Tandem OLED und M4: das iPad als Sprungbrett für neue Technologie
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Tandem OLED und M4: das iPad als Sprungbrett für neue Technologie

In Apples neuem iPad Pro stecken ein herausragendes Display und ein überraschend frühes Chip-Update. Sie werden früher oder später den Weg in Laptops, Desktops und Monitore finden.

Normalerweise stellt Apple neue Displays und Chips im MacBook vor. Doch diesmal ist es das iPad Pro, das als erstes zwei grosse technologische Fortschritte erhält: Überraschend früh zaubert Apple den M4 aus dem Labor – nur ein halbes Jahr nach dem Launch des M3. Die wahre Sensation ist aber das neue Tandem-OLED-Display.

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Tandem OLED: Wie hell?!

Das neue iPad Pro ist das erste iPad mit einem OLED-Display. Das wurde seit langem erwartet. Was aber niemand kommen sah: Apple hat nicht einfach ein normales Panel verbaut. Denn das würde laut iPad-Chef John Ternus nicht die Helligkeit und Farbwiedergabe bieten, welche die Kundschaft erwartet. Stattdessen kombinieren die Kalifornier zwei Panels zu einem «Tandem OLED». Glaubt man den Spezifikationen, ist das Resultat wahrlich beeindruckend:

1000 Nits Vollbild-Helligkeit, 1600 Nits Spitzenhelligkeit.

Die Spitzenhelligkeit ist gut, aber eine Randnotiz. Die schaffen auch gewöhnliche OLEDs. Aber tausend Nits Vollbild?! Solche Werte erreichen in dieser Displaygrösse bisher nur LCDs mit LED-Backlight. Im Gegensatz dazu bietet ein OLED-Display jedoch perfekte Schwarzwerte und vermeidet jegliches Blooming.

Doppelt gemoppelt: Apple legt zwei OLED-Panels übereinander, damit das Display schön hell wird
Doppelt gemoppelt: Apple legt zwei OLED-Panels übereinander, damit das Display schön hell wird
Quelle: Screenshot Apple-Keynote

Zur Einordnung: Die hellsten OLED-Laptops kommen Vollbild auf maximal 600 Nits. OLED-TVs und -Monitore gerade mal auf 250 Nits, also ein Viertel. Smartphones schaffen bereits über 1000 Nits. Doch die Grösse ist entscheidend. Je mehr Fläche die Leuchtdioden abdecken müssen, desto mehr Energie brauchen sie für die gleiche Helligkeit. Das produziert mehr Hitze – der Feind aller OLEDs. Kleine Displays mit hoher Pixeldichte sind im Vorteil, da nahe beieinander liegende Dioden heller wirken. Ein 13-Zoll-OLED mit 1000 Nits ist eine echte Leistung.

Vorbote für Laptops und Monitore

Die bahnbrechende Helligkeit erreicht das iPad Pro sowohl bei SDR- als auch bei HDR-Inhalten. Der Spitzenwert gilt nur für HDR. Tandem OLED soll «XDR-Farbpräzision» bieten. Keine Ahnung, was das bedeutet. Da Apples Displays aber Farben generell akkurat darstellen, darf man eine hohe Farbraumabdeckung und Genauigkeit erwarten.

Das Tandem OLED unterstützt weiterhin ProMotion, also eine adaptive Bildfrequenz bis 120 Hertz. Die tiefste Frequenz beträgt aber nun 10 Hertz, nicht mehr 24 Hertz. Das senkt bei statischen Inhalten den Energiebedarf, der bei OLED tendenziell höher ausfällt als bei LCD mit LED-Backlight.

Das Ultra Retina XDR Display soll sich für SDR- und HDR-Inhalte gleichermassen eignen.
Das Ultra Retina XDR Display soll sich für SDR- und HDR-Inhalte gleichermassen eignen.
Quelle: Screenshot Apple-Keynote

Die Auflösung der Displays beträgt 2420 × 1668 Pixel bei 11 Zoll Diagonale und 2752 × 2064 Pixel bei 13 Zoll. Das bedeutet eine Pixeldichte von 264 Pixel pro Zoll (ppi) – etwas höher als die 254 ppi des MacBook Pro. Optional versieht Apple den Bildschirm mit einer Antireflex-Beschichtung. Es ist wahrscheinlich die gleiche wie beim Studio Display oder beim Pro Display XDR.

Die Antireflex-Beschichtung zerstreut Umgebungslicht. Gemäss Apple führt sie nicht zu weniger Kontrast.
Die Antireflex-Beschichtung zerstreut Umgebungslicht. Gemäss Apple führt sie nicht zu weniger Kontrast.
Quelle: Screenshot Apple-Keynote

Wird das iPad Pro anfällig für Burn-in sein? Vermutlich nicht. Das Risiko für Geisterbilder steigt, je wärmer ein Panel wird. Gemäss Displayhersteller reduzieren zwei Panel-Ebenen die Hitze aber. Denn die Pixel der einzelnen Panels müssen im Schnitt mit geringerer Intensität leuchten und laufen deshalb in einem effizienteren Bereich. Ob das auch noch stimmt, wenn man die Helligkeit auf insgesamt 1000 Nits steigert, wird sich zeigen.

Spannend wird auch, wann die Technologie Einzug in Laptops und Monitore hält. Apple nennt das Display «Ultra Retina XDR». Der Name liest sich wie der Nachfolger des «Liquid Retina XDR», das im alten iPad Pro und den aktuellen MacBook Pro verbaut ist. Die aktuellen Gerüchte rechnen allerdings erst 2026 mit OLED-MacBooks.

M4: effizientere Produktion als Hauptgrund

Letzten Oktober hatte Apple mit dem M3 den ersten 3-Nanometer-Chip präsentiert. Dass bereits sechs Monate später der M4 kommt, ist eine Überraschung. Bei näherer Betrachtung ergibt das frühe Update aber Sinn.

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Einerseits scheint sich der M4 nur wenig vom Vorgänger zu unterscheiden. Er hat zwei zusätzliche Efficiency Cores, aber ebenfalls vier Performance Cores – in einer abgespeckten Variante, die in den günstigeren iPad Pro drinsteckt, sind es sogar nur drei. Die 10-Core GPU bleibt wohl die gleiche wie bisher. Genau wie die Neural Engine, die sich um die Beschleunigung Künstlicher Intelligenz (KI) kümmert. Sie hat im M4 16 Kerne, genau wie im M3. Neu dazu kommt die Display Engine für das Tandem-OLED-Display.

Der M4 im Überblick. Die Neuerungen gegenüber dem M3 sind überschaubar.
Der M4 im Überblick. Die Neuerungen gegenüber dem M3 sind überschaubar.
Quelle: Screenshot Apple-Keynote

Andererseits geht es beim Generationswechsel wohl vor allem um die Fertigung. Apple lässt seine Chips bei TSMC produzieren. Der M3 basiert auf dem «N3B»-Fertigungsprozess. Dieser ist relativ ineffizient. Viele Wafer weisen Mängel auf und müssen aussortiert werden – was die Produktion teuer macht. Der neue M4 stammt hingegen mutmasslich aus der neuen «N3E»-Fertigung. Sie ist effizienter. So kann TSMC mehr Chips produzieren, die besser verfügbar und entweder schneller oder günstiger sind.

Der M4 wurde von Tim Millet präsentiert – Vice President der Plattformarchitektur. Für seinen Chef Johny Srouji, der in den letzten Jahren die Konkurrenz das fürchten lehrte, war der Chip wohl ein zu kleiner Fisch.
Der M4 wurde von Tim Millet präsentiert – Vice President der Plattformarchitektur. Für seinen Chef Johny Srouji, der in den letzten Jahren die Konkurrenz das fürchten lehrte, war der Chip wohl ein zu kleiner Fisch.
Quelle: Screenshot Apple-Keynote

Was bedeutet das frühe Debüt des M4 für die Macs? Der Mac Mini und der Mac Studio werden die M3-Generation vermutlich überspringen. Sie erhalten wohl direkt den M4 und einen hochpotenten M4 Ultra. Wahrscheinlich wird es bereits in einem Monat soweit sein, wenn Apple an der WWDC seinen Einstieg in Künstliche Intelligenz präsentiert. Für das MacBook Pro wird der Umstieg auf M4 im Herbst erwartet. iMac und das MacBook Air kommen wohl erst nächstes Jahr in den Genuss der neuesten Chips.

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Den M4 und das neue Display werde ich natürlich schon im iPad Pro testen – falls ich es Kollegin Michelle Brändle jemals entreissen kann.

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Titelbild: Screenshot Apple-Keynote

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Mein Fingerabdruck verändert sich regelmässig so stark, dass mein MacBook ihn nicht mehr erkennt. Der Grund: Wenn ich nicht gerade vor einem Bildschirm oder hinter einer Kamera hänge, dann an meinen Fingerspitzen in einer Felswand.


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