![Florian Bodoky Florian Bodoky](/im/Files/7/6/1/8/8/7/9/2/jabrateaserfinal21.png?impolicy=teaser&resizeWidth=700&resizeHeight=350)
Jabra Elite 10 Gen 2: Diese Kopfhörer sind das Letzte
![Florian Bodoky](/im/Files/7/5/1/6/1/6/3/2/portrait_florian_001.jpg?impolicy=avatar&resizeWidth=40)
Sie sind Jabras Schwanengesang auf dem Gebiet der Consumer-Headphones. Der Hersteller will sich danach aus dem Endkundenmarkt zurückziehen und nur noch KMU-Hardware herstellen. Jabras letzter Wurf ist dafür recht gut gelungen.
Nach den Elite 10, die Jabra noch letztes Jahr auf der IFA gezeigt hat, bringen die Dänen jetzt einen Nachfolger auf den Markt. Genauer gesagt ist es ein Generationen-Upgrade ihrer Premium-In-Ears. Und zugleich der letzte Kopfhörer für den Consumer-Markt. Jabra zieht sich aus diesem Segment offiziell zurück. Als Abschiedsgeschenk gibts aber nochmal was Solides, soviel sei verraten.
Ausgepackt und im Ohr: Das musst du wissen
Die Dänen gelten als pragmatisches, bescheidenes Völkchen. Kein grosser Firlefanz, keine grosse Show. Stabil und zuverlässig. Das trifft auch auf die Elite 10 zu. Ein stabiles, gut verarbeitetes Ladecase, dessen Oberfläche Fingerabdrücke abweist. Zwei Buds mit schmalen Aufsätzen für kleine Ohren. Die Oberfläche unterstützt Touch-Bedienung, hat aber auch einen physischen Druckpunkt, den ich mit der Jabra-App frei konfigurieren kann. Dazu gibt es insgesamt vier Paar Silikonaufsätze in verschiedenen Grössen und ein USB-A-zu-USB-C-Ladekabel samt Klinkenadapter. Das wars.
![Die Beigaben sind spartanisch, aber mehr brauchst du auch nicht.](/im/Files/7/6/1/8/8/6/7/0/8EBE158C-2565-4B1E-9C45-3D76F0F78692.jpeg?impolicy=resize&resizeWidth=430)
Quelle: Florian Bodoky
Die Aufsätze, die Jabra mitliefert, sind speziell «geschnitten» und an den dreieckigen, schräg abstehenden Output angepasst. Das bringt mir zwei Vorteile: Ich muss die Kopfhörer nicht verdrehen, um sie ins Ohr zu kriegen. Sie sind so konzipiert, dass sie sich ihren Weg selbst in meinen Gehörgang bahnen. Und der Aufsatz kann nicht mit Druck zu weit in den Gehörgang geschoben werden. Das ist besonders wichtig, weil der Elite 10 einen physischen Button auf der Rückseite hat. Man muss regelmässig Druck auf den Kopfhörer ausüben, um ihn zu bedienen. Dieser ist aus Aluminium gefertigt und setzt sich farblich vom Rest des edlen Kopfhörerdesigns ab – sieht aber nicht weniger edel aus. Ebenfalls angenehm: Die Hörer wiegen pro Stück gerade mal 5.6 Gramm. Nach ein, zwei Liedern habe ich beim Testen gar nicht mehr daran gedacht, dass ich überhaupt Kopfhörer trage.
Die Elite 10 sind darüber hinaus IP57-zertifiziert. Das heisst: Outdoor-Aktivitäten sind kein Problem, auch bei Regen. In die Badewanne solltest du sie aber nicht mitnehmen. Zudem bringen die Kopfhörer vieles mit, was schon ihre Vorgänger so beliebt gemacht haben: Multipoint, dank dem du mehrere Geräte gleichzeitig koppeln kannst – es wird akustisch gar mitgeteilt, mit wie vielen Geräten die Elite 10 gerade verbunden sind. Aber auch Spatial Audio und aktive Geräuschunterdrückung sind wieder verbaut. Letzteres ist besonders spannend, denn der Formfaktor der Elite 10 ist eigentlich halboffen. Zudem verbaut Jabra wieder sein Head Tracking. Dabei handelt es sich um eine Technologie, die deineKopfbewegungen misst und dafür sorgt, dass die Musik stets aus allen Richtungen zu kommen scheint. So entsteht 360 Grad Sound.
Sound: Gut ausbalanciert, Bass reicht gaaaaanz tief runter
Ich habe mir zum Testen der Elite 10 Gen. 2 noch kurz seinen Vorgänger geholt. Warum? Weil ich da letztes Jahr auch reingehört habe und jetzt ein Déjà-vu erlebe. Oder ist es ein Déjà-ecouté? Die Klangbilder der beiden Elite-10-Versionen sind sich schon sehr ähnlich. Das ist aber nichts Schlechtes. Denn es ist wirklich gut.
Grundsätzlich stelle ich den Dolby-Atmos-Support für In-Ears etwas in Frage. Auch wenn eine Zertifizierung vorliegt, ist es oft Marketinggewäsch. Echte Dolby-Atmos-Vibes tun sich selten auf. Die Head-Tracking-Funktion finde ich schon interessanter. So gefällt es mir, wie bei «Dancing Barefoot» Patti Smiths Stimme meinen Kopfbewegungen zu folgen scheint. Zudem kriege ich alle Elemente des Liedes mit.
Bei Titeln mit intensiven Subbässen erzeugen die Elite 10 tiefe Frequenzen mit viel Kraft. Bei höheren Lautstärken bekommt man fast das Gefühl, dass das Hirn wackelt. Aber auch wenn man eher leise hört, ist der Bass immer noch kräftig. So habe ich das bei «Weisse Wand» von «AnnenMayKantereit» empfunden.
Henning Mays Gesang klingt reichhaltig in den Tiefen, während die Instrumente, vor allem die Perkussion, trotzdem sehr detailliert wiedergegeben werden. Allenfalls könntest du im EQ die Mitten noch etwas anheben. Bei Tiefen- oder Bass-dominierenden Stücken kommen diese manchmal etwas zu kurz.
![In der Sound+-App kannst du im Equalizer die Mitten hochreissen oder ein Preset auswählen.](/im/Files/7/6/1/9/0/0/5/3/jabraapp.jpg?impolicy=resize&resizeWidth=430)
Quelle: Florian Bodoky
Bei Orchesteraufnahmen macht sich eine dezente Basstiefe breit, obwohl die Bläser, Streicher und vor allem der Gesang eher hochfrequent sind. Das ist nicht gerade eine «sennheiser-esk präzise» Wiedergabe – der Hersteller verzichtet zugunsten von Präzision und Authentizität etwas auf Klangwärme. Jabra geht einen anderen weg, gut klingen tut es aber trotzdem.
Auch macht beim Musikhören sowohl das ANC als auch der von Jabra «HearThrough» genannte Transparenzmodus eine gute Figur. Ob Bauarbeiten vor der Tür, Haustiere oder der Geschirrspüler – nichts kann meinen Musikgenuss übertönen. Auch draussen halten die Jabra einigen Herausforderungen stand. Gespräche im Bus, Durchsagen am Bahnhof oder Motorengeräusche erreichen mich nicht. Vor allem von nervigen, hochfrequenten Geräuschen bleibe ich verschont. Ganz anders beim «HearThrough». Die insgesamt sechs Mikrofone an den beiden Buds nehmen Geräusche von aussen gut auf und transportieren sie an mein Ohr, ohne dass ich ein störendes Eigenrauschen vernehme – ein Problem, das viele In-Ear-Kopfhörer auch in höheren Preisklassen haben. Rund sechs Stunden halten die Elite 10 durch, bevor sie wieder in die Ladeschale müssen. Zumindest, wenn ich die Geräuschunterdrückung aktiviert habe. Wenn es reicht, dass die Silikonstöpsel die Geräusche auf klassischem Wege dämpfen, reicht der Akku für acht Stunden. Das Case hält weitere vier Ladezyklen bereit.
![Das Case funktioniert als Bluetooth-Transmitter.](/im/Files/7/6/1/8/8/6/7/2/33494890-27A3-4EC0-867E-021C1EAFA0E2.jpeg?impolicy=resize&resizeWidth=430)
Quelle: Florian Bodoky
Apropos Case, da hat sich Jabra etwas Besonderes ausgedacht. Du kannst das Case dank LE-Audio-Smart-Case über den USB-C-Stecker samt Klinken-Adapter mit einem anderen Gerät verbinden – etwa mit deinem Fernseher oder am Bord-Entertainment-System im Flugzeug. Danach streamt das Case Audiosignale auf die Kopfhörer. Zeitgleich bleiben diese aber per Bluetooth mit dem Smartphone verbunden, etwa für Anrufe. Allerdings: Multipoint funktioniert dann nicht mehr. In meinem Test funktioniert das mit einem Hometrainer mit 3.5-mm-Klinken-Port.
Telefonie: Ich höre super, mein Gegenüber hingegen….
Das Gute zuerst: Wenn ich mich in Innenräumen befinde, sind die Elite 10 kaum zu schlagen. Hier spielt Jabra, die ein grosses Arsenal an Konferenz-Lösungen im Audiobereich zu ihren Produkten zählt, seine ganze Erfahrung aus. Mit der «Anruferlebnis»-Funktion in der Sound+-App kann ich bei Anrufen gar Bässe und Höhen verändern.
Bin ich allerdings draussen, wird es für mein Gegenüber suboptimal. Zwar behauptet Jabra, dass die ANC-Algorithmen deine Stimme von den Nebengeräuschen isolieren. Aber meine Gesprächspartnerin versteht mich offenbar nicht so gut. Immerhin: Es gibt weder draussen noch drinnen Unterbrüche. Die Bluetooth-Verbindung ist stets sehr stabil.
Wie geht es weiter mit Jabra?
In einem Atemzug mit dem Release der neuen Kopfhörer lässt Jabra verlauten, dass sie keine Consumer-Kopfhörer entwickeln werden. Dies führt gezwungenermassen zur Überlegung, ob und wie die Elite 10 nach den zwei angekündigten Jahren noch mit Firmwareupdates und sonstigem Support bedacht werden. Jabra versichert, seine Kunden «nicht im Regen stehenzulassen» – wie das in der Praxis aussieht, wird die Zeit zeigen.
Fazit
Starke, innovative Buds aus Europa – aber auch preislich im Premiumsegment
Pro
- Sound klingt toll
- Coole Transmitterfunktion
- Akkulaufzeit gut
- Kein Schrittschall
Contra
- Draussen telefonieren schwierig
- ANC gut, aber nicht Sony oder Sennheiser-Niveau
![User Avatar](/im/Files/7/5/1/6/1/6/3/2/portrait_florian_001.jpg?impolicy=avatar&resizeWidth=96)
![User Avatar](/im/Files/7/5/1/6/1/6/3/2/portrait_florian_001.jpg?impolicy=avatar&resizeWidth=80)
Seit ich herausgefunden habe, wie man bei der ISDN-Card beide Telefonkanäle für eine grössere Bandbreite aktivieren kann, bastle ich an digitalen Netzwerken herum. Seit ich sprechen kann, an analogen. Wahl-Winterthurer mit rotblauem Herzen.