Apple TV 4K: Die zweite Generation ist gut – und enttäuscht
Dreieinhalb Jahre nach Apple TV 4K kommt endlich das Upgrade. Der Name – «nur» 2nd Generation – nimmt’s allerdings vorweg: Gross geupgradet wurde nicht viel. Apple, was soll das?
Nicht, dass ich stänkern will. Aber dreieinhalb Jahre? Das ist eine halbe Ewigkeit. Gerade in der Tech-Branche. Und trotzdem hat’s so lange gedauert, bis Apple nach seinem ersten Wurf die zweite Generation seiner 4K-TV-Box auf den Markt gebracht hat.
Gut Ding will Weile haben, könnten die Mädels und Jungs aus Cupertino, Kalifornien, gesagt haben. Und die lange Wartezeit ist bestimmt für ein paar signifikante Upgrades genutzt worden.
Ist sie doch, oder?
Wozu brauche ich überhaupt eine Box?
First things first: Was ist Apple TV 4K? In erster Linie eine Streaming-Set-Up-Box. Das heisst: Über einen HDMI-Eingang verbindest du sie mit deinem Fernseher. Via LAN oder WLAN stellst du eine Internetverbindung her. Dann loggst du dich mit einem iCloud-Account ein.
Et voilà: Los geht’s.
Filme und Serien kannst du über einen Video-on-Demand-Dienst kaufen oder mieten – Apple TV. Dazu kannst du für 9.90 Franken pro Monat ein Abo lösen, mit dem du auf zusätzliche, exklusive Filme- und Serien zugreifen kannst – Apple TV+. Etwa das postapokalyptische Flickwerk «See», das ich trotzdem sehr mag, oder die herausragende, preisgekrönte Serie «The Morning Show», die ich noch besser mag.
Darüber hinaus kannst du via Apple Music auch Musik streamen – das Abo kostet 12.90 Franken pro Monat – oder Podcasts hören. Zum Beispiel den digitec Podcast. Ganz guter Podcast. Meine total unvoreingenommene, objektive Meinung.
Äh… ähem.
Zu guter letzt kannst du die Box auch zum Gamen benutzen, sofern du ein Apple-Arcade-Abo für 6 Franken pro Monat hast. Und falls dir das jetzt zu viele Abos sind: Apple bietet auch Apple One an. Als Einzelperson kostet dich das 18.50 Franken pro Monat, enthält aber Apple TV+, Apple Music und Apple Arcade.
So. Zur Box, Version 2.0. Mein Fokus: Lohnt sich ein Upgrade, falls du die alte Box schon hast? Denn hast du noch keine Box und überlegst dir, eine zu kaufen, dann ist jetzt schon klar, dass du das neue Modell kaufen solltest. Nur schon wegen der verbauten Hardware. Aber dazu komme ich gleich.
What’s in the box?
Am Design hat sich gar nichts getan: Die zweite Generation der Apple-TV-Box hat die exakt gleichen Masse wie die erste Generation. 9,8 Zentimeter lang und breit, 3,5 Zentimeter hoch und 425 Gramm schwer. Das Design ist schwarz, elegant und unauffällig. Apple halt.
Spannender ist die Brad-Pitt-Frage: What’s in the box?
Angetrieben wird die Box von Apples A12-Bionic-Chip. Der ist zwei Generationen neuer als der A10X-Fusion-Chip der alten 4K-Box. Das wirkt sich zwar positiv auf die Performance aus, hinterlässt aber trotzdem ein fades «Naja»: der A12-Chip wurde anno 2018 eingeführt, unter anderem fürs iPhone XS.
Das Problem: Aktuelle iPhones und iPads sind mit ihren A14-Chips schon jetzt deutlich stärker und schneller. Zwar laufen Apple-Arcade-Games, die du fürs Smartphone oder Tablet herunterlädst und gelegentlich via Apple-Box spielen willst, aktuell noch gut. Aber lange dürfte es nicht dauern, bis die Apple-TV-Box die Framerate drosseln muss, weil der A12-Chip mit neueren Games nicht mehr ganz so gut mithält wie der viel stärkere A14-Prozessor.
Eben: Naja.
Dazu kommt, dass die Apple-TV-Box – wie schon 2017 – 3GB Arbeitsspeicher und entweder einen 32GB- oder einen 64GB-Flash-Drive hat. Keine Verbesserung. Immerhin hat’s in puncto Wi-Fi-Standard ein Upgrade gegeben: von 5.0 auf 6.0.
Zusammenfassend:
- Betriebssystem: tvOS 14.5
- Prozessor: A12 Bionic
- Arbeitsspeicher: 3GB
- Flash Driver: 32GB oder 64GB
- Bluetooth-Standard: 5.0
- Wi-Fi-Standard: Wi-Fi 6 / 802.11ax
Soviel zur Box, die innen drin «nur» einen neuen Chip bekommen hat. Schauen wir uns die Fernbedienung an.
Generalüberholte Fernbedienung – ist sie auch besser?
Apple muss 2017 extrem stolz auf seine minimalistische Fernbedienung gewesen sein. Vor allem, weil da kaum Knöpfe waren. Stattdessen hat sich Apple auf die schwarze, touch-sensitive Oberfläche verlassen, mit der es sich durch Menüs und Einstellungen swipen lässt.
Nach etwas Eingewöhnungszeit cool. Aber für viele offenbar noch immer zu fummelig. Apple hat die Fernbedienung darum generalüberholt.
Neu ist sie silbrig und hat ein paar Knöpfe mehr. Namentlich oben, vier Richtungstasten, und einen Eingabe-Knopf in der Mitte. Damit navigiert es sich jetzt deutlich einfacher zwischen Sprach-, Untertitel- und sonstigen Menüs. Apropos: Die sehen auf der neuen Box alle noch genau gleich aus. Nur der Hintergrund ist unter tvOS 14.5 etwas dunkler geworden.
Falls du Fan der Fernbedienung der 1. Generation bist: Die rundliche Fläche, die die Tasten miteinander verbindet, ist ebenfalls Touch-sensitiv, wenn du willst. Mich hat die Kombination aus Klicken und Swipen aber genervt: Nach dem x-ten versehentlichen Swipe, weil ich beim Fernschauen nach der Richtungstaste getastet habe, habe ich die Swipe-Funktion im Menü abgeschaltet. Entweder, oder. Finde ich.
Die letzte sichtbare Neuerung an der Fernbedienung ist der seitliche Siri-Knopf, mit dem sich Apples Sprachassistentin aktivieren lässt. Darum auch der Name der neuen Fernbedienung: Siri Remote. Die Sprachsteuerung ist in der Schweiz allerdings noch immer deaktiviert. Und konkret geplant scheint die Aktivierung hierzulande nicht zu sein.
Schade. Die neue Fernbedienung finde ich aber trotzdem sehr gelungen. Und das sagt einer, der Meinungen zu Fernbedienungen hat.
Selber kalibrieren, aber du brauchst ein iPhone
Kommen wir zum Bild. Die Neuerungen, die zunächst nach wenig aussehen, sind gar nicht so enttäuschend. Konkret:
- Unterstützte Auflösung: bis zu UHD
- HDR-Formate: HDR und Dolby Vision
- Frames pro Sekunde (FPS): Bis zu 60 FPS
Meine erste, spontane Reaktion: Kein 8K-Upgrade. Kein 120-FPS-Upgrade. Nix. Nada. Wie gesagt, enttäuschend.
Aber: Die erste Generation der Apple-TV-4K-Box hat einen grossen Makel. Spielst du Inhalte in UHD-HDR-Qualität und mit 60 FPS ab, werden die zu verarbeitenden Datenmengen für die Box derart gross, dass der A10X-Fusion-Chip ins Schwitzen gerät. Die Folge: in schnellen Szenen ruckelt das Bild.
Schau dir diese Szene aus «For All Mankind» mal an:
Ich bin mir nicht sicher, ob das Stocken was mit der hohen Bildrate zu tun hat. In den Einstellungen habe ich der Apple-Box zwar erlaubt, das Bild mit maximal 60 FPS darzustellen. Die tatsächliche Framerate passt sich aber automatisch dem Inhalt an – auch das habe ich in den Einstellungen so gespeichert. Wenn «For All Mankind» die bei Filmen und Serien üblichen 24 Bilder pro Sekunden hat, dann wird das entsprechend von der Box so an den Fernseher weitergegeben.
Jetzt schau mal, wie die exakt gleiche Szene mit den exakt gleichen Einstellungen auf der neuen Box läuft, wo der A12-Bionic-Chip kein Problem mit HDR und 60 Frames pro Sekunde hat.
Für einen Fernseh-Bild-Maniac wie mich würde sich das Upgrade der Box alleine deswegen lohnen. Denn glaub mir: Das stockende Bild oben hat nichts mit cineastischen 24 Bildern pro Sekunde zu tun. Es stockt einfach. Punkt. Mir verdirbt sowas den ganzen Spass.
Dazu kommt eine andere Neuheit der 2021er-Apple-TV-Box: das Weissabgleich-Feature.
Konkret: Ähnlich wie beim Profi kannst du den Weisspunkt der Bildausgabe von Apples Software kalibrieren lassen. Dafür brauchst du aber ein iPhone mit Face ID und iOS 14.5 oder neuer. Dessen Kamera wird dann kurzerhand zum Farbmessgerät. Sicher, bestimmt kein so genaues wie etwa das i1Display-Pro-Messgerät von x-rite, aber immerhin.
Das läuft dann so ab:
- In den Einstellungen unter «Weissabgleich» das Prozedere starten.
- Das iPhone direkt aufs Display innerhalb der Markierung halten.
- Der Fernseher stellt alle möglichen Farben dar; die Farbmessung ist im Gange.
- Anhand der vom Smartphone erkannten Farben wird ein Kalibrierungsprofil an die Box geschickt.
- Fertig.
Was die Box da genau kalibriert hat – inwiefern sie die Rot-, Grün- und Blau-Anteile in ihrem Weiss verändert –, sagt sie nicht. Das Bild wirkt jetzt aber einen ganzen Zacken wärmer. Vermutlich soll Weisspunkt D65 dargestellt werden, wie bei Kalibrierungen üblich.
Gefällt mir.
Wichtig zu wissen: Filme- und Serien kannst du nur entweder mit dem kalibrierten Weissabgleich oder mit Dolby Vision schauen. Du kannst aber jederzeit selber auswählen, ob du bei einem Inhalt, der in Dolby Vision vorliegt, tatsächlich Dolby Vision oder deinen eigenen, kalibrierten Weissabgleich bevorzugst.
Mir persönlich gefällt der kalibrierte Weissabgleich besser.
Das Bild – kleine, aber feine Verbesserungen
Also. Pausiere ich das Bild, um zu sehen, ob der Chip auch an der Bildqualität selber etwas verbessert, muss ich die Unterschiede mit der Lupe suchen gehen.
Ein Beispiel aus der Apple-TV+-Serie «See». Zuerst mit der Apple-TV-Box der ersten Generation:
Jetzt die zweite Generation:
Joa. Sieht fast gleich aus. Interessant wird der Vergleich erst, wenn ich das Bild mit dem selber kalibrierten Weissabgleich dazunehme:
Nicht, dass ich jetzt von Tag-und-Nacht-Unterschieden spreche. Der Hautton der alten Frau gefällt mir aber ein bisschen besser. Wirkt wärmer. Natürlicher. Die Szene spielt in einem Wald. Es regnet. Aber die Sonne drückt ihr Licht trotzdem durch die Baumwipfel und taucht die Szenerie in ein seltsam magisch anmutendes Türkis.
Noch ein Beispiel? Sicher. Dieses Mal aus «Ted Lasso», ebenfalls eine Apple-TV+-Serie. Zuerst wieder die 2017er-Box:
Jetzt die 2021er-Box:
Achte auf den Kabinengang hinter den beiden Coaches. Eine kleine, selten deutlich sichtbare Schwäche der 2017er-Box war, dass Schwarz in Dolby-Vision-Qualität in manchen Szenen aufgehellt wurde und dadurch eher wie dunkelgrau gewirkt hat. Ein Problem, das Apple mit der neuen Box offenbar gelöst hat.
Am besten gefällt mir aber das Bild mit dem selber kalibrierten Weiss. Auch hier wieder, weil der Hautton der zwei Coaches am natürlichsten wirkt. Dafür könnte das Schwarz etwas satter sein.
Aber – ja, eben. Der Teufel steckt im Detail. Alles in allem macht die Bildqualität selber keine Quantensprünge. Keine, die Normalsterbliche von blossem Auge sehen würden.
Mit Apple Arcade eine kleine Mini-Konsole
Zugegeben, die Bezeichnung «Mini-Konsole» mag etwas zu hoch gegriffen sein. Zumindest für meine Begriffe. Gamen kannst du trotzdem mit der Apple-TV-Box. Und das gar nicht mal so schlecht. Möglich macht das der Zugriff auf Apple-Arcade-Spiele.
Game-Redaktor Philipp dazu: «Keine Werbung, keine In-App-Käufe – stattdessen gibt es eine kuratierte Spielebibliothek. Das verspricht Apple Arcade.»
Tatsächlich kriegst du uneingeschränkten Zugriff auf etwa 100 Spiele. Zahl steigend. Alle Spiele sind perfekt auf die Apple-Plattform zugeschnitten. Also eben nicht nur fürs iPhone, iPad oder den Mac-Rechner, sondern auch für Apple TV. Besonders cool daran ist der nahtlose Wechsel zwischen den Plattformen. Beginnst du etwa ein Spiel auf dem Apple TV, kannst du es später auf dem iPhone weiterzocken – und umgekehrt.
Was für Spiele du so findest? Vor allem unbekannte, kleine, kreative und unkonventionelle Spiele weniger prominenter Indie-Studios. Das meine ich positiv. Sie alle haben ein hohes Augenmerk auf Qualität und Spielspass. Und falls dir das nicht reicht: Apple ist stets bemüht, bekannte Lizenzen wie Lego, Frogger, Pac-Man, Rayman oder gar Sonic ins Boot zu holen.
Viele Titel kannst du aber nur mit einem verknüpften Playstation- oder Xbox-Controller spielen. Ein paar wenige mit der Fernbedienung. Die Performance variiert von sehr gut bis durchschnittlich. Je nach grafischer Opulenz. UHD-Auflösung kriegst du nie. Nur HD. Und in manchen Spielen – selten Spiele besagter Indie-Studios – sind verwaschene Texturen, die du auf kleinen Smartphone-Displays nicht siehst, auf grossen 65-Zoll-Mattscheiben sofort erkennbar.
Wie gesagt: Apples TV-Box läuft mit einem drei Jahre alten Prozessor.
Willst du den Spielspass erweitern, kannst du auch im herkömmlichen App Store Spiele herunterladen. Manche gratis, manche kostenpflichtig. Oder du lädst dir im App Store und auf deinem PC den Steam Link herunter. So kannst du deine PC-Spiele via Apple-Box auf deinen Fernseher streamen.
Sehe ich persönlich aber nicht so ein. Zum einen wegen kleinen Streaming-Rucklern und Input Lags. Zum anderen, weil haptisches Feedback wie vibrierende Controller via Stream nicht funktionieren.
Fazit: Lohnt sich ein Upgrade?
Überlegst du dir, Apple TV 4K zu kaufen, kann ich dir gleich sagen: Greif zur neuen Generation. Alleine wegen der leicht verbesserten Hardware. Hast du schon eine Box und denkst über ein Upgrade nach, dann ist mein Rat etwas differenzierter.
Falls du die Box auch zum Gamen benutzt: Jepp, das Prozessor-Upgrade lohnt sich. Bildtechnisch bringt die zweite Generation der Box aber keine Quantensprünge. Erst, wenn sich das Bild bewegt, gewinnt der A12-Chip deutlich: Es ruckelt oder stockt nie. Das mag ohne Direktvergleich nicht sofort auffallen. Aber bist du auch nur einen Funken videophil, dann schon. Für dich stellt sich also die Frage: Wie sehr stört dich das ruckelnde Bild Stand heute, falls es in deinen Augen überhaupt ruckelt?
So oder so: Ein fader Nachgeschmack bleibt. Das teure Upgrade, das knapp 200 Franken kostet, hat fast dreieinhalb Jahre auf sich warten lassen – zu lange, gemessen an den marginalen Verbesserungen.
Abenteuer in der Natur zu erleben und mit Sport an meine Grenzen zu gehen, bis der eigene Puls zum Beat wird — das ist meine Komfortzone. Zum Ausgleich geniesse ich auch die ruhigen Momente mit einem guten Buch über gefährliche Intrigen und finstere Königsmörder. Manchmal schwärme ich für Filmmusik, minutenlang. Hängt wohl mit meiner ausgeprägten Leidenschaft fürs Kino zusammen. Was ich immer schon sagen wollte: «Ich bin Groot.»