Altes Hausmittel, aktueller Hype: Wie gesund Apfelessig wirklich ist
Apfelessig ist im wahrsten Sinne des Wortes in aller Munde, denn die Grundzutat für Dressings und Soßen gilt auch als Wunderheilmittel. So soll der Essig beim Abnehmen helfen und auch andere positive Wirkungen haben. Stimmt das?
«Studie bestätigt: Apfelessig kann beim Abnehmen helfen», «Abnehmen mit Apfelessig: Jetzt kommt Studie zu überraschendem Schluss», «Apfelessig: Abnehmen mit dem «Schlank-Schluck»? Studie bestätigt Wirkung». Wieder einmal überschlagen sich Medien mit vielversprechenden Artikeln um die vermeintliche Wirkung eines Wundermittels. Wo bislang mündliche Überlieferungen und die Volksmedizin dem Haus(halts)mittel Apfelessig huldigten, sorgt nun das Wissen aus Universitäten und Forschungseinrichtungen für die vermeintlich neue Wahrheit. Doch auch Studien können in die Irre leiten oder Informationen zu Tage fördern, die mit Vorsicht zu genießen sind.
Apfelessig: Studien mit saurem Beigeschmack
So geschehen beim aktuellen Hype rund um das Thema Apfelessig. Medienübergreifend reißt man sich um das hoffnungsvolle Versprechen des einfachen Abnehmens mit Apfelessig und anderer Heilsversprechen. Grundlage ist eine neue Studie aus dem Libanon, konkret der Holy Spirit University aus Kaslik. Die Forschenden kamen zu folgendem Ergebnis: Die bloße Einnahme von wenigen Millilitern Apfelessig pro Tag – vorzugsweise mit etwas Wasser verdünnt am Morgen auf nüchternen Magen – könne bei jungen Übergewichtigen (zwischen 12 und 25 Jahre) innerhalb von nur 12 Wochen zu einem Gewichtsverlust von bis zu 8 Kilogramm führen.
ABER: Obwohl im Vergleich zu der randomisierten Kontrollgruppe, die nur Placebos erhielt, gewisse positive Effekte bei den jungen Probandinnen und Probanden erzielt werden konnten, bleiben ein paar Fragen offen. So kritisiert eine Ernährungsexpertin beispielsweise: Bei der Studie sei nicht klar, ob die Teilnehmenden aufgrund des Apfelessigs oder aufgrund der darin enthaltenen Essigsäure (die auch in anderen Essigen vorhanden ist) so viele Kilos abnahmen. Zudem sei die Studie mit 120 Teilnehmern überschaubar und auch vor dem Hintergrund der Dauer von nur 12 Wochen nur geringfügig aussagekräftig in Bezug auf positive wie negative Langzeiteffekte.
Apfelessig: Was genau ist das?
Bevor du also Apfelessig in Massen in dich pumpst, lass dir erst einmal sagen, worum es sich bei Apfelessig im Detail handelt:
Die Basis eines jeden Apfelessigs ist Apfelwein, der wiederum im Grunde nichts anderes ist als vergorener Apfelsaft.
Essig entsteht, wenn Essigbakterien (hauptsächlich Acetobacter) und viel Frischluft mit Apfelwein in Kontakt kommen und den darin enthaltenen Alkohol zu Essigsäure verwandeln, d.h. oxidieren. Im Anschluss muss das Ganze reifen, damit sich Geschmack und Säuregehalt entfalten. Je nach Art des Essigs kann das von ein paar Wochen bis zu Jahren dauern.
Übrigens: Apfelessig ist basisch und wirkt sich damit positiv auf deinen Säure-Basen-Haushalt im Körper aus – egal, ob gefiltert oder naturtrüb. Naturtrüber Apfelessig verfügt aber über wichtige Schwebstoffe, die sogenannte «Essigmutter», in der «lebende Essigbakterien, Eisen sowie phenolische Verbindungen, die einen zellschützenden Effekt haben», enthalten sind.
Inhaltsstoffe von Apfelessig:
- Mineralstoffe und Spurenelemente: Kalium, Natrium, Calcium, Magnesium, Phosphor, Eisen, Fluorid, Silizium, Zink, Kupfer
- Vitamine: (B1, B2, B6, C, E, A & Folsäure)
- Polyphenole und Flavonoide, die zu den Sekundären Pflanzenstoffen zählen
Allerdings muss man dazusagen: Manche Fachleute raten davon ab, Apfelessig als Vitamin- und Mineralquelle zu betrachten. Die deutsche Krankenkasse AOK beispielsweise schreibt, ein Apfel enthalte deutlich mehr Vitamine und Kalium, als der daraus gewonnene Essig.
Apfelessig: Das kann er wirklich
Apfelessig steht in vielen Haushalten parat, wenn es um die Zubereitung von Salatdressings oder herzhaften Soßen geht. Darüber hinaus hat sich Apfelessig vor allem einen Namen als Hausmittel gemacht sowie in der DIY-Naturkosmetik als Grundlage für Gesichtswasser oder für gesunde Haare als Haarspülung.
Medizinisch mit aussagekräftigen Studien belegt ist sein Nutzen bislang kaum, wobei er grundsätzlich folgendes für dich leisten kann:
1. Apfelessig trägt zu gesunder Darmflora bei
Die im Apfelessig enthaltene Essigsäure und die durch die Fermentation entstandenen Milchsäurebakterien sollen für eine Ansäuerung des Darmmilieus sorgen, was die Vermehrung unwillkommener Keime eindämmen kann. Darüber hinaus wird der Verdauungsvorgang durch die Anregung der Säureproduktion unterstützt, was gegebenenfalls Verstopfungen lindern kann. Die daraus resultierende Beschleunigung der Magenentleerung verhindert das Verweilen von Nahrungsresten im Magenbereich, die sonst Reflux und damit verbundenes Sodbrennen begünstigen können.
2. Er soll Blutzuckerspiegel und Cholesterin senken können
Forschungsergebnisse aus dem Jahr 2019 haben Apfelessig eine positive Wirkung gegen zu hohe Blutzuckerwerte nachgewiesen. So könne ein Glas Apfelessig vor einer Mahlzeit den postprandialen (nach dem Essen auftretenden) Anstieg des Blutzuckers bei Personen mit Typ-2-Diabetes mäßigen.
In einer anderen Untersuchung konnten Forschende zeigen: Apfelessig kann auch gegen zu hohe Cholesterinwerte helfen, indem er den Anteil an LDL-Cholesterin (bekannt als das «schlechte» Cholesterin) senkt und gleichzeitig den Wert des HDL-Cholesterins, oft als das «gute» Cholesterin bezeichnet, hebt.
3. Er soll weniger hungrig und schneller satt machen
Einer Studie aus dem Jahr 2018 zufolge reduziert Apfelessig den Appetit und erhöht das Sättigungsgefühl. Das Resultat kann also sein, dass durch geringere Nahrungszufuhr tatsächlich Pfunde purzeln – wie langfristig dieser Effekt aber anhält, ist ungeklärt. Plus: Regelmäßiger Sport und Bewegung sind ebenfalls wichtig, auch eine Umstellung deiner Ernährung kann hilfreich sein. Apfelessig allein ist kein Wundermittel.
4. Apfelessig wirkt antibakteriell
Schon Hippokrates soll Apfelessig bei Wunden eingesetzt haben. Die antibakterielle Wirkung gilt, ebenso wie sein Nutzen als Entzündungshemmer, bislang als einziges als wissenschaftlich nachgewiesen. Die sekundären Pflanzenstoffe im Apfelessig sind es, die gegen Keime helfen. Kleine Wunden lassen sich mit Apfelessig gut desinfizieren, wenn kein anderes Mittel vorhanden ist. Und auch, wenn Bienen oder Insektenstiche schmerzen, sorgt er für Linderung.
Grundsätzlich solltest Du bei der Einnahme aber ein paar Dinge beachten. Verdünne den Schluck mit reichlich Wasser, da der Essig sonst deinen Zahnschmelz angreifen kann. Noch besser trinkst du ihn durch einen Strohhalm. Anschließend für eine halbe Stunde auf das Zähneputzen verzichten, den Mund mit Wasser ausspülen geht hingegen in Ordnung. Menschen, die unter Sodbrennen oder Magenproblemen leiden, sollten eher vorsichtig mit Apfelessig sein. Doch auch, wer an Diabetes oder zu hohen Cholesterinwerten leidet, bespricht trotz positiv stimmender Studienergebnisse die Einnahme vorher mit Arzt oder Ärztin. Von einer umfangreichen Selbstbehandlung ist in jedem Fall abzuraten.
Notizbuch, Kamera, Laptop oder Smartphone. Leben heißt für mich festhalten – analog oder digital. Immer mit dabei: mein iPod Shuffle. Die Mischung macht’s eben. Das spiegelt sich auch in den Themen wider, über die ich schreibe.