Mythencheck: Dein Haustier frisst Kot – ist das gefährlich?
Achtung, es wird eklig: In diesem Mythencheck geht es nicht nur um Tierkot, sondern auch darum, weshalb ihn gewisse Vierbeiner fressen. Ist dir schon flau im Magen? Dann hast du bereits einen Grund, warum sich Tiere so verhalten.
«Pfui! Igitt! Lass das!» Es war ein (mehr oder weniger) köstliches Schauspiel, das sich kürzlich vor meinen Augen abspielte. Im Stadtpark begegnete ich einem Hündeler, der sein Tier schroff an der Leine zurückriss. Der Grund: Der Hund hatte gerade genüsslich in sein eigenes Kothäufchen gebissen. «Wie kannst du nur?!», hörte ich den Besitzer angeekelt ausrufen. Und während mir beim Gedanken ans Mittagessen übel wurde, fragte ich mich dasselbe: «Wie kann er nur?!»
Kot stinkt dem Hund nicht
Zuerst einmal ist Kot zu fressen in der Tierwelt nichts Ungewöhnliches. Es gibt sogar einen Fachbegriff dafür: Koprophagie. Bei Kaninchen oder Meerschweinchen ist das Verhalten normal. Bei Hunden – und sehr selten auch Katzen – nicht. Verständlich ist die eklige Angewohnheit dennoch. Kot riecht für deinen Hund nicht übel. Im Gegenteil. Einerseits ist der Geruch ausgeschiedener Fettsäuren für ihn anziehend. Andererseits stecken heutzutage in vielen Futtermitteln Aromastoffe und Geschmacksverstärker. Deren Rückstände gelangen in den Kot. Für deinen Hund riecht das köstlich.
Hätten wir also geklärt, warum dein Hund nicht die Nase rümpft. Warum aber kann er den Drang verspüren, in Exkremente hineinzubeissen?
1. Nährstoffmangel
Der häufigste Grund ist, dass dein Hund ein geschwächtes Verdauungssystem hat. Zum Beispiel aufgrund von Fütterungsfehlern, Krankheiten, Parasiten oder altersbedingt. Dadurch kann er dem Futter nicht mehr ausreichend Nährstoffe entziehen. Oder er scheidet ständig unverdaute Nahrungsbestandteile aus. Die mögliche Folge kann ein Nährstoffdefizit sein. Durch den Kot anderer Hunde versucht er, den Mangel auszugleichen.
2. Aufmerksamkeit
Vielleicht steckt auch ein anderer Mangel hinter dem Verhalten deines Hundes – der an Aufmerksamkeit. Möglicherweise hat er bemerkt, dass du häufig abwesend bist. Sobald er sich jedoch über ein Kothäufchen hermacht, bist du mit einem mahnenden Finger oder tadelnden Worten zur Stelle, sprich: Du schenkst ihm deine Aufmerksamkeit. Oder er hat das Verhalten bei anderen Hunden kopiert.
3. Revierverhalten
Möglicherweise zeigt dein Hund ein starkes Revierverhalten. In diesem Fall wird er mit eigenem Kot und Urin sein Territorium kennzeichnen. Fremden Kot hingegen duldet er nicht – und beseitigt ihn kurzerhand, indem er ihn frisst.
4. Stress und Frustration
Wurde dein Hund in einem engen Zwinger gehalten, vielleicht sogar unter schlechten Hygienebedingungen? Ist er oft einsam oder ist die Rangordnung in der Familie unklar? Dann kann es auch sein, dass er aus Frustration oder Stress Exkremente vertilgt.
5. Mütter und Junghunde
Wenn deine Hündin Welpen geworfen hat, passiert es sehr häufig, dass sie die Ausscheidungen ihrer Jungen frisst. Es wird vermutet, dass sie so das Nest sauber hält. Aber auch Welpen fressen öfter Kot. Ein möglicher Grund könnte sein, dass sie so versuchen, wichtige Darmbakterien aufzunehmen und ihre Darmflora aufzubauen.
Oder es liegt an ihrer Neugierde. Schliesslich möchten sie wie kleine Kinder die Welt entdecken und alles ausprobieren.
Diese Gefahren lauern
Was auch immer die Gründe für die Vorlieben deines Hundes sein mögen, eines ist gewiss: Sein Verhalten wird dir bald stinken. Du solltest aber nicht nur dir, sondern vor allem deinem Tier zuliebe schnell dagegen vorgehen. Denn die Antwort auf die Frage dieses Mythenchecks lautet:
Ja, Kot kann für dein Haustier gefährlich sein.
Nicht zu unterschätzen ist zum Beispiel die Gefahr, dass sich dein Hund mit Würmern, Giardien oder anderen Parasiten ansteckt. Das kann bereits beim Beschnüffeln passieren. Eine weitere Gefahr lauert in möglichen Medikamenten-Rückständen, die sich im Kot befinden. Ein grosser Hund erhält vom Tierarzt oder von der Tierärztin eine relativ grosse Dosis. Vertilgt ein kleiner Hund dessen Hinterlassenschaften, kann das zu viel sein. Aus demselben Grund können auch Pferdeäpfel gefährlich sein.
Abgesehen davon ist der Zusatzstoff-Mix aus der Tiernahrung, der im Kot vieler Vierbeiner zurückbleibt, alles andere als gesundheitsfördernd.
Was also tun?
Möchtest du möglichst schnell gegen die ekligen Fressvorlieben deines Hundes vorgehen, stelle dir folgende Fragen:
- Wie hochwertig und artgerecht ist das Futter, das du deinem Hund gibst? Kann es sein, dass es ihm nicht genügend Nährstoffe liefert?
- Gibt oder gab es Wurmkuren oder Medikamente, welche die Darmflora deines Hundes beeinträchtigt haben könnten?
- Ist er bereits alt und sein Verdauungssystem deshalb geschwächt?
- Oder ist er noch sehr jung und beisst auf Erkundungstouren gerne überall rein?
- Hat deine Hündin gerade Welpen geworfen?
- Leidet dein Vierbeiner unter Stress, Frustration oder starkem Revierverhalten?
- Widmest du deinem Hund zu wenig Aufmerksamkeit?
Wenn du vermutest, dass ein Nährstoffmangel vorliegt, kannst du es vorerst mit einer reichhaltigen Nahrungsergänzung versuchen. Ändert sich nichts am Verhalten deines Tieres, solltest du sein Blut untersuchen lassen. Ein Besuch in der Tierarztpraxis ist ohnehin sinnvoll, um mögliche Ursachen wie Krankheiten abzuklären.
Sei dir bewusst, dass es sehr schwierig ist, deinem Hund die Koprophagie wieder abzugewöhnen. Neben konsequenter Erziehung kann es kurzfristig helfen, den Hund an der Leine zu behalten, ihn mit Signalen von Kothäufchen abzulenken oder ihn rasch daran vorbeizuführen. Bei anhaltenden Problemen wendest du dich am besten an einen erfahrenen Hundetrainer oder an eine erfahrene Hundetrainerin.
Bis dahin: Nase zu und durch. Und für die nächste Mahlzeit: Guten Appetit!
Ich mag alles, was vier Beine oder Wurzeln hat. Zwischen Buchseiten blicke ich in menschliche Abgründe – und an Berge äusserst ungern: Die verdecken nur die Aussicht aufs Meer. Frische Luft gibt's auch auf Leuchttürmen.