Aus die Laus: Diese Tipps gegen juckende Köpfe empfiehlt die Expertin
Sind Läuse auf Kinderköpfen aktiv, liegen die Nerven schnell blank. Mir geht es nicht anders, als kürzlich eine Schulinfo ins Haus flattert – zum wiederholten Mal. Kopflausfachfrau Johanna Gut sagt im Interview, was wirklich nützt und was gar nichts bringt.
Schon die Betreffzeile des Schulschreibens lässt erschaudern. Lesen Eltern den Begriff «Kopfläuse», ist sofort klar: Sie sind wieder da, die kleinen juckenden Biester. Nicht, dass sie jemals weg gewesen wären. Aber es scheint, dass sie gerade besonders aktiv auf Kinderköpfen krabbeln. Es ist nicht die erste Info, die uns in den vergangenen Wochen erreicht hat. Und andere Eltern berichten dasselbe aus ihren Schulkreisen. Als ich dann noch erfahre, dass meine Tochter in engem Kontakt mit einem betroffenen Kind war, ist für mich klar: Ein Läuse-Shampoo muss in die Haare, subito.
Offenbar scheint es vielen wie mir zu gehen. Der Verkauf von Anti-Läusemitteln auf Galaxus boomt gerade:
Höchste Zeit also, das Gespräch mit einer Person zu suchen, die Bescheid weiss. Johanna Gut ist Präsidentin der Schweizerischen Gesellschaft der Kopflausfachleute.
Johanna Gut, werden Sie heute noch als «Laustante» bezeichnet?
Leider, ja. Wir bestehen aber darauf, dass wir «ausgebildete Kopflausfachleute» sind. Den Kindern stelle ich mich auch oft als «Läusli-Frau» vor, das klingt etwas sympathischer.
Sie sind sogar die Chefin der Läusli-Frauen und -Männer – Sie sind Präsidentin der Schweizerischen Gesellschaft der Kopflausfachleute. Wie lange sind Sie schon im Laus-Business?
Ich bin jetzt 69 Jahre alt und arbeite seit meinem 25. Lebensjahr in diesem Bereich – man muss nicht rechnen, es ist eine Ewigkeit. Es sind heute vor allem ältere Frauen, die als Kopflausfachpersonen im Einsatz sind. Wohl auch, weil die Arbeit oft viel Flexibilität erfordert. Flexibilität, die man in jungen Jahren kaum hat. Ein Lausbefall ist nicht planbar.
Bei einem Lausbefall rücken Sie an die betroffene Schule aus.
Ja, zum einen. Neben der klassischen Aufklärungsarbeit. Wenn bei einem Kind Läuse festgestellt werden, bietet uns die Schule auf, alle Kinderköpfe zu kontrollieren. Das tun wir aber nicht überall, der Umgang mit Läusen ist von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich geregelt. Inzwischen haben viele Schulgemeinden unseren Dienst abgeschafft. Leider.
Mit spürbaren Folgen?
Ja. Dort, wo keine Lausfachpersonen zuständig sind, stellen wir mehr Lausbefälle fest. Aus dem Raum Zürich zum Beispiel erreichen uns vermehrt Anfragen von Eltern, mitunter regelrechte Hilferufe. Sie fühlen sich mit der Situation überfordert.
Die Nachfrage nach Behandlungsmitteln gegen Läuse explodiert bei Galaxus gerade: Im Vergleich zum Vorjahr verkaufen wir fast doppelt so viele Läusekämme und mehr als dreimal so viele Anti-Läuse-Shampoos. Krabbelt es denn im Moment mehr auf den Köpfen als sonst?
Schwierig zu sagen. Die Meinungen gehen selbst im Vorstand der Kopflausfachleute auseinander: Die einen finden, es gibt zurzeit mehr Lausbefälle als sonst. Andere hatten schon seit Monaten keinen Einsatz mehr. Ich glaube, die Verkaufszahlen von Anti-Laus-Produkten sind mit Vorsicht zu geniessen. Es gibt andere, plausible Faktoren, die für den Anstieg verantwortlich sein können.
Welche Faktoren?
Während der Corona-Pandemie hatten wir fast gar keine Läuse. Logisch, wir haben uns ja weniger unter Menschen aufgehalten. Als Folge haben die Drogerien und Apotheken ihre Bestände zurückgefahren. Nach Corona ist die Nachfrage wieder angestiegen, es mangelte aber an Läusemitteln. Hinzu kam der Ukraine-Krieg, die Rohstoffe fehlten. Vor etwa eineinhalb Jahren waren in der Schweiz kaum mehr Läusemittel erhältlich. Wenn wir die jetzigen Verkäufe diesen tiefen Vergleichszahlen gegenüberstellen, fallen sie natürlich viel höher aus. Im Online-Handel sowieso: Corona hat die Online-Verkäufe stark befeuert. Gut möglich ist übrigens auch, dass Eltern Läusemittel auf Vorrat bunkern, ohne Befall. Oder sie kaufen sie, um ihre Kinder präventiv zu behandeln.
Ich zum Beispiel. Unsere Schule hat uns Eltern vor einigen Tagen per Brief informiert, dass in der Klasse der Tochter ein Lausbefall festgestellt wurde. Schon wieder. Und diesmal war meine Tochter in engem Kontakt mit dem betreffenden Kind. Also habe ich sie sofort mit einem Läuse-Shampoo behandelt.
Ohne vorher zu überprüfen, ob sie Läuse oder Nissen hat?
Doch, doch. Ich habe nichts gefunden. Allerdings hat meine Tochter wahnsinnig volles Haar und ich wollte sichergehen, nichts übersehen zu haben.
Wahrscheinlich hätten Sie sich das sparen können. Wenn keine Läuse da sind, nützt auch ein aggressives Anti-Läuse-Shampoo nichts. Es leiden höchstens die Haare.
Gibt es sinnvolle Präventivmassnahmen?
Ich rate, die langen Haare zusammenzubinden, aber das ist keine Garantie. Grundsätzlich staune ich aber immer wieder, wie träge sich Läuse ausbreiten.
Das heisst?
Vier enge Freundinnen können Läuse haben, die fünfte keine einzige Laus. Ich erinnere mich auch an einen Schüler, auf dessen Kopf es gekrabbelt hat wie in einem Ameisenhaufen. Seine Mitschülerin, die in engem Kontakt mit ihm war, hatte aber kaum Nissen. Was ich damit sagen will: Nur weil jemand im Umfeld Läuse hat, heisst das noch nichts.
Das ist halt ein Vorurteil, eines von vielen. Dasselbe mit der Hygiene: Immer noch glauben viele, dass ein Lausbefall ein Zeichen mangelnder Hygiene ist.
Ja. Dabei weiss man heute klar, dass kein Zusammenhang besteht. Läuse sind nicht wählerisch, es ist ihnen ziemlich egal, ob die Haare fettig oder sauber sind. Es gibt auch viele Leute, die glauben, mit einer einzigen Laus-Shampoo-Anwendung sei der Spuk vorbei.
Auf der Verpackung meines Laus-Shampoos steht: Falls nötig, soll ich die Anwendung nach sieben Tagen wiederholen. Also nur, falls nötig. Ist das falsch?
Nach sieben bis zehn Tagen sollten Sie nochmals eine Behandlung machen, wenn Sie auf der sicheren Seite sein wollen. Das hat mit dem Lebenszyklus einer Laus zu tun: Mit der ersten Behandlung werden in der Regel die Läuse abgetötet, ihre hartnäckigen Eier aber nicht. Sie überstehen das Läusemittel. Deshalb wartet man ab, bis die Jungläuse daraus schlüpfen. Das geschieht etwa am siebten, achten Tag, nachdem das Ei gelegt wurde.
Die frisch geschlüpften Läuse können dann aber bereits wieder neue Eier gelegt haben.
Das tun sie erst später, wenn sie geschlechtsreif sind. Deshalb nutzt man die Zeitspanne zwischen dem Schlüpfen und der Geschlechtsreife für die zweite Lausbehandlung. So oder so sollten alle hartnäckigen Nissen – die leeren, geschlüpften Eier – auch noch von Hand aus dem Haar gezogen werden, schon nach der ersten Läusemittel-Anwendung. Das empfehlen wir auch in unserem Merkblatt, auf das wir immer verweisen. Das ist oft eine langwierige Arbeit.
Denken Sie, dass wir uns irgendwann nicht mehr mit Läusen herumschlagen werden?
Nein, es wird sie wohl immer geben. Selbst die Corona-Pandemie hat sie nicht zerstört. Ich würde mir aber wünschen, dass man sie dereinst nicht mehr stigmatisieren würde. Dass man offen sagen kann, wenn man betroffen ist: «Schau, ich habe Läuse. Komm mir heute also nicht zu nahe.» Stattdessen schämt man sich bei einem Befall und verschweigt ihn. Das macht es nur noch schlimmer. Ich sage immer: Eigentlich sind Läuse ja auch ein gutes Zeichen.
Inwiefern?
Sie sind ein Zeichen für die Sozialisation unserer Gesellschaft. Wir geben uns zur Begrüssung Küsschen auf die Wange, halten unsere Köpfe für Selfies zusammen und Kinder feiern ausgelassene Pyjama-Partys. Die Leute sind nahe beieinander.
Ich habe es inzwischen ausgerechnet: Sie sind seit 44 Jahren im Laus-Business. Wie oft hatten Sie in dieser Zeit selbst schon Läuse?
Nur einmal, als meine ganze Familie betroffen war. Und das, obwohl ich so nahe an den Läusen bin. Bei unserer Arbeit sind wir sehr vorsichtig: Ich klammere meine Haare immer zurück, benutze bei jedem Kind einen frischen Kamm und desinfiziere mir die Hände mehrmals. Auch deshalb: Kein Grund zur Panik, wenn Läuse in der Nähe sind.
Anna- und Elsa-Mami, Apéro-Expertin, Gruppenfitness-Enthusiastin, Möchtegern-Ballerina und Gossip-Liebhaberin. Oft Hochleistungs-Multitaskerin und Alleshaben-Wollerin, manchmal Schoggi-Chefin und Sofa-Heldin.