Womanizer-Erfinder Lenke: «Ich habe Millionen Frauen glücklich gemacht»
Hintergrund

Womanizer-Erfinder Lenke: «Ich habe Millionen Frauen glücklich gemacht»

Der Deutsche Michael Lenke ist 71-jährig und verbringt viel Zeit mit seiner Frau in seinem Haus auf Mallorca. Klischee-Rentner? Im Gegenteil. Lenke ist Erfinder, hat mit dem Womanizer Sextoys für Frauen revolutioniert und möchte nun Männer zum Höhepunkt bringen.

Braun gebrannt erscheint Michael Lenke im Zoom-Call. 71 Jahre würde man ihm nicht geben, das Erfinden scheint ihn jung zu halten. Von sich selbst sagt er, er könne nichts mit Menschen in seinem Alter anfangen. Vor ein paar Jahren habe er begonnen, Techno-Musik zu produzieren. Dabei macht der Womanizer-Erfinder nicht den Eindruck, einer verpassten Jugend nachzurennen, sondern scheint seine kindliche Neugier behalten zu haben – auch wenn das abgedroschen klingt.. Als geborener Erfinder ist er Trendsetter. Einer, der die Bedürfnisse der Menschen vor den grossen Firmen mit Milliardenbudget erkennt. Was die Konkurrenz seit ein paar Jahren als Buzzword predigt, macht Lenke schon sein ganzes Leben lang: Er ist agil. Erfinden, auf den Markt bringen, auf zum nächsten Projekt. Dass dabei nicht immer alles klappt, liegt in der Natur der Sache.

Du bist Erfinder, wie wird man Erfinder?
Michael Lenke, Womanizer Erfinder: Erfindungsreichtum ist eine Gabe, die man schon mit der Geburt in die Wiege gelegt bekommt und die vermutlich viele Leute haben. Aber man muss auch was daraus machen.

Du hast den Womanizer erfunden, ein Sextoy. Was sonst so?
Ganz vieles. Das geht bis hin zu einem Erdbeben-Frühwarnsystem. Sonst Pflanzenkultursysteme, Systeme zur Verkleinerung von Pflanzen ohne genetische Veränderung. Auch in der Medizintechnik waren es ein paar Dinge. Eine Lichttherapie zum Beispiel. Die ist sogar von der NASA auf eine Apollo-Mission mitgenommen worden. Ich bin sehr breit gefächert als Entwickler.

Der Womanizer in der Premium eco Version
Der Womanizer in der Premium eco Version

Hast du das alles selbst gemacht oder brauchst du da auch ganz viele Miterfinder, die ihr Know-how mitbringen?
Genauso kann man das sagen. Ich beschäftige mich mit dem Thema, studieren es ein bis zwei Jahre und hole mir dann Spezialisten und Spezialistinnen dazu. Dann dirigiere ich mein Orchester und hoffe, dass das Musikstück zum Schluss gut rauskommt.

Da ist bestimmt auch schon mal eine absolute Kakofonie herausgekommen?
Mehrmals. Das ist halt das Problem. Schwere Rückschläge gibt es immer wieder, die muss man verdauen und danach wieder aufstehen. Das ist so im Leben.

Was waren Erfindungen, die überhaupt nicht erfolgreich waren?
Ich habe ein hoch kompliziertes Verkehrssicherheitssystem entwickelt. Das wäre sensationell gewesen, nur gab es kein Gesetz, um dieses Gerät zu normieren und zuzulassen. Ein solches Gesetz zu verabschieden dauert acht Jahre in Deutschland, dann muss es noch in die EU und das Europäische Parlament. Das wäre fast endlos gewesen und schlussendlich habe ich eine Entwicklung um über eine Million Euro in den Müll schmeissen können.

Das war dir nicht bewusst, dass dir die Politik da ein Bein stellt?
Nein, das war mir nicht bewusst. Selbst Leuten, die mit mir zusammenarbeiten, hochqualifizierte Patentanwälte und so weiter, waren geschockt, dass es der Staat immer wieder fertigbringt, Innovationen zu verhindern und sogar zu zerstören. Die Bürokratie ist oft ein grosser Hemmschuh in der Entwicklung.

Von den Niederschlägen zu den Erfolgen: Auf welche Erfindung bist du besonders stolz?
Das ist der Womanizer. Eigentlich aus einem Grund: Weil ich heute wirklich mit Stolz sagen kann, dass ich Millionen Frauen glücklich gemacht habe.

Casanova hat es nur auf ein paar Tausend geschafft.
(lacht) Ja, das macht mich schon stolz und glücklich, weil ich auch aus der ganzen Welt Rückmeldungen von Frauen bekomme, die mir berichten, dass sie Probleme hatten, zum Höhepunkt zu gelangen und dass der Womanizer dieses Problem gelöst hat. Das ist natürlich schön, wenn man das erfährt. Es geht mir gar nicht ums Geld, sondern darum Menschen zu helfen. Dadurch hat sich viel verändert.

So ein Erfinder bastelt doch im stillen Kämmerlein vor sich hin, bis die Erfindung marktreif ist. Aber ein Sextoy für Frauen will getestet werden. Wie lässt sich das vereinen?
Ich kann zwischen extrovertiert und introvertiert switchen. Ich beobachte den Markt und ich beobachte die Umwelt. Beim Womanizer bekam ich eine amerikanische Studie in die Finger, aus der hervorgeht, dass über 50 Prozent der Frauen Probleme haben, den Höhepunkt zu erreichen. Das hat bis dato eigentlich niemanden interessiert. Das wurde einfach hingenommen. Daraufhin habe ich mir gedacht «Na ja, das schreit eigentlich danach, verändert zu werden.» Dann bin ich ins Thema eingestiegen, habe mit vielen Frauenärztinnen geredet und die Zusammenhänge gesucht. Warum und wieso ist das so? Daraufhin habe ich mit der Entwicklung angefangen.

Wie viel Recherche ging in den Womanzier?
Mindestens ein Jahr.

Und was war dann deine Erkenntnis? Wie funktioniert der Womanizer?
Mit einem Vakuum, praktisch eine Druckwelle, die pulsiert. So findet ohne Berührung eine Stimulation der Klitoris statt. Mir war klar, dass ich bei der Klitoris ansetzen muss. Schliesslich laufen in ihr tausende von Nervenenden zusammen. Es gab Fälle, in denen Frauen durch die Einnahme von Medikamenten oder wegen Krebstherapien kaum noch etwas gespürt haben. Und sogar da hat der Womanizer funktioniert.

Wie lange hat es vom Prototyp bis zum fertigen Produkt gedauert?
Das ging über ein Jahr. Meine Frau musste als Versuchskaninchen herhalten. Das war nicht immer angenehm für sie. Irgendwann sagte sie sogar: «Jetzt hör endlich auf und beschäftige dich wieder mit anderen Entwicklungen!» Sie dachte, das funktioniere nie. Wenn eine Erfindung fertig ist, schaut ja immer alles leicht aus, aber der Weg dahin, der ist steinig. Ich habe trotzdem weiterentwickelt. Irgendwann hiess es von ihrer Seite her; «Hallo! Ich glaube, jetzt hast du es geschafft!» Danach war sie überzeugt, dass der Womanizer einschlagen wird. Sie meinte, wenn das Gerät bei anderen Frauen auch so intensiv stimuliert, dann wird das ein Welterfolg!

Der Womanizer Prototyp
Der Womanizer Prototyp

Und dann hast du andere Frauen ins Boot geholt?
Wir haben eine richtige Studie gemacht mit 60 Frauen im Alter von 18 bis 60 Jahren. Das waren rein gynäkologische Tests, bei denen ich auch anwesend war. Das hört sich jetzt etwas eigenartig an, aber ich musste mich hundertprozentig verlassen können, dass nicht irgendwelche Gefälligkeitsgutachten erstellt werden. Ich wollte das schon selber wissen. Das war entscheidend. Diese Studie hat den grossen Erfolg begründet, weil wir sagen konnten «Bei über 90 Prozent der Frauen garantieren wir einen Orgasmus.»

Also wenn es jetzt bei 90 Prozent funktioniert hat, wieso hat es bei den zehn Prozent nicht funktioniert?
Bei diesen Frauen waren es hauptsächlich seelische Erkrankungen. Diese Hürde konnten wir einfach nicht überwinden. Wenn sich ein Mensch nicht auf die Stimulation und einen Orgasmus einlassen kann, ist es ganz schwer. Heute sind wir gemäss den neuesten Umfragen bei 93 Prozent Zufriedenheit und das ist sensationell.

**Gibt es Tricks, die dir dabei helfen, an einem Projekt dranzubleiben und nicht aufzugeben? **
Ich mache moderne Malerei, Skulpturen, ich arbeite an künstlerischen Projekten, das lenkt mich ab. Danach bin ich geerdet und greife wieder an.

Jetzt hast du auch ein Spielzeug für Männer entwickelt, das ich testen durfte. Bis jetzt habe ich das dreimal probiert, aber ich muss sagen: Es war von wenig Erfolg gekrönt. So ein Ding mit zwei Rollen an meinen Penis zu halten… Das fühlt sich nicht echt an. Hattest du dasselbe Ziel wie beim Womanizer oder ein anderes?
Nein. Bei den Männern ist es so, dass 90 Prozent keine Probleme haben, zum Höhepunkt zu gelangen. Anders als beim Womanizer habe ich das Toy nicht entwickelt um beim Höhepunkt zu helfen, sondern damit die Männer eine neue Gefühlswelt entdecken und einfach Spass haben. Der «Orctan» ist ein Toy, um Spass zu haben, eine neue Gefühlswelt zu entdecken und einfach zu relaxen.

Was war komplizierter zu entwickeln?
Das Frauenprodukt.

Beim Männerprodukt musstest du, vermute ich, diverse Größen und Formen mit einbeziehen, oder?
Das war tatsächlich das technologische Problem, das ich lösen musste. Gleichzeitig sollte das Gerät leise sein. Es sind so viele Geräte auf dem Markt, die unbrauchbar sind, weil sie so laut sind. Mit so einem Gerät könnte ich überhaupt nicht spielen. Das war eine Herausforderung. Wir haben im Orctan modernste Schrittmotoren verwendet, die normalerweise in der Robotik zum Einsatz kommen. Das sind sehr teure Konstruktionen. Daher ist das Gerät schön leise und trotzdem ist Power dahinter.

Der Orctan, das Toy für Männer
Der Orctan, das Toy für Männer

Das konntest du ja selbst testen ...
Leider war ich selber das Versuchskaninchen, ja (lacht).

Hast du den Orctan im Hinterzimmer gelötet oder wie muss man sich das vorstellen?
Die Prototypen baue ich selber, ich habe das technische Wissen in meiner Ausbildung gelernt und daher das Know-how, um Prototypen aufzubauen. Aber die Prototypen sind ganz grobe Geräte und dann macht es wirklich keinen Spass mit sowas zu spielen.

Seit wann ist das Toy für den Mann nun auf dem Markt?
Seit dem Frühjahr. Zumindest in der Schweiz, weil sie das Land Nummer eins in Europa ist für Sex Toys. Jetzt kommt dann der europäische Markt und dann gehen wir nach Amerika damit.

Weshalb liegt die Schweiz in Sache Sex Toys so weit vorne?
Der Schweiz geht es vergleichsweise finanziell gut. Wir haben in der Schweiz pro Kopf die meisten Womanizer verkauft, also jedes vierhundertste weibliche Wesen in der Schweiz hat einen Womanizer. Das ist Weltrekord.

Du hast die Firma Womanizer verkauft, müsstest gar nicht mehr arbeiten. Du wohnst in Mallorca, bist 71, was hält dich bei der Arbeit? Ein innerer Drang zum Erfinden?
Wenn es danach ginge, müsste ich seit dem 26. Lebensjahr nicht mehr arbeiten, weil ich so grosse Entwicklungen schon gemacht habe, dass ich seither komplett finanziell unabhängig bin. Das Geld war für mich nicht der Antrieb. Es ist einfach diese Neugierde, immer wieder etwas Neues zu machen. Sonst hätte ich mich mit 26 schon in die Sonne gelegt.

Das hört sich nach einem Traumjob an. Aber es muss doch etwas geben, das du nicht so magst an deinem Beruf?
Mich ärgern Leute, die einfach alles nachmachen und kopieren. Eiskalt. Dieser Ärger, der ist heute so gross. Man respektiert keine Patente, keine Schutzrechte. Die sagen sich: «Verklagt mich halt! Dann mach ich halt pleite, mein Geld hab ich schon verdient.» Diese Einstellung von vielen nervt mich.

War das schon immer so?
Ja schon immer. Das dauert drei bis sechs Monate, dann kommen die ersten Nachahmer.

Du hast aber bestimmt daraus gelernt? Mit 26 war das wohl anders?
Ja, da war ich sehr blauäugig. Da hat mich ein Patentanwalt an die Hand genommen, ein älterer Herr. Dem habe ich irgendwie gefallen mit meinen Entwicklungen und der hat mich dann so gebrieft, dass es immer besser geworden ist. Heute werde ich von den besten Patentanwälten vertreten. Die verdienen sich natürlich auch eine goldene Nase. Beim Womanizer alleine haben wir mehrere Millionen für Streitereien ausgegeben. Das ist verbranntes Geld, das einfach verloren ist. Ich hätte es lieber in Weiterentwicklungen gesteckt.

Wie viele Patente stecken hinter einem Produkt?
Das sind hunderte Patente mit allen Schutzrechten.

Welche Tipps hast du für Leute, die Erfinder werden wollen?
Ich berate junge Leute, die Erfinder werden wollen und ich berate sie kostenlos. Da habe ich ein offenes Herz, weil ich ja selbst durch alle Tiefen gegangen bin. Als Erstes sage ich immer: Red mit niemandem darüber. Das ist die Regel Nummer eins. Nummer zwei ist Recherche. Heute kann ich bei fast allen Patentämtern einsehen, was es schon gibt. Das ist halt Arbeit, aber die zahlt sich aus. Gibt es nämlich noch kein Patent auf deine Erfindung, dann musst du sofort Schutzrecht anmelden. Kurz: So weit wie möglich absichern, dass dir deine Erfindung nicht gestohlen wird. Firmen sind skrupellos. Wenn ich denen was zeige, dann überlegen sie in der gleichen Minute, wie sie das selbst machen können, ohne mich als Erfinder. Daher nie zu den grossen Firmen gehen. Die gehen über Leichen und zocken dich ab.

Gründest du deshalb die Firmen immer selbst?
Genau, ich habe glücklicherweise das Kapital. Junge Erfinder haben das nicht. Ich habe auch schon mit Investoren darüber gesprochen, ob wir uns jungen Erfindern nicht annehmen können. Es gehen so viele Top-Erfindungen verloren, einfach weil Leute betrogen und bestohlen werden. Ich stell mir sowas wie einen Erfinderpool vor, den wir schützen und finanzieren. Gerade jetzt braucht es kreative Leute. Stichwort Umwelt und Klimawandel. Da gibt es ganz viel Potenzial.

Was ist dein nächstes Projekt?
Da spreche ich jetzt natürlich nicht darüber! (lacht) Aber gerade nach Corona braucht es Entwicklungen, die die Situation entspannen. Nicht Medizintechnik. Mehr psychische Gesundheit. Die Erkrankungen steigen überproportional. Vor allem bei Kindern und Jugendlichen. Da müssen wir dringend etwas tun.

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Als ich vor über 15 Jahren das Hotel Mama verlassen habe, musste ich plötzlich selber für mich kochen. Aus der Not wurde eine Tugend und seither kann ich nicht mehr leben, ohne den Kochlöffel zu schwingen. Ich bin ein regelrechter Food-Junkie, der von Junk-Food bis Sterneküche alles einsaugt. Wortwörtlich: Ich esse nämlich viel zu schnell. 


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