Wie schlecht sind Velo-Routen in der Karten-App von Apple? Apple: Ja
Produkttest

Wie schlecht sind Velo-Routen in der Karten-App von Apple? Apple: Ja

Meine Vorfreude war gross: Anfang Februar hatte Apple ein Update seiner Karten-App angekündigt. Endlich gibt es Velorouten. Nach einigen Wochen fällt mein Testresultat ernüchternd aus.

Wann immer es geht, lege ich den Weg ins Büro mit dem Velo zurück, genauer mit dem E-Bike. Das Bosch-System in meinem «Kathmandu» von Cube hat eine hervorragende App inklusive Navigation. Andererseits bin ich ein Apple-Jünger mit iPhone und Watch. Ist die Velorouten-Erweiterung der Karten-App von Apple gut genug, um mich noch tiefer ins Apple-Universum zu ziehen?

Um das herauszufinden, fahre ich einige Male mit der Karten-App von Apple meine gewohnte Route. Die habe ich nach inzwischen über hundert Fahrten für mich optimiert. Ich vermeide die Hauptstrassen mit vielen Ampeln und dichtem Verkehr; ein gutes Stück geht es durch den Wald.

Apple will mir die entspannte Route nehmen. In acht von zehn Fällen entscheidet sich Apple gegen die Route, die ich gewohnt bin. Nicht einmal die wichtigsten Velorouten im Kanton scheint die Karten-App zu kennen. Ich fahre zum Beispiel einen grossen Teil des Weges auf den Velourote Nummer 45 und auf der Nummer 29. Von beiden will mich die Karten-App permanent abbringen. Sie tut so, als gäbe es sie nicht. Sogar, wenn ich bereits auf der Route unterwegs bin, dauert es immer noch hunderte Meter, bevor Apple die Realität anerkennt.

Es sieht hübsch aus, wenn ich meine Velo-Route mit der Karten-App von Apple plane. Nur das Ergebnis stimmt nicht.
Es sieht hübsch aus, wenn ich meine Velo-Route mit der Karten-App von Apple plane. Nur das Ergebnis stimmt nicht.
Quelle: Martin Jungfer

Weiche ich von der Route ab, die Apple möchte, werde ich mit permanentem Klopfen der Uhr am Handgelenk gestraft. Sie warnt mich vor dem Ende von Velowegen, die in der Realität doch weitergehen. Auf den Asphalt gepinselte gelbe Radfahrer-Symbole? Egal. Ein Velorouten-Schild am Strassenrand? Wird gekonnt ignoriert.

Der Veloweg führt geradeaus, Apple will mich dagegen zurück auf die Hauptstrasse schicken – und zwar über ein steiles Weglein.
Der Veloweg führt geradeaus, Apple will mich dagegen zurück auf die Hauptstrasse schicken – und zwar über ein steiles Weglein.
Quelle: Martin Jungfer

Am Zielort angekommen habe ich durch das konsequente Überstimmen der Routenempfehlung 15 Minuten Zeit gewonnen gegenüber der ersten Prognose beim Start. Ich bin also eindeutig der bessere Navigator als die Karten-App. Ha! Und das ohne Schummeln: Alle Wege sind offiziell, ich habe keine Verkehrsregeln überschritten.

Konsequent vorbei an Brunnen und WCs

Gibt es wenigstens Hinweise zu wichtigen «Points of Interest» für Velofahrer? Auf Velotouren sind öffentliche WCs durchaus interessant, genauso Trinkbrunnen? Apple kennt auch diese nicht. Keine einzige. In anderen Navigations-Apps sind diese enthalten, teils gibt es eine Velofahrer-Community, die dafür sorgt.

Und die von Apple zum Start angekündigten Hinweise zu gefährlichen Stellen? Gefährliche Kreuzungen, an denen ich das Velo besser über die Kreuzung schiebe? Fehlanzeige.

Eigentlich sollte die Kartengrundlage gut sein

Angeblich verwendet Apple für die Schweiz ja das Kartenmaterial von Swisstopo, also eine durchaus seriöse Quelle, mit ziemlicher Sicherheit sogar die beste. Das Bundesamt für Landestopografie hat auf seinen Karten jeden noch so kleinen Weg abgebildet, darunter natürlich auch die offiziellen Velorouten. Dafür ist die Navigation mit der Amts-App (hier zum App-Download) eher fummelig. Umso schöner wäre es gewesen, hätte Apple die gute Navigation seiner App mit den hervorragenden Kartendaten von Swisstopo vermählt. Irgendwie funktioniert diese Beziehung aber nicht.

Anbindung an Apple Health fehlt

Apple spielt in der Karten-App nicht einmal die Stärke aus, dass alle Services und Produkte so gut vernetzt sind. Starte ich meine E-Bike-Strecke, die ich mir in der Karten-App ausgesucht habe, erkennt das die Health-App nicht als Aktivität. Will ich die kleine Cardio-Einheit im Velosattel aufzeichnen, muss ich das extra starten.

P.S.: Google Maps hat mich bei der Navigation im Test genauso wenig überzeugen können. Für Fahrten mit dem Velo sind die Spezialisten – Komoot, Outdooractive oder auch die Flow-App für E-Bikes mit Bosch-System – eindeutig die bessere Wahl.

Wie sind deine Erfahrungen mit Karten-Apps auf dem Velo? Welche nutzt du, welche überzeugt dich? Lass es die Community in einem Kommentar wissen.

Fazit

Unausgereift und deshalb unbrauchbar

Ich habe von Apple noch nie so ein wenig ausgereiftes Produkt gesehen wie dieses. Selbst im semi-urbanen Gebiet, in dem ich als Pendler unterwegs bin, taugen die Routen nicht. Für ausgedehnte Freizeit-Touren in mir unbekannten Gefilden, würde ich Apples Velorouten noch nicht einmal zur Vorabrecherche nutzen. Bestenfalls optisch überzeugt mich die Navigation auf dem Smartphone am Lenker. Aber was nützt das, wenn der Weg zwar schön angezeigt, aber der falsche ist.

Pro

  • Apple-Design und Usability: gewohnt gut

Contra

  • keine Angaben zu Geschwindigkeit oder Puls auf dem iPhone-Screen während der Fahrt
  • keine Synchronisation mit Apple Health
  • Hauptstrassen werden gegenüber Velowegen bevorzugt
  • umständliche Routenführung
Titelbild: Martin Jungfer

57 Personen gefällt dieser Artikel


User Avatar
User Avatar

Journalist seit 1997. Stationen in Franken, am Bodensee, in Obwalden und Nidwalden sowie in Zürich. Familienvater seit 2014. Experte für redaktionelle Organisation und Motivation. Thematische Schwerpunkte bei Nachhaltigkeit, Werkzeugen fürs Homeoffice, schönen Sachen im Haushalt, kreativen Spielzeugen und Sportartikeln. 


Diese Beiträge könnten dich auch interessieren

Kommentare

Avatar