Sennheiser Accentum: Viel Kopfhörer fürs Geld
Produkttest

Sennheiser Accentum: Viel Kopfhörer fürs Geld

Florian Bodoky
16.11.2023

Die neuen «Accentum»-Kopfhörer von Sennheiser ersetzt die HD-Familie in gewissen Bereichen. Mit dem Erstling will Sennheiser preisbewusste Hörer und Hörerinnen ansprechen, die trotzdem gewisse Ansprüche an die Soundqualität haben. Das gelingt fast auf ganzer Linie.

Sennheiser deckte bis anhin mit der Momentum-Serie die High-End-Bedürfnisse ab. Die HD-Reihe erstreckte sich vom gehobenem Anspruch, aber geringerem Budget bis zum Audiophilen Bereich. Zukünftig soll die HD-Reihe nur noch für die Hi-Fi-Kopfhörer bestehen bleiben.

Sennheiser Accentum Wireless (ANC, 50 h, Kabellos)
EUR125,78

Sennheiser Accentum Wireless

ANC, 50 h, Kabellos

Sennheiser Accentum Wireless (ANC, 50 h, Kabellos)
Kopfhörer
EUR125,78

Sennheiser Accentum Wireless

ANC, 50 h, Kabellos

Dieser wird nun von den «Accentum»-Hörern beerbt, welche Ende September vorgestellt wurden. Hohe Akkulaufzeit, aktive Geräuschunterdrückung, guter Sound, günstiger Preis. So die Idee.

Das Äussere: leicht, dezent, stabil

Die neuen Mittelklasse-Over-Ears gibt’s in schwarz oder weiss und sind betont unauffällig. Ich muss lange suchen, bis ich das unvermeidbare Branding finde – am unteren Ende des rechten Bügels. Die Ohrmuscheln bestehen aus stabilem, verwindungsfestem Kunststoff.

Auf der Innenseite sind Polster aus Kunstleder angebracht, was für ein sehr weiches, angenehmes Tragegefühl sorgt. Auch nach mehreren Stunden spüre ich keinen unangenehmen Druck, was daran liegt, dass Sennheiser seinem Accentum fast zwei Zentimeter Polsterung spendiert.

Zudem wiegen die Hörer nur etwa 200 Gramm. Zeitweilig vergesse ich gar, dass ich sie auf habe. Ein kleiner Hinweis an dieser Stelle: Die Unterseite des Bügels ist mit Silikon ummantelt. Längere Haare bleiben teilweise daran haften wegen des «Grips» – das kann etwas schmerzhaft sein.

Die Tasten haben einen angenehmen Druckpunkt und sind gut zu erreichen.
Die Tasten haben einen angenehmen Druckpunkt und sind gut zu erreichen.
Quelle: Florian Bodoky

An der rechten Hörmuschel findest du drei Tasten. Während die Tasten links und rechts für die Lautstärkekontrolle gedacht ist, kannst du mit der Mitteltaste alles andere steuern. Alles andere bedeutet konkret: Wiedergabe (einmal drücken), Song-Skipping (zweimal drücken), einen Song zurückspringen (dreimal drücken), Akku-Laufzeit ansagen lassen (Taste halten). Fürs Pairing und Power-on / Power-off gibt's eine Spezialtaste.

Praktisch: Diese ist mit einem deutlichen Abstand zu den andern Tasten angebracht – damit du sie im «Sound-Alltag» nicht versehentlich drückst. Daneben befindet sich noch ein USB-C-Port zum Laden der Kopfhörer. Einen Klinkenport suchst du vergebens. Dementsprechend liefert Sennheiser auch «nur» ein USB-C-Kabel mit. Eine Transporttasche oder «Luxus-Beigaben» wie Ersatz-Ohrpolster spart sich das Unternehmen, was bei dem Preis nicht weiter verwunderlich ist.

Die Beilagen sind eher spartanisch.
Die Beilagen sind eher spartanisch.
Quelle: Florian Bodoky

Mit den drehbaren Bügeln kannst du die Ohrmuscheln ganz nach aussen drehen – etwa, wenn du die Kopfhörer um den Hals trägst. Das wird wohl regelmässig passieren. Denn, leider kannst du die Bügel nicht falten. Für den Transport brauchst du also entweder eine separate Tasche (mitgeliefert wird keine), oder du behältst sie gleich um den Hals.

Konnektivität und Codecs: Mit dem «grossen Bruder» auf Augenhöhe

Hinter dem stoffbespannten und gebrandeten Inlay der Ohrmuscheln sind zwei 37 Millimeter breite Treiber am Werk. Diese decken einen Frequenzbereich von 10 Hertz bis 22 Kilohertz ab – Business as usual.

Verbunden werden die Kopfhörer über Bluetooth (5.2). Dafür kriegst du ordentlich viele Codecs. Die Accentum unterstützen AAC, SBC sowie AptX und AptX HD für höhere Bitraten. Auch an Multipoint hat Sennheiser gedacht: Du kannst zwei Geräte gleichzeitig pairen, sodass ein fliegender Wechsel möglich ist, beispielsweise zwischen deinem Smartphone und deinem Laptop.

Accentum in Praxi: Aufsetzen und los

Prinzipiell kannst du die Accentum einfach aufsetzen, über Bluetooth pairen und dann geht’s los. Sennheiser liefert allerdings auch eine eigene App mit. Die Sennheiser Control App für Android und iOS bietet einen Equalizer für das Musik-Finetuning. Falls dich das, wie mich, nicht so interessiert, kannst du dir die App sparen. Auch die weiteren Optionen bieten kaum Mehrwert: Die Funktion «Bass verstärken» ist insofern überflüssig, als dass der Bass ohnehin per Default schon sehr viel Präsenz hat. Aktivierst du die Option, geht das aus meiner Sicht zulasten der Detailtreue des Songs.

Die App bietet zwar einige Features, hat mich aber dennoch nicht überzeugt.
Die App bietet zwar einige Features, hat mich aber dennoch nicht überzeugt.
Quelle: Florian Bodoky

Auch der Sound-Check resultiert darin, dass er gefühlt gewisse Frequenzen herausfiltert, um das gewünschte Klangbild herzustellen. Überzeugt mich nicht – ich lösche die App und lasse den Kopfhörer wie er ist.

In meinem Sound-Test höre ich wie immer drei Stücke von ganz unterschiedlicher Natur.

  • Ein klassisches Stück, rein instrumental
  • Ein Popsong, der Gesang, Instrumente und elektronische Elemente verschmelzen lässt
  • Ein Rap-Song, bei dem die menschliche Stimme im Vordergrund steht.

«Klavierkonzert in a-Moll op. 54 (Klavier und Orchester)» von Robert Schumann

Ich starte mit einer recht anspruchsvollen Orchesteraufnahme. Bereits zum Start fällt mir auf, dass die Accentum die grosse Zahl verschiedener Instrumente gut ausbalanciert. Er fängt praktisch jede Nuance auf und gibt den Klang originalgetreu wieder. Dennoch kommt die Dramatik des Stücks gut zur Geltung und verfällt nicht in «Gedudel».

«You know I’m no good» von Amy Winehouse

«You know I’m no good» ist ein Stück mit einem natürlichen Klang ohne viele Effekte. Auch hier zeigt sich die präzise Audiosignatur. Das Schlagzeug erhält etwas mehr Wucht, klingt aber nie unnatürlich. Winehouse erhält eine angenehme Mischung aus Mitten und zusätzlichen Höhen, während die höheren Schlagzeugschläge hell und detailliert sind.

«Bling Bling» – Juju44

Der Accentum liefert bei diesem Rap-Track einen starken Bass – ungewohnt für die sonst so präzise Klangsignatur der Marke. Aber dennoch hörenswert. Die Tiefen im Hintergrund sind intensiv, bieten aber einen guten Kontrast zu der eher hohen Stimme der Künstlerin. Die Vocals bleiben trotz Bass klar und deutlich und werden nicht in den Hintergrund gedrängt.

Telefonieren mit dem Accentum: Zwei Mikrofone reichen – dank solidem Noise Cancelling

Ich telefoniere zweimal mit einem Festnetz-Anschluss. Sennheiser spendiert seinem Midrange-Hörer nur zwei Mikrofone. Das Gute: Der Accentum sitzt stramm am Kopf. Er dichtet gut ab und kann Störgeräusche von aussen gut abdämpfen – sowohl für den Träger als auch die Gesprächspartnerin. Im Freien leidet die Sprachverständlichkeit etwas. Auch hier werden Störgeräusche gut blockiert, allerdings klingt meine Stimme für das Gegenüber dünner und hört sich an, als wäre sie ein paar Meter weit entfernt.

Insgesamt geht das Telefonerlebnis in Ordnung – wenn Outdoor-Gespräche allerdings zum Alltag gehören, kannst du dich mal bei der Konkurrenz umschauen – etwa beim Sony WH-XB910N. Dieser bietet in anderen Bereichen zwar weniger, ist aber mit vier Mics für Calls besser geeignet. Preislich ist er in einem ähnlichen Bereich angesiedelt.

Bei der Geräuschunterdrückung macht der Accentum insgesamt einen guten Job. Vor allem bei tiefen Frequenzen filtert er gut, auch wenn es wirklich laute Geräusche sind – etwa im Bahnhof oder in einem belebten Restaurant. Hochfrequente Geräusche bereiten dem ANC hingegen mehr Mühe. So drangen beim Testlauf die quietschenden Bremsen eines Trams durch. Sonys WH1000 XM5 machen hier zum Beispiel einen gründlicheren Job, kosten aber auch das Doppelte.

Derweil werden Geräusche im Transparenzmodus durch die Aussenmikrofone etwas verstärkt. Meine Umgebung klang im Test lauter als in Wirklichkeit – auch Zischlaute waren etwas überbetont. Leider gibt es keine Möglichkeit, den Modus runterzupegeln.

Akku: Mehr brauchst du nicht

50 Stunden verspricht mir Sennheiser. Und das halten sie auch. Ich teste die Kopfhörer unter meinen Standardbedingungen. Das heisst konkret: Laut. Vor allem wenn ich Kopfhörer mit dem Smartphone benutze, bewegt sich die Anzeige meines iPhones immer im roten Bereich. Das ist fürs Gehör sicher nicht zu empfehlen. Allerdings ist es auch ein Indikator dafür, dass der Akku – der in meinem Test nach 51 Stunden und 33 Minuten den Dienst versagte – wohl eher noch etwas länger durchhält, wenn du nicht permanent aufs Maximum stellst. Zwar haben die «grossen» Sennheiser, die Momentum 4 Wireless, noch 10 Stunden mehr. Aber ehrlich: In diesen Sphären macht das keinen Unterschied mehr.

Fazit: Wohl etwas vom Besten, was du für diesen Preis bekommst

Ja, das ANC hatte gewisse Schwächen im Test. Wenn die Geräuschunterdrückung bei dir die höchste Priorität hat, solltest du dich anderweitig umschauen. Aber Spoiler: Dann wirst du auch mehr Geld ausgeben müssen. Für den Preis findet man kaum besseres ANC in einem Over-Ear-Kopfhörer – wenn man überhaupt welches findet.

In Sachen Sound, Verarbeitung und Akkulaufzeit spielt der Sennheiser Accentum bei den grossen mit – ohne freilich das Budget in ähnlichem Ausmass zu belasten. Wenn du nach einem guten Preis-Leistungs-Deal Ausschau hältst, solltest du den Sennheiser Accentum unbedingt in Betracht ziehen. Denn der Spagat gelingt ausgezeichnet.

Titelbild: Florian Bodoky

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Seit ich herausgefunden habe, wie man bei der ISDN-Card beide Telefonkanäle für eine grössere Bandbreite aktivieren kann, bastle ich an digitalen Netzwerken herum. Seit ich sprechen kann, an analogen. Wahl-Winterthurer mit rotblauem Herzen.


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