
Hintergrund
Ein Sport-Supplement hilft gegen das Covid-19-Erschöpfungssyndrom
von Claudio Viecelli
Obwohl Kompressionsstrümpfe bei Läuferinnen und Läufern weit verbreitet sind, wird das Thema wissenschaftlich kontrovers diskutiert. Eine Studie der Universität Göteborg kommt nun zum Schluss, dass die Sauerstoffversorgung beim Laufen verringert wird und sie auch Muskelschädigungen nicht vermindern.
Bei Laufveranstaltungen trifft man immer mehr Läuferinnen und Läufer in bunten, kniehohen Socken. Diese Kompressionsstrümpfe sollen den Blutfluss erleichtern und Druck auf das Gewebe der Unterschenkel erzeugen. Alle erhoffen sich damit, die Regeneration und die Leistung zu verbessern.
Die Forschung zu Kompressionsstrümpfe hat vor allem in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Viele Brands wie auch Rohner und Asics setzen bereits auf Kompressionsstrümpfe und bieten diese in unterschiedlichen Grössen und Farben an. Zudem versprechen die Hersteller, dass Kompressionsstrümpfe die Leistung steigern und die Regeneration verbessern. Es gibt unterschiedliche Aussagen, wie sich Kompressionsstrümpfe auf die Muskelfunktion während des Trainings auf die Sauerstoffversorgung und den Muskelabbau auswirken und ob sie für gesunde Personen vorteilhaft sein können oder nicht. Diverse Studien zeigen positive Effekte auf und versprechen weniger Muskelkater, weniger Muskelschädigung oder eine bessere Sauerstoffversorgung des Gewebes [1–5]. Es gibt aber auch Studien, die negative Auswirkungen des Tragens von Kompressionsstrümpfen während des Trainings gezeigt haben. Konkret auf die Sauerstoffaufnahme, die Herzfrequenz, den Blutdruck, die Sauerstoffversorgung des Wadenmuskelgewebes, den partiellen Druck, sowie auf die Bewertung des Muskelkaters und die Muskelschädigungsmarker im Vergleich zum Tragen normaler Socken [6–12]. Die Wissenschaft ist sich hier also nicht einig.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler rund um Rennerfelt haben in einer Studie [13] zum ersten Mal direkt den intramuskulären Druck und die kontinuierliche Sauerstoffversorgung der Muskulatur vor, während und nach dem Laufen gemessen. Dazu wurden 20 erfahrene Läuferinnen und Läufer (je 10 gesunde Männer und Frauen im Alter von 22-35 Jahren) gebeten, auf einem Laufband eine Strecke von 10 Kilometern mit einer Geschwindigkeit von 10 bis 12 km/h zu absolvieren. Der Test wurde zweimal durchgeführt, einmal mit und einmal ohne Kompressionsstrümpfe. Dadurch dienten die Läufer als ihre eigene Kontrollgruppe. Während des Laufs wurden der intramuskuläre Druck im vorderen Unterschenkelmuskel (m. tibialis anterior) mittels eines Katheters und die lokale Sauerstoffversorgung im Muskel mithilfe von Sensoren auf der Haut aufgezeichnet. Die Werte wurden vor, während und nach dem Lauf gemessen.
Sobald die Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer die Kompressionsstrümpfe anzogen, wurde ein deutlicher Druckanstieg in den Unterschenkelmuskeln festgestellt. Während des Laufs mit Kompressionsstrümpfe war der durchschnittliche intramuskuläre Druck um 22 mmHg (medizinisch verwendete Einheit zum Druck von Körperflüssigkeiten) höher, während die Sauerstoffversorgung der Muskeln um 11 Prozent niedriger war als während des Laufs ohne Kompressionsstrümpfe. In der Studie wurden auch Myoglobin und die Kreatinkinase (zwei Marker für Muskelschäden) im Blut gemessen. Die Blutproben zeigten keine Verringerung der Muskelschädigungsmarker, wenn die Läufer Kompressionsstrümpfe trugen. Dieser Befund und die verringerte Sauerstoffzufuhr in der Muskulatur zeigen, dass Kompressionsstrümpfe bei gesunden Menschen keine Verringerung von Muskelschädigungen zur Folge haben. Zudem führten sie auch zu keiner Leistungssteigerung.
Ob du nun mit Kompressionsstrümpfe oder mit normalen Sportsocken laufen gehst, entscheidest du selbst. Falls du Kompressionsstrümpfe wählst, ist es wichtig, dass ihre Passform vor allem im Knöchelbereich, wo der Druck am höchsten ist, stimmt. Auch ihre Druckstärke und Grösse sollten optimal auf dich abgestimmt sein.
Molekular- und Muskelbiologe. Forscher an der ETH Zürich. Kraftsportler.