Huawei Watch GT3 Pro 43mm
42.90 mm, Keramik, nur WLAN, One Size
Die Huawei Watch GT 3 Pro ist laut, hell und läuft wirklich lange. Leider fehlen ihr zentrale Verbindungen und Zugang zu beliebten Apps. Wegen ihres hohen Preises geht die Schlussrechnung in den meisten Fällen nicht auf.
Seit über einem Jahr trage ich eine Apple Watch an meinem Handgelenk. Als mir Huawei die Watch GT 3 Pro zum Testen anbot, nahm ich das Angebot neugierig an. Denn bereits auf den ersten Blick ist sie das komplette Gegenteil der rechteckigen Apple Watch.
Die Huawei Watch GT 3 Pro hat ein grosses, rundes Ziffernblatt mit goldener Umrahmung. Das Gehäuse und das Band glänzen schneeweiss. Auf der rechten Seite sitzt die ebenfalls goldig umrahmte Drehkrone. Darunter ein länglicher, ganz vergoldeter Button.
Dazu kommt ein mehrgliedriges Uhrenarmband, das sich via Faltschliesse öffnen lässt. Bei meinem 43-Millimeter-Testgerät handelt es sich um die Keramikversion – du kannst sie auch etwas günstiger mit Lederarmband kaufen. Es gibt auch ein grösseres 46-Millimeter-Modell mit Titaniumgehäuse.
Hier ein Überblick über die wichtigsten Specs:
Das Ladegerät für die Uhr kommt in der Box mitgeliefert. Es hat einen USB-A-Anschluss. Das ist ok – auch wenn ich einen USB-C-Anschluss praktischer fände.
Damit die Uhr an mein Handgelenk passt, muss ich Teile aus dem Armband entfernen. Dafür legt Huawei einen Mini-Schraubenzieher bei. In seiner kleinen Schachtel finde ich zusätzliche Glieder, um das Armband zu vergrössern.
Nehme ich das mehrgliedrige Uhrenarmband in die Hand, klackern die einzelnen Elemente gegeneinander. Ich bin mir noch nicht sicher, was ich vom Material halte. Die Uhr soll bewusst nicht nach Smartwatch aussehen. Doch das weisse Keramikmaterial erinnert mich auch nicht wirklich an eine klassische Uhr.
Das Auseinandernehmen des Bandes ist mühsam und fummelig. Nach einer Weile habe ich es trotzdem geschafft. Die Uhr schmiegt sich angenehm an mein Handgelenk – ich vergesse aber nicht, dass ich sie trage. Denn sie wiegt 103 Gramm und ist 10,5 Millimeter breit. Ich ziehe zum Test gleich eine Jacke mit engen Ärmeln an. Es ist schwierig, das Ziffernblatt unter dem Bündchen freizubekommen.
Zeit, die Huawei Watch zum Laufen zu bringen. Dafür zücke ich das Oppo Reno 8 Pro. Die Kopplung ist über ein Android-Smartphone dank eines beigelegten QR-Codes etwas praktischer als über das iPhone. Kompatibel sind Apple-Smartphones aber auch ab iOS 9.0. Bei Android-Geräten muss mindestens Version 6.0 installiert sein.
Mit dem QR-Code lande ich bei der Huawei App Gallery – die muss ich mir zuerst herunterladen. Seit mehr als zwei Jahren darf Huawei keine Google-Dienste – und somit auch den Play Store – auf ihren Geräten mehr anbieten.
Erst nachdem ich die Huawei App Gallery installiert habe, kann ich die Huawei-Health-App herunterladen. Mit ihr füge ich die Watch dazu. Das geht schnell und unkompliziert. Jetzt tätige ich meine ersten Schritte auf Harmony OS – dem auf Linux basierten, hauseigenen Betriebssystem von Huawei.
Steuern kann ich die Huawei Watch mit Fingerwischen, Drücken der beiden Knöpfe und Drehen des Drehknopfs. Ein Wisch von rechts nach links führt mich direkt zur Messung der Herzfrequenz. Weiter in die Richtung folgt die Sauerstoffsättigung des Blutes (SpO2), meine Aktivitätsringe (Schritte, Workout, Stehzeit), die Wetterlage, der Mondzyklus und schliesslich das Schlafprotokoll. Das Scrollen durch diese Pages funktioniert flüssig und die einzelnen Apps sind schnell geladen.
Als Watch-OS-Nutzerin ist Harmony OS zuerst gewöhnungsbedürftig. Doch nach ein paar Tagen finde ich mich gut zurecht. Sogar das rechteckig angeordnete App-Menü irritiert mich nicht mehr – ich finde es sogar ziemlich praktisch. Es ist viel übersichtlicher als das runde Bubble-Menu der Apple Watch.
Dass ich mit dem Drehknopf die Ansicht des App-Menüs grösser oder kleiner machen kann, finde ich genial. Dank dieser Zoom-Funktion lande ich viel schneller bei der gewünschten App. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass ich nicht besonders viele hinzufügen kann: Die Auswahl aus der App Gallery ist beschränkt. Ich finde unter anderem eine Taschenrechner- und Kalender-App, Huaweis Karten-App «Petal Maps», Sudoku-, Kalorienzähler- und Workout-Apps oder «Hue Essentials», um smarte Belichtung zu steuern.
Wische ich vom unteren Rand nach oben, erscheint die Mitteilungszentrale. In der Health-App gebe ich an, was ich auf der Uhr empfangen möchte – hier werden auch Mitteilungen von Google-Apps oder Social-Media-Plattformen angezeigt. Ich kann sie aber nicht öffnen.
«Spotify» oder «Google Maps» suchst du vergebens. Die einzig mir bekannte App ist der Timer «Focus To-Do». Auch Assistentinnen wie «Alexa», «Siri» oder der «Google Assistant» können dir nicht unter die Arme greifen. Bei Huawei schmeisst «Celia» den Laden – doch «Celia» kann dir nur beistehen, wenn du auch ein Huawei-Smartphone hast. Wenn du also auf bestimmte Apps oder digitale Assistenten nicht verzichten möchtest, ist die Huawei Watch keine Option für dich.
Die Huawei Watch hat ein 1,32 Zoll grosses AMOLED-Display mit einer Auflösung von 466 x 466 Pixeln. Den genauen Helligkeitsgrad in Nits gibt Huawei nicht an. Doch das Display ist extrem hell. Auch die Farben leuchten satt und lebendig. Wenn du die Uhr zum Schlafen anhast, schraubst du die Helligkeit besser herunter. Geschützt ist das Display durch resistentes Saphirglas.
In den Einstellungen der Uhr aktiviere ich das Always-on-Display. Damit verkürzt sich zwar die Akkulaufzeit, dafür wird die Uhrzeit konstant angezeigt. Auch zwischen verschiedenen Watchfaces kann ich wählen. Auf der Uhr sind ein paar davon direkt verfügbar. Gefallen dir die Motive nicht, kannst du weitere über die Health-App gratis herunterladen oder kaufen.
Die Konnektivität der Huawei Watch ist begrenzt. Sie unterstützt Bluetooth und GPS. Mit Wi-Fi kann sie sich nur über ein Smartphone verbinden. Auch kann ich keine eSim mit der Uhr verwenden – telefonieren oder Nachrichten verschicken ohne ein gekoppeltes Smartphone in der Nähe geht nicht.
Die NFC-Funktion ist in der Schweiz nicht verfügbar. Deshalb kann ich mit der Huawei GT 3 Pro leider nicht bezahlen. Klicke ich auf «Wallet» in der Uhren-Übersicht auf dem Oppo, informiert mich Huawei, dass der Service in meinem Land nicht verfügbar ist. Schade. Mit der Smartwatch zu zahlen, finde ich eine der besten Funktionen dieser Geräte.
Die Watch GT 3 Pro ist mit verschiedenen Sensoren ausgestattet, die Gesundheitsdaten messen. Normalerweise nutze ich diese Funktionen nicht regelmässig. Für diesen Test habe ich sie aber alle ausprobiert. Folgende Dinge sind mir aufgefallen:
Für die Messung der Herzfrequenz klicke ich auf die rote App mit dem weissen Herz. Sie beginnt sofort zu messen. Hier finde ich das kleine Diagramm mit der Übersicht der vergangenen sieben Tage interessant.
Die Sauerstoffsättigung in meinem Blut (SpO2) messe ich über die rote App mit dem weissen Kreis. Dafür muss ich das Handgelenk einige Sekunden stillhalten. Danach zeigt mir die Uhr den Sauerstoffgehalt in meinem Blut über eine Prozentzahl an – im gleichen Diagramm sehe ich zudem meine Herzfrequenz.
Praktisch finde ich die Schlafmessung, die ganz von alleine funktioniert. Ich kann, ohne einen Knopf zu drücken, mit der Uhr am Handgelenk einschlafen und sie weiss, was passiert. Das klappt auch beim nachmittäglichen Nickerchen. In meinem Test stimmen die gemessenen Schlafzeiten. Die Uhr zeigt zudem den prozentualen Anteil der einzelnen Schlafphasen, wie REM-Schlaf, an. Ob diese akkurat sind, kann ich nicht sagen. Das Gleiche gilt für die anderen Gesundheitsmessungen.
Auf der Huawei Watch kann ich auch die Temperatur meiner Haut messen. Sie beträgt gerade 33,1 Grad Celsius – das liege genau im normalen Bereich. Laut Huawei dient diese Messung hauptsächlich dazu, Veränderungen der Hauttemperatur am Handgelenk nach dem Training zu überwachen.
Nützlicher finde ich die Stressmessung. Bei mir landet die Anzeige zum Glück im grünen Bereich. Meistens erkenne ich zwar selber, wann ich gestresst bin oder nicht. Trotzdem kann die Messung helfen, bewusst kürzerzutreten. Vielleicht mithilfe der Atmungsapp. Sie führt dich mit haptischem Feedback durch eine Atmungsübung. Diese und die anderen Gesundheitsmessungen funktionieren ohne gekoppeltes Smartphone. Du musst sie allerdings vorher in der Health-App aktivieren. Die meisten sind standardmässig ausgeschaltet.
Die Huawei Watch bietet eine breite Auswahl an Sportarten, die du tracken kannst. Mit einem Klick am unteren Knopf starte ich schnell den Workout-Modus. Im Verlauf der Session definiert die Uhr mithilfe sogenannter Herzfrequenzzonen fünf Stufen der Trainingsintensität und des Energieverbrauchs. Huawei erklärt in der Health-App ausführlich, was die blau bis rot eingefärbten Stadien genau bedeuten.
Leider kommt mir die Form der Uhr mit ihrem unflexiblen Band bei gewissen Workouts in die Quere. Zum Beispiel beim Yoga. Kopfstände und andere Positionen, die das Handgelenk belasten, sind sehr unangenehm mit der Uhr. Schwimmern, Rennen oder Radfahren funktionieren besser – wenn dich das Gewicht der Uhr am Handgelenk nicht stört.
Die Akkulaufzeit der Watch mit ihrer 292-mAh-Batterie ist sehr gut. Besonders, wenn du an die Laufzeit der Apple Watch gewohnt bist. Huawei sagt, dass die Uhr im Standby-Modus bis zu 7 Tage lang läuft. Das kann ich bestätigen. Je nachdem, welche Messungen und energieintensiven Einstellungen du aktiviert hast, verkürzt sich die Laufzeit – doch auch so liegt sie bei mir bei vier bis fünf Tagen. Die Ladezeit der Uhr ist hingegen kurz. Lege ich die Huawei Watch für etwa 25 Minuten auf den magnetischen Charger, ist der Akku wieder fast um die Hälfte voller. Gemäss Huawei dauert eine vollständige Ladung 85 Minuten.
Eine wirkliche Überraschung sind die Lautsprecher der Watch GT 3 Pro. Zum ersten Mal bemerke ich deren Stärke, als sie lauthals in der Fitnessstunde verkünden, dass ich schon zehn Minuten trainiere. Hastig schraube ich die Lautstärke herunter.
Erst zu Hause zücke ich wieder die vorinstallierte Huawei-Musik-App, um das Volumen nochmals aus der Uhr zu kitzeln. Ein Song von «Delacey» ist vorinstalliert. Du kannst zusätzliche Lieder hochladen. Sie unterstützt die Formate MP3, AAC, WAV, FLAC, M4A und OPUS.
Auch Telefonieren lässt es sich über die Lautsprecher der Watch gut. Zuvor speichere ich dafür ein paar Kontakte innerhalb der Health-App. So kann ich den Anruf direkt über die Uhr starten – doch das Telefon muss in der Nähe bleiben. Meine Freundin am anderen Ende hört mich gut – umgekehrt ebenfalls. Auch wenn die Stimme manchmal leicht scheppert.
Verwendest du für diese Aktivitäten lieber Kopfhörer, kannst du sie über Bluetooth mit der Uhr verbinden. Bei meinen Linkbuds S von Sony funktioniert das prima.
Die Huawei Watch GT 3 Pro läuft lange und zeigt dir genaue Stadien deines Workouts an. Die Gesundheitsmessungen funktionieren auch ohne Smartphone gut. Sie klingt überraschend laut, hat eine flüssige Bedienung und leuchtet mit einem schönen Display. Zudem kann sie interessante Messungen vornehmen.
Leider ist sie für gewisse Sportarten am Handgelenk zu gross und unflexibel. Auf den Bildern finde ich sie schöner als in Wirklichkeit, vor allem wegen des weissen Keramikmaterials. Aktuell kostet die Watch 398 Schweizer Franken, beziehungsweise 413 Euro. Das ist nicht günstig. Vor allem für eine Uhr, der es ohne eSIM, NFC und selbstständiges Wi-Fi an zentralen Funktionen fehlt, um als wirklich smarte Smartwatch durchzugehen. Auch, die vielen beliebten Apps, die du nicht nutzen kannst, fallen negativ ins Gewicht.
Willst du eine schlichte, unauffällige Uhr, die nicht nach Smartwatch aussieht, schaust du dich lieber im Sortiment der hybriden Smartwatches um. Hast du ein iPhone, empfehle ich dir die Apple Watch SE: Sie ist günstiger, du kannst beliebte Apps nutzen und auch ohne Handy telefonieren.
Auch bei Android gibt es günstigere Alternativen mit denselben Vorteilen. Zum Beispiel die Oppo Watch, die auf dem Google-Betriebssystem Wear OS läuft. Nur wenn du dich bereits im Huawei-Kosmos wohlfühlst, dir der Look gefällt und der Preis nicht stört, kann ich dir die Huawei Watch GT 3 Pro empfehlen.
«Ich will alles! Die erschütternden Tiefs, die berauschenden Hochs und das Sahnige dazwischen» – diese Worte einer amerikanischen Kult-Figur aus dem TV sprechen mir aus der Seele. Deshalb praktiziere ich diese Lebensphilosophie auch in meinem Arbeitsalltag. Das heisst für mich: Grosse, kleine, spannende und alltägliche Geschichten haben alle ihren Reiz – besonders wenn sie in bunter Reihenfolge daherkommen.