«Star Wars Jedi: Fallen Order» ist nicht nur ein geniales Spiel, sondern überzeugt auch als Film
«Jedi: Fallen Order» ist endlich wieder ein waschechtes «Star Wars»-Spiel. Mit echter Kampagne, epischen Momenten und einem Kampfsystem, das eines Jedis würdig ist.
Als sich EA vor sechs Jahren die Exklusivrechte für «Star Wars»-Spiele von Disney krallte, kam das bei Gamern nicht gut an. Tod der Kreativität, vollgas in die Franchise-Ausschlachtungshölle. Ich persönlich blieb optimistisch. Mit viel Geld lässt sich ja auch viel Gutes machen. Und mit Studios wie Dice oder Bioware hatte EA keine schlechten Karten. Die Kritiker sollten aber recht behalten: Statt erstklassige Blockbuster Games erhielten wir generischen Mobile-Abklatsch und «Star Wars: Battlefront».
Aber es gibt doch noch Wunder. Mit Respawn hat EA das richtige Studio mit der Arbeit an einem neuen Singleplayer-«Star Wars»-Game beauftragt. «Titanfall 2» war der perfekte Beweis dafür, dass sie Kampagnen beherrschen, die auf Augenhöhe mit «Half-Life 2» sind. So braucht auch «Jedi Fallen Order» keine Aufwärmzeit. Das Intro gehört zu den besten, die ich je gespielt habe. Danach geht es im gleichen Tempo weiter.
Wie im Film
Du spielst Cal Kestis – einen Star Warsigeren Namen hätten sie nicht auswählen können –, einen einstigen Padawan, der sich auf der Flucht vor dem Imperium befindet. Das Spiel ist wenige Jahre nach «Star Wars Episode III» angesiedelt. Das Imperium hat die Jedis beinahe ausgerottet. Cal versucht deshalb an eine versteckte Liste mit verbliebenen Macht-sensiblen Menschen in der Galaxie zu kommen. Nur so kann der Jedi Orden gerettet werden. Dazu reist du auf verschiedene Planeten und erlebst epische Abenteuer, die den Filmen in keinster Weise nachstehen. Das Spiel bietet sehr viel Abwechslung. Mal flüchtest du ohne Laserschwert von einem Gefängnisplaneten, ein anderes Mal enterst du einen riesigen AT-AT und wieder ein anderes mal kämpfst du auf einem gigantischen Baum gegen einen Imperium-Inquisitor.
Die eindrücklichen Momente werden durch die detailreiche Grafik ermöglicht und besonders die Bildkomposition. Wenn du mit deinem Raumschiff auf einem blutroten Planeten landest, mit tiefen Kratern und spitzen Felsen und hinter dem Raumschiff schimmert durch den staubigen Dunst ein weiterer Planet am Himmel, dann kriegst du Gänsehaut. Und das Spiel ist voll mit solchen Szenen. Das du nach einer Mission oft ohne Ladebildschirm ins Raumschiff steigst, mit deiner Crew über die nächste Destination diskutierst und danach vom Cockpit aus zuschaust, wie du abhebst und zur nächsten Welt fliegst, hilft enorm eine lebendige Welt zu schaffen. Das Leveldesign ist schlichtweg genial. Nur die etwas umständliche dreidimensionale Übersichtskarte ist etwas gewöhnungsbedürftig.
Mindestens so eindrücklich wie die Grafik ist das kolossale Sounddesign. Mal ruhig mal kraftvoll unterstreicht es die Action auf dem Bild perfekt. So viel «Star Wars» habe ich schon lange nicht mehr gespürt.
Und «Fallen Order» hat noch etwas typisch Star Warsiges: BD-1. Dein kleiner, knuffiger Begleit-Droide schafft es mit seinen tapsigen Bewegungen und seinem Gepiepse eine echte Persönlichkeit zu entwickeln. Ich würde sogar sagen, er ist mir mehr ans Herz gewachsen als R2-D2 oder BB-8. Du kannst ihm sogar einen neuen Anstrich verpassen. Im Verlauf des Spiels findest du neue Designs für BD oder dein Raumschiff. Für Cal gibt es bunte Ponchos. Das Highlight sind aber die Lichtschwert-Anpassungen. Auch wenn du es beim Spielen kaum siehst, reicht mir der Blick auf der Werkbank, wenn ich Griff, Sockel, Muster und Lichtschwertfarbe verändern kann.
Jack of all Trades Master of Star Wars
«Jedi: Fallen Order» ist ein typisches Action-Rollenspiel. Du springst und kletterst durch phantasievolle Welten, vermöbelst mit deinem Laserschwert haufenweise Stormtroopers und sonderbare Aliens und sammelst Erfahrungspunkte. Damit schaltest du neue Skills frei, wie Gegner durch die Luft schleudern, Lichtschwert werfen und so weiter. Ebenfalls bekannt ist das Prinzip, dass Cal gewisse Fähigkeiten wie den Doppelsprung erst lernt, wenn er sich plötzlich an Lektionen seines Jedi-Meisters erinnert.
Respawn hat sich generell stark von anderen Spielen inspirieren lassen. Im «Kinda Funny Gamescast»-Podcast hat es jemand perfekt ausgedrückt. «Fallen Order» ist Jack of all Trades Master of Star Wars. Grob übersetzt heisst das: Überall gut, perfekt in Star Wars. Du findest unverkennbare Elemente aus «Uncharted», «Tomb Raider», «God of War» oder «Sekiro». In keiner Kategorie ist «Fallen Order» so perfekt wie die Vorlage. Gerade die Steuerung beim Klettern und insbesondere beim Kampf, wo du gezielt und bewusst angreifen, blocken und ausweichen musst, ist nicht so präzise wie in «Sekiro». Wusste ich in «Sekiro» immer, warum mich ein Gegner erwischt hat, fehlt mir dieses präzise Treffer-Feedback in «Fallen Order». Das nervt teilweise, trotzdem fühlt sich das Kampfsystem angenehm wuchtig an. Dank immer neuen Macht-Tricks gestaltet sich der Kampf äusserst abwechslungsreich und spektakulär. Das Zurückschleudern von Blaser-Schüssen ist mein persönliches Highlight.
Obwohl es andere Spiele nicht fehlerfrei imitiert, entsteht aus der Summe die perfekte Symbiose aus Action, Story und Entdeckungsgeist. Cal ist vielleicht nicht der charismatischste Charakter, dennoch brilliert «Fallen Order» beim «Star Wars»-Gefühl. Von den geheimnisvollen Planeten, über die kurrligen Kreaturen und Charaktere bis hin zu epischen Action-Szenen fühlst du dich von der ersten Sekunden bis zum Schluss wie in einem (guten) «Star Wars»-Film. Nur, dass du dabei das Laserschwert führen darfst.
«Star Wars Jedi: Fallen Order» wurde uns von EA zur Verfügung gestellt und ist erhältlich für PC, PS4 und Xbox One.
Als Kind durfte ich keine Konsolen haben. Erst mit dem 486er-Familien-PC eröffnete sich mir die magische Welt der Games. Entsprechend stark überkompensiere ich heute. Nur der Mangel an Zeit und Geld hält mich davon ab, jedes Spiel auszuprobieren, das es gibt und mein Regal mit seltenen Retro-Konsolen zu schmücken.