7 spannende Hintergründe zum Muttertag, die nicht jeder kennt
Es waren nicht die Nazis, wie oft behauptet, die den Muttertag erfunden haben. Auch die Blumengeschäfte hatten ihre Hände erst später mit im Spiel. Wer den Brauch tatsächlich etablierte, dann aber gleich wieder bekämpfte – und weitere spannende Fakten zum Muttertag.
Eine schöne Familientradition, sagen die einen. Eine Glorifizierung überholter Rollenbilder, sagen andere. Oder: bloss ein Tag für die Kassen der Blumenläden. Der Muttertag spaltet seit Jahren die Meinungen. Dabei hat der Ursprung des Brauchs so gar nichts mit Kommerz zu tun – dereinst ging es sogar um Mütterrechte und Feminismus.
1. Die Mutter des Muttertags
Die US-amerikanische Feministin Ann Maria Reeves Jarvis machte sich in den 1860er-Jahren für eine Mütterbewegung namens «Mothers Friendship Day» stark. An ihren Treffen konnten sich vom Bürgerkrieg gebeutelte Mütter austauschen. Ausserdem kümmerten sie sich um verwundete Soldaten – beider Kriegsparteien. Erst viel später gelang es Jarvis’ Tochter, den Muttertag so zu etablieren, wie wir ihn heute kennen. Anna Maria Jarvis weibelte – auch zum Gedenken ihrer inzwischen verstorbenen Mutter – für einen offiziellen Ehrentag für Mütter und wandte sich mit Briefen an Politiker, Geschäftsleute und Geistliche. 1908 war es so weit: Der US-Kongress beschloss, jeweils jeden zweiten Mai-Sonntag einen Muttertag als nationalen Feiertag zu feiern.
2. Die Erfinderin wird zur grössten Kritikerin
In den 1920er-Jahren wollte die Erfinderin den Muttertag aber gleich selbst wieder abschaffen. Die Kommerzialisierung war Anna Maria Jarvis ein Dorn im Auge. Sie versuchte sogar, gerichtlich gegen den gesetzlichen Feiertag vorzugehen. 1923 musste sie wegen Störung einer Muttertagsfeier kurz hinter Gitter. «Mein grösster Erfolg ist auch meine grösste Niederlage», soll sie laut «New York Times» zu Lebzeiten einem Reporter gesagt haben. 1948 starb sie im Alter von 84 Jahren blind, mittel- und kinderlos. Was sie nie erfuhr: Die Kosten für ihr Pflegeheim hatten ausgerechnet die Blumenhändler übernommen, die Jarvis wegen der Kommerzialisierung so hasste.
3. Floristen holen den Muttertag in die Schweiz
In der Schweiz versuchten 1914 erst die Jugendorganisation Cevi und 1917 die Heilsarmee, den Muttertag einzuführen. Allerdings noch ohne grossen Erfolg, der Brauch beschränkte sich zunächst auf religiöse Kreise. Erst das Vorbild Deutschland brachte den entscheidenden Durchbruch: Dort machte sich 1923 der «Verband Deutscher Blumengeschäftsinhaber» erfolgreich für den Muttertag stark. Die Schweizer Floristen liessen sich davon inspirieren, mit Unterstützung von Presse und Radio wurde 1930 schliesslich auch hierzulande zum ersten Mal offiziell Muttertag gefeiert.
4. Andere Länder, andere Daten
Anders als in der Schweiz, in Deutschland und in Italien wird der Muttertag in Spanien und Portugal nicht analog den USA – also am zweiten Sonntag im Mai –, sondern am ersten Mai-Sonntag gefeiert. In Frankreich fällt er auf den letzten Sonntag im Mai – zumindest in der Regel: Weil dieser 2023 bereits durch Pfingsten belegt war, fiel der Muttertag ausnahmsweise auf den ersten Juni-Sonntag. In Grossbritannien findet der «Mothering Sunday» jeweils drei Wochen vor Ostern statt. An einem ganz anderen Datum feiert Norwegen: jeweils am zweiten Februar-Sonntag. Und in Argentinien fällt er auf den dritten Sonntag im Oktober. Auch wenn es punkto Datum internationale Unterschiede gibt, so gibt es doch nahezu in jedem Land einen Ehrentag für die Mutter, zumindest ein Muttertags-Pendant.
5. Nazi-Propaganda und Mutterkreuze
Die Nazis nutzten den Muttertag zu ihren Propaganda-Zwecken, 1933 wurde er zum öffentlichen Feiertag erklärt. Gebärfreudige Mütter erhielten ab 1939 als Auszeichnung das Mutterkreuz – im Volksmund auch «Karnickelkreuz» genannt –, verliehen wurde es am Muttertag. Für vier oder fünf Kinder gab’s Bronze, für sechs oder sieben Silber und ab acht Kindern Gold.
6. Ein Milliardengeschäft
Sowohl für das Gastgewerbe als auch für den Blumenhandel ist der Muttertag einer der wichtigsten Umsatztage. Er sei doppelt so stark wie andere Sonntage, hiess es 2016 auf Anfrage von Keystone-SDA bei GastroSuisse. Laut Schweizerischem Floristenverband entspricht der Blumenverkauf gar dem drei- bis achtfachen eines normalen Tagesumsatzes – neben dem Valentinstag der umsatzstärkste Einzeltag des Jahres. Der Handelsverband Deutschland prophezeit: Gemäss einer bevölkerungsrepräsentativen Umfrage erwartet er für den diesjährigen Muttertag Geschenkausgaben in Höhe von mehr als einer Milliarde Euro im deutschen Einzelhandel, ohne Berücksichtigung von Gastronomie-Ausgaben und Geschenkgutscheinen. Das entspricht einem durchschnittlichen Betrag von 18,40 Euro pro Person. Noch viel höher sind die voraussichtlichen Ausgaben pro Kopf in den USA: Die National Retail Federation rechnet mit Ausgaben von 33,5 Milliarden US-Dollar, also 254,04 US-Dollar pro Kopf.
7. Rosen, Tulpen, Nelken…
62,3 Prozent aller Muttertagsgeschenke sollen wieder Blumen sein. Das zumindest erwartet der deutsche Handelsverband. Rosen, Lilien, Gerbera oder Germini sind dabei laut «Fleurop» die beliebtesten Muttertags-Schnittblumen, zumindest hierzulande. In den USA gelten Nelken als offizielle Muttertagsblume und als Symbol der Dankbarkeit. Der Grund: Die weisse Nelke war die Lieblingsblume von Ann Maria Reeves Jarvis. «Die Nelke lässt ihre Blätter nicht hängen, sondern schliesst sie in ihr Herz, wenn sie stirbt», soll die Mutter der Muttertagserfinderin dereinst erklärt haben, «genauso, wie Mütter ihre Kinder für immer in ihr Herz schliessen.»
Ob Rosen, Tulpen oder Nelken – alle drei verwelken. Diese Muttertags-Alternativgeschenke aber ganz bestimmt nicht:
Anna- und Elsa-Mami, Apéro-Expertin, Gruppenfitness-Enthusiastin, Möchtegern-Ballerina und Gossip-Liebhaberin. Oft Hochleistungs-Multitaskerin und Alleshaben-Wollerin, manchmal Schoggi-Chefin und Sofa-Heldin.