

PowerShot Zoom: Die Fernrohr-Kamera im Test
Diese Kamera kann nichts ausser Teleaufnahmen und hat nicht einmal einen Bildschirm. Ich finde die Idee gar nicht so schlecht, aber die Umsetzung hätte besser sein können.
Kompaktkameras müssen etwas können, was eine durchschnittliche Smartphone-Kamera nicht kann. Im Fall der PowerShot Zoom ist klar, was das ist: Sie kann weit Entferntes nah heranholen. Es ist eine Art elektronisches Fernrohr im Taschenformat, mit dem du Fotos und Videos aufnehmen kannst.

Zwar gibt es schon länger Superzoom-Kameras im kompakten Gehäuse. Diese hier vom gleichen Hersteller hat ein 40-fach-Zoom und kommt auf eine Tele-Brennweite, die 960 mm im Kleinbildformat entspricht. Das ist mehr als die PowerShot Zoom. Die schafft optisch «nur» 400 mm, digital 800 mm.
Neu ist aber die Idee, eine Kamera ausschliesslich auf Teleaufnahmen zu trimmen. Die PowerShot Zoom kann nichts anderes. Auch sonst unterscheidet sich das Gerät von einer normalen Kompaktkamera deutlich. Es hat keinen Bildschirm. Stattdessen wird es direkt vors Auge gehalten wie ein kleines Fernrohr. Dadurch unterscheidet sich ein grosser Teil der Bedienung von dem, was man sonst so kennt.
Einfache Aufnahme
Geräte, die nur etwas können, sind meistens einfacher zu bedienen. Die PowerShot Zoom hat nur fünf Tasten und ein Rädchen für die Dioptrienkorrektur. Daher sollte die Bedienung ziemlich einfach sein.
Über weite Strecken stimmt das auch. Beim Einschalten ist die Brennweite immer auf 100 mm eingestellt. Die Motive erscheinen im Sucher etwa gleich gross wie von blossem Auge, so dass eine grobe Orientierung leicht fällt. Mit einem Klick auf die Zoom-Taste wechselt die Kamera auf 400 mm, ein zweiter Klick auf die zweifache Digitalvergrösserung (800 mm). Ein weiterer Klick bringt die Kamera wieder zurück auf 100 mm.



Zwischenstufen wie 200 oder 300 mm sind nicht möglich. Dafür bist du beim Zoomen viel schneller als mit einer Kompaktkamera. Der Schritt von 100 auf 400 mm dauert keine Sekunde, der digitale Zoom schaltet sich verzögerungsfrei ein. Mit dieser Kamera finde ich mein Ziel schnell, selbst wenn es ein fliegender Vogel ist.
Spontane Schnappschüsse machen Spass. Das Ding ist superschnell einsatzbereit, erstens wegen der Grösse und zweitens weil keine Einstellungen vorgenommen werden müssen. Bei einer gewöhnlichen Kamera musst du jeweils einen Haufen Dinge kontrollieren oder neu einstellen: S-Modus mit kurzer Belichtungszeit, Autofokus, Serienaufnahme etc. Die getrennten Aufnahmetasten für Foto und Video der PowerShot Zoom sind ebenfalls ein Vorteil, wenn es schnell gehen muss.

Komplizierte Wiedergabe
Das Bedienkonzept hat aber auch seine Schattenseiten. Im Menü musst du die Tasten blind erfühlen, während du durch den Sucher schaust. Es gibt keine Richtungstasten, und du musst Tasten auf der Ober- und Unterseite drücken. Ich finde das ziemlich anstrengend.
Weil die Kamera so wenig physische Elemente hat, musst du ziemlich oft ins Menü. Die Idee der Kamera ist zwar, dass sie weitgehend vollautomatisch funktioniert. Aber falls ich doch mal etwas von Hand einstellen will, etwa die Belichtungskorrektur, muss ich das im Menü machen.
Ein grosser Mangel in diesem Zusammenhang: Die Kamera hat keine Wiedergabetaste. Um die Aufnahmen anzuschauen, muss ich ins Menü und dort den Punkt «Wiedergabe» anwählen.
Als Alternative kann ich die Aufnahmen auch auf dem Smartphone anschauen – schliesslich gibt es die App «Canon Camera Connect», die eine Verbindung zwischen Kamera und Handy herstellt. Bei dem kleinen Sucher ist das sicherlich eine interessante Option. Nur: Diese Verbindung herzustellen, ist sogar noch umständlicher als die Wiedergabe im Menü zu aktivieren.
Übrigens hat die Kamera auch keinen HDMI-Anschluss, so dass diese Möglichkeit der Bildbetrachtung ebenfalls ausscheidet.
Die Bildqualität
Der Sensor der PowerShot Zoom ist nur 1/3 Zoll klein. Das ist ein Nachteil bei schlechtem Licht und starken Helligkeitsunterschieden. Ein kleiner Sensor ist leider nötig, wenn das Gehäuse eines so starken Teles so klein sein soll.
Selbst unter guten Lichtbedingungen liefert die Kamera keine hochauflösenden Bilder. Für Instagram und Whatsapp reicht es, aber sicher nicht für ein Poster oder für den 4K-Fernseher. Hier ein Ausschnitt aus dem obigen Entenbild, damit du die Qualität vergrössert anschauen kannst. Aufgenommen wurde es mit 250 ISO.

Möglicherweise ist auch das Objektiv nicht besonders scharf. Jedenfalls liegt die reale Auflösung unter der nominellen Auflösung von 12 Megapixeln, bei schlechtem Licht natürlich umso mehr. Hier ein Foto mit 2500 ISO. Vergrössert will ich dir das gar nicht zumuten.

Digitales Zoomen bringt keinen Vorteil bei der Aufnahme. Die nominelle Auflösung von 12 Megapixeln ist hier natürlich erst recht nicht gegeben. Benutzt du die PowerShot einfach nur zur Beobachtung, also als elektronisches Fernrohr, ist das Digitalzoom durchaus nützlich. Da siehst du weit entfernte Motive einfach besser.
Sonstiges
Die Soundqualität ist okay. Beide Mikrofone zeigen nach vorne, was in diesem Fall das einzig Richtige ist. In leiser Umgebung ist auf den Videos allerdings das Rattern des Bildstabilisators zu hören. Und das Zoomgeräusch ist sehr deutlich hörbar – doch in der Regel zoomst du während einer Aufnahme nicht.
Beim Autofokus kannst du – natürlich im Menü – zwischen kontinuierlichem AF und Einzel-AF wählen. Der kontinuierliche Autofokus beinhaltet eine Motiverkennung. Das Fokusfeld ist immer in der Mitte, es lässt sich nicht verschieben. Der Autofokus reagiert nicht besonders schnell, wie das untenstehende Video zeigt. Dies erklärt auch, warum bei einer Serienbildaufnahme der Autofokus nur einmal scharf stellt. Er kann sich während der Serie nicht anpassen.
Nahaufnahmen sind nicht möglich. Die kürzeste fokussierbare Distanz liegt bei einem Meter mit 100 mm Brennweite und bei 4,5 Metern mit 400 mm.
Es wird kein Ladegerät mitgeliefert, sondern nur ein USB-Kabel. Das wäre ja kein Problem, aber ich schaffte es nicht, die Kamera mit einem meiner sonstigen Ladegeräte aufzuladen. Das mitgelieferte Kabel hat an beiden Enden USB-C und passt somit nicht in meine normalen Ladegeräte. Und mit meinen sonstigen USB-Kabeln lädt die Kamera nicht. Das heisst, ich muss die Kamera in den USB-C-Anschluss meines Notebooks stecken und die Kamera mit dem Notebook laden.
Der Akku ist fix in der Kamera eingebaut. Er lässt sich zwar herausnehmen, dafür muss aber das Gerät auseinandergeschraubt werden. Daher kannst du unterwegs keinen Zweitakku mitnehmen.
Fazit: Klein, aber nicht sehr fein
Gegenüber einer herkömmlichen Superzoom-Kompaktkamera hat die PowerShot Zoom sowohl Vor- als auch Nachteile. Sie ist schnell einsatzbereit. Dank dem Sucher und dem schnellen Ein- und Auszoomen fängst du schnell bewegende Motive besser ein. Du kannst die Kamera stabiler halten, die Bilder verwackeln seltener. Doch die Bedienung ist für so ein simples Gerät erstaunlich schwierig; insbesondere vermisse ich eine Wiedergabetaste.
Wer Fotografie so richtig als Hobby betreibt, wird mit der Bildqualität nicht zufrieden sein. Für Schnappschüsse und als Ergänzung zum Smartphone hat die PowerShot Zoom ihre Berechtigung. Aber dafür ist sie wohl den meisten zu teuer. Mich stört vor allem, dass Canon bei dem Preis noch am Ladegerät spart und stattdessen ein Kabel mitliefert, das mit den meisten Ladegeräten gar nicht funktioniert.
18 Personen gefällt dieser Artikel


Durch Interesse an IT und Schreiben bin ich schon früh (2000) im Tech-Journalismus gelandet. Mich interessiert, wie man Technik benutzen kann, ohne selbst benutzt zu werden. Meine Freizeit ver(sch)wende ich am liebsten fürs Musikmachen, wo ich mässiges Talent mit übermässiger Begeisterung kompensiere.