Weshalb Kaffeesatz nicht in den Abfluss gehört
Weil ich zu faul bin, den Kaffeesatz im Kompost zu entsorgen, spüle ich ihn fast immer den Abfluss runter. Meine Frau sagt, das sei keine gute Idee. Hat sie recht?
Wohl jedes Paar kennt sie: die alltäglichen Differenzen im Haushalt. Was gehört in den Geschirrspüler und was nicht? Muss man das Bad bereits reinigen, wenn sich erste Kalkflecken zeigen? Spielt es eine Rolle, wie ich Kleidungsstücke nach dem Waschen aufhänge? Seit ein paar Wochen hat sich zwischen meiner Frau und mir ein neues Reizthema aufgetan. Nämlich die Frage, ob man Kaffeesatz den Abfluss herunterspülen darf. «Man», das bin ich in diesem Fall. Denn ich bin in der Regel zu faul, den Kaffeesatz in der Kompost-Alu-Schale zu entsorgen.
Also kippe ich den Kaffeesatz meistens den Abfluss runter, was mir in letzter Zeit immer öfter einen Tadel meiner Frau beschert hat. «Das soll man nicht machen», so ihr jeweiliger Kommentar.
Soso, das soll man also nicht machen. Dem will ich nachgehen und im Idealfall die Aussage meiner Frau widerlegen. Schiedsrichter soll Christian Abegglen spielen, Leiter der Abteilung Abwasser des Klärwerks Werdhölzi.
Experte: «Im Prinzip gehören keine Feststoffe ins Abwasser»
Das Klärwerk der Stadt Zürich reinigt bis zu 6000 Liter Abwasser pro Sekunde und ist somit das grösste Klärwerk in der Schweiz. «Ausser WC-Papier gehört kein Abfall in die Toilette», so Abegglen. Denn es sei relativ aufwendig, andere Abfälle wieder aus dem Abwasser herauszulösen. Immerhin sei Kaffeesatz nicht ganz so problematisch wie andere Substanzen. «Besonders sind Feuchttüchlein. Diese können insbesondere bei Abwasserpumpen zusammen mit Fett, Haaren oder Fäkalien sehr widerspenstige Zöpfe bilden, die die Pumpen verstopfen und mühsam von Hand entfernt werden müssen», so Abegglen. Weiter sollten auch keine Pflanzenschutzmittel, Farben in grösseren Mengen oder abgelaufene Medikamente in den Abfluss oder in das WC geleert werden. Und noch etwas sehen die Experten der Wasserreinigung gar nicht gerne im Abwasser: «Katzenstreu, das im WC entsorgt wird, bereitet uns ebenfalls viel Aufwand, weil das Streu in Kombination mit Wasser eine sehr ungünstige Konsistenz annimmt», sagt Abegglen.
Wenn du dir ein Bild machen möchtest, was es alles braucht, bis Abwasser wieder in den Wasserkreislauf zurückgeführt werden kann, dann sei dieses Erklärvideo des Klärwerks Werdhölzi empfohlen.
Solltest du darüber hinaus erfahren wollen, wie es es ist, in einen Abwasserkanal hinunter zu steigen, kann ich dir die Reportage meines Kollegen Michael Restin empfehlen.
Reinigt Kaffeesatz Abflussrohre?
Ok, Kaffeesatz sollte also eher nicht den Abfluss runtergespült werden, aber tragisch ist es in Bezug auf eine Wasserverschmutzung gleichwohl nicht. Doch halt: Es gibt noch einen anderen Grund, weshalb Kaffeesatz nicht den Abfluss runter sollte, wie eine kurze Internet-Recherche zeigt. Denn Kaffeesatz enthält Öl, das sich mit der Zeit an den Wänden der Rohre festsetzt. Umso erstaunlicher, dass im Netz immer mal wieder die Theorie rumgeistert, Kaffeesatz würde helfen, Abflussrohre zu reinigen. Doch genau das Gegenteil ist der Fall. Da sich Kaffeepulver gerne mit anderen Fetten verbinden, die sich in den Küchenabwasserrohren ablagern, kann dies die Verstopfung gar noch fördern.
Willst du einer solchen Verstopfung den Kampf ansagen, brauchst du nicht zwingend nach chemischen Reinigungsmitteln zu greifen. Wie meine Kollegin Livia Gamper in ihrem Artikel schrieb, lassen sich Abflussrohre auch mit Natron reinigen. Oder aber, man sagt der Verstopfung gleich mit einem Pressluft-Gerät den Kampf an.
Kaffeesatz als Pflanzenschutzmittel und Dünger
Ok, meine Frau hatte also (wieder einmal) recht: Kaffeesatz gehört tatsächlich in den Kompost, wo er sogar die Verrottung beschleunigt.
Aber wenn ich schon dabei bin, mein Verhalten zu ändern, dann gleich richtig. Denn eigentlich ist es jammerschade, wenn Kaffeesatz mit der Grünabfuhr entsorgt wird, eignet er sich doch auch perfekt als Pflanzenschutzmittel oder Pflanzendünger. So bleiben viele Nährstoffe auch nach dem Aufbrühen im Kaffeepulver erhalten. Neben Stickstoff, der nur in wenigen Naturprodukten in so hoher Konzentration vorkommt wie in Kaffee, enthält Kaffeesatz weitere Makronährstoffe wie Kalium, Schwefel und Phosphor. Zudem entstehen bei der Röstung von Kaffeebohnen Huminsäuren. Diese locken Nützlinge wie zum Beispiel Regenwürmer an.
Ab sofort sammle ich den Kaffeesatz separat und trockne ihn (wichtig, da sich sonst schnell Schimmel bildet).
Im Frühling werde ich den Kaffeesatz-Dünger dann einsetzen. Wer weiss, vielleicht kommt dann endlich auch mein never ending Rasenprojekt in die Gänge – doch das ist ein anderes Thema, auf das ich gerne zu einem späteren Zeitpunkt eingehe.
Titelfoto: Martin RupfZweifachpapi, nein drittes Kind in der Familie, Pilzsammler und Fischer, Hardcore-Public-Viewer und Halb-Däne. Was mich interessiert: Das Leben - und zwar das reale, nicht das "Heile-Welt"-Hochglanz-Leben.