millionen Schweizer und Schweizerinnen sind von Allergien und Intoleranzen betroffen, schreibt das aha! Allergiezentrum Schweiz. 20 Prozent der Bevölkerung leiden dem Bericht zufolge an einer Pollenallergie und bis zu 15 Prozent an Asthma.

Allergien sind nicht ungefährlich. Weil sie alle vier Organsysteme betreffen können – die Haut, Atemwege, den Magen-Darm-Trakt und das Herz-Kreislauf-System – kann eine Allergie durchaus lebensgefährlich sein. Das sagt Noemi Beuret vom aha! Allergiezentrum Schweiz aus Bern.

Die gute Nachricht: Nur wenige Allergien bedrohen tatsächlich das Leben. Die meisten lassen sich sehr gut behandeln und in den Griff bekommen. Expertin Beuret klärt über klassische Symptome, Behandlung und über den Forschungsstand auf und erklärt, weshalb Personen mit Tier-Allergie sich wirklich kein Haustier anschaffen sollten.

1. Laufende Nase und Kratzen im Hals: Wie erkenne ich eine Allergie und wo unterscheiden sich die Symptome von einer Erkältung?

«Die typischen Symptome von Atemwegsallergien, zum Beispiel Schimmel- oder Pollenallergie, sind Niesattacken, eine laufende oder verstopfte Nase, der Juckreiz im Gaumen, Heiserkeit und Husten. Gerade bei einer Hausstaubmilbenallergie treten die Symptome in der Nacht oder Früh auf – allerdings ist das Sekret bei der Allergie, anders als bei der Erkältung, eher wässrig. Der Hauptunterschied ist aber der Juckreiz im Gaumen.»

Apropos Hausstaubmilbenallergie: Sie ist gerade bei (kleinen) Kindern nicht so leicht erkennbar für Eltern. Das Symptom kann auch nur eine verstopfte Nase sein und ohne Kratzen im Hals auskommen, und ersteres haben gerade jüngere Kinder ja oft. Am wichtigsten bei Hausstaubmilbenallergie ist übrigens ein gutes Encasing: also der Spezialüberzug für die Matratze und idealerweise das Kopfpolster. Beim Kauf solltest du darauf achten, dass die Spezialbezüge doppelt abgedeckte Reißverschlüsse haben, das zeichnet die hochwertigen Encasings aus.

2. Was ist eine Kreuzallergie?

«Die Kreuzreaktion tritt auf, wenn eine Person eigentlich auf Pollen allergisch ist, die Eiweiße in bestimmten Nahrungsmitteln den Allergenen der Pollen aber so ähnlich sind, dass sie das Immunsystem nicht unterscheiden kann. Darum nennt man Kreuzallergien auch sekundäre Nahrungsmittelallergie. Es kommt zu einem oralen Allergiesyndrom, meistens zu einem Kribbeln im Gaumen, direkt beim Verzehr von dem entsprechenden Nahrungsmittel. Kreuzreaktionen treten meistens bei rohen Nahrungsmitteln auf, verarbeitet oder gekocht werden sie oft besser vertragen – denn das Allergen ist hitzelabil. Kreuzallergien sind sehr verbreitet in der Schweiz. So sind rund 70 Prozent der Birkenpollenallergikerinnen und –allergiker davon betroffen.»

Apropos Kreuzreaktionen: Möglich sind laut dem aha! Allergiezentrum Schweiz folgende Variationen:

  • Bei einer Allergie auf Birken-, Erlen-, Haselpollen: Kreuzreaktionen auf Kern- und Steinobst (Äpfel, Birnen, Pflaumen, Aprikosen, Kirschen, Nektarine usw.), Haselnuss, Walnuss, Mandeln, Karotten, Sellerie, Kiwi, Soja, Mungbohnen, Erdnuss

  • Bei einer Allergie auf Beifußpollen (Artemisia): Kreuzreaktionen auf Sellerie, Karotten, Fenchel, Kamille, Pfeffer, Senf, Dill, Petersilie, Koriander, Kümmel, Anis, Sonnenblumenkerne, Litschi, Mango, Trauben, Pfirsich, Cashew

  • Bei einer Allergie auf Hanfgewächse: Kreuzreaktionen auf Früchte und Gemüse

In eher seltenen Fällen verursachen nicht die Allergene von Pollen, sondern andere Atemwegsallergene die Kreuzreaktionen auf Nahrungsmittel:

  • Bei einer Allergie auf Hausstaubmilben: Kreuzreaktionen auf Crevetten, Hummer, Langusten, Krebse, Schnecken, Insekten (als Lebensmittel)

  • Bei einer Allergie auf Latex: Kreuzreaktionen auf Avocado, Banane, Edelkastanie (Vermicelles, Maroni), Kiwi

  • Bei einer Allergie auf Vogelfedern: Kreuzreaktion auf Hühnerei (Dotter)  
  • Bei einer Allergie auf Katze: Kreuzreaktion auf Schweinefleisch

3. Wie erkenne ich eine Intoleranz und wie grenzt sie sich von der Allergie ab?

«Die Allergie entwickelt sich im Blut. Der Körper produziert Antikörper, die an Immunzellen andocken. Bei jedem weiteren Kontakt mit dem Allergen werden die Antikörper aktiviert und setzen Histamin frei, wodurch typische Allergiesymptome hervorgerufen werden. Bei einer Nahrungsmittelintoleranz findet die Reaktion im Magen-Darm-Trakt statt. Der Körper kann einen bestimmten Stoff nicht mehr vollständig verarbeiten. Die Beschwerden sind mühsam, aber nicht tödlich. Ein weiterer Unterschied ist: Reaktionen der Intoleranz treten eher verzögert auf, also nicht innerhalb von Minuten. Bei der Laktose-Intoleranz zum Beispiel dauert es meistens circa eine halbe Stunde, bis Symptome spürbar werden. Bei der Allergie hingegen kommt es meist zu einer Sofortreaktion.»

Apropos Unverträglichkeit: Gefühlt ist heute jeder und jede Einzelne von Nahrungsmittelunverträglichkeiten betroffen. Umso wichtiger ist es, unterscheiden zu können – und die Zahlen zu kennen. Tatsächlich sind Lebensmittelallergien – also Abwehrreaktion des Körpers auf pflanzliche oder tierische Eiweiße – in der Schweiz bei nur ca. zwei bis acht Prozent der Bevölkerung klinisch nachweisbar. Oft sind es Allergien auf Hühnerei, Kuhmilch oder Nüsse. Anders sieht es hingegen bei den Nahrungsmittelunverträglichkeiten aus: Je nach Form der Unverträglichkeit (zum Beispiel Zöliakie, also Gluten-Unverträglichkeit, oder Laktose-Intoleranz) gibt es in der Schweiz bis zu 20 Prozent Betroffene.

4. Welche Menschen sind besonders stark von Allergien betroffen und welche Rolle spielen Genetik und Umwelteinflüsse?

«Die Genetik spielt eine wichtige Rolle. Es gibt bei familiären Veranlagungen eine höhere Wahrscheinlichkeit, selbst eine Allergie zu entwickeln. Wenn zum Beispiel beide Elternteile von Allergien betroffen sind, steigt das Risiko für Kinder auf 60 Prozent. Aber auch Personen ohne genetische Vorgeschichte können Allergien entwickeln, das sind ungefähr zwölf Prozent der Betroffenen. Allergien können zu jedem Zeitpunkt im Leben entstehen, weshalb das so ist, ist nicht endgültig geklärt. Es gibt die Hygienehypothese, die sagt: Je hygienischer wir leben, desto anfälliger sind wir. Weil das Immunsystem heute weniger mit Erregern, auch Parasiten, Viren oder Würmern konfrontiert ist als früher, wehrt es sich gegen harmlose Stoffe.

Auch Umweltfaktoren spielen eine Rolle: Das Klima verändert sich, die Pollensaison wird länger, neue Pflanzenarten werden bei uns heimisch und Schadstoffe in der Luft machen die Pollen allergener.»

5. Können sich Allergien mit dem Älterwerden auswachsen?

«Das ist eine veraltete Annahme, die so nicht ganz stimmt. Allergien können in jedem Alter auftreten und auch wieder verschwinden. In welchem Lebensalter das passiert, ist nicht vorhersehbar. Oft ist man ja auf mehrere Allergene allergisch und die können abschwächend oder verstärkend wirken – wie die aber genau zusammenspielen weiß man nicht. Es gibt Allergien, die im Kindesalter entstehen und sich dann tendenziell auswachsen, zum Beispiel manche Nahrungsmittelallergien. Die Nussallergie bleibt eher ein Leben lang bestehen als eine Hühnereiallergie, die sich eher wieder auswächst. Hier spielt dann die genetische Veranlagung eine große Rolle.»

6. Wie schädlich ist es für Allergie-Betroffene, dauerhaft Allergenen ausgesetzt zu sein? Sollten zum Beispiel Menschen, die auf Tierhaare allergisch reagieren, wirklich von Haustieren absehen?

«Wenn man ständig im Kontakt mit den Allergenen ist, provoziert man auch ständig Symptome. Der Körper kontert dann jedes Mal mit einer Überreaktion, schüttet Botenstoffe aus und befindet sich so dauerhaft in einem Entzündungszustand. Das kann sich unbehandelt verschlimmern und zu Asthma entwickeln. Man sollte also eine Immuntherapie machen und den Kontakt zu den Allergenen reduzieren. Gerade bei Tier-Allergikern gibt es meistens heftige Symptome und es reicht schon wenig Kontakt aus, um Symptome hervorzurufen. Allergene an Tierhaaren bleiben auch lange an Kleidung, im Hausstaub oder an Möbeln haften und lösen so ständig Symptome aus. Es wird empfohlen, den Kontakt zu vermeiden, sich keine neuen Haustiere anzuschaffen und Tiere, die bereits im Haushalt leben, eher draußen zu halten. Wenn das nichts hilft, sollte das Tier fremdplatziert werden – so schwer das auch fällt. Es geht hier um die Gesundheit.»

Apropos Tierhaare: Wenn pelzige oder gefiederte Freunde wegen deiner Allergie nicht infrage kommen, fällt die Wahl vielleicht auf eine Schildkröte oder auf ein Aquarium mit Fischen. Schildkröten werden zwar steinalt, die Hälfte ihrer Lebenszeit verschlafen sie aber und fallen dir (und später deinen Enkeln) auch nicht groß zur Last. Und Fische sind vielleicht keine Haustiere, die Herzen erobern, aber unterhaltsam sind sie allemal: So haben kürzlich erst Putzerfische den Spiegeltest bestanden, das heißt sie können sich selbst im Spiegel und sogar auf Fotos erkennen – das ist mehr, als eine Katze von sich behaupten kann. Trainierte Goldfische wiederum steuern mit ihren Bewegungen einen Roboter, der ihr Aquarium fortbewegt. Und wieder andere spielen Pokémon und gehen sogar selbstständig auf Online-Shopping-Tour.

7. Wie kann man außer durch die Behandlung der Symptome langfristig gegen Allergien vorgehen?

«Mit der allergenspezifischen Immuntherapie. Die gibt es für Atemwegsallergien und Insektengiftallergien mit guter Wirkung. Bei Insektengiftallergien zeigen sie einen sehr guten Schutz von bis zu 95 Prozent. Bei der Pollenallergie werden Symptome durch die Immuntherapie bis zu 80 Prozent gelindert. Das hat einen riesigen Einfluss auf die Lebensqualität und auf mögliche Folgeerkrankungen. Die Immuntherapie dauert drei bis fünf Jahre – je nach Person. Studien zeigen, dass man danach bis zu zehn Jahre einen guten Schutz hat, danach kommen die Symptome meistens nach und nach wieder zurück.»

Apropos Immuntherapie: Betroffene haben die Wahl zwischen Spritzen oder Tabletten, dabei muss man sich über drei Jahre hinweg die Allergene zuführen. Gespritzt wird einmal pro Monat bei Arzt oder Ärztin, die Tabletten nimmt man dagegen jeden Tag zuhause ein. Vielen Betroffenen fehlt es allerdings am langen Atem: Bei einer holländischen Studie mit fast 6500 Probandinnen und Probanden zogen nur 7 Prozent die Einnahme der Tabletten bis zum Schluss durch. Bei denen, die sich Spritzen geben ließen, waren es 23 Prozent.

8. Wie ist der aktuelle Stand der Allergieforschung? Kann es in Zukunft einen Impfstoff oder eine Immuntherapie für alle Allergien geben?

«So pauschal ist das nicht möglich. Allergien sind so individuell wie wir Menschen. Das Mikrobiom spielt eine sehr wichtige Rolle in der aktuellen Allergieforschung. Hierbei wird die Verbindung zwischen dem Mikrobiom und Allergien untersucht. Zum Beispiel fand man heraus, dass es einen positiven Effekt auf das Immunsystem hat, wenn Kinder auf einem traditionellen Bauernhof aufwachsen. Sie haben weniger Allergien und Asthma. Auf dieser Basis wurde ein neues Medikament entwickelt, das in der Schweiz aber noch nicht zugelassen ist.

Auch zu Nahrungsmittelallergien wird viel geforscht. Es sind bereits Medikamente zugelassen, zum Beispiel gegen die Erdnuss-Allergie, weil die ein Leben lang bestehen bleibt. Mit einer oralen Immuntherapie wird hier versucht, eine Toleranzschwelle zu erreichen damit langfristig eine gewisse Menge an Allergen toleriert wird. Studien zeigen hier sehr gute Erfolge: Bei 80 Prozent der Behandelten ist diese Sensibilisierung erfolgreich. Allerdings ist noch unklar, wie lange man geschützt ist, wenn man das Medikament absetzt.»

Titelfoto: shutterstock

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Ich liebe blumige Formulierungen und sinnbildliche Sprache. Kluge Metaphern sind mein Kryptonit, auch wenn es manchmal besser ist, einfach auf den Punkt zu kommen. Alle meine Texte werden von meinen Katzen redigiert: Das ist keine Metapher, sondern ich glaube «Vermenschlichung des Haustiers». Abseits des Schreibtisches gehe ich gerne wandern, musiziere am Lagerfeuer oder schleppe meinen müden Körper zum Sport oder manchmal auch auf eine Party. 


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