Kollagen – alles, was du über das vielseitige Protein wissen musst
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Kollagen – alles, was du über das vielseitige Protein wissen musst

Kollagen ist wortwörtlich in aller Munde. Aber was bringt die Einnahme von Kollagenpräparaten? Die Ernährungswissenschaftlerin Carmen Klammer bringt Klarheit in einen kontroversen Diskurs zwischen Werbeversprechen und Wissenschaft.

Wir alle sind hier und da für simple Schönheitstipps und Quick-Fixes der Beautyindustrie empfänglich. Peelings, Cremes, Masken, Nahrungsergänzungsmittel – für jede Delle, jede Falte, jede Hautunreinheit in unserem Gesicht oder an unserem Körper gibt es das passende Produkt. Kollagen-Präparate sind dabei keine Ausnahme. Ein Jungbrunnen in Kapsel- oder Pulverform sollen sie sein. Doch was ist Kollagen und was bewirkt es wirklich im Körper?

Carmen Klammer ist Ernährungswissenschaftlerin und betreibt mit ihrer Schwester Jasmin Klammer eine Praxis in Enns, Oberösterreich. Die ganzheitliche Therapie aus Ernährungsberatung und Personal Training steht im Zentrum ihrer Arbeit. Auch Fragen zu Kollagen begegnen ihr immer häufiger im Arbeitsalltag.

Ein Protein mit Potenzial: Was genau ist Kollagen?

«Kollagen macht ein Drittel unserer gesamten Proteinmasse aus und ist somit das häufigste Protein im menschlichen Körper», erklärt Klammer. 28 unterschiedliche Typen gibt es davon, wobei die Typen 1 bis 5 die wichtigsten Funktionen übernehmen. Kollagen bindet Wasser im Körper und fördert damit die Strukturbildung und Stabilität von Geweben und Organen. «Das ist der Grund, weshalb Kollagen in der Beautyindustrie so gehypt wird. Besonders von Frauen. Weil es das Bindegewebe stärkt und generell gut für die Haut ist. Aber nur weil man 30 wird, muss man nicht jeden Tag Kollagen einnehmen, um jung zu bleiben», so die Ernährungswissenschaftlerin.

Kollagen kommt in unseren Blutgefäßen vor, in Knochen, Sehnenbändern, Knorpeln und eben auch im Bindegewebe. Der Körper kann es selbst herstellen, weshalb du eigentlich nicht auf die Einnahme von Präparaten angewiesen bist. Nur: Wenn der Mensch älter wird, nimmt die Kollagensynthese ab, also die körpereigene Bildung von Kollagen. «Das ist vergleichbar mit der Knochendichte. Die erreicht auch mit Mitte 20, Anfang 30 ihren Peak und nimmt danach wieder ab», so Klammer. Dazu kommen noch andere Faktoren wie Stress, Nikotin, Alkohol oder eine ungesunde Ernährung, die die Produktion und Aufnahme von Kollagen weiter hemmen. «Eine Raucherin wird irgendwann deutlich älter aussehen als eine Nichtraucherin, weil Nikotin die Kollagensynthese negativ beeinflusst», sagt die Ernährungswissenschaftlerin.

Kollagen in unserer Ernährung – wie natürlich ist die Aufnahme über die Nahrung?

Kollagen wird zwar vom Körper selbst hergestellt, du nimmst es aber auch über die Nahrung auf. Es ist fast ausschließlich in tierischen Proteinen aus Fleisch, Fisch, Eiern oder Knochenbrühe enthalten. Veganes Kollagen existiert nicht, aber du kannst über eine vegane Ernährung oder Nahrungsergänzungsmittel alle notwendigen Aminosäuren aufnehmen, die dein Körper für die Bildung des Proteins benötigt.

Kollagenpräparate werden vor allem aus Rinderknochen hergestellt, aber auch ungewohnte Inhaltsstoffe kommen zum Einsatz: «Manchmal werden Kollagenpräparate aus Quallen hergestellt. Weil sie kein Nervensystem haben, gelten sie oft als pflanzliche Alternative», erklärt Klammer. Dazu sind die Präparate – egal ob als Shake oder in Kapselform – oft mit anderen Mikronährstoffen wie Zink und Vitamin C versetzt, die dem Körper bei der Aufnahme von Kollagen helfen und zudem selbst positive Wirkungen auf die Haut und die körpereigene Wundheilung haben.

Gesundheitsbenefits und Einnahmeempfehlungen von Kollagenpräparaten

Welche positiven Gesundheitsbenefits die Einnahme von Kollagenpräparaten hat, ist nicht ausreichend erforscht: «Es gibt keine groß angelegten Studien zu der Wirkung von Kollagen. Kleinere Studien mit einer geringen Teilnehmerzahl zeigen durchaus eine positive Wirkung der Präparate. Daraus dürfen wir aber nicht schließen, dass sich jeder ab einem gewissen Alter Kollagen zuführen muss», sagt Carmen Klammer. Auch Einnahme- und Anwendungsempfehlungen gibt es kaum. Dosierungsempfehlungen schwanken zwischen 2,5 Gramm Kollagen am Tag und 10 Gramm.

Die Expertin fügt hinzu: «Was man weiß, ist, dass bei Frauen im Zuge der Menopause das Osteoporose-Risiko steigt, weil die Knochendichte abnimmt. Zusammen mit Kalzium und Vitamin C kann man dem Risiko mit Kollagen entgegensteuern.» Generell gilt bei der Einnahme von Kollagen, egal ob als Creme, Shake oder in Kapselform, eine Einnahme- und Anwendungsdauer von acht bis zwölf Wochen. In dieser Zeit sollte man das Präparat durchnehmen, denn erst dann kann ein möglich positiver Effekt eintreten. «Überdosiert kann Kollagen nicht werden. Aber auch hier fehlt es an einer wasserdichten Studienlage», sagt Klammer.

Worauf du beim Kauf von Kollagenpräparaten achten solltest

Viele Hersteller bieten Kollagenpräparate an. Bei einer kurzen Online-Suche wird man von der Masse an Angeboten nahezu erschlagen. Doch es gibt eine nicht unwesentliche Orientierungshilfe für den Kauf des Nahrungsergänzungsmittels: «Das Wichtigste ist, dass man sich damit beschäftigt, wo das Kollagen herkommt», so Klammer. Da die Präparate aus tierischen Proteinen hergestellt werden, ist es also empfehlenswert, beim Kauf auf biozertifizierte Hersteller aus Europa zu achten.

Werbetrick oder essenzielles Nahrungsergänzungsmittel – was stimmt?

Mit Kollagen wird viel Marketing betrieben. Was Kollagen-Kapseln tatsächlich bewirken können, ist dabei nicht ausreichend erforscht. Ungeeignet oder gefährlich ist die Einnahme aber für niemanden laut der Expertin. Aber: «Man sollte grundsätzlich die Einnahme vorab mit einem Arzt oder einer Ärztin abklären, wenn man zu einer vulnerablen Gruppe gehört. Zum Beispiel bei chronischen Krankheiten, Schwangerschaft oder wenn man andere Medikamente einnimmt.»

Die große Frage bei Kollagen lautet: Was verspreche ich mir davon? Viele Menschen nehmen Vitaminpräparate und erhoffen sich dadurch einen unmittelbaren Effekt auf Fitness und Gesundheit. Und auch bei Kollagen spielt die Werbung mit unserem Wunsch nach gesunder, junger und faltenloser Haut. «Grundsätzlich sollte jeder vorher den eigenen Lebensstil überdenken: Rauche ich, trinke ich viel Alkohol, bewege ich mich ausreichend? Da gibt es viele Punkte, bei denen man ansetzen kann, bevor man zum Nahrungsergänzungsmittel greift.»

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Ich liebe blumige Formulierungen und sinnbildliche Sprache. Kluge Metaphern sind mein Kryptonit, auch wenn es manchmal besser ist, einfach auf den Punkt zu kommen. Alle meine Texte werden von meinen Katzen redigiert: Das ist keine Metapher, sondern ich glaube «Vermenschlichung des Haustiers». Abseits des Schreibtisches gehe ich gerne wandern, musiziere am Lagerfeuer oder schleppe meinen müden Körper zum Sport oder manchmal auch auf eine Party. 


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