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Lehrgeld zahlen lohnt sich: 10 Tipps aus 10 Jahren Pistenspass mit Kindern
Mit kleinen Kindern bist du auf der Piste vor allem als Packesel, Prellbock und Bodyguard unterwegs. Du investierst Zeit, Geld und Nerven in der Hoffnung, dass es sich irgendwann auszahlt. Good news: Das tut es! Du brauchst nur ein paar Jahre Geduld.
Ganz ehrlich, Strandurlaub fand ich mit Kleinkindern deutlich entspannter. Da die Liebe zum Wintersport aber mit der Elternschaft nicht erlischt, zieht es mich und viele andere junge Familien trotzdem weiter in die Berge. Das ist jeweils der Beginn einer kostspieligen Geduldsprobe für Mensch und Material. Vielleicht erkennst du dich darin wieder, kannst in den Kommentaren Tipps ergänzen oder einfach den einen oder anderen Fehler vermeiden, den ich gemacht habe.
Phase 1: Vom Ski-Paar zum Sherpa
Im ersten Jahr ist dein Kind noch viel zu klein, um zwischen Bergstation und Après-Ski-Hütte irgendwas zu tun. Es kann frieren, schreien und mit einem Glucksen zwar nicht den Schnee, aber dein Herz zum Schmelzen bringen. Ins Skigebiet fährst du natürlich trotzdem. Statt für die Abfahrt machst du dich morgens für alle möglichen Fälle parat. Du packst Ersatzkleider, Windeln und Nahrung in den Rucksack, der ein gutes Gegengewicht zur Babytrage vor deinem Bauch bildet.
Am Ende siehst du aus wie ein Sherpa und bist von deinem früheren Pisten-Ich so weit entfernt wie das Matterhorn vom Mount Everest. Bleibt nur zu hoffen, dass du dich, bepackt wie du bist, nicht in der Gondeltür verkeilst. Gemeinsames Skifahren kannst du vergessen, sofern ihr keine Betreuung fürs Baby habt.
Grösste Fehlinvestition: deine Liftkarte. Du kommst im Schnitt auf zwei Abfahrten. Teilt euch eine oder entdeckt gemeinsam die Wanderwege.
Beste Investition: Die Babytrage bietet Nähe, Wärme und bleibt nicht im Schnee stecken wie ein sperriger Kinderwagen.
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Phase 2: Frühstart am Babyhügel
Ein Jahr später organisierst du Babyski, denn dein Kind kann ja schon stehen und halbwegs laufen. Warum also nicht fahren? Meistens ist der Wunsch Vater des Gedankens des Vaters. Das Kind wird allerdings immer noch am liebsten getragen und hat wenig Verständnis für deine Pläne, es in klobige Stiefel zu stecken und ihm Bretter an die Füsse zu schnallen.
Gut, dass du deinen Helm trägst. Er dämpft das Geschrei auf den zwei gemeinsamen Rutschpartien, bei denen die schönen Kinderski weniger Bodenkontakt haben als der Bergadler, der am Horizont seine Kreise zieht. Deine letzte Energie verwendest du für das obligatorische Foto, das du noch Jahre später als Beleg für den Frühstart in die Skikarriere deines Kindes hervorzaubern kannst. Dass die Windel voll und der Blick leer ist, sieht unter der Ausrüstung zum Glück niemand.
Grösste Fehlinvestition: die Kinderski. Die Kinderskischuhe. Und deine Liftkarte.
Beste Investition: die Schlittenlehne für den Davoser und ein passender Schlittensack.
Phase 3: Rodeln ist auch schön
Jetzt aber, dein Kind ist drei Jahre alt. Du redest dem Nachwuchs ein, dass es dieses Jahr ganz bestimmt ein grosser Spass werden wird, das mit dem Skifahren. Die Plastiklatten hast du durch «richtige» Ski ersetzt und behältst Recht – zumindest für zehn Minuten. Er/Sie/Es fährt! Ganz alleine! Smartphone raus, das wird gefilmt.
Am Ende bleibt dir dieses eine Video, in dem der Nachwuchs freudestrahlend und mit Fäustlingen auf den Knien Richtung Kamera rutscht, bevor er in deinem Unterleib einschlägt und die Aufzeichnung abrupt endet. Die fünfzehn anderen Aufnahmen, die mit den Wutanfällen und den verkeilten Skiern, hast du natürlich gelöscht. Die restliche Ferienwoche verbringst du glückselig auf dem Schlitten.
![Die Rodelstrecke ist eine schöne Alternative.](/im/Files/1/8/4/7/1/2/2/2/Hasliberg_Tag2_Schlitten%205%20von%2011.jpg?impolicy=resize&resizeWidth=430)
Quelle: Michael Restin
Du rodelst im Wissen, dass dein Kind nächstes Jahr reif für den Skikurs ist. Dann gehört die Piste wieder dir. Zumindest zwischen 9 und 11.30 Uhr. Es sei denn, du hast inzwischen ein zweites Kind. Dann heisst es: Willkommen zurück in Phase 1.
Grösste Fehlinvestition: die neuen Kinderski. Die neuen Kinderskischuhe. Und deine Liftkarte.
Was besser gewesen wäre: Ein passender Schlitten oder Bob, auf dem du und dein Kind zu zweit Platz und Spass haben.
Ausserdem alles, was meine Kollegin Katja Fischer aufgeschrieben hat.
Phase 4: Versumpfen im Kinderland
Als routinierte Wintersportfamilie legt ihr euch einen Plan zurecht, wer wann wen betreut und wo fahren kann. Du machst wieder einige Abfahrten. Doch so schön die neu gewonnene Freiheit auch ist – ganz loslassen kannst du nicht. Wie sich der Nachwuchs wohl im Skikurs schlägt? Nur mal kurz schauen.
Schon ist es Mittag, der Schnee wird langsam sulzig und du versumpfst im Kinderland. Ein paar Extraschichten am Nachmittag können nicht schaden, schliesslich steht am Freitag das Rennen an. Das hätte dein Kind ganz bestimmt gewonnen, wenn da nicht dieses eine grössere und schwerere mit den langen Skiern gewesen wäre.
![Nach dem Kurs ist vor dem Rennen. Da bist du natürlich dabei.](/im/Files/7/6/6/8/3/0/2/1/MVIMG_20191227_114222.jpg?impolicy=resize&resizeWidth=430)
Quelle: Michael Restin
Grösste Fehlinvestition: Deine neuen Skihandschuhe, mit denen du am Seil im Kinderland ständig abrutschst.
Was besser gewesen wäre: Ein Paar Arbeitshandschuhe, mit denen du locker am Liftseil klebst.
Phase 5: In freier Wildbahn
Skikurs war gestern. Jetzt hält dich nichts mehr, endlich geht es gemeinsam auf die Piste! Falls du nicht familiär festgelegt bist, such dir ein nettes kleines Gebiet mit breiten Pisten dafür aus und meide die Massen. Sonst wird es ungemütlich und du lernst, dass das Drehkreuz am Lift auf Kinderkopfhöhe die Wirkung von drei rotierenden Baseballschlägern entfaltet. Noch ist dein Kind zu klein, um mit dem Skipass in der Jacke auch nur in die Nähe des Sensors zu kommen, weshalb du dir beim Hochheben fast einen Hexenschuss zuziehst.
Doch vor dem ersten Bandscheibenvorfall kommt die erste gemeinsame Abfahrt. Und die Erkenntnis, dass du nicht überall sein kannst. Dein Kind anscheinend schon. Während du im Stemmbogen vorfährst, pflügt es links an dir vorbei oder ist längst in einem Schneehaufen gestrandet. Jetzt aber mal ein paar saubere Bögen. Komm, nur bis zur nächsten Schneekanone!
Grösste Fehlinvestition: Skistöcke für Kinder, die noch nichts damit anfangen können.
Was besser gewesen wäre: Ein Kinderskihelm in Signalfarbe, damit du und alle anderen wissen, wo der Pistenblitz gleich einschlägt.
Phase 6: Schlepplift in der Kniekehle
Inzwischen läuft es schon richtig gut. Dein Kind fährt sicher auf der Piste und hat die Falllinie für sich entdeckt. Im Schuss durchpflügt es langsame Skigruppen, die du weiträumig umfahren und mit einem zugerufenen «Tschuldigung» besänftigen musst. Der Nachwuchs holpert über fremde Skispitzen, verpasst Abzweigungen und führt dich auf Hänge, denen du eigentlich aus dem Weg gehen wolltest. Es kennt anscheinend keine Angst, du dagegen schon.
Du fährst in ständiger Sorge vor einem ernsthaften Crash, doch der Spassfaktor ist in guten Momenten grösser als der Stress. Um dem Gedrängel aus dem Weg zu gehen, entdeckst du den Schlepplift als Option und verbringst die nächsten Stunden grösstenteils in der Hocke mit dem Bügel in den Kniekehlen. Genau dort, wo es richtig weh tut und die sonst so willkommene Liftpause zur Tortur wird, was dein Kind neben dir überhaupt nicht nachvollziehen kann. Nochmal!
Grösste Fehlinvestition: Die Aufnahmen deiner neuen GoPro sind unspektakulär, viel zu weitwinklig und allenfalls für die Versicherung relevant.
Was besser gewesen wäre: Ein zweites Paar Kinderhandschuhe, denn das erste ist garantiert schon mittags durchnässt. Wenn du mehrere Kinder hast, dann wähle am besten eine Handschuhfarbe, die du dem jüngeren in zwei Jahren noch vermitteln kannst.
Phase 7: Zieh- und Zerrwege
Nach und nach erobert ihr gemeinsam das gesamte Gebiet. Kein Weg ist zu weit, keine Piste zu steil. Höchstens zu flach. Du verstehst jetzt, warum Ziehwege Ziehwege heissen. Nicht, weil es sich bis zur nächsten Abfahrt noch etwas zieht. Nein, DU ziehst. Denn nichts frustriert Kinder mehr, als wenn es trotz Abfahrtshocke nicht mehr weitergeht, während die Grossen links und rechts vorbeisausen.
Also bremst du dich auf dem Schussstück selbst aus, blickst mit einer Prise Wehmut zur Kuppe und streckst in vorauseilendem Gehorsam den Stock nach hinten, um die Laune in deiner neuen Funktion als Schlepplift zu retten. Zu Uhrzeiten, bei denen du früher nie an eine Pause gedacht hättest, schlägst du den ersten Hüttenbesuch vor. Darauf eine heisse Schoggi.
![Auch in diesem Fall helfen der Stock und eine heisse Schoggi.](/im/Files/7/6/6/8/3/0/2/0/PXL_20220215_115727983.MP.jpg?impolicy=resize&resizeWidth=430)
Quelle: Michael Restin
Grösste Fehlinvestition: deine neuen Rennski.
Was besser gewesen wäre: ein Service für die Kinderski.
Phase 8: Die Eltern werden morsch
Während die Kinder aufblühen, beginnt an dir der Zahn der Zeit zu nagen. Dank der Verrenkungen der vergangenen Jahre quittieren deine Bandscheiben jede Bodenwelle mit kleinen Freudensprüngen und die Kreuzbänder sind vom Bügellift und den Stemmbogen-Duetten so weit ausgeleiert, dass deine Knie wie zwei alte Schubladen klappern.
Doch der Übermut deiner Kinder steckt an und du willst nochmal zeigen, was in dir steckt. Offensichtlich ist es weniger, als du dachtest. Fünf Sekunden Übermut bezahlst du mit fünf Tagen Schmerzen. Aber sonst ist der Urlaub ganz schön.
Grösste Fehlinvestition: Die Snowfeet, denen du deine Schmerzen verdankst.
Was besser gewesen wäre: ein kleines Aufwärmprogramm am Morgen – und regelmässiges Training in den Monaten davor.
Phase 9: Da ist er, der sweet spot!
Glückwunsch, du näherst dich dem Idealzustand. Weder Ziehwege noch Eishänge können deine Kinder erschüttern. Auch das Jüngere ist kein Bremsklotz mehr und will es dir und der ganzen Welt beweisen. Wenn du wieder fit bist, steht perfekten Skiferien rein gar nichts im Weg, sofern du dich früh genug um die passende Ausrüstung kümmerst.
So schnell wie die Kinder wachsen, lohnt es sich zu mieten, den riesigen Markt für gebrauchte Kindersachen bei Tutti und Ricardo zu durchsuchen oder auf mitwachsende Skistöcke und Skischuhe zu setzen.
Wenn alles organisiert ist, steigt deine Vorfreude. Bist du siehst, dass es die Temperaturen in deiner Ferienwoche ebenfalls tun. Bei 15 Grad drängelt ihr euch mit halb Holland auf der schmalen, weissen Zunge, die sich zwischen grünen Wiesen ins Tal schlängelt.
Grösste Fehlinvestition: die beheizbaren Skisocken – zumindest für diesen Winter.
Was besser gewesen wäre: die Sonnencreme einzupacken, die du jedes zweite Jahr zuhause vergisst.
Phase 10: Skifahren ist out
Kaum läuft alles rund, wollen die Kinder was Neues lernen. Snowboards müssen her. Und ein Snowboardkurs, der dir samt Partnerin oder Partner ungeahnte Freiheiten beschert – bis er vorbei ist und die boardende Brut zwar doppelt so cool, aber nur noch halb so selbständig wie im Jahr zuvor auf der Piste unterwegs ist.
Also ziehst du wieder auf Ziehwegen, nur dass die Kinder inzwischen schwerer sind. Du verhedderst dich wieder gemeinsam in Schleppliften und wartest am Pistenrand, bis auch der letzte Schneehaufen übersprungen ist. Dafür kannst du jetzt langsam deine GoPro gebrauchen. Und Geduld. Jede Menge Geduld.
Grösste Fehlinvestition: Die Kinderski, die du vorausschauend gekauft und schon in den nächsten zwei Grössen im Keller stehen hast.
Was besser gewesen wäre: Nicht nur einen Rückenprotektor, sondern auch einen fürs Steissbein zu kaufen.
Zwischenbilanz: Ein teurer Spass – aber ein Spass
Sämtliche geschilderten Ereignisse hat das Leben frei erfunden und sich dann so oder so ähnlich in den vergangenen zehn Jahren meines Elternlebens ereignen lassen. Sie sind allenfalls leicht zugespitzt. Übertrieben scheinen mir die Durchschnittskosten von 5600 Franken für eine Woche Familien-Skiferien in der Schweiz, aber diese Zahl ist echt und auch in Österreich wird's immer teurer. Da schrumpft der Traum vom Midlife-Crisis-Porsche schnell auf den Massstab 1:18.
Gut angelegt sind die 56 '000 Franken für ein Familien-Wintersportjahrzehnt dann, wenn du es gelassen angehst, flexibel bleibst und die gemeinsamen Erlebnisse in den Mittelpunkt stellst. Mir wird mit jedem Jahr bewusster: So viel Zeit bleibt gar nicht mehr, bis die Kinder ihre eigenen Wege gehen. Bis es so weit ist, nehme ich so viel wie möglich mit. Das mag ein teurer Spass sein. Aber es ist immer noch ein Spass.
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Einfacher Schreiber, zweifacher Papi. Ist gerne in Bewegung, hangelt sich durch den Familienalltag, jongliert mit mehreren Bällen und lässt ab und zu etwas fallen. Einen Ball. Oder eine Bemerkung. Oder beides.