Kevin Hofer
Kritik

Der Inbegriff einer sanften Neuauflage: «Suikoden I & II HD Remaster: Gate Rune and Dunan Unification Wars» im Test

Kevin Hofer
5.3.2025

Beinahe zwanzig Jahre musste ich mich als Suikoden-Fan nach dem fünften Teil auf neues Futter gedulden. Neu ist das Remaster der ersten beiden Teile zwar auch nicht, dafür sehen die Spiele nun auf modernen Bildschirmen hübsch aus. Viel mehr bietet das Remaster aber nicht – und das ist gut so.

Versuchst du, etwas Tolles noch besser zu machen, scheiterst du in den meisten Fällen. Das hat wohl auch Konami bei «Suikoden I & II HD Remaster: Gate Rune and Dunan Unification Wars» gedacht. Das Remaster bietet ausser aufgebohrter Grafik und besserem Sound sowie wenigen Quality of Life Features dasselbe wie die Originalspiele.

Was erstmal enttäuschend klingt, ist gut. Denn auch nach 29 respektive 26 Jahren sind sowohl «Suikoden» als auch «Suikoden II» tolle JRPGs mit bewegender Story.

Ich gehe im Folgenden als Erstes auf die Neuerungen des Remasters ein und berichte im Anschluss nur über «Suikoden II». Den ersten Teil habe ich bereits in einem Retro-Review behandelt.

  • Hintergrund

    Kennst du noch? «Suikoden», die Initialzündung für JRPGs auf der Playstation

    von Kevin Hofer

Kleine, aber feine Neuerungen

Augenscheinlichste Neuerung sind die Hintergründe, die komplett überarbeitet wurden. Sie sehen nun auch auf modernen HD-Displays toll aus. Wenn der Held aus «Suikoden» etwa mit Familie und Freunden zu Abend isst, erkenne ich das Gericht – das Festmahl sieht nicht mehr wie Grütze aus. Das Camp der Jugendbrigade in «Suikoden II» erscheint dank der neuen Beleuchtung atmosphärischer denn je und bereitet mich auf den bevorstehenden Schicksalsschlag der beiden Helden vor.

Neu wehen auch Blätter durch die Gegend oder Vögel fliegen vor den Helden durch. Das erzeugt zusätzlich Atmosphäre und ist willkommen. Dank der Anpassung auf das 16:9-Format sehe ich auch mehr von der Umgebung.

So toll die Hintergründe auch sind: Optisch kommt die überarbeitete Version der beiden «Suikoden»-Teile nicht an JRPG-Remaster jüngerer Zeit heran. Sie sehen etwa nicht so atemberaubend aus wie der 2,5D-Stil in «Dragon Quest III HD-2D Remake». Grösster Kritikpunkt sind für mich aber nicht die Hintergründe, sondern die Städte und Dörfer auf der Weltkarte. Die werden als dreidimensionale Klötze dargestellt und passen so gar nicht in den Pixel-Grafikstil. Hier wären mir zweidimensionale Gebilde lieber gewesen.

Neu werden Ortschaften auf der Weltkarte dreidimensional dargestellt.
Neu werden Ortschaften auf der Weltkarte dreidimensional dargestellt.
Quelle: Kevin Hofer

Insgesamt finde ich den Mittelweg, den Konami bei der Präsentation eingeschlagen hat, gut. Denn die Originale auf der Playstation sehen in meinen Augen auch heute noch okay aus und ich wäre mit einer Umsetzung, die zu weit von ihnen entfernt ist, unglücklich.

Ein grosses Update hat das User Interface verpasst bekommen. Es sieht modern aus und vor allem das Ausrüsten ist übersichtlicher geworden. Das war in den Originalen ein regelrechter Pain. Aber optimal ist es auch jetzt nicht. So sehe ich etwa beim Ausrüsten von Accessoires nur, wie sich diese auf meine Verteidigungswerte auswirken. Accessoires haben aber häufig auch Auswirkungen auf andere Statuswerte. Ich muss hier also nach wie vor aufmerksam sein – persönlich verzichte ich nämlich gerne auf +3 bei der Verteidigung, wenn ich dafür +15 bei der Stärke erhalte.

Das User Interface wirkt frisch und ist übersichtlich.
Das User Interface wirkt frisch und ist übersichtlich.
Quelle: Kevin Hofer

Neben der Optik profitieren auch die Soundeffekte von der Überarbeitung. Wenn ich mich einem Brunnen nähere, wird dessen Plätschern je nach Distanz lauter oder leiser. Meine Fusstritte übertönen nicht mehr alles, sondern der reissende Bach übertönt sie. Das sind Details und heute in Spielen eine Selbstverständlichkeit. Damals gab es das nicht in dem Ausmass und ich werde nun unbewusst tiefer ins Geschehen hineingezogen.

In meinen Augen ist die beinahe beste Neuerung die Möglichkeit, die Kämpfe zu beschleunigen. Mir gefallen zwar die Animationen und auch die überarbeiteten Magieattacken sehen schön aus, aber irgendwann habe ich sie gesehen. Zumal die Bewegungen sehr langsam ausgeführt werden.

Zu guter Letzt bietet «Suikoden I & II HD Remaster: Gate Rune and Dunan Unification Wars» auch drei Schwierigkeitsgrade. Ich habe den mittleren bei meinem Durchspielen von «Suikoden II» gewählt, der dem ursprünglichen Schwierigkeitsgrad entspricht. Den habe ich als zu einfach empfunden. Dass das Spiel einfach ist, war die Absicht von Serienschöpfer Yoshitaka Murayama, er wollte die Story in den Mittelpunkt setzen und Neulinge nicht mit einem hohen Schwierigkeitsgrad frustrieren.

Darum geht’s in «Suikoden II»

Die ersten beiden «Suikoden» sind lose miteinander verbunden. So stosse ich mit meinem Helden – der gemäss Kanon «Riou» heisst – im zweiten Teil auf viele Bekannte aus dem ersten. Die Hauptcharaktere sind aber komplett neu.

Zu Beginn sind die 16-jährigen Riou und sein Freund Jowy quasi Kindersoldaten in der Jugendbrigade der Highland-Armee. Sie werden in eine Intrige des Prinzen Luca Blight, der einen Krieg mit den benachbarten City-States anzetteln will, hineingezogen. Sein Plan geht auf und Riou und Jowy kommen knapp mit dem Leben davon – zumindest vorerst. Sie geraten erst zwischen die Fronten, was sie verändert. Ihre Freundschaft wird auf die Probe gestellt, weil sie ihr gemeinsames Ziel, den Krieg zu beenden, mit unterschiedlichen Mitteln erreichen wollen.

Luca Blight ist das personifizierte Böse.
Luca Blight ist das personifizierte Böse.
Quelle: Kevin Hofer

Die Einführung ins Spiel ist genial. Mit den beschränkten Mitteln von damals wird mir die Story schmackhaft gemacht und ich will den Controller nicht mehr weglegen, bis ich durch bin mit dem Spiel. Die psychopathischen Züge von Luca Blight, die schiere Hoffnungslosigkeit der beiden Helden und die Grausamkeit des Krieges werden mir vor Augen geführt.

Was nach der Einführung kommt, setzt dem ganzen das i-Tüpfelchen auf. Mit den Opening Credits wird mir die Vergangenheit von Jowy, Riou und dessen Adoptivvater und -schwester erzählt. Dazu spielt eine der schönsten Melodien, die ich je gehört habe. Die erste halbe Stunde von «Suikoden II» ist ein Meisterstück des Storytellings.

Auch der Rest der Geschichte überzeugt mich nach 26 Jahren weiterhin. Selbst wenn er nicht mehr ganz das Niveau des Anfangs erreicht. Gewisse Dialoge hätten zudem noch etwas mehr Feinschliff benötigt. Aber alles in allem ist das Spiel ein zeitloser Klassiker und aufgrund der aktuellen politischen Lage auch höchst aktuell.

Der Gameplay Loop macht süchtig

Es sind nicht nur die Geschichten, die mich zum «Suikoden»-Fan gemacht haben, sondern auch dessen Gameplay Loop. Wie bereits im Vorgänger und den folgenden Teilen steht das Sammeln der 108 Sterne des Schicksals (Stars of Destiny) im Zentrum. Dabei handelt es sich um Charaktere. Viele der 108 rekrutierbaren Personen können gar Teil der aktiven Party sein.

Mein Schloss verändert sich, wenn ich neue Charaktere rekrutiere und die suchen sich dann auch ihr Plätzchen aus.
Mein Schloss verändert sich, wenn ich neue Charaktere rekrutiere und die suchen sich dann auch ihr Plätzchen aus.
Quelle: Kevin Hofer

Erst entdecke ich eine neue Ortschaft, finde und rekrutiere neue Charaktere und vergrössere dadurch meine Armee und das Schloss, bevor es in die nächste Ortschaft geht und sich das Ganze wiederholt. Aufgelockert wird das durch Dungeons und Bosse, zig Minispiele und Sidequests. Zu den Minispielen zählen etwa Fischen, Cook-offs oder Seilklettern. Die Sidequest mit dem Charakter Clive begleitet mich das ganze Spiel über. Das macht einfach nur Laune und lenkt vom eigentlich repetitiven Loop ab.

Ich kenne zwar das Original, habe es aber seit Jahren nicht mehr gespielt. So freue ich mich jedes Mal, wenn sich wieder ein eigenartiger Charakter, der auch aus einem Anime stammen könnte, anschliesst. Dadurch finden bestimmt alle, die das Spiel zocken, Charaktere, mit denen sie sich identifizieren können. Sei es der harte Kerl Humphrey, der Geschlechtergrenzen verschwinden lassende Simone oder das Einhorn Siegfried – jup, ein Einhorn ist auch dabei.

Duelle, Kämpfe und Schlachten

Wie bereits in «Suikoden» gibt es drei Kampfsysteme. Neben dem klassischen Rundenbasierten mit bis zu sechs Party-Mitgliedern, bei dem ich ihnen Befehle wie angreifen, Magie oder Gegenstand nutzen gebe, darf ich mich eins gegen eins duellieren oder epische Schlachten kämpfen. Die Duelle laufen dabei nach dem «Schere-Stein-Papier»-Prinzip ab. Angreifen schlägt verteidigen, verteidigen schlägt verzweifelten Angriff, verzweifelter Angriff schlägt angreifen.

Die Duelle laufen nach dem «Schere-Stein-Papier»-Prinzip ab.
Die Duelle laufen nach dem «Schere-Stein-Papier»-Prinzip ab.
Quelle: Konami

In «Suikoden» laufen die Schlachten nach demselben Prinzip ab. «Suikoden II» ersetzt dieses mit einem mehr an taktische JRPGs angelehnten Prinzip. Ich bewege meine Truppen auf einem schachbrettartigen Raster und lasse sie gegen die gegnerischen Truppen angreifen oder Spezialattacken ausführen.

Die epischen Schlachten werden im Stil eines taktischen JRPGs ausgetragen.
Die epischen Schlachten werden im Stil eines taktischen JRPGs ausgetragen.
Quelle: Konami

Das ist zwar eine willkommene Neuerung, aber die Umsetzung ist nicht auf dem Niveau, das ich mir wünsche. Denn die Schlachten sind keine Herausforderung. Ich kann die meisten gar nicht verlieren – entweder, weil es die Story so will oder weil es schlicht kein taktisches Geschick erfordert und ich genauso gut nichts machen könnte.

Meistens aber kämpfe ich glücklicherweise mit meinen bis zu sechs Party-Mitgliedern in Dungeons oder auf der Weltkarte. Dabei kann ich drei in der vorderen Reihe und drei in der hinteren platzieren. Wie schon im ersten Teil sind die Charaktere aufgrund der Waffe in Kurz- (S), Mittel- (M) oder Weitangreifer (L) unterteilt. S können nur aus der vorderen Reihe angreifen und auch nur Gegner in der vorderen. M können zwar auch aus der hinteren Reihe angreifen, aber nur Gegner aus der vorderen. L wiederum greifen von überall alles an.

Meine Charaktere muss ich entsprechend ihrer Waffe aufstellen. Solche mit S-Waffen können sonst aus der hinteren Reihe gar nicht angreifen.
Meine Charaktere muss ich entsprechend ihrer Waffe aufstellen. Solche mit S-Waffen können sonst aus der hinteren Reihe gar nicht angreifen.
Quelle: Kevin Hofer

Dieses System ist in Ordnung und es macht auch Spass, Gegnerhorden niederzumähen. Aber auch hier erfordert es wenig taktisches Geschick. Sind meine Charaktere auf entsprechendem Level, besiege ich auch Bosse mit Leichtigkeit. Elementare Effekte wie in anderen JRPGs spielen kaum eine Rolle. Das ist schade, zumal auch das System mit den Runen – der Magie in «Suikoden» – überarbeitet wurde und sogar Kombinationen mit speziellen Effekten ermöglicht. So wähle ich aber meist die Autokampf-Funktion aus, bei der alle Standardangriffe machen.

Ich habe im Kampf zwar viele Möglichkeiten, aufgrund des einfachen Schwierigkeitsgrades bin ich aber meist nicht auf sie angewiesen.
Ich habe im Kampf zwar viele Möglichkeiten, aufgrund des einfachen Schwierigkeitsgrades bin ich aber meist nicht auf sie angewiesen.
Quelle: Kevin Hofer

Ein Soundtrack für die Ewigkeit

105 Lieder stark ist der Soundtrack von «Suikoden II». Selbst für heutige Standards sind das enorm viele Stücke. Noch beeindruckender ist, dass den überwältigenden Teil davon Miki Higashino komponiert hat – 98, um exakt zu sein. Das sorgt dafür, dass der Soundtrack wie aus einem Guss daherkommt. Jeder neue Ort hat passende Musik. Im Ninja-Dorf erwarten mich japanische Klänge, in den Städten des Südens spanische oder nahöstliche. Es fühlt sich tatsächlich so an, als ob die Musik auch an jenen Orten gespielt würde. Higashino, die kurz darauf ihre Karriere als Komponistin für ihre Familie aufgegeben hat, hat hier wie schon im ersten Teil ein Meisterwerk geschaffen. Auch heute höre ich mir gewisse Stücke immer wieder an, etwa das oben erwähnte «Reminiscence» oder wippe unbewusst mit meinem Kopf zum Beat im Kobolddorf.

Das Remaster bietet den kompletten Soundtrack beider «Suikoden»-Spiele.
Das Remaster bietet den kompletten Soundtrack beider «Suikoden»-Spiele.
Quelle: Kevin Hofer

«Suikoden I & II HD Remaster: Gate Rune and Dunan Unification Wars» ist ab dem 6. März für PC, PS5 und PS4, Xbox Series X/S und Xbox One sowie Switch erhältlich. Ich habe die PC-Version getestet, die mir Konami zur Verfügung gestellt hat.

Fazit

Zwei sanft überarbeitete Klassiker, die du unbedingt gespielt haben solltest

Mit «Suikoden I & II HD Remaster: Gate Rune and Dunan Unification Wars» adaptiert Konami zwei meiner Lieblings-JRPGs für moderne Displays. Im Gegensatz zu Square Enix mit den «Dragon Quest»-Remasters setzt der Entwickler aber nicht auf den populären 2,5D-Stil, sondern redesignt die Hintergründe in HD. Das sieht zwar nicht ganz so hübsch aus wie 2,5D, aber bleibt dafür den Vorlagen treu.

«Suikoden II» erzählt eine epische Geschichte über Freundschaft, Krieg und Verlust, die mich in meiner Jugendzeit geprägt hat. Ich freue mich, dass ich diese nun erneut erleben darf und auch die jüngere Generation in den Genuss der höchst aktuellen Story kommt.

Gameplaymässig mag der Titel nicht mehr ganz so frisch wirken, etwa das Ausrüsten der Charaktere ist umständlich. Aber er ist aufgrund des geringen Schwierigkeitsgrades leicht zugänglich.

Bist du Fan von JRPGs, kann ich dir «Suikoden I & II HD Remaster: Gate Rune and Dunan Unification Wars» wärmstens empfehlen, zumal du nicht nur das getestete «Suikoden II» bekommst, sondern auch den ebenfalls genialen Vorgänger.

Pro

  • epische, toll erzählte Geschichte
  • hervorragender Soundtrack
  • zwei Klassiker in einem Paket
  • sanfter Remaster

Contra

  • Schwierigkeitsgrad zu tief
  • gamplaymässig nicht mehr ganz frisch
Konami Suikoden I & II HD Remaster (Switch, DE)

Konami Suikoden I & II HD Remaster

Titelbild: Kevin Hofer

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