Produkttest

Sony Theatre U im Test: Kann dieser Schulterlautsprecher wirklich Surround-Sound?

Luca Fontana
21.2.2025

Sony will mit dem Theatre U Surround-Sound neu erfinden – direkt auf deinen Schultern. Kein Kopfhörer, keine Soundbar, nur du und deine eigene «Sound Bubble». Ob das wirklich funktioniert oder nur ein cleveres Marketingversprechen ist, zeigt der Test.

Es gibt Lautsprecher. Es gibt Kopfhörer. Und dann gibt es Geräte, die irgendwo dazwischen landen – oder zumindest versuchen, eine eigene Kategorie zu erfinden.

Der Sony Theatre U gehört genau in diese letzte Gruppe. Ein Lautsprecher, den du nicht hinstellt, sondern dir auf die Schultern legst. Der Surround-Sound bieten soll, ohne dass der ganze Raum mit Boxen vollgestopft wird. Und der sich als Alternative zu unbequemen Kopfhörern positioniert, dabei aber trotzdem nah am Ohr bleibt.

Die Idee klingt futuristisch. Fast zu schön, um wahr zu sein. Doch wie genau funktioniert das in der Praxis?

Theatre U: Der Schulterlautsprecher im Detail

Auf den ersten Blick sieht der Sony Theatre U aus wie eine Mischung aus einem überdimensionalen Bluetooth-Kopfhörer und einem Sci-Fi-Nackenkissen. Zwei längliche Lautsprecherarme schmiegen sich um die Schultern, verbunden durch eine flexible, leicht gebogene Brücke. Die kann ich nach Wunsch selbst noch etwas zurechtbiegen, damit die Lautsprecher enger um meinen Hals sitzen. Das Ganze ist dann mit einem matten Stoff überzogen, der nicht nur hochwertig aussieht, sondern sich auch angenehm anfühlt.

Es gibt sie also doch noch, überraschende Gadgets wie den Sony Theatre U.
Es gibt sie also doch noch, überraschende Gadgets wie den Sony Theatre U.
Quelle: Aline Piazza

Mit 268 Gramm ist der Theatre U leicht genug, um nicht störend aufzuliegen, aber schwer genug, um sich wertig anzufühlen – keine klapprige Plastik-Nummer. Und Sony setzt auf Understatement: Keine aufdringlichen LED-Spielereien, kein auffälliges Branding, nur ein dezentes Sony-Logo auf der Seite. Ein Gerät halt, das sich ins Setup einfügen will, statt sich aufzudrängen.

Die Steuerung ist ebenso minimalistisch: Seitlich gibt’s ein paar taktile Tasten für Lautstärke, Pause und Mikrofon-Mute. Die lassen sich auch blind gut ertasten. Keine Touch-Spielereien, keine unnötige Komplexität – gut so.

Wenige Tasten, simple Funktionen: So mag ich das.
Wenige Tasten, simple Funktionen: So mag ich das.
Quelle: Aline Piazza

Den Theatre U verbinde ich via Bluetooth mit dem Fernseher, Computer oder Smartphone. Dank Multipoint Connection kann der Schulterlautsprecher mit bis zu zwei Geräten gleichzeitig verbunden sein. Zum Beispiel, wenn ich während des TV-Guckens auch Anrufe auf dem Smartphone mit dem Theatre U entgegennehmen will. Apropos: Die Batterielaufzeit beträgt zwölf Stunden. Dank Fast-Charge-Funktion gibt’s eine Stunde Laufzeit pro zehn Minuten Ladezeit.

Jetzt aber zum Sound – und Sonys ominöser «Sound Bubble».

Was genau ist diese «Bubble»?

Fürs beste Audio-Ergebnis habe ich – ganz nach Sony-Empfehlung – zuerst meine Ohren mit dem 360 Spatial Sound Personalizer aus dem Playstore oder App Store fotografiert und von der App analysieren lassen. So soll ein perfekt auf meine Ohrmuscheln abgestimmtes Audioprofil erstellt werden, das mir den bestmöglichen Sound verspricht.

Der soll laut Sony was ganz Spezielles bieten. Auf seiner Produktseite zeigt der japanische Hersteller immer wieder Bilder von Menschen, die sich in einer «Sound Bubble» befinden – einer Art unsichtbaren Klangkuppel, die den Sound über zwei versteckte Breitband-Lautsprecher direkt zu meinen Ohren schickt. Auf den Bildern wird suggeriert, dass dies so gut funktioniert, dass Personen rundherum nichts oder wenigstens kaum etwas hören. Angeblich sollen sie sogar friedlich daneben schlafen können.

Und ja – für mich soll der Sound währenddessen trotzdem so klingen, als sässe ich im Kino.

Das muss eine sensationelle Landung sein, die er da in Gedanken sinnierend beobachtet, während eine Frau im Vordergrund seelenruhig schläft.
Das muss eine sensationelle Landung sein, die er da in Gedanken sinnierend beobachtet, während eine Frau im Vordergrund seelenruhig schläft.
Quelle: Sony

Das kommt mir bekannt vor: Hersteller reden ständig von grossartigem, raumfüllendem Sound, das ohne zusätzliche Lautsprecher im Raum auskommt. Dies dank ausgeklügelten 3D-Soundeffekten. Dafür muss der Ton aber digital manipuliert werden. Sprich: Komplizierte Berechnungen und Algorithmen sollen dafür sorgen, dass du einen Ton hinter oder über dir hörst, obwohl da gar keine Lautsprecher sind – die einzige Tonquelle bleibt in diesem Fall der Schulterlautsprecher.

Mathematik für deine Ohren, sozusagen. Ob das so wirklich funktioniert?

Klangqualität: Zwischen «Wow» und «Naja»

Die Antwort: Jein. Die Bubble ist nicht wirklich eine Bubble, sondern eher eine Wolke – sie begrenzt den Sound nicht so stark, wie Sony uns glauben lassen möchte. Bei Musik hört jede und jeder in der Umgebung mit, und auch beim Fernsehen bleibt der Sound für andere wahrnehmbar, wenn auch deutlich leiser. Dass jemand also neben dir schläft, während du eine Actionszene mit Explosionen schaust? Möglich, aber nur, wenn die Person einen sehr tiefen Schlaf hat.

Umgekehrt funktioniert der «Bubble-Effekt», also das Gefühl, in einer eigenen Klangwelt zu sein, deutlich besser. Streich das. Der Sound klingt sogar beeindruckend voll und erstaunlich detailreich mit überraschend gutem Bass. Sony rühmt sich damit, dass der Theatre U dank 360 Reality Audio und 360 Spatial Sound Formate wie Dolby Atmos abspielt und auch Stereo-Sound auf mehrere Kanäle hochrechnet.

Dank 360 Reality Audio und Spatial Sound sollst du das Gefühl haben, inmitten eines Orchesters zu sitzen.
Dank 360 Reality Audio und Spatial Sound sollst du das Gefühl haben, inmitten eines Orchesters zu sitzen.
Quelle: Sony

Das mag so stimmen, und hört sich ja auch wirklich gut an. Aber eine physische Home-Cinema-Anlage, in meinem Fall eine Sonos Arc samt Subwoofer (Sonos Sub 4) und zwei Surround-Lautsprechern (Sonos Era 300), rationalisiert der Theatre U trotzdem nicht weg. Digitale Tonmanipulation bleibt eben genau das: eine Manipulation.

Bei einer richtigen Anlage spüre ich zum Beispiel, wie Explosionen den Raum durchdröhnen, Stimmen direkt aus der Mitte kommen und mich Umgebungsgeräusche wirklich umhüllen. Beim Theatre U hingegen klingt es oft so, als würde ein cleverer Algorithmus versuchen, mich auszutricksen – und das gelingt ihm zwar oft erstaunlich gut, aber eben nicht immer.

Musik war für Menschen um mich herum sehr gut hörbar. TV-Sound hingegen deutlich weniger.
Musik war für Menschen um mich herum sehr gut hörbar. TV-Sound hingegen deutlich weniger.
Quelle: Aline Piazza

Wer sich hingegen keine ähnliche Anlage leisten kann oder will und bisher nur über die am Fernsehen eingebauten Lautsprecher ferngeschaut hat, dürfte mit einem Theatre U durchaus eine viel günstigere Alternative finden, die sich trotzdem erstaunlich raumfüllend anhört. Alle, die den Theatre U im Büro getestet haben – mich eingeschlossen –, begannen unbewusst, selbst lauter zu sprechen. Ein bisschen so, als ob man sich im Club befände und mit anderen reden wollte – so gut funktionierte die Illusion von Sound im Raum.

Der Sony-Haken: Abhängigkeit vom Bravia-TV

Jetzt zum potenziellen Deal-Braker: Viele der beworbenen Features funktionieren nur mit gewissen Sony Bravia-TVs aus dem Jahr 2024 (Bravia 9, Bravia 8 und Bravia 7) und dem QD-OLED-Fernseher A95L aus dem Jahr 2023. Das liegt anscheinend daran, dass nur diese Fernseher die Hardware für die nötige Bluetooth-Version haben. Andere Bluetooth-Versionen hätten nicht die nötige Bandbreite, wird mir seitens Sony erklärt.

Das bedeutet nicht, dass sich der Theatre U nicht mit anderen TVs oder Marken koppeln liesse – das funktioniert problemlos. Was nicht geht, ist Folgendes:

  • Dolby Atmos (es wird stattdessen nur Stereo abgespielt)
  • Sound aus Schulter- und TV-Lautsprecher gleichzeitig (TV-Lautsprecher werden automatisch gemutet)
  • Mehr als ein Theatre U gleichzeitig mit dem TV koppeln (bei Bravia-TVs sind’s immerhin zwei Theatre Us gleichzeitig)

Sony meint zwar, dass auch Stereo-Sound digital manipuliert und vom Theatre U hochgerechnet würde. Aber bei meinem Test mit einem Philips-OLED-Fernseher konnte ich den Unterschied zu «echtem» Dolby Atmos schon heraushören.

Einen Workaround gibt es aber: Mit dem WLA-NS7-Adapter, der über USB-C mit Strom und über ein optisches Kabel mit dem Fernseher verbunden wird, soll es immerhin möglich sein, Sound auch bei anderen Herstellern gleichzeitig über TV-Lautsprecher und einen Theatre U abzuspielen. Dafür wird der Theatre U nicht mit dem Fernseher, sondern eben mit dem Adapter gekoppelt. Wegen der Bandbreite des optischen Kabels bleibt der Sound aber Stereo.

Nun ja … klingt machbar. Aber auch ein bisschen so, als würde man AirPods mit einem Android-Gerät verbinden: Es geht, ist aber scheisse.

Fazit

Cooler Sound, aber nur mit Bravia-TV wirklich komplett

Der Sony Theatre U ist eine faszinierende Idee: Ein Lautsprecher, der auf den Schultern sitzt, Surround-Sound verspricht und vielseitig einsetzbar ist – ob beim Fernsehen, Zocken oder Telefonieren. Der Tragekomfort überzeugt, und der Klang ist tatsächlich überraschend voll, detailreich und räumlich.

Aber: Die sogenannte «Sound Bubble» ist nicht so isoliert, wie Sony in seiner Werbung suggeriert, und viele der coolsten Features, zum Beispiel Dolby Atmos, gibt’s nur in Kombination mit aktuellen Bravia-TVs. Wer keinen Sony-Fernseher besitzt, muss mit Stereo-Sound leben und kann nicht einmal gleichzeitig den TV-Lautsprecher nutzen. Ausser, man greift zum NS7-Adapter. Dann gibt’s aber nur Stereo-Sound auf den Theatre U.

Für wen ist das Gerät denn nun? Für alle, die eine kompakte, vielseitige und günstige Alternative zu einer Soundbar suchen – besonders, wenn sie schon einen Bravia-TV haben. Einen Stern Abzug gibt’s trotzdem dafür, dass sich das Ganze ohne Sony-Hardware ein wenig halbfertig anfühlt.

Pro

  • überraschend guter, räumlicher Sound
  • bequem zu tragen, auch über längere Zeit
  • vielseitig: TV, Musik, Telefonate, Gaming

Contra

  • viele Features nur mit aktuellen Sony-Bravia-TVs
  • keine echte «Sound Bubble» – Umgebung hört mit
  • ohne Bravia-TV nur Stereo und eingeschränkte Funktionen

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