Ein Gehäuse mit Ecken und vor allem Kanten: Kolink Rocket
Produkttest

Ein Gehäuse mit Ecken und vor allem Kanten: Kolink Rocket

Kevin Hofer
4.9.2020

Das Rocket von Kolink ist ein Dan-Cases-A4-Klon. Mit 9,6 Litern Volumen ist das Gehäuse äusserst kompakt und passt auf jeden Schreibtisch. Einzig die maximale CPU-Kühlerhöhe steht dem Gehäuse im Weg, High-End-Komponenten aufzunehmen.

Autsch – und schon blutet mein Finger. Ich rutsche bei der Montage des Mainboards ab und hole mir an den scharfen Kanten des Rockets eine Fleischwunde. Das weckt Erinnerungen an längst vergessene Zeiten, als ich damit angefangen habe PCs zu bauen. Dabei macht das Rocket äusserlich eine gute Falle.

Der gebürstete Aluminium-Look und die abgerundeten Front-Kanten lassen das Rocket schlicht wirken. Böse Zungen würden behaupten, es sieht aus wie das Dan Cases A4-SFX V4.1. Kolink hat sich beim Rocket definitiv davon inspirieren lassen. Dank dem Spalt vorne und oben auf den Seiten verleiht der Hersteller dem Gehäuse jedoch einen eigenen Twist. Mit 125×235×328 Millimetern (B×H×T) ist es auch etwas grösser als das Dan Cases A4-SFX V4.1, das nur 7,25 Liter Volumen fasst.

  • Masse: 125×235×328 Millimeter
  • Gewicht: 3,5 Kilogramm
  • Sandwich Bauweise mit einer Kammer fürs Mainboard und einer für die Grafikkarte
  • Unterstützte Motherboards: Mini-ITX (alle Sockel von AMD & Intel)
  • Unterstützt Dual-Slot-Gaming-Grafikkarten mit bis zu 310 Millimeter Länge
  • SFX- oder SFX-L-Netzteile und zwei 2,5-Zoll-Datenträger
  • Platz für CPU-Kühler mit 54 Millimetern maximaler Höhe
  • Zwei USB-A- 3.0-Frontanschlüsse

Ein erster Augenschein

Das Rocket wirkt auf den ersten Blick gut verarbeitet. Bei genauerem Betrachten fällt mir jedoch auf, dass die Kanten sehr scharf sind. Damit könntest du Brot schneiden.

Die Mesh-Seiten-Panele lassen sich mit je vier Schrauben entfernen. Staubfilter fehlen auf beiden Seiten. Sind die Seitenteile mal weg, befindet sich auf der linken Seite die Grafikkarten-Kammer und rechts die Mainboard-Kammer. In der Mainboard-Kammer ist der Platz sehr eng bemessen. Dein Lüfter darf also definitiv nicht übers Board hinausragen. Das Riser-Kabel, welches das Mainboard mit der Grafikkarte verbindet, wird unterhalb des Mainboards geführt. An der Oberseite befindet sich ein 80-Millimeter-Lüfter, welcher heisse Luft oben durch den Spalt aus dem Gehäuse befördert.

Das Netzteil befestige ich mit einer Halterung an der Oberseite vorne. Der Netzschalter des PSU ist dadurch nur noch schwer zugänglich im Inneren des Gehäuses. Ich muss also daran denken, ihn vor dem Zuschrauben des Gehäuses zu betätigen. Damit der Stromanschluss trotzdem hinten angebracht ist, führt Kolink im Gehäuse ein Stromkabel auf die Rückseite. Unterhalb des Netzteils lassen sich an einer weiteren Halterung zwei 2.5-Zoll-Laufwerke montieren.

Der Einbau

Für den Test verwende ich wie bei meinem Review des Osmi 3.1 den NH-L9a CPU-Kühler von Noctua. Kürzlich habe ich zwar den Big Shuriken 3 von Scythe zu meinem neuen Mini-ITX-CPU-Kühler gekürt, der passt mit seiner Höhe von 69 Millimetern aber leider nicht ins Gehäuse. Dafür passe ich dieses Mal die CPU entsprechend an und verbaue einen Ryzen 5 3600XT. Das sind die weiteren Komponenten:

ASUS ROG Strix X570-I Gaming (AM4, AMD X570, Mini ITX)
Mainboard

ASUS ROG Strix X570-I Gaming

AM4, AMD X570, Mini ITX

AMD Ryzen 5 3600XT (AM4, 3.80 GHz, 6 -Core)
Prozessor

AMD Ryzen 5 3600XT

AM4, 3.80 GHz, 6 -Core

HyperX Fury RGB (2 x 8GB, 3200 MHz, DDR4-RAM, DIMM)
RAM

HyperX Fury RGB

2 x 8GB, 3200 MHz, DDR4-RAM, DIMM

Crucial P5 (500 GB, M.2 2280)
SSD

Crucial P5

500 GB, M.2 2280

Ich bereite das Mainboard wie immer ausserhalb des Gehäuses vor. Dieses Mal verbinde ich wenn möglich auch alle Kabel ausserhalb des Gehäuses. Die Kabel für die Frontanschlüsse sind lang genug dafür. Etwas sperrig ist das Verbinden des Riser-Kabels. Es ist einerseits zu kurz, um es neben dem Gehäuse zu verbinden, andererseits ist es zu lang, um es gut zu verstauen, wenn es mal verbunden ist. Mit etwas Geduld funktioniert das trotzdem ganz gut. Was mir jedoch auffällt: Das Riser-Kabel verdeckt den Lüfter beinahe komplett. Ob der so noch effizient funktioniert?

Als nächstes montiere ich das Netzteil, was problemlos klappt. Die Kabel kommen unten raus, was die 2.5-Zoll-Halterungen etwas versperrt. Ich verbaue zum Glück eine M.2, kann mir aber vorstellen, dass der Platz für 2.5-Zoll-Laufwerke dort mit all den Kabeln etwas unglücklich ist. Kabelsalat ist programmiert.

Zuletzt montiere ich noch die Grafikkarte. Die ist zwar schnell im Slot verschwunden, ich kann sie aber nicht am dafür vorgesehen Gewinde festschrauben. Das Befestigungsloch am Gehäuse ist nicht bündig mit dem Befestigungsloch an der Grafikkarte. Etwas Spiel habe ich zwar, aber nicht genug um die Löcher übereinander zu positionieren. Für den Test muss ich wohl oder übel auf das Anschrauben verzichten. Vielleicht habe ich ein Montagsmodell erhalten, ich finde nämlich auf dem Internet niemanden, der dasselbe Problem hat wie ich.

Ausser der Grafikkarte, die sich nicht richtig festmachen lässt, funktioniert der Zusammenbau ganz gut und ist schnell erledigt. Dass die Kanten scharf sind muss ich bei der Montage der Grafikkarte dann am eigenen Leib erfahren: Ich rutsche ab und schürfe mir den Finger blutig. Das weckt Erinnerungen an Gehäuse aus den 90ern.

Test-Setup und -Methode

Das Wichtigste an einem Gehäuse ist der Airflow. Das heisst: Wie effizient wird frische Luft ins Gehäuse befördert und auch wieder raus? Um das zu testen, unterziehe ich die verbauten Komponenten im Gehäuse den Stresstests HeavyLoad (für die CPU) und FurMark (für die GPU).

Ich lasse die Stresstests 20 Minuten laufen. Dabei messe ich mit HWiNFO64 die Temperatur von CPU, GPU, SSD, Mainboard und Chipset. Leider kann ich keine Angaben zum VRM machen, da hier anscheinend der Sensor fehlt. HWiNFO gibt mir zumindest keine Werte an. Den Test mache ich im heimischen Büro. Die Raumtemperatur liegt vor dem Test bei 24° Celsius und nach zwanzig Minuten bei 24,2° Celsius. Die Lüfterkontrolle lasse ich im BIOS auf Standard. Nach jeweils zwei Minuten notiere ich die Temperaturen.

Die Ergebnisse

Beim Zusammenbau ist mir vor allem der unglücklich platzierte Ausstoss-Lüfter aufgefallen. Der wird vom Riser-Kabel, das gleich darüber liegt, beinahe vollständig erstickt. Wie sich beim Test zeigt, ist das nicht das einzige Problem: Das Teil ist enorm laut. Mit meinem dB-Messgerät messe ich aus 30 Zentimeter Entfernung zum Gehäuse 62 dB. Das ist etwa so laut wie die alte Bernina-Nähmaschine von meiner Frau und ist vor allem diesem Lüfter geschuldet.

Der Ryzen 5 3600XT erreicht nach 14 Minuten sein thermisches Limit von 95° Celsius. Die Taktfrequenz bricht die restlichen sechs Minuten des Tests jedoch nicht drastisch ein: Taktet die CPU nach 14 Minuten noch mit 3843 MHz, sind’s nach zwanzig Minuten immer noch 3793 MHz.

Die Grafikkarte erreicht bereits nach vier Minuten die 80° Celsius. Während den restlichen 16 Minuten des Tests erhöht sich die Temperatur nur noch um 3° Celsius. Auf den Takt der Karte hat die Temperatur keinen Einfluss.

Im Vergleich zum Osmi 3.1 werden das Chipset und das Mainboard im Rocket heisser. Mit maximal 81° Celsius läuft das Chipset im Rocket 7° Celsius wärmer als im Osmi. Ebenfalls 7° Celsius beträgt die Differenz beim Mainboard: 62° im Vergleich zu 55° Celsius. Die SSD hingegen bleibt im Rocket mit 60° Celsius zwei Grad kühler.

Wie kommen diese Unterschiede zustande? Das Osmi hat eine offenere Bauweise als das Rocket und entlüftet gegen oben. Zudem dringt beim Osmi wohl mehr frische Luft von unten ins Gehäuse, was einen besseren Airflow über dem Mainboard und damit auch dem Chipset garantiert. Im Osmi konnte ich aufgrund der Beschränkungen der Grafikkarte nur eine GTX 1660 Super verbauen. Die RTX 2070, die ich im Rocket verbaut habe, wird viel wärmer. Das wirkt sich trotz dem Zwei-Kammer-System auf die Gesamttemperatur aus. Auf die SSD hat das weniger Einfluss, weil die beim verbauten Mainboard ein paar Zentimeter oberhalb des Mainboards ist, also weiter weg von der Kammer mit der Grafikkarte.

Fazit: Ein Gehäuse mit Ecken und Kanten

Das Rocket ist ein super Gehäuse, wenn du nicht High-End-Komponenten darin verbauen willst. Die Beschränkungen bei der CPU-Kühler-Höhe sind zu gross, dass du einen ordentlichen Kühler für grosse CPUs einbauen kannst.

Im Gegensatz dazu stehen dir bei der Grafikkarte mehr Möglichkeiten zur Verfügung. Mit einer maximalen Länge von 31 Zentimetern und einer Dicke von zwei Slots liegen High-End-Karten drin. Dank den Mesh-Seitenpanelen können die Lüfter der Grafikkarte genug frische Luft ansaugen, dass die Karte nicht zu heiss läuft.

Negativ ist der Outtake-Lüfter oben, der ordentlich Lärm verursacht. Den würde ich auf jeden Fall gleich zu Beginn wechseln. Die gute Verarbeitungsqualität wird etwas durch die scharfen Kanten getrübt.

Mit knapp 160 Franken ist das Rocket aber auf jeden Fall eine günstigere Alternative zum Dan Cases A4-SFX V4.1. die einen Blick Wert ist.

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Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.


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