Kurzsichtigkeit bei Kindern nimmt weltweit stark zu
Bis 2050 leiden 40 Prozent der Kinder weltweit an Kurzsichtigkeit. Zu diesem Schluss kommt die Analyse eines Forschungsteams. Verantwortlich ist unter anderem die zunehmende Bildschirmzeit.
Beim kürzlichen Schulbesuch in der 3. Klasse meiner Tochter war es augenscheinlich – buchstäblich: Zahlreiche ihrer Mitschülerinnen und Mitschüler tragen bereits eine Brille. Gezählt habe ich die Betroffenen nicht. Aber laut einer aktuellen Forschungsarbeit sollen es international ungefähr eins von drei Kindern sein. Und künftig werden es wohl noch viele mehr: Bis 2050 sind wahrscheinlich 40 Prozent aller Kinder und Jugendlichen kurzsichtig. Das sind rund 740 Millionen junge Menschen weltweit.
Davon geht ein chinesisches Forschungsteam aus, das in der Fachzeitschrift «British Journal of Ophthamology» diese Woche seine Prognose veröffentlicht hat. 270 Studien und Regierungsberichte aus 50 Ländern hat es dafür analysiert. Daten von mehr als 5,4 Millionen Kindern und Jugendlichen zwischen 5 und 19 Jahren flossen mit ein. Das Fazit der Forscherinnen und Forscher: Myopie – der medizinische Fachbegriff für Kurzsichtigkeit – könnte zu einer «globalen Gesundheitsbelastung» werden.
Weniger Tageslicht, mehr Bildschirmzeit
Laut den Daten hat die Kurzsichtigkeit bei Kindern schon zwischen 1990 und 2023 stark zugenommen. Während die Zahl zwischen 1990 und 2010 bei einem Wert von 24 bis 25 Prozent stagnierte, beschleunigte sich der Anstieg in den Jahren darauf. 2023 seien 36 Prozent der Kinder kurzsichtig gewesen, heisst es.
Zwar spielt bei Kurzsichtigkeit die Genetik eine Rolle. Für den Anstieg verantwortlich machen die Forschenden aber vor allem zwei Dinge: die zunehmende Bildschirmzeit sowie immer längere Aufenthalte in Innenräumen. Das häufige Starren auf Screens in jungen Jahren, kombiniert mit einem Mangel an Tageslicht, kann den Augapfel in die Länge ziehen – und somit Kurzsichtigkeit fördern. Eine kürzlich veröffentlichte Studie zeigte, dass bereits eine Viertelstunde pro Tag im Freien das Risiko einer Kurzsichtigkeit bei Kindern deutlich senkt.
Auch bei den Geschlechtern gab es laut aktuellen Ergebnissen aus China Unterschiede: Mädchen sind demnach stärker betroffen als Jungs. Die Forschungsgruppe führt das darauf zurück, dass Mädchen in ihrer Freizeit mehr Indoor-Aktivitäten nachgehen und sich gerne auf nahe Objekte fokussieren.
Grosse regionale Unterschiede
Eine längere und früher beginnende Schulbildung steigert laut der Studie die Wahrscheinlichkeit für Kurzsichtigkeit ebenfalls. Wohl auch deshalb gibt es signifikante regionale Unterschiede: Während in Japan und Südkorea, wo Kinder schon früher die Schule besuchen, mehr als 80 Prozent der Kinder kurzsichtig sind, liegt die Zahl in diversen afrikanischen Ländern wie Uganda und Burkina Faso nur knapp über einem Prozent.
Gerade in asiatischen Ländern reagiere man inzwischen auf das Problem und baue vermehrt Schulhäuser aus Glas, um mehr Tageslicht in die Räume zu bringen. Das sagte Augenoptiker Thomas Frei vor einem Jahr in einem Interview mit Galaxus. «Zum Beispiel in Taiwan haben Schulen deutlich längere Unterrichtspausen eingefügt, damit sich die Kinder länger draussen am Tageslicht aufhalten können.»
Ab an die frische Luft
Der Experte sagte im Interview auch, warum die Augengesundheit in jungen Jahren so essentiell ist: Bei Menschen ab einer Stärke von minus fünf Dioptrien bestehe eine grössere Gefahr, im Alter an Augenkrankheiten zu erkranken oder gar zu erblinden. Schon heute könne man deshalb davon ausgehen, «dass diese Leute zu begleiten eine der grössten medizinischen Herausforderungen dieses Jahrhunderts werden wird».
Eine grosse Herausforderung, die es heute anzugehen gilt. Wenigstens im Kleinen, in den eigenen vier Wänden. Oder eben draussen: Wenn meine Kinder jedenfalls mal wieder lieber am Tablet spielen wollen, habe ich nun ganz schön viele neue Argumente im Ärmel, um sie von Outdoor-Aktivitäten zu überzeugen.
Anna- und Elsa-Mami, Apéro-Expertin, Gruppenfitness-Enthusiastin, Möchtegern-Ballerina und Gossip-Liebhaberin. Oft Hochleistungs-Multitaskerin und Alleshaben-Wollerin, manchmal Schoggi-Chefin und Sofa-Heldin.