
Smartphone-Kamera mit 1-Zoll-Sensor: Weniger toll, als es klingt
Die Kamera des Sharp Aquos R6 hat einen riesigen 1-Zoll-Sensor. Doch der grosse Qualitätssprung bei Smartphone-Kameras wird damit nicht eintreten. Denn die Gesetze der Physik gelten auch für Sharp.
Grosse Sensoren erreichen eine bessere Bildqualität. Schafft Sharp damit eine Sensation?
Ohne dass ich das Gerät je in der Hand gehalten habe, sage ich: Nein. Die Sensorgrösse allein macht aus einem Smartphone noch keine richtige Kamera. Denn die Grösse des Sensors muss zur restlichen Bauform des Geräts passen. Um es platt auszudrücken: Das Smartphone ist zu flach.
Brennweite und Blickwinkel
Das in Zusammenarbeit mit Leica entwickelte Objektiv hat sieben Linsen, ist also für ein Smartphone-Objektiv sehr komplex. Es gibt optische Konstruktionen, die den Bildausschnitt grösser erscheinen lassen, als er mit der vorhandenen Brennweite sein müsste. Ein Telekonverter beispielsweise kann das. Ich dachte zuerst, dass Sharp hier einen solche optische Konstruktion verwendet.
Das ist aber nicht der Fall, wenn wir das mal durchrechnen. Ein 1-Zoll-Sensor hat einen Crop-Faktor von 2,7. Das heisst, dass es für den Bildausschnitt, der 19 Millimetern im Vollformat entspricht, eine reale Brennweite von 7 Millimetern braucht. Das Sharp Aquos R6 ist laut Spezifikation 9,5 Millimeter dick. Passt also. Es braucht keine optische Korrektur des Bildausschnitts.
Aus der Produktseite zu schliessen, dienen die sieben Linsen hauptsächlich dazu, Verzerrungen zu minimieren.
Das «Bokeh»
Sharp behauptet, das R6 habe ein echtes optisches Bokeh. Gemeint ist damit: Der Hintergrund verschwimmt, und zwar nicht von einer Software künstlich berechnet, sondern wegen des grossen Sensors.
Mal abgesehen davon, dass Bokeh etwas anderes ist als Tiefenunschärfe: Die Behauptung widerspricht den Gesetzen der Physik. Und auch hier liegt es an der Brennweite. Diese müsste viel länger sein, um einen Effekt zu erzeugen, wie er bei grossen Kameras entsteht.
Fazit: Grosser Sensor als Marketing-Gag
Wenn der grosse Sensor wirklich der grosse Durchbruch in der Smartphone-Fotografie wäre, würde das Gerät sicher nicht nur in Japan verkauft. Mit diesem Konzept bekommt Sharp zwar viel Aufmerksamkeit, deckt aber lediglich eine sehr spezielle Nische ab.
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