«The Mandalorian», Staffel 2: Kapitel 10: Der Passagier
Der Krayt-Drache ist tot. Boba Fetts Rüstung ist im Besitz des Mandalorianers. Die Suche nach den Artgenossen des Kindes aber geht weiter – in Kapitel 10, der bisher gruseligsten aller Folgen der zweiten Staffel von «The Mandalorian».
Eines vorweg: Das ist eine Folgenbesprechung. Mit Spoilern! Schau dir also zuerst «The Mandalorian – Chapter 10: The Passenger» an, bevor du weiterliest.
Rekapitulieren wir. In Kapitel 9, «The Marshal», hat sich Din Djarin (Pedro Pascal), der Mando, auf die Suche nach anderen Mandalorianern gemacht. Mit dessen Hilfe will Djarin rausfinden, wo es womöglich mehr von Baby Yodas Art gibt.
Geführt hat ihn sein Weg nach Tatooine. Gefunden hat er zwar keinen Mandalorianer, dafür aber Boba Fetts Rüstung. Und einen Krayt-Drachen, den er im Austausch für die Rüstung hat töten müssen. Am Ende steht Djarin aber immer noch da, wo er am Anfang war: Bei der Suche nach anderen Mandalorianern.
An diesem Status Quo ändert sich auch im von Regisseur Peyton Reed inszenierten Kapitel 10 – «The Passenger» – nichts: Mando kriegt den Tipp, zum Meermond Trask zu reisen. Dort würde sich zur Zeit ein Mandalorianer-Clan verstecken. Womöglich gar sein eigener Clan, der auf Nevarro so gut wie ausgerottet worden ist. Mit dessen Hilfe könnte er Jedis aufspüren. Bis dorthin kommt Djarin allerdings nicht: Unterwegs stranden er, das Kind und Passagierin Frosch-Frau (zu ihr später mehr) auf einem Eisplaneten.
Was wir kriegen, ist die gruseligste «Mandalorian»-Folge überhaupt. Das sind ihre fünf besten Momente und Easter Eggs.
1. Jet-Pack to the sky
Wie krass war denn bitte Mandos Aktion am Anfang der Folge!? Auf dem Rückweg vom «Vorfall mit dem Drachen» (10 Punkte für alle, die die Anspielung verstanden haben) werden er und das Kind von vier Wüstenbanditen überfallen. Drei davon erledigt Mando spielend. Der vierte aber nimmt das Kind als Geisel.
«Warte. Tu dem Kind nichts. Wenn du ihm auch nur ein Haar krümmst, bist du nirgends vor mir sicher.»
Djarin bietet dem Banditen einen Handel an. «Such dir was aus meinem Besitz aus, aber lass das Kind gehen.» Das kleine Alien-Vieh lässt sich darauf ein. Sucht sich Mandos Jetpack aus. Macht sich damit aus dem Staub. Zufrieden mit sich selbst. Er lebt noch. Und hat Kriegsbeute.
Zu früh gefreut.
Djarin nimmt das Kind in den Arm. «Alles okay?» Dann zündet er mit seiner Fernsteuerung am Handgelenk die Antriebsdüsen des Jetpacks. Urplötzlich rast der kleine Bandit ungebremst in die Luft und dem Ikarus gleich den Zwillingssonnen Tatooines entgegen. Wir kriegen das nicht zu sehen. Wir hören nur dessen Schreie. Zuerst ganz fern. Dann immer näher. Der Alienbandit prallt mit voller Wucht auf den Boden. Bumm. Tot. Das Jetpack steuert Mando ganz sachte zu sich zurück.
Djarin blickt zum Kind. Ein Schulterzucken. Tja. Selber Schuld. Dann die übliche Title Card mit «The Mandalorian». Dazu Ludwig Göranssons Musik.
Gänsehaut.
2. Practical Effects hüben und drüben
Für mich hat «Star Wars» immer schon die geilsten Practical Effects gehabt (OK, bis auf die Prequels). Da rede ich vor allem von Kostümen, Aliendesigns, Droiden und Kulissen, die echt sind. Kein mieses CGI-Gedöns à la Jar Jar Binks. In Kapitel 10 kriegen wir viele solcher Practical Effects.
Das Ameisen-Ding zum Beispiel, das mit Peli Motto in der Mos Eisley Cantina das berühmteste Kartenspiel der Galaxis spielt: Sabacc. Berühmt, weil Han Solo einst in einem Sabacc-Spiel gegen Lando Calrissian den Millennium Falken gewonnen hat.
Apropos Ameisen. Der Regisseur der Folge, Peyton Reed, hat ja auch die beiden «Ant-Man»-Filme inszeniert. Zufall?
Dann wäre da noch Treadwell, der aus «Star Wars – Episode V: The Empire Strikes Back» bekannte WED-15-Droide. Damals hat er Han Solo auf der Rebellenbasis auf Hoth noch dabei geholfen, den Millennium Falken zu reparieren. Wie er knapp 10 Jahre später auf Tatooine gelandet ist? Keine Ahnung. Das wäre doch eine Spin-Off-Serie wert, oder?
Zum Schluss noch der titelgebende Passagier der Folge. Eine Art Frosch-Frau. Spezies unbekannt. Zuerst dachte ich an die aus «Star Wars – Episode VIII: The Last Jedi» bekannten Lanai. Das sind aber Vogel-Aliens. Die Passagierin, die ihre laichähnliche Brut in einem Tank auf dem Rücken trägt, ist das nicht. Ihre Brut jedenfalls muss vor dem nächsten Äquinoktium von ihrem Mann auf dem Meermond Trask im System des Gasriesen Kol Iben befruchtet werden. Sexy. Ansonsten stirbt ihre Linie aus. Nicht so sexy.
Und genau der Mann der Froschfrau ist es, der behauptet, auf Trask Mandalorianer gesehen zu haben.
3. CGI vom Feinsten
Trotz Practical Effects: Auch die computergenerierten Effekte können sich mehr als sehen lassen. Vor allem die grandios in Szene gesetzte Verfolgungsjagd: Auf dem Weg nach Trask gerät Djarin mit seiner Razor Crest in eine Art Space-Kontrolle der Neuen Republik, die im vom gefallenen Imperium hinterlassenen Macht-Vakuum gerade erst gegründet worden ist.
Die Verfolgungsjagd findet statt, weil der Kontrolle auffällt, dass die Razor Crest jenes Schiff gewesen sein muss, das in der ersten Staffel – Kapitel 6, «The Prisoner» – den republikanischen Gefangenentransporter überfallen hatte. Die Quest wird dabei beschädigt und muss auf einem unbekannten Eisplaneten – nope, nicht Hoth – notlanden.
Aber es wird noch besser. Die Spinnenwesen.
4. Wie gruselig ist das denn?
Uff, hier geht der Horror los. Vor allem für jemanden wie mich, der’s nicht so mit Spinnen hat. Djarin und seine Begleiter finden sich nämlich in einer finsteren Eisgrotte wieder, nachdem sie mit der Crest eher schlecht als recht den X-Flüglern entkommen und auf dem Planeten abgestürzt sind. Djarin will das Schiff reparieren. Aber die Froschfrau macht sich in eine der Höhlen davon.
Dann tauchen die besagten Albino-Spinnen auf. Im Star-Wars-Wiki schlicht Knobby white spiders genannt. Ursprünglich tauchen sie in frühen Konzeptzeichnungen von «The Empire Strikes Back» auf, wo Luke Skywalker sie auf Dagobah bekämpfen muss.
Das Konzept fliegt für den Film zwar raus, wird aber Jahre später in der «Erben der Jedi-Ritter»-Buch-Saga mit den Yuuzhan Vong wieder aufgegriffen. An Stelle von Luke aber mit Anakin Solo, das jüngste Kind Han und Leias im erweiterten und mittlerweile nicht mehr als zum offiziellen Kanon zählende Star-Wars-Universum.
Regisseur Reed zeigt zunächst nur die Spinnen-Eier. Ein bisschen erinnert die Szenerie an Ridley Scotts «Alien». Dann schlüpfen die Spinnen aus. Hunderte kleine Spinnen. Dann Tausende. Und dann werden sie auch noch immer grösser. Bis der Mando und seine Leute von Viechern verfolgt werden, so gross wie die Razor Crest selbst.
Horror-Faktor hoch zehn. Vor allem für eine Disney-Serie. Hätte ich den Machern nicht zugetraut. Aber ich liebe es.
5. Dave Filoni to the rescue
Gerettet wird der Tag von Showrunner und «The Mandalorian»-Mit-Produzenten Dave Filoni. Jep, derselbe Dave Filoni, der auch Schöpfer von «The Clone Wars», «Rebels» und George Lucas’ Protegé ist.
Der spielt nämlich einen der beiden X-Wing-Piloten, die Jagd auf die Razor Crest machen. Kurz bevor die Spinnenhorde unseren Helden den Garaus machen, schiessen die beiden X-Wing-Piloten die Spinnen in die Flucht.
Grossartiger Moment. Noch wichtiger ist aber, was danach folgt. Offenbar haben die beiden Piloten in der Zwischenzeit Recherche betrieben. Zwar werfen sie Djarin vor, den Gefangenentransporter überfallen zu haben. Aber sie erkennen an, dass er gleichzeitig drei gesuchte Schwerverbrecher eingesperrt und alles getan hätte, um den von besagten Schwerverbrechern getöteten Kommandanten Davan zu retten – übrigens gespielt von Matt Lanter, der englische Synchronsprecher Anakin Skywalkers in «The Clone Wars».
Die Folge endet damit, dass die Neue Republik Djarin verschont. Der Mando kann so das Schiff gerade gut genug reparieren, um vom Planeten zu verschwinden und nach Trask zu «humpeln».
Fortsetzung folgt.
Wie geht’s weiter?
Geile Folge, mal wieder. Und das, obwohl sie die Hauptstory – die Suche nach anderen Mandalorianern und Jedis – kaum vorangetrieben hat. Eine klassische Füllerepisode. Von denen hatte die erste «Mandalorian»-Staffel einige. Kapitel 4 bis 6 im Wesentlichen. Das sind gleichzeitig auch jene Episoden, die mir mit Abstand am wenigsten gefallen haben. Eigentlich müsste es mir mit Kapitel 10 nicht anders gehen.
Aber Regisseur Peyton Reed macht inszenatorisch einen grossartigen Job. Er verknüpft unheimlich sympathische Charaktermomente mit dynamisch inszenierter Action. Etwa beim Banditenüberfall zu Beginn. Oder der wilde Ritt der Razor Quest durch tödliche Eisschluchten, dicht verfolgt von zwei X-Flüglern der Neuen Republik. Und zum Schluss dann das klaustrophobische Actiongelage mit den Albinospinnen. Geil. Einfach nur geil.
Nächste Woche geht’s wohl auf dem in den Trailern angedeutete Meermond Trask weiter. Übrigens ein Ort, den ich in keinem Star-Wars-Wiki habe finden können. Genauso wenig wie das Ameisen- oder Frosch-Alien oder den Eisplaneten. Gut so. «The Mandalorian» beginnt langsam, aber sicher eine eigene Mythologie zu entwickeln und referenziert sich sogar selbst, wenn es um Ereignisse oder Figuren aus der ersten Staffel geht.
Auf Trask werden wir wohl endlich die von Sasha Banks gespielte Figur zu Gesicht bekommen, die in den Trailern so mysteriös wirkt.
Bedenken wir, dass Djarin auf Trask ist, um Mandalorianer zu suchen, würde es mich gar nicht überraschen, wenn Banks sich tatsächlich als die Live-Action-Version von Sabine Wren entpuppen würde.
Das wäre doch mal was.
Wie hat euch die Folge gefallen? Gibt’s noch Easter Eggs, die mir entgangen sind? Schreibt’s in die Kommentare. Nächsten Freitag machen wir mit der Folgenbesprechung von «Chapter 11» weiter.
Abenteuer in der Natur zu erleben und mit Sport an meine Grenzen zu gehen, bis der eigene Puls zum Beat wird — das ist meine Komfortzone. Zum Ausgleich geniesse ich auch die ruhigen Momente mit einem guten Buch über gefährliche Intrigen und finstere Königsmörder. Manchmal schwärme ich für Filmmusik, minutenlang. Hängt wohl mit meiner ausgeprägten Leidenschaft fürs Kino zusammen. Was ich immer schon sagen wollte: «Ich bin Groot.»