«Es tut uns leid» – Unity krebst bei neuem Bezahlmodell zurück
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«Es tut uns leid» – Unity krebst bei neuem Bezahlmodell zurück

Die Game-Engine Unity verwirft ihre Pläne für ein neues Bezahlmodell. Das Unternehmen wurde für die geplanten Änderungen von diversen Entwicklerstudios scharf kritisiert.

Unity verwirft die Pläne für ein neues Bezahlmodell. Das Unternehmen hatte erst am 12. September eine neue monatliche Gebühr für ihre Game-Engine angekündigt – die sogenannte «Runtime Fee». Diese wäre zusätzlich zu den bereits bestehenden Lizenzgebühren angefallen und hätte sich nach der Anzahl Downloads eines Games gerichtet. Viele Indie-Studios sahen sich aufgrund der Änderungen in ihrer Existenz bedroht. Einige davon haben bereits angekündigt, für ihr nächstes Projekt auf eine andere Engine zu wechseln.

Die ganzen Details zur geplanten Änderung kannst du hier nachlesen:

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    Game-Engine Unity verärgert Indie-Studios mit bizarrer Bezahlstruktur

    von Domagoj Belancic

So sieht das neue, neue Gebührenmodell aus

In einem Blog-Post entschuldigt sich Marc Whitten, Präsident des «Unity Create»-Programms, für die turbulenten zwei Wochen: «Es tut mir leid. Wir hätten mit mehr von euch sprechen und mehr von eurem Feedback berücksichtigen sollen, bevor wir unsere ‹Runtime Fee› angekündigt haben. (...) Wir haben eure Bedenken gehört und nehmen Änderungen an der angekündigten Richtlinie vor».

Das überarbeitete Gebührenmodell unterscheidet sich signifikant von den ursprünglichen Plänen. Für die kostenlose «Unity Personal»-Lizenz gibt es keine «Runtime Fee» mehr. Im ursprünglichen Plan hätte Unity ab einer Grenze von 200 000 Downloads pro zusätzlicher Installation 20 Cent verdient. Viele Indie-Studios und Free-to-Play-Anbieter hätten diese zusätzlichen Kosten nicht stemmen können. Ein netter Bonus obendrauf: Wer die kostenlose Lizenz nutzt, ist nicht mehr an den «Made with Unity»-Einblender beim Start des Spiels gebunden. Zudem wird die Umsatz-Grenze für die Nutzung der «Unity Personal»-Lizenz auf 200 000 Dollar angehoben. Zuvor lag diese bei 100 000 Dollar.

Runtime Fee verschwindet nicht komplett

Für Unternehmen, die mehr Geld erwirtschaften und die «Unity Pro»- oder «Unity Enterprise»-Lizenzen lösen müssen, gibt es ebenfalls gute Nachrichten. Die «Runtime Fee» wird erst mit der nächsten Unity-Version angewendet. Games, die mit der aktuellen (oder einer älteren) Version von Unity hergestellt werden, unterliegen den neuen Gebühren nicht. Das ist ein erheblicher Fortschritt zu den bisherigen Plänen. Diese hätten vorgesehen, dass die «Runtime Fee» rückwirkend auf alle Unity-Versionen angewendet wird.

Unabhängig von der genutzten Lizenz wird die «Runtime Fee» nicht auf Games angewendet, die in den letzten zwölf Monaten weniger als eine Million Dollar Umsatz generiert haben. Unterliegt ein Spiel den neuen Gebühren, kann ein Studio entscheiden: Entweder drückt es 2,5 Prozent des monatlichen Umsatzes oder die monatlichen Download-Kosten, die durch die «Runtime Fee» entstehen, an Unity ab. Beide Zahlen werden von den Studios selbst erhoben und angegeben. Das ist ebenfalls ein grosser Unterschied zur ursprünglichen Ankündigung. In dieser hätte Unity die Download-Zahlen von Games getrackt. Wie genau das technisch funktioniert hätte, hat das Unternehmen nie erklärt.

Kann Unity das Vertrauen zurückgewinnen?

Neben dem Blogpost stellt sich Whitten in einem ausführlichen Q & A den Fragen der Community:

Ein grosser Diskussionspunkt im Video sind die gelöschten Unity-Nutzungsbedingungen auf GitHub. 2019 hat Unity eine GitHub-Seite eingerichtet, auf der sie laufend Änderungen zu ihren Nutzungsbedingungen vermerkt haben. Diese Seite wurde kurz vor der Ankündigung der neuen «Runtime Fee» komplett gelöscht. Viele Studios sahen in diesem Schritt einen unwiderruflichen Vertrauensbruch.

Der «Unity Create»-Präsident entschuldigt sich im Video nochmals bei den Studios. Für Unity sei es wichtig, das Vertrauen der Community zurückzugewinnen. Er bekräftigt, dass sich Nutzerinnen und Nutzer der Game-Engine auf bestimmte Bedingungen verlassen können müssen, wenn sie Unity verwenden. Rückwirkende Änderungen sollen in Zukunft nicht mehr vorkommen. Die GitHub-Seite sei zudem wieder komplett wiederhergestellt worden.

Auf X, ehemals Twitter, bekräftigt das Unternehmen, dass hinter dem Löschen der Nutzungsbedingungen keine böswillige Intention dahinterstand. Die Seite sei entfernt worden, weil sie «zu wenige Views hatte».

Die etwas merkwürdige Erklärung für das Löschen der Nutzungsbedingungen.
Die etwas merkwürdige Erklärung für das Löschen der Nutzungsbedingungen.
Quelle: Domagoj Belancic / X

Was sagen die Studios?

Gamesradar hat nach der Ankündigung mit zahlreichen Entwicklerinnen und Entwicklern geredet. Die Reaktionen reichen von Skepsis bis Erleichterung.

Viele Studios sehen in den neuen Bedingungen eine Verbesserung – das sei im Vergleich zur katastrophalen «Runtime Fee» aber auch nicht schwer gewesen. Das Problem sei zudem nicht der Inhalt der Bezahlmodelle, sondern das verlorene Vertrauen in das Unternehmen. Mit den Änderungen kann Unity verhindern, dass aktuelle Games auf neue Engines portiert werden, eine langfristige geschäftliche Beziehung können sich viele Studios aber trotzdem nicht mehr vorstellen. Bemängelt wird auch die unnötige Komplexität des neuen Modells. Dass Unity die Idee hinter der «Runtime Fee» nicht komplett sterben lassen will, lässt zudem Skepsis aufkommen.

Einige Studios sehen trotz Änderungen keinen Grund mehr, für künftige Projekte bei Unity zu bleiben. Die Kosten für die Nutzung seien jetzt zwar besser planbar, aber ungefähr gleich hoch wie bei der Unreal Engine. Diese punktet im Vergleich zu Unity mit zahlreichen High-End-Features und mehr Stabilität.

Titelfoto: Domagoj Belancic

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Meine Liebe zu Videospielen wurde im zarten Alter von fünf Jahren mit dem ersten Gameboy geweckt und ist im Laufe der Jahre sprunghaft gewachsen.


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