Produkttest

Nanoq im Test: Sieht umwerfend aus, fühlt sich beim Bauen überfordernd an

Kevin Hofer
29.3.2025
Bilder: Kevin Hofer

Das Nanoq von Thor Zone ist eines der spannendsten Mini-ITX-Gehäuse der jüngsten Zeit. Obwohl du es bei uns nicht kaufen kannst, habe ich mir eines besorgt und es auf Herz und Nieren überprüft.

Das Nanoq war Liebe auf den ersten Blick: die aus einem Stück Aluminium gefertigte Aussenhülle. Die Möglichkeit, die Front mit Walnussholz zu verschönern. Die vermeintlich gute Bauerfahrung. Ich war hin und weg

Ende 2024 griff ich bei einer Vorbestellung zu und reservierte mir eines der edlen Stücke. Vier Monate später steht das Nanoq endlich bei mir. Schön finde ich es auch jetzt noch, aber der Weg bis alle Komponenten im Gehäuse waren, war steinig.

Geniales Konzept, das noch nicht perfekt ist

Der Aufbau des Nanoq ist simpel, aber genial: Im Innern befindet sich ein Gerippe, an das ich die PC-Komponenten befestige. Die Hülle stülpe ich, sobald alles seinen Platz gefunden hat, einfach darüber. Das funktioniert ganz gut, aber das Gerippe muss dafür millimetergenau in der Hülle liegen. Beim folgenden Video musste ich ein paar mal nachjustieren, bis es passte. Denn das Gewicht der Komponenten sorgt dafür, dass sich das Gerippe leicht verzieht und so nicht mehr im Auslieferungszustand ist.

Aber von Anfang an. Über einen Mechanismus an der Front öffne und schliesse ich das Gehäuse. Eines der Stilelemente lässt sich nach oben und unten bewegen und ist mit zwei Stiften auf der Rückseite verbunden, einer oben, einer unten. Diese verzahnen sich in einer Rille auf der Innenseite der Hülle, wenn ich das Stilelement nach oben bewege, und lösen sich, wenn ich es nach unten ziehe. Das sieht von aussen so aus:

Das Auswechseln der Stilelemente ist frustrierend. Ich habe die Originale mit jenen aus Walnuss-Holz ersetzt. Die äusseren haften magnetisch und sind schnell getauscht. Die inneren sind hingegen verschraubt. Bei jenem mit dem Mechanismus zum Öffnen und Schliessen muss ich zudem beidseitig Unterlegscheiben montieren, damit es sich gut bewegen lässt. Diese zu positionieren gestaltet sich schwierig, da sie immer wieder wegrutschen.

Hinzu kommt: Ich muss die Anpassungen an der Front machen, bevor ich die Komponenten verbaue. Später komme ich nicht mehr dazu, da sie mir im Weg sind. Hier hätten die Designer von Thor Zone einen einfacheren Weg finden dürfen.

Verwirrende Anleitung des modularen Gehäuses

Bin ich mit der Verschönerung fertig, kann ich mit dem Verbauen der Komponenten beginnen. Ich halte mich strikt an die Reihenfolge der Anleitung. Wobei ich gleich bei meinem nächsten Kritikpunkt bin: Die Darstellungen im Manual sind verwirrend. Häufig ist schwer nachvollziehbar, wie ich etwas anbringen soll. Hier ein Beispiel bei der Montage der Grafikkarte:

Die Darstellungen der Anleitung sind verwirrend.
Die Darstellungen der Anleitung sind verwirrend.

Die Darstellung links erschliesst sich mir erst, wenn ich die rechts studiere. Die Darstellungen sind aber nur ein Kritikpunkt an der Anleitung.

Ich verstehe auch nicht, warum sie nicht der Reihenfolge nach aufgebaut ist. So ist der Einbau der Grafikkarte chronologisch nach den kosmetischen Anpassungen an erster Stelle. Die GPU wird über ein Riser-Kabel angeschlossen. Wie sich herausstellt, muss ich dieses beim Mainboard einstecken, bevor ich die andere Seite des Kabels mit dem Gerippe verschraube – sonst ist es zu kurz und lässt sich nicht mehr mit dem Mainboard verbinden. Da ich aber nach der Reihenfolge der Anleitung gehe, habe ich das Mainboard noch nicht verbaut. Erst als ich später das Riser-Kabel verbinden will, merke ich, dass es zu kurz ist. Ich muss dann die Grafikkarte wieder ausbauen, damit ich das Kabel verbinden kann. Das ist nervig und unnötig.

Das Riser-Kabel, hier ums Mainboard herum geschlungen, ist kurz bemessen.
Das Riser-Kabel, hier ums Mainboard herum geschlungen, ist kurz bemessen.

Sonst sind die Komponenten schnell verbaut. Wie bei vielen Mini-ITX-Gehäusen handelt es sich beim Nanoq um eines mit Zwei-Kammern-System. Auf der einen Seite verbaue ich die Grafikkarte, auf der anderen das Mainboard und das Netzteil.

Dabei finden auch sehr grosse Grafikkarten wie eine Asus ROG Strix RTX 4090 im Gehäuse Platz. Da die aber sehr dick ist, darf der Kühler der CPU nicht sehr hoch sein, sonst lässt sich das Nanoq nicht mehr schliessen. Ich habe mich deshalb für eine RX 7900 XTX von Sapphire entschieden, die deutlich besser hereinpasst. So kann ich auf der Mainboardseite einen Arctic Liquid Freezer III 240 verbauen.

Damit dieser hereinpasst, lässt sich das «Rückgrat» des Gerippes verschieben. So nehme ich auf der Seite der GPU Platz weg, damit ich mehr Raum für den CPU-Kühler erhalte. Dazu löse ich vier Schrauben und schiebe das Rückgrat in die entsprechende Richtung. Das funktioniert gut und sogar wenn ich die Komponenten bereits verbaut habe – mit etwas probieren zumindest.

Durch Verschieben des «Rückgrats» des Gerippes mache ich Platz für einen höheren Lüfter.
Durch Verschieben des «Rückgrats» des Gerippes mache ich Platz für einen höheren Lüfter.

Kleine Schönheitsfehler…

Ich kann oben im Nanoq bis zu zwei 140 Millimeter grosse Lüfter verbauen – oder vorne ein 120 Millimeter grosses Modell. Dasselbe gilt für Radiatoren. Für meinen Arctic Liquid Freezer III 240 muss ich zuerst die Schienen, an denen ich ihn anbringe, näher zusammenrücken. Standardmässig sind sie für 280er Radiatoren eingestellt. Dazu löse ich vier Schrauben und bringe sie näher zusammen, so zumindest in der Theorie. Leider sind die unteren zwei Schrauben zu lang, ich kann sie nicht ganz festziehen und muss sie kürzen.

Das Gerippe vor und nach der Montage des Radiators.
Das Gerippe vor und nach der Montage des Radiators.

Das ist nicht der einzige Schönheitsfehler. Als ich das Netzteil montieren will, stelle ich fest, dass eines der Schraubenlöcher nicht komplett gestanzt ist. Ich kann das restliche Material zwar einfach herausdrücken, aber bei einem über 350 Euro teuren Gehäuse ist das nicht schön. Hier hätte ich mir eine strengere Qualitätskontrolle gewünscht. Zumal bei Unachtsamkeit meinerseits das überschüssige Teil ins Netzteil geraten und einen Kurzschluss hätte auslösen können.

Ein Loch wurde nicht ganz ausgestanzt. Zum Glück ist das überschüssige Metallteil nicht in meinem Netzteil gelandet.
Ein Loch wurde nicht ganz ausgestanzt. Zum Glück ist das überschüssige Metallteil nicht in meinem Netzteil gelandet.

… und ein riesiges Manko

Dem Nanoq fehlen Möglichkeiten zur Kabelführung. An den äusseren Schienen kann ich Kabel leider nicht befestigen, da ich sonst die Hülle nicht mehr passt. Aufgrund der fehlenden Möglichkeit sind mir dabei auch so die Kabel im Weg. Ich kann die Hülle nicht einfach elegant anlegen, sondern muss stets die Kabel hereindrücken.

Ich habe kurzzeitig einen Kabelbinder am Netzteil angebracht, mangels anderer Möglichkeiten.
Ich habe kurzzeitig einen Kabelbinder am Netzteil angebracht, mangels anderer Möglichkeiten.

Noch mühsamer ist das Ganze, wenn ich die Staubfilter montieren will. Sie haften mittels Magneten an der Innenseite der Hülle. Letztere muss ich übrigens selbst anbringen. Auch hier wieder: Für den Preis des Gehäuses hätte ich mehr Komfort erwartet. Das ist aber nicht das einzige Ärgernis daran. Wegen der Kabel verrutschen die Filter beim Überstülpen. Ich verzichte deshalb auf die meisten.

Die Metallplatten und Magnete für die Staubfilter muss ich selbst anbringen.
Die Metallplatten und Magnete für die Staubfilter muss ich selbst anbringen.

Fazit

Schönes Gehäuse, das bei der Bauerfahrung enttäuscht

Optisch finde ich das Nanoq mit Abstand das schönste Mini-ITX-Gehäuse, das mir bislang untergekommen ist. Mich überzeugt auch die Idee mit der Hülle, die sich über das Gerippe stülpen lässt und so für Komfort beim Verbauen der PC-Komponenten sorgen soll. Leider kann die Umsetzung dieses Konzepts nicht mit dem schönen Äusseren mithalten.

Das fängt bereits beim Überstülpen an: Sind die Komponenten verbaut, verzieht sich das Gerippe leicht und die Hülle lässt sich deshalb nicht mehr gut überziehen. Die Probleme gehen weiter bei der Anleitung, die nicht nur verwirrende Abbildungen enthält, sondern auch nicht chronologisch ist. Hinzu kommen kleinere Schönheitsfehler und am schlimmsten sind die fehlenden Möglichkeiten zur Kabelführung.

Ich kann dir das Gehäuse deshalb nur empfehlen, wenn du dich wie ich ins Design verliebt hast und dafür beim Bauen leiden willst. Sonst rechnet sich der hohe Preis nicht.

Pro

  • schönes Design
  • innovatives Konzept
  • grösstenteils hervorragende Qualität

Contra

  • kleinere Schönheitsfehler
  • keine Kabelführungen
  • schlechte Anleitung

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