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Streit um Spielzeugwaffen: Entspannt bleiben und Haltung zeigen
Ob zur Fasnachtszeit, in der Nerf-Phase oder beim Lasertag-Event – irgendwann bekommt fast jedes Kind eine Spielzeugwaffe in die Hand. Anfangs hatte ich Probleme damit, mittlerweile sehe ich das Thema relativ locker.
Denke ich an Fasnacht in der Kindheit, kommt mir zuerst eine kleine, schmutzig-silbrige Spielzeugpistole in den Sinn. Sie war relativ schwer, der Griff solide und der Lauf offen. Verglichen mit heutigen Cowboy-Revolvern sah sie ziemlich bedrohlich aus. Die sind meist aus Plastik und der Lauf ist gut sichtbar mit einem roten Pfropfen verschlossen.
Was vorne passierte, war mir früher allerdings ziemlich egal. Denn hinten liessen sich Zündplättchen einspannen und mit etwas Glück am Abzug zum Knallen bringen. Der Lärm, die fliegenden Funken und die kleinen, schwefligen Rauchschwaden in der Luft haben sich ins Gedächtnis eingebrannt. Ebenso wie Eltern, die dieses faszinierende Ding für ein schlechtes Spielzeug hielten.
Warum das so war, konnte ich nicht nachvollziehen. In meiner Gedankenwelt ging es weder um Leben und Tod noch um Angst und Bedrohung. Nur um den Spass im Moment. Und um die Tatsache, dass ich als Kind dieses kleine Feuerwerk auslösen konnte.

Quelle: Wikimedia Commons/Harry20, CC BY-SA 3.0
Vermutlich wurden wir getadelt, wenn wir mal aufeinander zielten. Und falls wir es taten, dann war das für uns nur eine Art Fangis aus der Ferne. «Ich hab’ dich!» – «Nein, ich hatte dich zuerst!» Unschuldige Zeiten. Weit weg, als ich ein paar Jahrzehnte später mein eigenes Kind das erste Mal mit einer Spielzeugwaffe hantieren sah. Genauso begeistert, genauso entrückt und erwartungsgemäss ohne einen Anflug von innerem Konflikt. Den hatte nur ich.
Die eigene Haltung finden
Am Anfang stand der Abwehrreflex. Ich wollte den Nachwuchs nicht in Rambo-Manier durch die Nachbarschaft rasen sehen, kein Munitionsdepot im Kinderzimmer anlegen und am liebsten für immer bei den Bauklötzen bleiben.
Natürlich waren all diese Gedanken heillos übertrieben. Aber das Waffenthema wird im Kopf sofort gross, weil bei Erwachsenen so viel mitschwingt. Es markiert ein wenig den Anfang vom Ende der Unschuld. Dafür kann das Kind nichts, muss aber sofort mit der Irritation umgehen, dass Mami und Papi dieses tolle neue Spielzeug offensichtlich schlecht finden. Dabei hatte ich nur noch nicht meine Haltung dazu gefunden. Was mache ich aus meinen Erinnerungen? Aus dem Spass, den ich selbst als Kind hatte? Was ist okay und wo ist für mich die Grenze des guten Geschmacks überschritten?
Sobald ich darüber nachdenke, wird mir bewusst, dass meine Gedankenwelt zu diesem Thema alles andere als konsequent ist. Warum sehe ich Wasserpistolen als komplett harmlosen Sommerspass, aber bei Nerf-Guns kommen ungute Gefühle auf? Wie kann ich als Super Mario mit Feuerkugeln auf Schildkröten schiessen, aber die Paintball-Farbschlacht bei Splatoon 3 kritisieren? Wo liegt der Unterschied? Und womit habe ich ein Problem, obwohl die Spielzeugwaffen heute meist sehr viel unrealistischer aussehen und längst nicht mehr so laut sind wie früher? Schwer zu erklären, aber es hilft nichts: Die zwiespältigen Gefühle müssen besprochen werden.
Entwaffnend ehrlich sein
Ich halte nichts von kategorischen Verboten. Was fasziniert, findet früher oder später sowieso den Weg in Kinderhände. Und dann ist es besser, wenn sie zumindest ein bisschen moralisches Rüstzeug mit im Gepäck haben. Grundsätzlich meine ich zwei Dinge an meinem Verhalten beobachtet zu haben. Meine Reaktion fällt ablehnender aus, je mehr ein Spielzeug an echte Waffen erinnert. Und ehrlicherweise auch dann, wenn es zu neu ist, als dass ich selbst positive Erinnerungen damit verknüpfen könnte.
Der erste Punkt ist nachvollziehbar, der zweite darf kein Argument sein. Dass Waffen bedrohlich aussehen und im echten Leben für Leid sorgen, kann ein Kind relativ früh verstehen. Und damit ist auch schon etwas gewonnen. Genauso wie wenn ich Verständnis dafür äussere, dass das Spielen damit Spass macht. So ein Geständnis und Interesse am Thema sorgen dafür, dass die Fronten sich nicht unnötig verhärten. Das ist wichtig, denn nur dann lässt sich gemeinsam eine Lösung finden.
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Quelle: Shutterstock
Die erste hitzige Diskussion gab es in der Frage: Nerf – ja oder nein? Sobald einige Klassengspändli zu den Plastikwaffen griffen, war das Thema heiss, die Gun hoch im Kurs und die Haltung gegenüber dem Nachwuchs schlussendlich: Weder Samichlaus noch Osterhase werden zum Waffenlieferanten. Wenn du so ein Teil unbedingt willst, musst du es dir von deinem eigenen Geld kaufen. So kam es dann auch und ich habe anschliessend versucht, mir abfällige Kommentare und den erhobenen Zeigefinger zu verkneifen. Ich hatte ihn sogar regelmässig am Abzug und habe mitgespielt.
Grenzen setzen und begleiten
Selbst mitzumischen hat den Vorteil, regulierend eingreifen zu können, denn natürlich ist so ein Schiessspiel immer kurz davor, auszuarten. Also muss klar sein, wo die Grenzen sind. Dass dies ein Duell ist, in dem es fair zugehen und klare Regeln gelten sollen. Dass zum Beispiel nur auf Mitspielende gezielt und nicht aus kurzer Distanz geschossen wird. Wenn das nicht klappt, sind die Guns schneller weg, als die Begeisterung dafür von selbst vergeht.
Seit ein paar Jahren verstauben die Nerfs in irgendeiner Schublade. Dafür verlagern sich die Fragen von Krieg und Frieden vermehrt ins Digitale. Wenn auf dem Pausenplatz nicht mehr über Pokémon, sondern über Headshots geraunt wird, verschiebt sich die Sichtweise und kaum eine Familie kann ihre grundpazifistische Linie durchhalten. Dabei bekommt alles, was mit körperlicher Aktivität verbunden ist, direkt einen positiven Touch.

Quelle: Shutterstock
Wer früher noch Nerf-Gegner war, hat heute längst die weisse Flagge gehisst und schickt sein Kind natürlich mit, wenn die fünfte Einladung zum Lasertag-Geburtstag ins Haus flattert. Dort wird bei LED-Licht in Teams mit martialisch aussehenden Gewehren aufeinander geballert – und anschliessend in bester Stimmung gemeinsam Kuchen gegessen. Ganz friedlich. Mit ein wenig Begleitung und klaren Grenzen finden die Kinder meiner Meinung nach einen gesunden Umgang mit Spielzeugwaffen – egal ob analog oder digital.
Spielzeugwaffen
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Einfacher Schreiber, zweifacher Papi. Ist gerne in Bewegung, hangelt sich durch den Familienalltag, jongliert mit mehreren Bällen und lässt ab und zu etwas fallen. Einen Ball. Oder eine Bemerkung. Oder beides.