Wie sich die MFT Challenge Disc 2.0 in der Physio-Praxis schlägt
Produkttest

Wie sich die MFT Challenge Disc 2.0 in der Physio-Praxis schlägt

Eine wackelige Scheibe sorgt für stabile Muskulatur und verfliegende Zeit. Das Physio-Team von med&motion hat die Challenge Disc 2.0 in der Praxis getestet und festgestellt: Das smarte Trainingsgerät ist in einem Punkt überraschend altmodisch.

«Ich bin ein kompetitiver Typ, mir gefällt das ganz gut», sagt Ramona, die gerade von der MFT Challenge Disc 2.0 gestiegen ist. Es war ihre erste Einheit auf dem Balance-Trainer. Einer beweglich gelagerten Scheibe, die in Verbindung mit einer App Gleichgewichtsaufgaben stellt, kleine Spiele bereithält und Feedback zur Übungsausführung gibt. Ramona ist zur Reha bei med&motion in Zürich, nachdem sie sich einen Kreuzbandriss zugezogen hat. Lous de Haart betreut sie und hat in den vergangenen Monaten viele motivierte Patienten auf der Scheibe stehen sehen. «Die meisten sagen, beim Training damit verfliegt die Zeit», sagt die Physiotherapeutin. Eine Zeitmaschine also, dank der du mühelos in einer fitteren Zukunft landest? Ganz so einfach ist es nicht. Gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen hat Lous die Challenge Disc unter die Lupe genommen.

Ramona trainiert, Lous kontrolliert.
Ramona trainiert, Lous kontrolliert.

Die Technik

Unter der Disc steckt ein Neigungssensor, der über Bluetooth Low Energy mit dem verbundenen PC, Mac, Smartphone oder Tablet kommuniziert. Bevor ich das nagelneue Testgerät an med&motion übergebe, probiere ich es selbst aus und erlebe «Low Energy» von der ärgerlichen Seite: Die eingebaute Batterie ist mausetot. Mit einer frischen Knopfzelle (CR 2032) bestückt, funktioniert dann alles wie es soll.

Durch kurzes Antippen weckst du die Challenge Disc, die daraufhin in der App erkannt wird. Bei jeder neuen Verbindung kalibriert sich die Disc, weshalb sie flach auf dem Boden platziert sein muss und zu Beginn noch niemand darauf stehen darf. Ich habe sie am MacBook und iPad ausprobiert, bei med&motion wurde die Anwendung unter Windows installiert. «Die Software ist sehr einfach zu handhaben und auch die Verbindung via Bluetooth funktioniert immer und schnell», sagt Lous. Sofern dein Gerät Bluetooth Low Energy unterstützt und nicht mit völlig veralteter Software läuft, solltest du kein technisches Problem bekommen. Im Zweifel kannst du die Kompatibilität hier checken.

Die App: MFT Bodyteamwork

Die Anwendung ist übersichtlich und selbsterklärend.
Die Anwendung ist übersichtlich und selbsterklärend.

MFT Bodyteamwork ist weder ein grafisches Meisterwerk noch gespickt mit unzähligen Funktionen, dafür sehr übersichtlich. Die App wurde mit Beratung durch das Institut für Sportwissenschaft der Uni Innsbruck entwickelt. Du wählst zwischen «Balance», «Test», «Training» und «Spiele». Im ersten Modus bist du dir selbst überlassen und kannst deine Balance auf einer Art Zielscheibe kontrollieren, in deren Zentrum du einen Punkt halten musst, der auf deine Bewegungen reagiert. Absolvierst du den Koordinationstest, lernst du etwas über deine Stärken und Schwächen. Er beinhaltet Aufgaben in verschiedenen Achsen und kombinierten Bewegungsformen.

Den grünen Punkt steuerst du durch Gewichtsverlagerung.
Den grünen Punkt steuerst du durch Gewichtsverlagerung.

Du verlagerst das Gewicht vor und zurück, von links nach rechts, diagonal und im Kreis. Führst du die Übungen einbeinig aus, erhältst du Vergleichswerte zur koordinativen Leistungsfähigkeit deiner Beine. Je geringer der Unterschied, desto besser für dich und deine Gelenke.

Anschliessend gibt dir die App eine Empfehlung, auf welchem Level du dein Training beginnen solltest. Ein höherer Level bedeutet, dass der Zielbereich, den du ansteuern musst, kleiner wird. In einem der fünf Trainingsprogramme absolvierst du nacheinander verschiedene Übungen, die von kurzen Pausen unterbrochen werden.

Ramona beim spielerischen Training.
Ramona beim spielerischen Training.

Startest du ein Spiel, ändert sich die Optik, nicht aber die zugrundeliegende Aufgabe. Statt einem Punkt nachzujagen, steuerst du durch Gewichtsverlagerung einen kleinen Skifahrer durch Tore oder einen Ball ins Ziel. Deine Ergebnisse kannst du in einer Bestenliste eintragen.

Das Feedback der Physios und Patienten

Nachdem wir die Basics kurz zusammen angeschaut haben, überlasse ich Lous und ihren Physio-Kollegen die Challenge Disc 2.0. Über mehrere Wochen hinweg setzen sie das Gerät ein, bevor ich nach den gesammelten Erfahrungen frage. Hier sind die wichtigsten Punkte.

Pro

  • Die Patienten werden in 3D-Bewegungen gefordert
  • Die Motivation ist hoch, es macht Spass
  • Einfach und ohne grosse Einweisung einsetzbar

«Die meisten Hilfsmittel, die ich sonst benutze, haben nur eine Bewegungsrichtung oder sind frei beweglich, wie zum Beispiel ein Bosu-Ball», erklärt Lous. Mit der Challenge Disc könne sie sehr spezifisch feststellen, in welche Richtung ein Defizit bestehe. «Das ist wirklich gut und auch einzigartig bei diesem Gerät.» Von den Übungen profitieren nicht nur Knie-Patienten. Bei Fuss-, Hüft- und Rückenbeschwerden kommt die Challenge Disc ebenso zum Einsatz wie im Koordinationstraining beschwerdefreier Sportler.

Lous de Haart von med&motion.
Lous de Haart von med&motion.

Contra

  • Die Trainingsübungen sind zu kurz, die Dauer lässt sich nicht individuell einstellen
  • Widerstand lässt sich nicht regulieren, für Kinder zu schwergängig bei der Gewichtsverlagerung
  • Trainingsdaten lassen sich schlecht speichern und für verschiedene Patienten verwalten

«Die meisten Trainingsübungen gehen nur zehn bis 15 Sekunden bis zur Pause, das ist für Stabilitätsübungen etwas wenig», fasst Lous die Erfahrungen zusammen. Dieses Feedback sei auch von Patienten gekommen. «Die Spiele gehen schon eine Minute und vierzig Sekunden. Das ist super. Es wäre schön, wenn man die Trainingsdauer einstellen könnte.» Auch der zweite Kritikpunkt würde sich über ein Software-Update lösen lassen: «Man kann die Daten verschiedener Patienten nicht speichern», sagt die Physiotherapeutin. «Um Fortschritte zu dokumentieren, müsste ich alles aufschreiben.» Oder als PDF downloaden. Das ist irritierend altmodisch für ein smartes Gerät. Eine ansprechende interne Aufbereitung, wie sie jede bessere Fitness-App bietet, gibt es nicht.

Fazit

Es ist eine Stärke der Challenge Disc 2.0, dass sie so simpel funktioniert und nicht erst tausend Parameter konfiguriert werden müssen. «Mit wenig Instruktionen kann der Patient das Training selbständig durchführen», sagt Lous. «So wird die Challenge Disc viel öfter eingesetzt als ein kompliziertes Gerät.» Die Hürden sind derart niedrig, dass niemand davor zurückschreckt. Das Prinzip gefällt nicht nur junger Klientel wie Ramona, die nach dem Kreuzbandriss ihr Knie stabilisieren muss. «Auch Ältere finden es gut», hat Lous beobachtet. «Den Patienten macht es Spass.»

Das Training mit der Challenge Disc 2.0 ist unterhaltsam und motivierend. Dazu hilft es, Schwachstellen zu lokalisieren und gezielt zu beseitigen. Einerseits. Andererseits wäre es nicht schwer, den Nutzern noch mehr Möglichkeiten an die Hand zu geben und sie die Übungen den eigenen Vorstellungen anpassen zu lassen. Oder die interessanten Daten ansprechend aufzubereiten. «Es wäre schön, wenn man die einzelnen Testresultate irgendwo wiederfinden könnte», sagt Lous. Wer alleine darauf trainiert und sich nur gelegentlich am eigenen Highscore oder dem Testprogramm orientiert, wird das nicht vermissen. Daten-Jünger und Physio-Profis dagegen schon. Was bleibt, ist ein guter Gleichgewichtstrainer, bei dem softwareseitig noch mehr drin wäre.

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Sportwissenschaftler, Hochleistungspapi und Homeofficer im Dienste Ihrer Majestät der Schildkröte.


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