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Wer ist dieser Spiderman und was will er von meinem Sohn?
Kommt dein Kind auch ständig aus Kindergarten oder Schule und ist plötzlich Fan einer gewissen Sache, von der du noch nie zuvor gehört hast? Zum Beispiel von Comic-Helden? Von der kompletten Überforderung einer Jungsmama.
Es ist, als geschah es über Nacht: Gestern waren Monster Trucks, Polizeiautos und die Viecher von Paw Patrol noch der Hit, sogar Einhörner. Doch plötzlich gibt es im Leben meines Sohnes nur noch Spiderman, Batman, Captain America und Iron Man. Er brabbelt den ganzen Tag davon und bekommt Wutanfälle, wenn die Schlüppi von Captain America – das einzige Kleidungsstück, das wir von diesem weirden Herren mit dem etwas größenwahnsinnigen Namen besitzen – in der Wäsche ist.
Wenn ich es mir recht überlege, fing alles mit dieser Captain-America-Unterhose an, die ich von einer Freundin geschenkt bekommen habe, nachdem ihr Sohn rausgewachsen war. Niemals hätte ich gedacht, dass sie für meinen Sohn interessant sein könnte. Denn auf seinen vierten Geburtstag im März lagen nur : Monster Trucks, Feuerwehr, Polizei, Paw Patrol auf seinem Gabentisch. Anfangs waren diese noch interessant. Doch jetzt, ein paar Monate später, tut er so, als sei es eine einzige Zumutung, eine grobe Kindeswohlgefährdung, wenn nicht alles – von der Unterhose über die Bettwäsche bis zur Zahnbürste – mit diesen abstrusen Comic-Helden bedruckt ist.
Was kann Spiderman eigentlich?
Ich weiß nicht, woher dieser Hype kommt und ich weiß auch nicht, wer diese Actionhelden sind. Denn ich bin absoluter Superheldenlaie. Ich meine, ernsthaft: Spiderman? Was kann der überhaupt? Mit Spinnen reden? Und Iron Man? Let me guess: Statt aus Fleisch und Blut besteht er aus Eisen? Ich habe Actionfilme nie geschaut – und mein Kind übrigens auch nicht. Zu allem Überfluss kommen im Kindergarten neuerdings jeden Morgen alle möglichen Kinder auf mich zugestürmt und zeigen mir ihr Outfit: «Guck mal, ich hab heute Avengers auf meinem T-Shirt», heißt es dann. «Ah, cool!», täusche ich dann meine Begeisterung vor. Denn ich frage mich weiterhin: Wer sind diese Avengers und was haben sie mit meinem Kind getan? Und was ist der Unterschied zwischen Marvel und Avengers? Sollte ich das wissen? Oder gar googlen?
Eine Studie aus dem Jahr 2015 kam zu dem Ergebnis, dass die Zeit, die Kinder vor dem Fernseher verbringen, stetig steigt und damit auch das Wissen um Comic-Helden. Die Kinder wünschen sich daher auch öfter, Kleidung von ihren Lieblingshelden zu bekommen.
Allerdings hat mein Kind noch nie Actionfilme im Fernsehen geschaut. Aus einem ganz einfachen Grund: Es guckt am liebsten und ausnahmslos koreanische Werbesendungen auf Youtube, in denen ein aufgeregtes Kind Plastikautos auspackt und anschließend damit spielt. An guten Tagen vielleicht noch Blippi, ein Youtube-Star, der Lernvideos für Kinder macht. Etwas anderes möchte er nicht gucken, außer bei Oma, da darf es mal die Maus oder Paw Patrol sein, da sie kein Smart-TV hat.
Was kommt als Nächstes?
Während ich bei Monster Trucks und anderen Autos noch dabei war und mittlerweile Spezialist bin, kann ich beim Thema Superhelden einfach nicht mitreden. Die ganzen Namen verwirren mich. Ich weiß auch nicht, ob ich mich weiterhin davor drücken kann, diese Filme zu gucken. Kürzlich habe ich meinem Sohn zum Einschlafen ein Hörspiel von Batman auf Spotify angemacht und fand es ganz schön gruselig. Gut, dass er es scheinbar so langweilig fand, dass er sofort einschlief.
Ich frage bei anderen Spezialisten – der Spezies Mütter – nach. Sie haben ähnliche Erfahrungen gemacht. So kann eine Leidensgenossin berichten, dass ihr Sohn neuerdings PJ Masks schaut, dabei sei er außerhalb der Kita niemals in Berührung mit der Animeserie gekommen. So erfahre ich auch, dass nicht der Film Spiderman für kleine Jungs in seinem Alter gedacht ist, sondern eine Serie namens Spidey. Scheinbar hat Spiderman einen Sohn, der seinen Superheldenpflichten im Fernsehen nachkommt.
Ich will, was meine Freunde haben
Für mich steht fest: Mein Kind hat sich ganz klar im Kindergarten influencen lassen. Ob seine Freunde zu Hause Spiderman und Co. im Fernsehen schauen oder selber woanders abgeguckt haben, weiß ich nicht. Doch nachdem ich mich ein bisschen auf Galaxus umgeschaut habe, weiß ich, dass die Nachfrage nach Actionhelden-Produkten scheinbar groß ist und nicht etwa ein neues Phänomen. Die Strategie funktioniert schon seit Jahren. Frühe Markenbindung nennt sich sowas, erfahre ich durch etwas Recherche. Wahrscheinlich soll so sichergestellt werden, dass mein Sohn jetzt Spidey und später mal Spiderman schaut und dass sein kleiner Bruder ihm alsbald nacheifert.
Ich kann also nur hoffen, dass das Ganze eine Phase ist, die schnell wieder vorbeigeht. Wobei, die Peppa-Pig-Phase (sprechende Schweine, Hilfe!) dauerte auch länger an, als mir lieb war und die Faszination kommt auch hin und wieder mal durch.
Dennoch hat die ganze Entwicklung auch etwas Gutes: Mit der Ablösung alter Autolieben kamen nicht nur die Superhelden, sondern endlich, ich sage es nochmals: endlich!, auch die Dinos, genauer gesagt Jurassic Park, hinzu. Und da ist er bei mir wieder an der richtigen Stelle. Ich kaufe, schon seit ich den positiven Schwangerschaftstest in der Hand hatte, alles von Dinos, doch durfte bis dato immer alleine mit dem beweglichen T-Rex spielen. Stattdessen sind Dinosaurier und Jurassic Park jetzt cool und ich bin gerne bereit, meine Sohn komplett mit Kleidung dieser herrlichen Spezies auszustatten.
Etwas graut es mir dennoch vor dem, was noch kommen mag. Argwöhnisch betrachte ich mittlerweile Jungs, die schon älter sind, und bin geschockt ob dessen, was ich da auf T-Shirts sehe: Guardians of the Galaxy, Nintendo, Pokemon. Wirklich alles andere als niedlich. Da ist mir dann fast Spiderman lieber.
Titelbild: Emmy Gaddy/Unsplash7 Personen gefällt dieser Artikel
Mama zweier Jungs, einer Hundedame und von zirka 436 Spielzeugautos in allen Farben und Formen. Für dich immer am Schnüffeln nach Neuigkeiten und Trends zum Thema Familie und (Haus-) Tiere.