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Meinung

Diese sieben Games würde ich am liebsten vergessen und noch einmal spielen

Es gibt Spiele, die so gut sind, dass ich sie aus meinem Gedächtnis verbannen möchte – damit ich sie noch ein weiteres Mal frisch und unvoreingenommen zocken kann.

Die folgenden sieben Spiele haben mich entweder mit krassen Plot-Twists schockiert, mit revolutionären Gameplay-Ideen begeistert oder emotional stark berührt. Hätte ich die Möglichkeit, würde ich mich ohne zu zögern selber blitzdingsen oder in der Zeit zurückreisen, um diese ikonischen Gaming-Momente nochmal neu zu erleben.

Achtung – es folgen Gameplay- und Story-Spoiler für einige der aufgelisteten Games.

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    Ab wann ist ein Spoiler kein Spoiler mehr?

    von Domagoj Belancic

7) «Spec-Ops: The Line» (2012)

Auf den ersten Blick sieht «Spec Ops: The Line» wie ein generischer Cover-Shooter mit viel US-Patriotismus à la «Call of Duty» aus. Auf den zweiten Blick offenbart sich hinter der hirnlosen Militär-Shooter-Fassade eine spannend erzählte und nuancierte Geschichte.

Ich übernehme die Rolle von Martin Walker, einem amerikanischen Soldaten, der in den Ruinen Dubais nach Überlebenden eines verschollenen US-Militärtrupps sucht. Mit zunehmendem Spielverlauf gerät Walker immer wieder in Situationen, in denen er gezwungen wird, moralisch verwerfliche Entscheidungen zu treffen.

Sieht nach ödem Shooter aus – dahinter verbirgt sich aber viel mehr.
Sieht nach ödem Shooter aus – dahinter verbirgt sich aber viel mehr.
Quelle: 2K Games

Den traurigen Höhepunkt erreicht die Geschichte, als der Soldat einen mit weissem Phosphor geladenen Mörser findet und diesen zündet. Statt eines feindlichen Soldatentrupps tötet er damit unzählige unschuldige Zivilisten, mehrheitlich Frauen und Kinder. Diese grausame Tat treibt Walker an den Rand des Wahnsinns. Sein Trauma verarbeitet er mit Halluzinationen, die das Game zunehmend in das Psycho-Horror-Genre abdriften lassen. Das Töten von Gegnern macht keinen Spass mehr, die Soldaten sind keine Helden und die USA stehen nicht als moralisch bedenkenlose Supermacht dar.

Die brutale Erzählweise hat einen bleibenden Eindruck auf mich hinterlassen und mich über das hirnlose Geballere anderer Militär-Shooter nachdenken lassen. Das war auch das erklärte Ziel des Entwicklerstudios Yager: Fans von Shootern wie «Call of Duty» und Co. anlocken und sie dann mit grauenvollen Wendungen schockieren.

Schade nur, hat Publisher 2K Games das Spiel 2024 aus allen digitalen Stores entfernt – aufgrund von «auslaufenden Lizenzen». Der Youtube-Kanal «Game Maker's Toolkit» erklärt in einer ausführlichen Analyse, wieso das verdammt schade ist:

6) «Red Dead Redemption» (2010)

Rockstars Western-Epos ist voller einzigartiger Momente, die ich gerne nochmal ohne Vorwissen erleben möchte. Zwei davon haben sich besonders tief in mein Gamer-Hirn gebrannt.

Da wäre zum einen die wunderschöne Mexiko-Szene. Nach unzähligen Spielstunden in der Western-Welt von New Austin gibt mir «Red Dead Redemption» Zugang zu einem komplett neuen Spielgebiet.

Während ich mit meinem treuen Pferd über die Grenze galoppiere, ertönt «Far Away» von José Gonzalez im Hintergrund. Sanfte Gitarrenklänge und eine melancholische Melodie begleiten meinen Aufbruch in ein neues Abenteuer. Sie erzeugen eine ganz spezielle Atmosphäre, die ich so in einem Open-World-Spiel noch nie erlebt habe. Gänsehaut.

Auch das Ende hat einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Der Hauptcharakter John Marston wird im Verlauf des Spiels von der amerikanischen Regierung gezwungen, Mitglieder seiner ehemaligen Gang zu töten. Am Ende baut sich John nach getaner Arbeit eine neue Existenz mit seiner Familie auf einer kleinen Farm auf.

Die Idylle zerbricht schnell. Die US-Regierung hintergeht John und kreuzt mit dem Militär bei ihm Zuhause auf. Frau und Kind können sich retten, John wird vor seiner Scheune exekutiert. Einen Spielcharakter, mit dem ich so viele Stunden verbracht habe, so durchlöchert und blutig am Boden zu sehen, tut weh. Ich bin wütend. Ich will Rache. So habe ich mich noch nie in einem Game gefühlt.

Nach diesem Schock folgt gleich die nächste Überraschung. Statt eines Abspanns serviert mir das Game einen Epilog, in dem ich viele Jahre nach Johns tragischem Tod seinen Sohn spiele. Als Jack Marston habe ich die Gelegenheit, meinen Vater zu rächen. Ich suche den Verräter aus der Regierung auf und erschiesse ihn in einem Duell. Süsse Rache. Und der Kreislauf der Gewalt beginnt von vorne. Was für ein poetisches und absolut perfektes Ende.

5) «Uncharted 2» (2009)

Das zweite «Uncharted»-Game hat die Messlatte für die Inszenierung von AAA-Games verdammt hoch gesetzt. Vor Nathan Drakes epischem Abenteuer fühlte sich kein anderes Spiel so bombastisch und so cineastisch an.

Mit rund zehn Stunden Spielzeit ist es ein eher kurzes Erlebnis – dafür umso vollgestopfter mit unvergesslichen «WTF»-Momenten. Besonders ein Kapitel hat mich damals mit offenem Mund vor dem Fernseher sitzen lassen: «Locomotion». Oder auch bekannt als: das Zug-Level.

Nate springt aus einem fahrenden Auto auf einen fahrenden Zug. Auf diesem muss er sich durch unzählige Gegner prügeln und schiessen. Das Zielen fällt schwer, denn der Zug ruckelt und schwankt. Die Kurven sorgen dafür, dass meine Schusslinie immer wieder durchbrochen wird. Ab und zu hangelt sich Nate auch auf der Aussenseite des Zugs entlang oder rennt auf dem Dach herum. Dabei muss ich regelmässig Hindernissen ausweichen wie Tunnellampen oder Strommasten.

Das Level eskaliert noch weiter. Plötzlich greift ein riesiger Kampfhubschrauber mit Maschinengewehren und Raketen an. Springe ich nicht rechtzeitig auf den nächsten Wagon, werde ich gnadenlos weggeballert. Doch damit nicht genug. Mit der Zeit verlässt der Zug den ursprünglichen Dschungel und fährt nach einem langen Tunnel durch eine eisige Schneelandschaft. Zum Schluss lasse ich den Zug mit einer Explosion entgleisen und eine Klippe herabstürzen.

Auch nach heutigen Standards ist die Action-Sequenz beeindruckend anzusehen. Das sieht nicht wie ein Game, sondern wie ein teuer produzierter Hollywood-Blockbuster aus. Ein Blockbuster, den ich selber spielen kann. Was würde ich dafür geben, nochmals so von einem Action-Setpiece in einem Game begeistert zu werden.

Ich vermisse dich und deine übermenschlichen Stunts, Nate.
Ich vermisse dich und deine übermenschlichen Stunts, Nate.
Quelle: Youtube/Champs Network

4) «The Last of Us Part II» (2020)

Wenn es um fiktive Geschichten geht, bin ich ein kleiner Masochist. Ich liebe es, zu leiden. Je mehr mich eine Story emotional zerstört, desto spannender finde ich sie. Im Gaming-Bereich hat mich kein anderes Spiel so demoliert wie «The Last of Us Part II».

An dieser Stelle nochmals eine gesonderte Spoiler-Warnung!

Naughty Dogs postapokalyptisches Drama bricht mit vielen Storytelling-Konventionen. Schon in den ersten paar Spielstunden wird Joel Miller, der Held des ersten Games, auf brutalste Art und Weise umgebracht. Dass seine quasi-Tochter Ellie dabei zusehen muss, macht die Szene umso traumatischer.

:(
:(
Quelle: Youtube/Gameclips

Die Grausamkeit von Joels Tod dient nicht nur der Effekthascherei. Sie ist der Katalysator für die darauf folgende Rache-Story, in der Ellie die Verantwortlichen für Joels Ableben umbringen will. Ich schleiche, stranguliere und schiesse mich durch unzählige Levels voller Gegner – Rache fühlt sich gut an. Und plötzlich zwingt mich das Game in der zweiten Hälfte, nicht mehr mit Ellie, sondern mit Joels Mörderin Abby zu spielen. What the Fuck?!

Ich lerne Abbys Beweggründe für die grausame Tat kennen. Sie hat sich an Joel gerächt, weil dieser im vorherigen Game ihren Vater umgebracht hat. Ich lerne ihr Team kennen, sehe, wie sie leben, lachen und leiden. Ich weiss nicht mehr, was ich fühlen soll. Immer wieder spielt das Game auf einzigartige Art und Weise mit der Interaktivität des Mediums. Ich werde gezwungen, Sachen zu machen, die ich nicht machen will. «The Last of Us Part II» ist ein anstrengendes, düsteres und zutiefst deprimierendes Game.

Die Welt von «The Last of Us» ist voller Gewalt.
Die Welt von «The Last of Us» ist voller Gewalt.
Quelle: Naughty Dog

Ich bezweifle, dass mich ein anderes Spiel jemals so emotional durchrütteln wird. Vielleicht schafft es ja die neue Staffel der HBO-Adaption von «The Last of Us», die im Frühling dieses Jahres startet. Es ist nicht dasselbe wie eine Zeitreise in die Vergangenheit, um die Geschichte nochmals neu zu erleben – aber die Story durch ein neues Medium zu entdecken, ist die nächstbeste Alternative.

3) «The Legend of Zelda: Breath of the Wild» (2017)

Es ist 2017. Ich packe meine nigelnagelneue Switch aus und verbinde sie mit meinem Fernseher. Zum Launch habe ich mir unter anderem «The Legend of Zelda: Breath of the Wild» gekauft. Meine Vorfreude ist nach den veröffentlichten Trailern und Testberichten riesig. Ich schalte meine Switch ein, stecke die Cartridge in die Konsole und starte das Abenteuer.

Schon in den ersten Spielminuten werden meine Erwartungen an das Game übertroffen. Link wacht ohne Erinnerungen in einer dunklen Höhle auf. Schnell finde ich den Ausgang. Während ich aus der Höhle renne, ertönt die Titelmelodie des Spiels. Ich renne weiter in Richtung einer Klippe. Die Kamera fliegt hoch und offenbart die unglaubliche Grösse der Welt, die sich vor Links Füssen ausbreitet. Wow.

Dieser ikonische Moment steht stellvertretend für die revolutionäre Open World, die Nintendo in «Breath of the Wild» entwickelt hat. Es ist eine riesige Welt, die zum Erkunden einlädt. Dank Links Gleiter und Kletterfähigkeiten fühlt sie sich viel vertikaler an als die Welten anderer Genrevertreter – Nintendo bezeichnet sie zu Recht als «Open Air»-Spielwelt.

Die Welt ist so unglaublich weit entfernt von der in vielen Games verwendeten «Ubisoft-Formel». Es gibt keine generischen Quests und keine langweiligen To-Dos auf der Map, die man nur macht, damit sie abgehakt sind. Stattdessen wird meine Neugier, mein Trieb, die Welt bis ins letzte Detail zu erkunden, mit spannenden Geheimnissen, Missionen und Geschichten belohnt.

«Breath of the Wild» ist eines der wenigen Games, bei denen ich mich wieder wie ein kleines Kind gefühlt habe. «Tears of the Kingom» ist zwar ebenfalls ein hervorragendes Game – der einzigartige «Wow-Faktor» vom ersten Spieldurchgang von «Breath of the Wild» bleibt aber unerreicht.

Das erste Mal die Welt von «Breath of the Wild» erkunden – ein bisher unerreichter Gaming-Moment.
Das erste Mal die Welt von «Breath of the Wild» erkunden – ein bisher unerreichter Gaming-Moment.
Quelle: Nintendo

2) «Super Mario 64» (1996)

In «Super Mario 64» gibt es keinen isolierten Moment, den ich nochmal neu erleben möchte, denn das ganze Game ist ein einziger, monumentaler Moment in meiner Gaming-Laufbahn.

Was für ein unbeschreibliches Gefühl war es damals, das erste Mal mit einem Analog-Stick durch eine 3D-Welt zu rennen und zu springen. Mario bewegt sich nicht nur nach links und nach rechts – sondern auch nach vorne und nach hinten. Und wenn ich den Stick nur leicht neige, schleicht Mario an schlafenden Feinden vorbei. Absolut verrückt.

Mit dieser magischen 3D-Erfahrung hat Nintendo nicht nur mich, sondern die gesamte Videospielindustrie nachhaltig geprägt. Einen solch radikalen Paradigmenwechsel habe ich seit Marios Sprung von der zweiten in die dritte Dimension nicht mehr erlebt. Dieses unbeschreibliche Gefühl, dass mir ein Game eine komplett neue Erfahrung bietet, werde ich so wohl nie mehr spüren. Schade.

«Super Mario 64» hat die Gaming-Industrie nachhaltig verändert und mich unglaublich beeindruckt.
«Super Mario 64» hat die Gaming-Industrie nachhaltig verändert und mich unglaublich beeindruckt.
Quelle: Nintendo

1) «Pokémon Silber» (2001)

Meine Karriere als «Pokémon»-Trainer habe ich 1999 mit «Pokémon Blau» begonnen. Während ich noch voll im Fieber der ersten «Pokémon»-Generation war, erschienen in Japan schon die nächsten Games, «Gold & Silber». Diese fanden erst zwei Jahre später ihren Weg nach Europa.

Und so kam es, dass ich parallel zu meinen Abenteuern in «Pokémon Blau» ständig auf der Suche nach neuen Informationen zu «Gold & Silber» war.

Die Zeit um die Jahrtausendwende ist nicht vergleichbar mit der heutigen Online-Informationslandschaft. Obwohl die Games in Japan schon veröffentlicht wurden, war die Informationslage zu den Titeln sehr spärlich. Die Spiele fühlten sich lange Zeit wie ein Mysterium an. Ich habe mich in meiner Recherche vor allem auf Print-Magazine wie die «N-Zone» verlassen.

Aufgrund solcher Informationsfetzen habe ich mir vor Aufregung (fast) in die Hosen gemacht.
Aufgrund solcher Informationsfetzen habe ich mir vor Aufregung (fast) in die Hosen gemacht.
Quelle: N-Zone

In Heften wie N-Zone fand ich exklusive Anspielberichte der japanischen Versionen, winzigen Screenshots und wunderschöne Artworks der 100 neuen Monster. Jegliche Informationsfetzen habe ich förmlich inhaliert und mit meinen Freunden nonstop über die kommenden Games spekuliert.

Wie könnten die neuen Monster auf Deutsch heissen? Welchen der drei Starter-Pokémon würde ich nach aktueller Informationslage wählen? Was hat es wohl mit den neuen legendären Pokémon auf sich?

Die Ankündigungen neuer deutscher Pokémon-Namen habe ich gefeiert, als sei Jesus auferstanden.
Die Ankündigungen neuer deutscher Pokémon-Namen habe ich gefeiert, als sei Jesus auferstanden.
Quelle: N-Zone

Es war das erste Mal, dass ich mich so richtig krass auf ein Spiel gefreut habe. Das erste Mal, dass ich so richtig gehyped war. Ich würde sogar behaupten: Die Vorfreude und die Recherchen zu «Pokémon Gold & Silber» haben meinen Enthusiasmus für das Medium entfacht und mich zu dem Gamer gemacht, der ich heute bin.

Nach all der Vorfreude war der Moment, in dem ich das erste Mal selber nach Johto in der silbernen Version reisen konnte, umso magischer. Ein vergleichbares Hype-Gefühl mit jahrelanger Recherche und Spekulation werde ich nie wieder verspüren. Vor allem nicht in einer Online-Welt, in der Games geleakt und schon vor Release zu Tode diskutiert werden.

Ich liebe dich, «Pokémon Silber».
Ich liebe dich, «Pokémon Silber».
Quelle: Youtube/Kryschnack Longplay
Titelbild: Nintendo

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Meine Liebe zu Videospielen wurde im zarten Alter von fünf Jahren mit dem ersten Gameboy geweckt und ist im Laufe der Jahre sprunghaft gewachsen.

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