Kellogg's Adventskalender Kellogg's
Flop Tarts – das Frühstück aus der süssen Hölle
Pop Tart: Der Zuckerwürfel in Gebäckform wurde in den 1960er-Jahren als Ergänzung zum Frühstück entwickelt und hält sich immer noch als solches. Ein Blick auf die Zutatenliste lässt mir die Kinnlade herunterklappen. Wie darf so etwas als Frühstück beworben werden?
Erster Dezember. Verschlafen schlurfe ich ins Wohnzimmer. Ein riesiges Paket liegt dort. «Ein Geschenk für dich», trötet mein Freund aus der Küche. Erfreutes Tänzchen meinerseits. Moment, erster Dezember? Es muss ein Adventskalender sein. Ich reisse das Geschenkpapier auf. Es ist ein Adventskalender. Und zwar nicht irgendeiner.
Inzwischen ist der Kalender nicht mehr verfügbar – zurecht.
«Du hast mir erzählt, dass du alle Cornflakes-Sorten ausprobieren willst. Deshalb der Kalender. Jeder Tag ein neuer Geschmack», meint mein Freund. Ich bin gerührt. Ja, auf meiner Bucket-List stehen Frühstücksflocken ganz weit oben. Selbst kaufe ich mir sie praktisch nie. Weil sie zu viel Zucker haben und keine Woche in meinem Schrank überleben. Etwas Besseres als eine Sammlung von kleinen Probierpaketen kann ich mir in diesem Zusammenhang nicht vorstellen.
Was der Bauer kennt, langweilt ihn
Vorfreudig öffne ich das erste Türchen. Frosties. Okay. Das ist keine Überraschung, die mich aus den Socken haut. «Bis Weihnachten sind es noch 23 Türchen. Da kann noch viel passieren», hoffe ich. Aber auch das zweite Fenster schenkt mir eine mässig spannende Sorte. Choco Krispies. Ich liebe sie, aber jetzt will ich doch endlich etwas Neues ausprobieren.
Eine unerwartete Wendung
Tag drei: Ich suche das richtige Türchen und reisse es auf, etwas weniger enthusiastisch als noch am Vortag. Mir springt eine harte, silberne Verpackung entgegen. Darauf steht in blauen Buchstaben «Pop Tarts». Und etliche Sprechblasen, mit Sprüchen wie «I have a funny filling about this». Laugh out loud.
An dieser Stelle muss ich zugeben, dass ich noch nie einen Pop Tart gesehen habe und keine Ahnung habe, was mich da erwartet. Nur der Name lässt ein Glöckchen irgendwo im Hinterstübchen klingeln. Aus Hollywood-Filmen oder so. Wie auch immer, endlich etwas Neues.
Ich öffne die Verpackung und finde zwei ziemlich grosse Kekse darin. Beide mit einer Ladung hartem Zuckerguss und farbigen Streuseln bedeckt. Der erste Biss überfordert meine Geschmacksknospen. Die Süsse von Mürbeteig und Zuckerguss wird nur noch von der Konfitürenfüllung übertroffen. Ich kann mich nicht entscheiden. Mag ich sie oder nicht? Schneller als ich es glauben kann, verschwindet der Keks aus meiner Hand und ich sehe nur noch ein letztes Stück auf dem Teller. Habe ich etwa das ganze Teil verschlungen?
Der zweite geht dann nicht mehr ganz so einfach runter. Der Zuckerrausch hat nachgelassen und ich realisiere, was da auf meinem Teller liegt. Eine Zuckerbombe. Mit einem leicht künstlichen Beigeschmack. Na ja, nichts Weltbewegendes. Aber aus irgendeinem Grund müssen sie ja so beliebt sein. Mache ich etwas falsch? Ich recherchiere.
Ein Törtchen mit Geschichte
Und tatsächlich habe ich etwas falsch gemacht. Die Pop Tarts werden traditionellerweise getoastet und warm gegessen. In den 1960er-Jahren entwickelt die Firma Post Cereals das erste Frühstückstörtchen mit dem Namen Country Squares. Kurz danach bringt Kellogg’s ein ähnliches Erfolgsgebäck auf den Markt und nennt es Pop Tarts – in Anlehnung an die Kunstrichtung Pop Art des berühmten Andy Warhols. Das Törtchen wird ein Erfolgsschlager. Im Frühling dieses Jahres wurde sogar ein Kinofilm dazu gedreht. 38 Prozent der Inhaltsstoffe von Pop-Tarts sind Zucker. Dementsprechend besteht ein einzelner Keks (48 Gramm) aus 18 Gramm Zucker. Das ist etwas mehr, als in einem ganzen Becher Schokoladenjoghurt drin ist. Ich sage es nochmals: EIN EINZELNER KEKS!
Gut, Weihnachtskekse bestehen oftmals auch zur Hälfte aus Zucker, aber diese gibt es halt nur im Winter. Pop Tarts hingegen wurden als warme Ergänzung zu den bereits süssen Frühstücksflocken konzipiert und halten sich als solche anscheinend noch immer. Kellog’s hat im Jahr 2022 alleine drei Milliarden Pop Tarts verkauft.
Bekomme ich das gebacken?
Wenn so viele von dem Gebäck angefressen sind, dann muss etwas dran sein. Eine Anhängerin bin ich noch nicht, aber ich schreibe die Kekse noch nicht ganz ab. Wie soll ich auch? Im Laufe des Dezembers wächst nämlich meine Pop-Tart-Sammlung. Der Kalender ist voll damit.
Weil ich keinen Toaster besitze, muss mein Backofen an die Arbeit. Vorheizen, hineinschieben, warten. Ich backe die Törtchen bei 200 Grad und nehme sie nach vier Minuten wieder raus. Das war wohl zu lange, denn die Ränder sind leicht verkohlt. Der Rest sieht aber noch genauso aus wie vorher, nur dass jetzt ein süsser Geruch in der Luft liegt.
Ich beisse rein. Der Keksteig ist knuspriger und schmeckt weniger künstlich als vorher. Die Konfitüre ist weicher geworden und der Zuckerguss ist immer noch knackig. Ich verstehe es jetzt ein bisschen besser, wie man darauf abfahren kann.
Ein Frühstück, wie es sich nur Kinder ausdenken können
Vielleicht weckt es Erinnerungen an eine vermeintlich unbeschwerte und süsse Zeit. Mein Pendant dazu ist der Pik & Croq-Schmelzkäsedip, das Milchbrötchen oder die Capri-Sonne. Würde ich diese Lebensmittel heute zum ersten Mal probieren, würden sie mir sicherlich nicht so gut schmecken wie mit dieser gehäuften Portion an Melancholie. Trotzdem: In einer Zeit, in der Übergewicht und die daraus folgenden Erkrankungen wie etwa Diabetes ein ernsthaftes Problem darstellen, grenzt es an Zynismus, einen Zuckerkeks als Frühstücksergänzung zu vermarkten.
Da haben Kellogg's und Konsorten mit ihrer für Kinder ansprechenden Werbekampagnen Generationen von zuckerhungrigen Kunden und Kundinnen erschaffen. Sodass ich es mir noch immer nicht verkneifen kann, alle Frühstücksflocken einmal zu probieren. Mist.
Die Wände kurz vor der Wohnungsübergabe streichen? Kimchi selber machen? Einen kaputten Raclette-Ofen löten? Geht nicht – gibts nicht. Also manchmal schon. Aber ich probiere es auf jeden Fall aus.