Fujifilm H2S mit Supertele: Fix genug für flinke Vögel
Produkttest

Fujifilm H2S mit Supertele: Fix genug für flinke Vögel

David Lee
25.10.2022

Die Fujifilm H2S kommt nahe an die besten Sport- und Wildlife-Kameras heran und kostet nicht einmal halb so viel. Wenn du kein Vermögen ausgeben willst, ist sie eine interessante Alternative.

Schon wieder ein Kameratest mit Vogelfotos. Muss das sein?

Ja. Die Fujifilm H2S ist eine Kamera für Sport- und Wildtierfotografie. Sie hat eine schnelle Serienbildfunktion. Sie unterstützt superschnelle CFexpress-Karten, damit die riesigen Datenmengen schnell aus dem Zwischenspeicher geschaufelt werden und es nicht zu einem Pufferüberlauf kommt. Am Wichtigsten: Der Autofokus ist schnell und erkennt neben diversen Motiven auch Vögel.

Wieso es eine spezielle Kamera für Tierfotografie braucht

Sport und Wildlife stellen hohe Anforderungen an die Ausrüstung. Für die Vogelfotografie gilt das besonders, denn Vögel sind oft schnell, klein und weit weg. Wenn auch nicht immer.

Zugleich ist Tierfotografie einer der wenigen Gründe, warum du im Jahr 2022 eine neue Kamera brauchst. Landschaftsaufnahmen gelingen auch mit einer fünf oder zehn Jahre alten Spiegelreflexkamera bestens – sogar mit einem Smartphone werden sie ordentlich. Ganz anders sieht es aus, wenn du ein weit entferntes Motiv einfangen willst, das sich auch noch schnell bewegt. Hier braucht es eine moderne, auf diesen Zweck zugeschnittene Kamera und auch ein entsprechendes Objektiv.

Zum Beispiel die Fujifilm H2S und das ebenfalls in diesem Jahr erschienene Supertele von Fujifilm.

Fujifilm X-H2S (26.16 Mpx, APS-C / DX)
Kamera
EUR2309,–

Fujifilm X-H2S

26.16 Mpx, APS-C / DX

Fujifilm Fujinon XF 150-600mm f/5.6-8 R LM OIS WR (Fujinon XF, APS-C / DX)
Objektiv
EUR2139,–

Fujifilm Fujinon XF 150-600mm f/5.6-8 R LM OIS WR

Fujinon XF, APS-C / DX

Dieser Test beschränkt sich auf die Tauglichkeit der H2S als Wildtierkamera. Anderes, wie etwa die Videofunktion, habe ich nicht getestet und kann dazu nichts sagen.

Die Kamera mit schnellem Sensor

Was die H2S auszeichnet, habe ich schon beschrieben. Wichtig für die Wildtierfotografie: Du wählst zwischen dem elektronischen Verschluss, der mit bis zu 40 Bildern pro Sekunde sehr schnell ist, und dem mechanischen Verschluss. Dabei sind immerhin noch 15 Bilder pro Sekunde möglich und es gibt keine Rolling-Shutter-Effekte. Die Kamera kann auch so eingestellt werden, dass sie bei einer kürzeren Verschlusszeit als 1/8000 Sekunde automatisch auf elektronisch umschaltet – weil das nur elektronisch geht.

Die Fujifilm H2S hat einen Stacked Sensor, der schnell ausgelesen werden kann. Das sollte die Rolling-Shutter-Effekte auch mit elektronischem Verschluss auf ein Minimum reduzieren. Ganz verschwinden sie aber nicht: Die sehr schnellen Flügel des Ventilators in meinem Test werden immer noch leicht verzerrt dargestellt. Der Effekt ist jedoch viel geringer als etwa bei der Canon EOS R7, die keinen Stacked Sensor hat.

Rolling Shutter der Fujifilm H2S: Nur bei sehr schnellen Bewegungen gibt es eine erkennbare Verzerrung.
Rolling Shutter der Fujifilm H2S: Nur bei sehr schnellen Bewegungen gibt es eine erkennbare Verzerrung.
Zum Vergleich der viel stärkere Rolling-Shutter-Effekt der Canon EOS R7.
Zum Vergleich der viel stärkere Rolling-Shutter-Effekt der Canon EOS R7.

Der Sensor der Kamera hat die Grösse APS-C (ungefähr 24×18 mm). Er ist damit gleich gross wie bei der Canon EOS R7, jedoch kleiner als bei den meisten Sportkameras, die normalerweise das Vollformat (36×24 mm) nutzen.

Das Objektiv mit starkem Tele-Effekt

600 Millimeter Brennweite mit APS-C-Sensor bedeutet, dass du den gleichen Bildausschnitt erreichst wie bei einer Vollformatkamera mit 900 Millimetern. Das ist sehr viel. Die Lichtstärke ist mit f/8 am langen Ende nicht hoch, aber bereits bei 500 Millimetern steigert sie sich auf f/7,1. Immerhin. Gemessen an seiner Brennweite ist das Objektiv sehr leicht. Die Küchenwaage zeigt 1843 Gramm – betriebsbereit, also mit Stativschelle und Gegenlichtblende, aber ohne Schutzdeckel. Zum Vergleich: Das 200-600mm-Objektiv von Sony ist mit 2421 Gramm deutlich schwerer.

Mit gut 30 Zentimetern ist das Fujinon XF 150-600mm allerdings fast so lang wie das Sony-Objektiv, passt also nur in einen grossen Rucksack. Gemeinsam mit dem Sony-Objektiv hat es auch die Innenfokussierung; das Objektiv bleibt beim Zoomen immer gleich lang.

Neben dem Fokus- und dem Zoomring hat das 150-600mm einen Blendenring, den ich in diesem Test nie gebraucht habe. Er geht sehr leicht. Eine stufenlose Blende für Videos ist damit nicht möglich.

Der Fokusmotor arbeitet nahezu geräuschlos – sogar der Bildstabilisator ist lauter. Schnell ist er auch – wie schnell genau, kann ich nicht messen. Jedenfalls hat er zur weiteren Erhöhung der Geschwindigkeit einen Regler, der den Fokusbereich auf fünf Meter bis unendlich beschränkt. Ansonsten stellt der Fokus bereits ab 2,4 Meter scharf, was einer 0,24-fachen Vergrösserung entspricht.

Ich habe das Objektiv ohne Stativ ausprobiert. Bei dem Gewicht geht das gut, auch wenn ein Einbeinstativ durchaus komfortabel wäre, wenn du länger auf der Lauer bist.

Das Fujinon XF150-600mm hat ein schönes Bokeh. Leider wollte sich in dieser Lichtsituation partout kein Vogel zeigen.
Das Fujinon XF150-600mm hat ein schönes Bokeh. Leider wollte sich in dieser Lichtsituation partout kein Vogel zeigen.

Der Autofokus: Brauchbares Vogel-Tracking

Die Vogelmotiv-Erkennung funktioniert im Grossen und Ganzen so, wie ich es erwartet habe. Die Kamera erfasst den Vogel schnell und hält ihn im Fokus. Der Fokus wechselt je nach Grösse zwischen Körper, Kopf und Auge. Es kommt immer noch zu vielen unscharfen Bildern, aber die Trefferquote liegt im brauchbaren Rahmen.

Nicht ganz überzeugend finde ich das Verhalten des Autofokus, wenn mehrere Vögel im Bild sind. In diesem Fall kann ich nicht selbst auswählen, auf welchen Vogel ich scharf stellen will. Die Kamera fokussiert auch nicht immer auf den Vogel, der am nächsten bei der Kamera liegt.

Die Objekterkennung lässt sich mit Presets optimieren. Je nach Situation wählst du eine andere Geschwindigkeit, Empfindlichkeit und Zonenbereichsumschaltung. Ich habe das in meinen Tests auf der Standard-Einstellung gelassen.

Das Verhalten des kontinuierlichen Autofokus lässt sich mit Presets oder manuell einstellen.
Das Verhalten des kontinuierlichen Autofokus lässt sich mit Presets oder manuell einstellen.

Elektronischer Verschluss mit Vor-Auslöser

Zuerst habe ich konservativ mit mechanischem Verschluss fotografiert, bin dann aber auf elektronisch umgestiegen. Zum einen konnte ich – anders als im Test mit dem Ventilator – keine Verzerrungen durch Rolling Shutter erkennen, auch bei schnellen Flügelschlägen nicht. Ich profitiere somit von einer höheren Geschwindigkeit ohne Nachteile.

Kein perfektes Bild, aber es zeigt, dass der elektronische Verschluss auch bei schnellen Bewegungen zu gebrauchen ist. Die Geometrie der Flügel stimmt.
Kein perfektes Bild, aber es zeigt, dass der elektronische Verschluss auch bei schnellen Bewegungen zu gebrauchen ist. Die Geometrie der Flügel stimmt.

Als noch grösserer Vorteil stellte sich der Vor-Auslöser heraus – englisch «Pre-shot electronic shutter». Der ist nur mit elektronischem Verschluss verfügbar. Damit beginnt die Bildserie nicht erst beim Drücken des Auslösers, sondern bereits ab dem Moment, wo du fokussierst. Das ist nützlich, wenn du etwa einen Vogel anpeilst und der plötzlich losfliegt. Den obigen Spatzen hätte ich ohne Vorauslöser nicht erwischt.

Der Trick dabei ist simpel: Die Bilder werden kontinuierlich gespeichert, aber nicht auf die Karte geschrieben. Sie verbleiben für kurze Zeit im Pufferspeicher und werden gelöscht, wenn der Auslöser nicht in den nächsten Sekunden gedrückt wird. Dadurch reduziert sich die Akkulaufzeit etwas, aber die ist bei der H2S generell kein Problem. Der Vorauslöser ist bei Fujifilm nicht neu, war aber wohl noch nie so nützlich wie bei der H2S.

Bildqualität: Eine Frage des Lichts

Die schnellen Bewegungen der Vögel erfordern eine sehr kurze Belichtungszeit und das Objektiv ist mit f/8 nicht besonders lichtstark. Bei Sonnenschein ist das kein Problem. Hier, in der schwachen Abendsonne, reichen 800 ISO bei einer Verschlusszeit von 1/1600 Sekunde.

1/1600 Sekunde, 800 ISO, f/8, 600 mm.
1/1600 Sekunde, 800 ISO, f/8, 600 mm.

Im Schatten oder bei schlechtem Wetter allerdings schnellt die Sensorempfindlichkeit auf 6400 ISO hoch, und manchmal reicht sogar das nicht aus. Das Bild muss dann mit einer zu hohen Empfindlichkeit aufgenommen oder nachträglich aufgehellt werden – beides führt zu starkem Rauschen. Etwa bei diesem Foto, das ich an einem trüben Herbstmorgen aufgenommen habe.

1/4000 Sekunde, 6400 ISO, f/8, 600 mm.
1/4000 Sekunde, 6400 ISO, f/8, 600 mm.

Das ist nicht spezifisch ein Problem dieser Kamera – die Bilder werden mit jeder Ausrüstung schlechter, wenn das Licht abnimmt. Beim Test der Canon EOS R7 war das keineswegs besser. Aber mit etwas mehr Lichtstärke beim Objektiv und einem Vollformatsensor hättest du mehr Spielraum.

Bei der Fujifilm H2S kommt hinzu, dass der Sensor nur 26 Megapixel hat. Mit einer hohen Auflösung lässt sich das Bild durch Herunterskalieren auch mit hoher ISO-Zahl noch scharf und rauscharm machen. Bei 26 Megapixeln geht das nur, wenn der Vogel formatfüllend abgelichtet wird. Und das ist schwierig, wenn die Belichtungszeiten besonders kurz sind – nämlich wenn der Vogel fliegt. Im folgenden Beispiel verringert sich die Auflösung durch den Beschnitt auf 4,3 Megapixel.

1/5000 Sekunde, 1250 ISO, f/7,1, 391 mm.
1/5000 Sekunde, 1250 ISO, f/7,1, 391 mm.
Beim Zuschneiden leidet die Qualität (Schärfe, Rauschen).
Beim Zuschneiden leidet die Qualität (Schärfe, Rauschen).

Bedienung: keine besonderen Vorkommnisse

Die Bedienung habe ich als unauffällig erlebt, und das werte ich als gutes Zeichen. Obwohl ich nicht sehr erfahren bin mit Fujifilm-Kameras, bin ich problemlos zurechtgekommen und konnte die Kamera auf meine Bedürfnisse einstellen. Positiv aufgefallen ist mir, dass das Moduswählrad nicht weniger als sieben Custom-Modi hat. Im Test brauchte ich nur zwei, aber wenn ich die Kamera kaufen würde, wäre das sicher von Vorteil.

Bei der Fujifilm H2S kann man die Bilder einer Serie nicht gruppieren, was ich schon im Test der Canon EOS R7 kritisiert habe.

Vergleich mit der Konkurrenz

Gegenüber der Canon EOS R7, die ebenfalls eine Sport- und Wildtierkamera mit APS-C-Sensor ist, kostet die Fujifilm H2S mehr, bietet aber auch mehr. Das wichtigste Detail gegenüber der R7 ist der Stacked Sensor, womit der elektronische Verschluss öfter verwendet werden kann. Zudem ist mit der Fujifilm-Kamera ein voller Pufferspeicher nur selten ein Thema. Die Motiverkennung ist aber nicht besser als bei der R7.

Wer sich in ein System einkauft, will Sicherheit. Da sehe ich ein Plus bei Fujifilm: Grundsätzlich kannst du dich darauf verlassen, dass der Hersteller das APS-C-Format ernst nimmt, weil er kein Vollformat hat – nur das Mittelformat, das für Sport und Wildlife ungeeignet ist. Canon und Sony dagegen behandeln APS-C eher als Schmalspur-Version ihrer Vollformat-Flaggschiffe.

Gegenüber schnellen Vollformatkameras wie der Sony Alpha 1 oder der Nikon Z 9 weist die Fujifilm H2S Schwächen bei der Auflösung auf, was bei beschnittenen Bildern mit hoher ISO ein Problem ist. Der Autofokus scheint mir auch nicht ganz auf der Höhe der Besten zu sein, aber auch nicht meilenweit davon entfernt. Er erfüllt seinen Zweck.

Fazit: Willkommen im Club!

Die Fujifilm H2S ist eine sehr willkommene Ergänzung im Club der Sport- und Wildtier-Kameras. Denn sie siedelt sich preis- und leistungsmässig in der Mitte an, die bislang noch unbesetzt war: über der Canon EOS R7, aber unter den Vollformat-Sportkameras. Gegenüber den besten schnellen Kameras musst du Abstriche machen, sparst aber mehrere Tausend Franken. Unter dem Strich ist das ein guter Deal. Und mit dem 150-600mm hat Fujifilm ein passendes Supertele, das bei geringem Gewicht genug Brennweite liefert und auch schnell genug ist.

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Durch Interesse an IT und Schreiben bin ich schon früh (2000) im Tech-Journalismus gelandet. Mich interessiert, wie man Technik benutzen kann, ohne selbst benutzt zu werden. Meine Freizeit ver(sch)wende ich am liebsten fürs Musikmachen, wo ich mässiges Talent mit übermässiger Begeisterung kompensiere. 


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