Apple Vision Pro: Augmented Reality Headset für 3500 Dollar
Ein aufwändiges Design, eingebaute Lautsprecher, 4K-Displays und ein Transparenz-Modus in beide Richtungen – mit dem Vision Pro genannten Headset will Apple sich Augmented Reality annähern.
Apple-CEO Tim Cook hat an der World Wide Developers Conference ein High-End Augmented Reality Headset präsentiert: das Apple Vision Pro. Es wurde mit Spannung erwartet, weil es für die Kalifornier den Einstieg in eine neue Produktsparte bedeutet. Sie nennen das Headset einen «Spatial Computer». Als Anwendungsgebiete wurden vor allem Unterhaltungs- und Produktivitäts-Beispiele gezeigt.
Viele Details blieben schwammig, die Spezifikationen scheinen die der Konkurrenz aber weit zu übertreffen – genau wie der Preis von 3500 US-Dollar. Einen exakten Termin für die Veröffentlichung des Vision Pro nennt Apple nicht. Es ist gemäss Webseite «Anfang nächsten Jahres» in den USA verfügbar.
Tim Cooks Traum von Augmented Reality
Mit dem Vision Pro versucht Apple das Konzept von Augmented Reality (AR) so gut umzusetzen, wie es heute möglich ist. AR bedeutet, dass deine physische Umgebung mit digitalen Inhalten angereichert wird. Im Unterschied dazu schaust du bei Virtual Reality (VR) ausschliesslich auf künstliche Inhalte. Mixed Reality (MR) ist schliesslich eine Unterkategorie von Augmented Reality. Hier interagieren die virtuellen Objekte mit physischen. Zum Beispiel kann ein virtueller Ball unter deinem Schreibtisch verschwinden oder mit ihm kollidieren.
Für Tim Cook ist AR das erklärte Ziel. Die beste technische Lösung führt bisher über Displays im Innern eines Headsets. So funktioniert auch das Apple Vision Pro. Kameras nehmen live deine Umgebung auf und füttern sie ins Headset. Dieser «Passthrough-Modus» sorgt für ein ähnliches Gefühl, wie wenn du durch eine transparente Brille schaust. Im Unterschied zu anderen Geräten mischt das Vision Pro physische und virtuelle Realität nicht nur für die Person, welche das Headset trägt. Menschen in der Umgebung sollen ebenfalls über ein Display auf der Aussenseite durch das Headset «durchsehen» können. So sei auf Wunsch weiterhin Augenkontakt möglich.
High-End-Hardware
Damit das alles funktioniert, hat Apple viel Entwicklungsarbeit in das neue Headset gesteckt. Die Micro-OLED-Displays haben pro Auge eine Auflösung von «über 4K» – oder «zusammengezählt 23 Millionen Pixel». Das ist massiv mehr als zum Beispiel das Meta Quest Pro, das auf 6,9 Millionen kommt. Dank der hohen Pixeldichte soll gemäss Apple auch Text scharf sein – und zwar in allen Bereichen des Sichtfelds. Dafür sorge eine komplexe Anordnung von eigens entwickelten Linsen. Personen mit Brille können magnetische Einsätze mit Korrektur anbringen.
Auf der Aussenseite filmen mehrere Kameras die Umgebung. Zusammen mit verschiedenen Sensoren erzeugen sie ein «klares Bild», das dann im Innern wiedergegeben wird. Damit das rasch klappt, arbeiten im Vision Pro ein M2 Chip und ein neu entwickelter Chip namens R1. Sie sind «praktisch lautlos». Die Verzögerung sei dank der Rechenpower minimal, was Übelkeit vorbeugen soll. Auf dem Headset läuft ein neues Betriebssystem namens VisionOS.
Controller gibt es beim Vision Pro keine. Die Steuerung funktioniert ausschliesslich über Augen, Gesten und Sprachbefehle: Die Kameras im Headset tracken, wohin du schaust und heben Bedienelemente entsprechend hervor. Drückst du dann zum Beispiel Zeigefinger und Daumen zusammen, kannst du damit interagieren. So verschiebst du etwa ein Fenster in deinem virtuellen Büro.
Im Kopfband verbaut Apple Lautsprecher, die dank individueller Anpassung genau über den Ohren sitzen. Sie beherrschen Spatial Audio. Alternativ kannst du AirPods mit dem Headset verbinden. Mit Strom wird das Headset von aussen versorgt, es verfügt nicht über einen eingebauten Akku. Per Kabel lässt es sich entweder an eine Batterie oder ans Stromnetz anschliessen. Der Akku hat eine Laufzeit von bis zu zwei Stunden.
Klare Apple-Handschrift beim Design
Ganze fünf Minuten sprach Designer Richard Howarth über die Entwicklung und die Eigenheiten des Vision Pro. Kein Wunder: Ob ein AR-Headset im Alltag überhaupt genutzt wird, hängt massgeblich von seiner Bequemlichkeit ab. Die Vorderseite des Vision Pro besteht aus einem einzigen gekrümmten und laminierten Stück Glas. Es ist auf ein Aluminiumgehäuse montiert, in dem Displays und Chips stecken.
Oben auf dem Gehäuse verbaut Apple einen Knopf und ein Drehrad. Beides sieht ähnlich aus wie die Bedienelemente der AirPods Max Kopfhörer. Mit dem Knopf kannst du beispielsweise Fotos und Videos mit dem Headset aufnehmen. Am Drehrad stellst du das Verhältnis zwischen physischer und virtueller Realität ein. So kannst du zum Beispiel wählen, ob du einen Bildschirm lieber in deinem eigenen Wohnzimmer oder einer virtuell erzeugten Umgebung sehen willst.
Die Polster, mit denen das Vision Pro an der Stirn anliegt, scheinen aus Textilmaterial zu bestehen. Auch sie erinnern dem Video nach zu Urteilen an die AirPods Max und können modular ausgetauscht werden. Das soll für eine präzise individuelle Passform und einen lichtdichten Sitz sorgen. Das Kopfband ist auf der Rückseite ebenfalls gepolstert, ausserdem wird es dort breiter, um den Druck besser zu verteilen.
Für Unterhaltung und Arbeit gedacht
Eine wichtige Frage im Vorfeld war: Wozu soll das neue Headset gut sein? Apples Anwendungsbeispiele an der Präsentation konzentrierten sich auf Produktivität und Unterhaltung. Gaming und Soziale Netzwerke waren hingegen kein Thema.
Die meisten Videos zeigten virtuelle Displays, die in einer realen Umgebung schwebten. So ungefähr stellt sich Apple die Zukunft des Arbeitens vor, denn auf den Flächen laufen Apps wie Microsoft Teams oder Word. Die virtuellen Bildschirme lassen sich beliebig verschieben, erweitern und skalieren. Bei Videocalls rendert das Headset in Echtzeit ein fotorealistisches 3D-Modell deines Kopfes und überträgt es ins Vision Pro des Gegenübers – Metas Avatare auf Steroiden.
Im Unterhaltungsbereich holte Tim Cook sich niemand Geringeres als Disney-Chef Bob Iger für die Präsentation an Bord. Er sprach von «persönlichen Erfahrungen, welche die Fans tiefer in Disneys Geschichten eintauchen lassen», zum Beispiel per 3D-Film. Interaktive Elemente sollen es erlauben, selbst Teil der Geschichte zu werden. Von diesen luftigen Zukunftsvisionen abgesehen zeigte Apple auch naheliegende Anwendungen wie ein virtuelles Kino mit riesiger Leinwand.
Wie gut das Apple Vision Pro in der Praxis sein wird, hängt auch von den Monaten bis zu seiner Veröffentlichung ab. In dieser Zeit müssen die Entwickler-Studios nun erst einmal genügend Apps für die neue Plattform programmieren.
Titelbild: Screenshot Apple KeynoteAls Kind verbrachte ich zu viel Zeit vor selbstgebauten PCs. Viele Jahre und ein Journalismus-Studium später bin ich wieder gleich weit. Ich schreibe über Apple, Fotografie, Monitore und Geschichten an der Schnittstelle zwischen Technik und Wirtschaft.